Skip to main content

Full text of "Die Dreifarbenphotographie : mit besonderer Berücksichtigung des Dreifarbendruckes und der photographischen Pigmentbilder in natürlichen Farben"

See other formats


A / 


. 

Wi:, , XI 

) ; ■ '■■'"'z 

i ; • ■ . ^ 


Die 


Dreifarbenphotographie 

mit  besonderer  Berücksichtigung 
des 

Dreifarbendruckes  und  der  photographischen 
Pigmentbilder  in  natürlichen  Farben. 

Von 

Ärthur  Freiherrn  von  Jiübl, 

k.  u.  k.  Oberst,  Vorstand  der  technischen  Gruppe  im  k.  u.  k.  militär- 
geographischen Institute  in  Wien. 


Zweite,  umgearbeitete  Auflage. 


Mit  33  in  den  Text  gedruckten  Abbildungen  und  4 Tafeln. 


Ö2.0 

H0  l 

Halle  a.  S. 

Druck  und  Verlag  von  Wilhelm  Knapp. 

1902. 

CAMERA  CLUB  LIBRARY 

Catalogued  & Indexed  1930  by 
Hai  D.  Bernstein,  Librarian 


The  getty  center 

LIBRAN 


Vorwort  zur  ersten  Auflage. 


Das  vorliegende  Heft  behandelt  die  indirekte  Farben- 
photographie, jenes  Verfahren,  welchem  die  Idee  zn 
Grunde  liegt,  photographische  Bilder  in  natürlichen  Farben 
durch  Vereinigung  von  drei  monochromen  Kopieen  zu 
erzielen. 

Versuche  in  dieser  Richtung  wurden  schon  vor  etwa 
30  Jahren  ausgeführt,  aber  erst  die  in  den  letzten  Jahren 
gemachten  Fortschritte  auf  photographischem  Gebiete  haben 
die  thatsächliche  Durchführbarkeit  dieser  Ideen  ermöglicht. 

Eine  eingehende  Bearbeitung  hat  die  Theorie  der 
indirekten  Farbenphotographie  bisher  nicht  erfahren,  daher 
auch  allgemein  gültige  Grundsätze  für  die  praktische 
Ausübung  derselben  fehlen.  Man  trachtete  zwar  auf 
Grund  der  Young-Helmholtzschen  Farbenhypothese, 
eine  Theorie  der  indirekten  Photochromie  zu  entwickeln 
und  suchte  Relationen  zwischen  der  Farbe  der  drei 
monochromen  Bilder  und  den  bei  ihrer  Herstellung 
angewendeten  photographischen  Prozessen  auf,  doch  sind 
die  so  gewonnenen  Gesetze  von  nur  beschränkter  Gültig- 
keit, unvollkommen  und  ohne  gegenseitigen  Zusammenhang. 

Der  Verfasser  war  bestrebt,  auf  Grund  der  vier 
Heringschen  Grundfarben  und  des  Farbenmischungs- 
Gesetzes  eine  allgemeine,  sowohl  für  die  polychrome 


Projektionsmethode  als  auch  für  den  Dreifarbendruck 
geltende  und  in  die  Praxis  übertragbare  Theorie  zu 
entwickeln. 

Die  so  gewonnene  theoretische  Basis  wurde  dann 
für  den  Dreifarbendruck  specialisiert  und  die  Ausübung 
dieses  Verfahrens  ausführlich  beschrieben.  Dem  Drei- 
farbendruck nahe  verwandt  sind  die  aus  Transparentfolien 
zusammengesetzten  Dreifarbenphotographieen,  daher  auch 
ihre  Herstellungsweise  besprochen  wurde.  Den  Bedürf- 
nissen des  Praktikers  wurde  thunlichst  Rechnung  getragen; 
die  Formeln  für  die  Sensibilisierung  der  Platten  und  die 
zugehörigen  Filter  sind  in  gedrängter  Kürze  nebeneinander 
gestellt,  und  die  beigegebenen  Probetafeln  mit  ihren  Teil- 
bildern bilden  für  den  ausübenden  Photographen  einen 
sicheren  Wegweiser  bei  der  Herstellung  und  Beurteilung 
seiner  Negative. 

Wien  1897. 

Der  Verfasser. 


Vorwort  zur  zweiten  Auflage. 


Bei  der  Bearbeitung  der  zweiten  Auflage  wurde  der 
gesamte  Inhalt  einer  eingehenden  Überprüfung  unterzogen, 
nicht  ganz  korrekt  scheinende  Anschauungen  berichtigt 
und  alle  neueren  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  Drei- 
farbenphotographie b er  ücksichtigt. 


V 


Ein  besonderes  Augenmerk  ist  dem  praktischen 
Teile,  namentlich  der  photographischen  Farbenzerlegung, 
zugewendet  worden.  Die  diesem  Zwecke  dienenden 
Strahlenfilter  müssen  bekanntlich  den  Eigenschaften  der 
photographischen  Platte  angepasst  werden,  und  da  die 
zahlreichen,  in  der  Praxis  verwendeten  Plattensorten  von 
verschiedener  und  oft  auch  wechselnder  Beschaffenheit 
sind,  so  ist  die  Angabe  von  Filter -Rezepten  stets  nur 
von  zweifelhaftem  Werte.  Die  dem  Buche  in  mehreren 
Exemplaren  beigegebene  farbige  Probetafel  soll  diese 
Schwierigkeit  beseitigen  und  die  selbständige  Ermittlung 
der  jeweilig  erforderlichen  Filter  in  einfacher  Weise  er- 
möglichen. 

Der  Verfasser  liess  sich  dabei  von  der  Überzeugung 
leiten,  dass  ein  einfacher  und  leicht  ausführbarer  Vor- 
gang der  Praxis  bessere  Dienste  leistet,  als  ein  kom- 
pliziertes, allerdings  allen  Forderungen  der  Theorie 
Rechnung  tragendes  Verfahren,  und  diese  Anschauung 
war  auch  bei  der  Aufstellung  aller  sonstigen  Vorschriften 
massgebend  — stets  wurde  thunlichste  Vereinfachung 
und  das  Auslangen  mit  den  jederzeit  zur  Verfügung 
stehenden  Mitteln  angestrebt. 

Wien  1902. 


Der  Verfasser. 


Inhaltsverzeichnis. 


' Seite 

Vorwort III 

Einleitung  Die  Wiedergabe  der  natürlichen  Farben 

auf  photographischem  Wege I — 8 

I.  Abschnitt. 

Licht  und  Farbe. 

A.  Die  Vibrationstheorie  des  Lichtes 9— 14 


B.  Farbiges  Licht.  Einfaches  Licht,  das  Prismen-  und 

Gitterspektrum,  Farbenton,  Helligkeit  und  Sättigung  14 — 34 
Gemischtes  Licht.  Komplementärfarben,  Addition 

farbiger  Lichter 23—28 

DieTheoriederFarbenwahrnehmung. 

a)  Theorie  Young-Helmholtz ; b)  Theorie  von  Hering  28 — 34 

C.  Körperfarben  und  Farbstoffe.  Das  spektrale  Verhalten 

der  Farbstoffe,  breit-  und  schmalbandige  Pigmente, 

die  mittlere  Absorption  der  Farbstoffe 34 — 63 

Das  Verhalten  von  Farbstoffen  bei  ihrer 
Mischung,  Substanz  und  Strahlenmischung,  ver- 
schiedenes Verhalten  schmal-  und  breitbandiger 
Pigmente,  Mischung  von  Rastertönen , der  Über- 
deckungsfehler, Entstehung  von  Grau  und  Schwarz, 


Benennung  der  Farben 49 — 63 

D.  Die  geometrische  Darstellung  der  Farbstoffmischungen. 

Begriff  der  Mischlinie  und  Mischfläche,  Konstruktion 

der  Farbentafel,  der  Farbenkreis 63 — 81 

Die  spektrale  Mischlinie 74 — 75 

Abweichungen  vom  Gesetze  der  Pigment- 

mischung . 75—81 


II.  Abschnitt. 

Theorie  und  Praxis  des  Dreifarbendruckes. 

A.  Die  theoretische  Grundlage  des  Dreifarbendruckes  82 — 108 

a)  Die  Wahl  der  Farben.  Das  theoretisch  richtige 
Grundfarbensystem,  das  System  lichtechter  Grund- 
farben, die  Grundfarben  für  das  Photochromoskop  82—89 


VIII 


Seite 


b)  D er  photographische  Prozess.  Zusammen- 

hang von  Plattensensibilisierung  und  Druck- 
farben, die  Sensibilisierungskurven  für  beide 
Grundfarbensysteme 89 — 102 

c)  Theorie  von  Ives  102 — 105 

d)  Sensibilisierungstheorie  von  Dr.  H.  W. 

Vogel 105 — 106 

e)  Zusammenhang  zwischen  Druckfarbe 

und  Lichtfilter 106 — 108 

B.  Plattensensibilisierung  und  Lichtfilter 109—138 


a)  Die  Sensibilisierung  photographischer 

Platten  für  farbige  Lichtstrahlen.  Ab- 
sorption undSensibilisierung,  dieSchirm  Wirkung, 
Sensibilisierung  für  blaugrüne,  grüne,  gelbe  und 
rote  Strahlen,  gemischte  Sensibilisatoren,  Sensi- 
bilisierungskurven für  das  Normalspektrum  . 109— 125 

b)  DieStrahlenfilter.  Flüssigkeits-  und  Trocken- 

filter, Charakteristik  der  wichtigsten  Filterfarb- 
stoffe, Herstellung  von  Gelatine -Trockenfiltern  125 — 138 

C.  Die  Praxis  des  Dreifarbendruckes 138—193 

a)  Die  Herstellung  der  photographischen 
Negative.  Die  Apparate,  der  photographische 
Prozess,  Kollodium-  und  Gelatineplatten,  die 
Benutzung  der  Probetafel  und  Grauskala,  Vor- 
schriften für  die  Sensibilisierung  der  Platten 


und  Herstellung  der  Filter 141 — 163 

b)  Die  Herstellung  und  Vereinigung  der 

Teilbilder 163 — 193 

1.  Transparente  Dreifarbenbilder.  Die  Herstellung 

und  Färbung  von  Gelatinebildern  auf  Celluloid 

und  Glimmer 163 — 174 

2.  Der  Dreifarbendruck.  Auswahl  der  Druckfarben, 

Ausführung  des  Zusammendruckes,  der  Cliche-, 

Flach-  und  Lichtdruck,  die  Farbenfolge  . . 175 — 193 

Schlusswort 194 — 195 


Einleitung. 


Jede  bildliche  Darstellung  strebt  naturgemäss  eine 
so  weitreichende  Ähnlichkeit  mit  dem  abzubildenden 
Objekte  an,  dass  sie  den  unmittelbaren  Naturanblick  zu 
ersetzen  geeignet  scheint. 

Nur  selten  vermag  die  Konturzeichnung  bereits  eine 
hinreichende  Vorstellung  von  der  Beschaffenheit  des 
Objektes  zu  geben,  wir  benutzen  die  Abschattierung,  um 
den  Eindruck  der  Körperlichkeit  hervorzurufen,  und  die 
Farbe,  um  Leben  und  Wahrheit  der  Darstellung  zu  ver- 
leihen. 

Zum  Yerständnis  der  Schönheit  einer  Konturen- 
projektion und  selbst  eines  monochrom  abschattierten 
Bildes  ist  eine  gewisse  künstlerische  Veranlagung  oder 
ein  durch  lange  Schulung  geübtes  Auge  erforderlich, 
während  den  Reiz  harmonischer  Farben  Wirkung  auch  der 
Laie  mit  Befriedigung  empfindet.  Das  grosse  Publikum 
lässt  sich  daher  stets  durch  die  Farbe  bestechen,  es  zieht, 
wie  die  tägliche  Erfahrung  lehrt,  den  schlechten  Farben- 
druck der  besten  Photogravure  vor,  und  oft  müssen 
Holzschnitte  oder  Kupferstiche,  um  Beifall  zu  finden,  mit 
Farben  belegt  werden. 

Die  Farbe  verstärkt  die  Blusion  fast  ebenso,  wie  die 
Plastik,  und  ihren  belebenden  Einfluss  vermag  besonders 
der  Photograph  zu  beurteilen,  denn  täglich  hat  er  Ge- 
legenheit, das  farbenprächtige  Bild  auf  der  Visierscheibe 
mit  seinem  monochromen  Abklatsch  zu  vergleichen. 

von  H ü b 1 , Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  I 

CAMERA  CLUB  LIBRARY 

Cataiogued  & Indexed  1930  by 
Hai  D.  Bernstein,  Librarian 


2 


Gewiss  ist  mit  dem  ersten  photographischen  Bilde 
auch  der  Wunsch  nach  Photographieen  in  Naturfarben 
entstanden,  und  die  Barben  des  Kamerabildes  festzuhalten, 
ist  seit  dieser  Zeit  ein  Problem,  an  dessen  Lösung  rastlos 
gearbeitet  wird. 

Die  bisherigen  Versuche,  dieses  Ziel  zu  erreichen, 
lassen  sich  in  zwei  Gruppen  teilen:  Man  trachtet  ent- 
weder, lichtempfindliche  Schichten  herzustellen,  die  beim 
Auftreffen  der  Lichtstrahlen  die  Färbung  derselben  an- 
nehmen, oder  man  sucht  durch  Übereinanderlegen 
mehrerer  in  gewöhnlicher  Weise  hergestellter  gefärbter 
photographischer  Bilder  das  gewünschte  Resultat  zu  er- 
zielen. Die  erste  Methode  kann  man  als  direktes,  die 
zweite  als  indirektes  Verfahren  zur  Herstellung  von 
Photochromieen  bezeichnen. 

Die  ältesten  Versuche  über  direkte  Farbenphotographie 
stammen  von  Becquerel,  Seebeck,  Poitevin  u.  a., 
ihnen  liegt  die  Eigentümlichkeit  des  Silbersubchlorides 
zu  Grunde,  unter  dem  Einfluss  farbigen  Lichtes  eine 
diesem  ähnliche  Färbung  anzunehmen. 

Zenker  suchte  1868  das  Zustandekommen  dieser 
Farben  durch  stehende  Lichtwellen  zu  erklären,  aber  erst 
Lippmann  konstatierte  die  Richtigkeit  dieser  Theorie, 
und  indem  er  bei  seinen  1891  veröffentlichten  Versuchen 
absichtlich  die  Entstehung  solcher  Lichtwellen  hervorrief, 
brachte  er  die  Lösung  des  Problems  einen  bedeutenden 
Schritt  näher. 

Der  Enthusiasmus,  welcher  nach  Bekanntwerden  der 
Lippmannschen  Versuche  sich  der  ganzen  gebildeten 
Welt  bemächtigte,  legte  sich  aber  bald,  da  man  sah,  dass 
das  Verfahren,  teils  wegen  Unvollkommenheit  der  Resul- 
tate, teils  wegen  Schwierigkeiten  bei  seiner  Ausführung, 
vorläufig  noch  jedes  praktischen  Wertes  entbehrt. 

E.  Valenta,  Lumiere,  Krone,  besonders  aber 
Ne  uh  au  ss  haben  sich  um  die  Ausbildung  dieser  Methode 


Verdienste  erworben,  praktisch  brauchbare  Resultate 
konnten  aber  bisher  nicht  erzielt  werden. 

In  neuerer  Zeit  hat  Wiener1)  die  in  das  Gebiet 
der  direkten  Farbenphotographie  schlagenden  Fragen  in 
theoretischer  Beziehung  eingehend  studiert,  und  seine 
diesbezüglichen  Arbeiten  sind  von  grundlegender  Be- 
deutung für  den  weiteren  Ausbau  dieser  Methoden. 

Nach  Wiener  verdanken  die  direkten  Photochromieen 
ihre  Färbung  entweder  Interferenzfarben  oder  wirklichen 
Körperfarben.  Erstere  entstehen  durch  stehende  Licht- 
wellen bei  den  Becquerel  sehen  chlor  ürten  Silberplatten, 
dann  bei  der  Lippmannschen,  auf  einem  Quecksilber- 
spiegel ruhenden  Bromsilberschicht,  während  bei  den  mit 
Silberchlorür  überzogenen  Papieren,  wie  sie  von  Seebeck 
und  Poitevin  benutzt  wurden,  Körperfarben  gebildet 
werden. 

Die  Entstehung  der  Körperfarben  erklärt  Wiener 
durch  die  Anpassungstheorie: 

Eine  lichtempfindliche  Substanz  kann  nur  durch 
jene  Farbenstrahlen  verändert  werden,  die  sie  absorbiert; 
auf  einen  roten  Körper  werden  daher  im  allgemeinen 
rote  Lichtstrahlen  ohne  Einfluss  sein,  und  ebenso  sind 
gelbe  oder  grüne  Strahlen  wirkungslos  auf  einen  gelben 
oder  grünen  Körper.  Besitzt  daher  eine  lichtempfindliche 
Substanz  die  Fähigkeit,  bei  der  Einwirkung  des  Lichtes 
verschiedene  Färbungen  anzunehmen,  so  wdrd  sie  sich 
unter  dem  Einfluss  des  roten,  gelben  oder  blauen  Lichtes 
so  lange  verändern,  bis  sie  rot,  gelb  oder  blau  geworden 
ist,  und  diese  Färbung  bleibt  dann  auch  bei  weiterer 
Belichtung  erhalten. 

Da  dem  Silbersubchlorid  — dem  sogen.  Photo- 
chlorid — diese  Eigentümlichkeit  zukommt,  so  ist  das 


i)  Annalen  der  Physik  und  Chemie  1895;  Photographische 
Mitteilungen  1896. 


4 


Entstehen  farbiger  photographischer  Bilder  auf  mit  dieser 
Substanz  präparierten  Papieren  erklärlich. 

Auch  Papiere,  welche  mit  einer  Mischung  licht- 
unechter  roter,  gelber  und  blauer  Teerfarbstoffe  über- 
zogen werden,  geben  bei  der  Belichtung  unter  einem 
transparenten  farbigen  Bilde  entsprechend  gefärbte  Kopieen. 

Mit  der  Wien  ersehen  Anpassungstheorie  ist  ein 
neuer  präzis  vorgeschriebener  Weg  zur  Erzielung  von 
Photochromieen  gegeben,  und  wenn  auch  die  bisherigen 
Versuche  noch  keine  praktisch  brauchbaren  Resultate 
geliefert  haben,  so  ist  es  doch  möglich,  dass  sie  zur 
endlichen  Lösung  des  Problems  der  Earbenphotographie 
führt. 

Die  Grundidee  zur  zweiten  Methode  der  Photo- 
chromie  ist  gleichfalls  über  30  Jahre  alt;  sie  trachtet, 
wie  schon  erwähnt,  die  Naturfarben  des  Originales  durch 
Übereinanderlegen  mehrerer  einfarbiger  photographischer 
Bilder  zu  imitieren. 

Bei  dieser  indirekten  Methode  benutzt  man  die 
üblichen  Positiv-  und  Negativ -Verfahren  und  verwendet 
für  die  Färbung  der  Bilder  die  gewöhnlichen  Pigmente. 
Die  Zahl  der  zu  kombinierenden  Farbenbilder,  die  man 
als  „ Teilbilder a bezeichnen  kann,  wird  in  der  Regel  auf 
drei  beschränkt,  weil  man  von  der  Ansicht  ausgeht, 
dass  sich  durch  Kombination  eines  gelben,  roten  und 
blauen  Farbstoffes  alle  Farbenempfindungen  wiedergeben 
lassen. 

Die  Teilbilder  werden  auf  photographischem  Wege 
erhalten,  indem  man  drei  Aufnahmen  mit  Platten  von 
verschiedener  Farbenempfindlichkeit  ausführt:  Auf  eine 
dieser  Platten  ist  der  gelbe  Farbenanteil  des  Originales 
ohne  Wirkung,  sie  liefert  daher  das  Negativ  für  das 
gelbe  Teilbild;  auf  die  zweite  und  dritte  Platte  muss 
der  rote,  resp.  blaue  Anteil  des  Bildes  wirkungslos  bleiben, 
und  die  Negative  werden  für  die  Herstellung  des  roten, 


resp.  blauen  Teilbildes  benutzt  Vereint  man  die  drei 
Bilder,  so  soll  ein  Gesamtbild  vom  Aussehen  des 
Originales  entstehen. 

Dieses  Prinzip  der  indirekten  Photochromie  oder 
der  photographischen  Dreifarbenbilder  lässt  sich  praktisch 
in  verschiedener  Weise  ausführen:  Man  stellt  entweder 
die  drei  Teilbilder  mit  Hilfe  des  Pigmentprozesses  auf 
Glas  oder  einem  anderen  durchsichtigen  Materiale  her 
und  vereint  sie  durch  Übereinanderlegen  zu  einem  trans- 
parenten Gesamtbilde,  oder  man  druckt  die  drei  Bilder 
auf  Papier  mit  fetter  Farbe  auf  der  Presse  übereinander, 
vereint  sie  also  zu  einem  Farbendruck. 

Bei  den  ersten  Versuchen  über  zusammengesetzte 
Heliochromie  wurde  der  Pigmentprozess  benutzt,  da  man 
damals  den  photomechanischen  Pressendruck  noch  nicht 
kannte  und  der  Pigmentdruck  die  einzige  Methode  war, 
um  photographische  Halbtonbilder  in  beliebigen  Farben 
zu  erzeugen.  In  neuerer  Zeit  wurde  das  Verfahren  viel- 
fach modifiziert,  und  dass  man  auf  diesem  Wege  tadel- 
lose Resultate  zu  erzielen  vermag,  beweisen  die  allgemein 
bekannten  farbenprächtigen  Projektionspositive  und  Stereo- 
skopbilder von  Furniere. 

Die  zweite  Methode,  der  „photographische  Drei- 
farbendruck“, dessen  erste  Anfänge  bis  zum  Jahre  1865 
zurückreichen,  wurde  besonders  von  Dr.  H.  W.  Vogel 
und  Dr.  E.  Albert  ausgebildet  und  in  die  Praxis  ein- 
geführt. Er  findet  gegenwärtig  vielfach  Verwendung 
und  gewinnt,  besonders  infolge  der  Verbesserungen, 
welche  der  Hai bton-Clichedruck  erfährt,  täglich  an  Aus- 
dehnung. 

Die  Photographie  ist  bei  der  Ausführung  des  Drei- 
farbendruckes nicht  wesentlich  erforderlich,  und  theoretisch 
ist  es  ganz  gleichgültig,  ob  die  für  den  Druck  des  gelben, 
roten  und  blauen  Bildes  erforderlichen  Platten  durch 
Handzeichnung,  oder  mit  Hilfe  der  Photographie  her- 


6 


gestellt  werden.  In  der  Praxis  stellen  sich  aber  der 
ersteren  Ausführungsart  ganz  unüberwindliche  Hinder- 
nisse entgegen.  Auch  der  erfahrene  Chromolithograph 
ist  nicht  im  stände,  den  Mischungseffekt  von  drei  so 
differenten  Farben  im  vorhinein  zu  beurteilen  und  daher 
auch  nicht  in  der  Lage,  ein  nur  halbwegs  brauchbares 
Resultat  zu  erzielen.  Ein  Dreifarbendruck  mit  gezeich- 
neten Platten  ist  also  theoretisch  zwar  möglich,  praktisch 
aber  nicht  ausführbar. 

Statt  die  aus  Körperfarben  bestehenden  Positive 
übereinander  zu  legen,  kann  man  die  Teilbilder  auch 
auf  optischem  Wege  zu  einem  Mischbilde  vereinen,  und 
dieser  Gedanke  liegt  den  polychromen  Projektionsbildern, 
dann  dem  Photochromoskop  zu  Grunde.  Schon  Ducos 
du  Hauron  sprach  die  Möglichkeit  aus,  farbige  Projektions- 
bilder in  dieser  Weise  herzustellen,  aber  erst  Leon 
Yidal,  Ives  und  Scott  ist  es  gelungen,  das  Verfahren 
praktisch  brauchbar  zu  machen. 

Die  drei  Negative  wurden  auf  gewöhnlichen  Chlor- 
oder Bromsilberplatten  kopiert,  die  so  erhaltenen  Positive 
mit  einem  entsprechend  gelben,  resp.  roten  und  blauen 
Glase  bedeckt  und  gleichzeitig  auf  eine  weisse  Wand 
übereinander  projiziert.  Man  benutzt  dazu  entweder 
drei  Projektionsapparate  oder  eine  Triplexi aterne  mit 
drei  Projektionsobjektiven.  Sind  die  Farben  der  Gläser 
richtig  gewählt,  so  vereinigen  sich  die  auf  dem  Schirm 
übereinander  fallenden  Lichter  zu  Weiss.  Schaltet  man 
die  drei  Positive  ein,  so  liefert  jedes  ein  farbiges  Teil- 
bild, daher  am  Schirm  ein  Projektionsbild  in  den  Farben 
des  Originales  erscheint. 

Im  Photochromoskop  von  Ives  werden  die  drei 
Positive  gleichfalls  durch  farbige  Gläser  beleuchtet,  aber 
nicht  auf  einen  weissen  Schirm  projiziert,  sondern  durch 
ein  Spiegelsystem  direkt  in  das  Auge  des  Beschauers 
reflektiert. 


7 


Die  farbigen  Beleuchtungsgläser  bleiben  hier  ebenso 
wie  bei  der  polychromen  Projektion  für  alle  Bilder  un- 
verändert, und  durch  diesen  Umstand  wird  die  richtige 
Wiedergabe  der  Barben  wesentlich  erleichtert.  Während 
nämlich  bei  der  früher  angegebenen  Methode  der  Drei- 
farbenphotographie die  Färbung  der  Teilbilder  in  jedem 
einzelnen  Falle  gegeneinander  abgestimmt  werden  muss, 
sind  beim  Photochrom oskop  und  bei  der  Projektions- 
methode die  Färbungen  der  Beleuchtungsgläser  nur  ein- 
mal in  Übereinstimmung  zu  bringen  und  entsprechen 
dann  den  Diapositiven  eines  beliebigen  Bildes. 

Nur  dieser  Umstand  verleiht  dem  Photochromoskop 
eine  gewisse  Überlegenheit  gegenüber  dem  aus  trans- 
parenten Teilbildern  bestehenden  Dreifarbenbild.  Das 
beiden  Methoden  zu  Grunde  liegende  Prinzip  ist  das 
gleiche,  mit  beiden  Methoden  können  gleich  gute  Resul- 
tate erzielt  werden. 

Das  Photochromoskop  liefert  aber  kein  materielles 
Bild  und  besitzt  aus  diesem  Grunde  nur  geringen  prak- 
tischen Wert. 

Eine  originelle  Idee  hat  Jo  ly  in  Dublin  verfolgt, 
um  farbige  Photographieen  auf  indirektem  Wege  zu  er- 
zielen. Er  benutzt  eine  Glasplatte  mit  durchsichtigen, 
unmittelbar  aneinander  schliessenden,  sehr  dünnen  Linien 
(etwa  zehn  pro  Millimeter).  Diese  sind  abwechselnd  von 
roter,  grüner  und  blauer  Färbung,  und  die  Farben  sind 
so  gewählt,  dass  die  Platte,  in  der  Durchsicht  betrachtet, 
hellgrau  erscheint. 

Presst  man  diese  Platte  gegen  eine  für  alle  farbigen 
Strahlen  gleichmässig  empfindliche  Trockenplatte  und 
exponiert  ein  farbiges  Objekt,  so  werden  die  vom 
Original  reflektierten  roten  Strahlen  nur  von  den  roten 
Linien  darchgelassen  und  die  unter  diesen  liegenden 
Stellen  der  photographischen  Platte  werden  bei  der  Ent- 
wicklung geschwärzt.  In  analoger  Weise  werden  die 


8 


grünen  Stellen  des  Originales  nur  unter  den  grünen 
Linien,  die  blauen  Stellen  nur  unter  den  blauen  Linien 
abgebildet  werden,  während  die  weissen  Strahlen  duröh 
alle  Linien  wirken.  Stellt  man  nach  diesem  Negativ  ein 
Glaspositiv  her  und  presst  es  auf  dieselbe  oder  eine 
ähnliche  farbige  Rasterplatte,  so  wird  bei  ganz  richtiger 
Lage  beider  Platten  das  Bild  des  Objektes  in  nahezu 
natürlichen  Farben  erscheinen. 

Dieser  Vorgang  ist  schwierig  ausführbar,  kann  die 
Farben  nur  unrein  wiedergeben  und  dürfte  kaum  jemals 
einen  praktischen  Wert  erlangen. 


Wie  aus  dieser  Zusammenstellung  zu  entnehmen  ist, 
haben  bisher  nur  die  indirekten  Methoden  der  Photo- 
chromie  brauchbare  Resultate  ergeben.  Insbesondere  ist 
es  der  Dreifarbendruck,  dem  man  gegenwärtig  eine  hervor- 
ragende praktische  Bedeutung  zuerkennen  muss. 

Die  Praxis  dieses  Verfahrens  zerfällt  in  zwei  Teile: 
In  die  Zerlegung  der  Originalfarben  und  in  die  Aus- 
führung des  Druckes.  Das  Problem  der  Farbenspaltung 
auf  photographischem  Wege  dürfte  als  gelöst  zu  betrachten 
sein,  da  man  durch  Verwendung  entsprechender  Sensi- 
bilisatoren und  Lichtfilter  die  Empfindiichkeitsverhältnisse 
der  photographischen  Platte  nach  Belieben  zu  regeln  ver- 
mag; dagegen  lässt  die  Wiedervereinigung  der  drei  Teil- 
bilder durch  Pressendruck  noch  vieles  zu  wünschen  übrig. 
Besonders  die  Herstellung  der  photomechanischen  Druck- 
formen ist  unsicher,  wenn  es  sich  um  eine  peinlich 
richtige  Wiedergabe  aller  Abschattierungen  des  Negativs 
handelt,  aber  auch  dem  Pressendruck  selbst  fehlt  jene 
exakte  • Gleichmässigkeit,  wie  sie  der  Dreifarbendruck  un- 
bedingt fordert. 


I.  Abschnitt. 


Lieht  und  Farbe. 


A.  Die  Vibrationstheorie  des  Lichtes. 

Zahlreiche  Erscheinungen  drängen  zu  der  Annahme, 
dass  jene  Erscheinung,  die  wir  als  Licht  bezeichnen, 
durch  die  Bewegung  eines,  den  ganzen  Weltraum  er- 
füllenden, unwägbaren,  äusserst  dünnen,  elastischen 
Stoffes  — des  Lichtäthers  — zu  stände  kommt. 

Befindet  sich  der  Äther  in  Ruhe,  so  herrscht 
Einsternis.  Durch  einen  leuchtenden  Körper,  dessen 
kleinste  Teilchen  sich  in  äusserst  lebhafter  Vibration  be- 
finden, wird  der  Äther  erschüttert,  er  kommt  in  Be- 
wegung, diese  pflanzt  sich  mit  grosser  Geschwindigkeit 
nach  allen  Richtungen  fort  und  verursacht  auf  der  Netz- 
haut unseres  Auges  einen  Reiz,  den  wir  als  Licht  em- 
pfinden. 

Die  Vibrationen  des  leuchtenden  Körpers  werden 
in  ähnlicher  Weise  durch  den  Äther  fortgepflanzt,  wie 
jene  des  schallenden  Körpers  durch  die  Luft.  Treffen 
die  vibrierenden  Luftteilchen  unser  Ohr,  so  nehmen  wir 
einen  Ton  wahr,  treffen  die  bewegten  Ätherteilchen  unser 
Auge,  so  empfinden  wir  Licht. 

Die  Lichtbewegung  des  Äthers  ist  aber  keine  in  der 
Richtung  der  Lichtstrahlen  fortschreitende,  sondern  besteht 
aus  örtlich  feststehenden  Schwingungen.  Die  Äther- 
teilchen oszillieren  nämlich  senkrecht  zur  Fortpflanzungs- 
richtung des  Lichtes  pendelartig  hin  und  her,  ihre 


10 


Bewegung  überträgt  sich  von  einem  Teilchen  aut  das 
andere,  wodurch  eine  wellenartige  Bewegung  der  ganzen 
Äthermasse  zu  stände  kommt. 

Die  Körper  zeigen  gegen  die  auftreffenden  Äther- 
wellen ein  sehr  verschiedenes  Verhalten:  Manche  setzen 
ihrer  Bewegung  gar  kein  Hindernis  entgegen  — sie 
sind  durchsichtig,  andere  veranlassen  ein  elastisches  Ab- 
prallen derselben  — sie  reflektieren  das  Licht,  und  die 
meisten  endlich  hemmen  mehr  oder  weniger  ihr  Fort- 
schreiten, das  Licht  vermag  sie  also  gar  nicht  oder  nur 
geschwächt  zu  durchdringen  — sie  sind  undurchsichtig 
oder  durchscheinend  — , sie  absorbieren  ganz  oder  teil- 
weise das  Licht. 

Trifft  ein  in  Bewegung  befindlicher  Körper  auf  einen 
zweiten,  so  hört  die  Bewegung  des  ersteren  auf,  und  es 
entsteht  Wärme,  wie  es  das  bekannte  Beispiel  von  Hammer 
und  Amboss  lehrt.  Besitzt  einer  der  beiden  Körper  nicht 
genügende  Festigkeit,  so  wird  beim  Aufprallen  auch  eine 
Deformation,  vielleicht  ein  Zerschellen  desselben  zu  stände 
kommen.  Ähnlich  wirken  die  Stösse  des  oszillierenden 
Äthers,  also  das  Licht.  Trifft  er  auf  einen  Körper,  der 
seine  Bewegung  hemmt,  so  kommt  er  zur  Ruhe,  und  es 
entsteht  Wärme,  und  vielleicht  findet  auch  eine  De- 
formation der  getroffenen  Substanz  statt.  Diese  Deforma- 
tion beschränkt  sich  aber  in  der  Regel  auf  den  Bau  der 
Moleküle,  auf  eine  Verschiebung  der  Atome,  folglich  auf 
eine  chemische  Veränderung  der  Substanz.  Solche  Körper 
werden  also  durch  die  Wirkung  des  Lichtes  verändert, 
und  man  bezeichnet  sie  als  „lichtempfindlich“. 

Bei  jeder  Wellenbewegung  unterscheidet  man  zwei 
für  diese  charakteristische  Grössen:  den  Weg,  welchen 
ein  bewegtes  Teilchen  bei  einer  Schwingung  zurücklegt, 
das  ist  die  Grösse  des  Ausschlages  oder  die  „Amplitude“ 
und  die  für  die  Ausführung  einer  Schwingung  erforder- 
liche Zeit  — die  „Schwingungsdauer“.  Letztere  kann 


11 


auch  durch  die  Zahl  der  Schwingungen  pro  Sekunde  — 
durch  die  Schwingungszahl  — ersetzt  werden.  Die  gegen- 
seitige Entfernung  zweier  Wellen  bezeichnet  man  als 
Wellenlänge  und,  wie  die  Theorie  lehrt,  ist  diese  umgekehrt 
proportional  zur  Schwingungszahl;  je  grösser  also  die  Zahl 
der  Schwingungen  pro  Sekunde,  desto  rascher  folgen  die 
Wellen  einander,  desto  kleiner  wird  die  Wellenlänge. 

Je  weiter  man  zu  einem  Schlage  mit  dem  Hammer 
ausholt,  desto  bedeutender  ist  seine  Wirkung,  und  je 
grösser  der  Ausschlag  der  Ätherteilchen,  je  grösser  ihre 
Amplitude,  desto  mächtiger  der  Reiz  auf  die  Netzhaut, 
um  so  heller  also  die  Lichtempfindung  und  kräftiger  die 
chemische  Wirkung.  Yon  der  Amplitude  der  Äther- 
wellen hängt  also  die  Intensität  oder  Stärke  des  Lichtes  ab. 

Der  von  geringer  Höhe  fallende  Hammer  kann  zwar 
ein  Bleistück  deformieren,  wird  aber  einen  Stahlblock  nicht 
beschädigen,  wenn  auch  die  Schläge  noch  so  lange  Zeit 
fortwirken.  Der  mit  kleiner  Amplitude  vibrierende  Licht- 
äther ist  vielleicht  im  stände,  das  Bromsilber  der  Gelatine- 
platte zu  verändern,  ist  aber  wirkungslos  auf  das  Jodsilber 
der  nassen  Platte,  wenn  auch  seine  Stösse  ununterbrochen 
andauern.  Damit  erklärt  sich  die  bekannte  Thatsache, 
dass  bei  schlechter  Beleuchtung  eine  wenig  empfindliche 
Platte  nicht  ausexponiert  werden  kann. 

Yon  der  Schwingungszahl  und  somit  auch  von  der 
Wellenlänge  hängt  beim  Schall  die  Tonhöhe  ab,  bei  der 
Wellenbewegung  des  Lichtes  bedingt  sie  die  Farbe. 

Sinnreiche  Experimente  haben  es  ermöglicht,  die 
Schwingungszahlen  für  verschiedenfarbiges  Licht  zu  be- 
stimmen, und  man  hat  gefunden,  dass  bei  etwa  400  Billionen 
Stössen  pro  Sekunde  die  Empfindung  „Rot“  entsteht, 
mit  zunehmender  Schwingungszahl  dann  die  Empfindungen 
„Gelb“,  „Grün“,  „Blau“  auftreten  und  der  Empfindung 
„Yiolett“  etwa  750  Billionen  Schwingungen  pro  Sekunde 
entsprechen. 


12 


Die  Wellenlängen  sind  verkehrt  proportional  diesen 
Schwingungszahlen  und  variieren  zwischen  750  und 
400  Millionstel  Millimeter. 

Die  wichtigste,  uns  fast  immer  zur  Verfügung  stehende 
Lichtquelle  ist  die  Sonne,  wir  bezeichnen  ihr  Licht  als 
„weiss“  und  jede  andere  quantitativ  verschiedene  Licht- 
empfindung als  „farbig“. 

Lässt  man  das  Sonnenlicht  auf  ein  Glasprisma  fallen, 
so  erhält  man  auf  einer  passend  aufgestellten  weissen 
Wand  ein  farbiges  Lichtbild,  das  bekannte  Spektrum.  Im 
Spektrum  sind  alle  Übergangsfarben  von  Kot  über  Gelb, 
Grün  und  Blau  zu  Violett  vertreten,  daher  die  Frage  nach 
der  Zahl  der  Spektralfarben  eine  miissige  und  die  Teilung 
in  sechs  oder  sieben  Farbenzonen  eine  willkürliche  ist. 
Aus  diesem  Versuch  schliesst  man,  dass  die  Empfindung 
„Weiss“  dann  zu  stände  kommt,  wenn  Ätherwellen  von  ver- 
schiedenster Schwingungszahl  gleichzeitig  unser  Auge  treffen, 
und  dass  das  w^eisse  Licht  aus  jenen  farbigen  Strahlen 
besteht,  die  wir  eben  im  prismatischen  Bilde  erblicken. 

Entfernt  man  aus  dem  weissen  Licht  einen  farbigen 
Anteil,  so  bringt  der  zurückbleibende,  aus  verschieden- 
farbigen Strahlen  zusammengesetzte  Rest  doch  nur  eine 
einheitliche  Farbenempfindung  hervor.  Nimmt  man 
z.  B.  dem  weissen  Licht  die  grünen  Strahlen,  so  ver- 
eint sich  der  zurückbleibende  rote,  gelbe,  blaue  und 
violette  Rest  zu  einer  einzigen  Empfindung  „Rot“.  Ent- 
fernt man  die  im  w7eissen  Licht  vorhandenen  gelben 
oder  blauen  Strahlen,  so  resultiert  die  Gesamtempfindung 
„Blau“,  resp.  „Gelb“  u.  s.  w. 

Das  auf  einen  Körper  fallende  Licht  kann,  wie  oben 
erwähnt,  entweder  durchgelassen,  reflektiert  oder  ver- 
nichtet, d.  h.  absorbiert  werden,  wobei  entweder  nur  eine 
dieser  Erscheinungen  auftritt,  meist  aber  alle  drei  gleich- 
zeitig zu  beobachten  sind.  Dabei  kann  es  Vorkommen, 
dass  die  Absorption  sich  nur  auf  einen  farbigen  Anteil 


13  — 


des  weissen  Lichtes  erstreckt,  dass  also  nur  Ätherwellen 
von  bestimmter  Schwingungszahl  aufgehalten,  vernichten, 
absorbiert  werden,  während  der  Rest  ungehindert  durch- 
gelassen oder  reflektiert  wird.  Gelangen  diese  nicht  ab- 
sorbierten Strahlen  in  unser  Auge,  so  vereinen  sie  sich 
zu  einer  farbigen  Empfindung,  der  betreffende  Körper 
erscheint  dann  nicht  mehr  weiss,  sondern  farbig.  Hält 
z.  B.  eine  Glasplatte  die  grünen  Strahlen  zurück,  so  wird 
der  sie  ungehindert  passierende  Rest  die  Empfindung  „Rot“ 
hervorrufen.  Bas  Glas  erscheint  rot  gefärbt,  und  wir 
erhalten  den  Eindruck,  als  wenn  das  weisse  Licht  bei 
dem  Burchdringen  des  Glases  rot  gefärbt  worden  wäre, 
thatsächlich  erscheint  es  aber  rot,  weil  es  die  grünen 
Strahlen  verloren  hat.  Ebenso  erscheint  ein  mit  Eosin 
überzogenes  Papier  rot,  weil  in  dem  von  seiner  Ober- 
fläche reflektierten  Lichte  diese  Strahlengattung  fehlt. 

Wenn  Lichtstrahlen  absorbiert  werden,  also  Äther- 
bewegung vernichtet  wird,  muss  Wärme  entstehen,  und 
eventuell  kann  auch  eine  chemische  Veränderung  der 
absorbierenden  Substanz  eintreten.  Ein  Körper,  der  also 
die  grünen  Strahlen  absorbiert,  alle  anderen  aber  durch- 
lässt oder  reflektiert,  kann,  falls  er  überhaupt  lichtempfind- 
lich ist,  lediglich  durch  grünes  Licht  chemisch  verändert 
werden;  jede  andere  Gattung  farbiger  Strahlen  ist  wirkungs- 
los, sie  verlässt  ja  unverändert  die  Substanz.  Setzt  man 
Eösinpapier  längere  Zeit  dem  Lichte  aus,  so  wird  es 
gebleicht,  der  Bau  der  Eosinmoleküle  wird  durch  die 
fortgesetzten  Ätherstösse  zerstört,  es  ist  also  lichtempfind- 
lich. Biese  chemische  Veränderung  kann  lediglich  durch 
den  grünen  Anteil  des  weissen  Lichtes  zu  Stande  kommen, 
und  wir  bezeichnen  somit  das  Eosin  als  „grünempfind- 
lich“. Bedekt  man  das  Eosinpapier  mit  einer  grünen, 
roten  und  blauen  Glasplatte  und  setzt  es  dem  Sonnen- 
lichte aus,  so  bleicht  es  thatsächlich  nur  unter  der  ersten 
aus,  behält  aber  unter  den  beiden  anderen  seine  Farbe. 


14 


Cyanin  ist  orangeempfindlich,  es  bleicht  nur  unter 
dem  Einflüsse  von  orangegelben  Strahlen,  weil  es  diese 
absorbiert;  Chlor-,  Jod-  und  Bromsilber  sind  blauempfind- 
lich, denn  sie  halten  die  blauen  Strahlen  zurück  und 
erscheinen,  bei  genügender  Verteilung  in  dünner  Schicht 
betrachtet,  orange  in  der  Durchsicht. 

Ein  für  alle  Strahlengattungen  gleich  empfindlicher, 
also  „weissempfindlicher“  Körper  müsste  schwarz  sein; 
bei  den  photographischen  Präparaten  ist  jedoch  die  Wirkung 
des  weissen  Lichtes  stets  nur  einem  bestimmten  Farben- 
anteil desselben  zuzuschreiben. 

Aus  der  Vibrationstheorie  des  Liches  ergaben  sich 
daher  nachstehende,  für  die  Photographie  äussert  wichtige 
Sätze : 

1.  Eine  Substanz  kann  nur  durch  jene  Lichtstrahlen 
chemisch  verändert  werden,  die  sie  absorbiert. 

2.  Nicht  jeder  farbige  Körper  muss  durch  die  absor- 
bierten Strahlen  derartig  verändert  werden,  denn 
diese  können  auch  Wärme  bilden,  ohne  eine 
chemische  Deformation  zu  veranlassen. 

3.  Jede  lichtempfindliche  Substanz  braucht  zu  ihrer 
Zersetzung  eine  bestimmte  Lichtintensität;  Licht  von 
geringerer  Intensität  ist  ohne  Wirkung. 

B.  Farbiges  Licht. 

Wir  unterscheiden  einfaches  oder  homogenes  und 
gemischtes  Licht,  je  nachdem  nur  Wellen  von  einer  Lange 
oder  ein  Gemisch  verschieden  langer  Wellen  vorhanden 
ist.  In  gleichem  Sinne  spricht  man  von  einfachen  Farben 
und  Mischfarben.  Weisses  Licht  ist  also  stets  gemischt, 
und  auch  das  von  den  meisten  Lichtquellen  ausgesendete, 
sowie  das  von  farbigen  Körpern  reflektierte  Licht  ist  in 
der  Kegel  ein  Lichtgemisch.  Einfaches  Licht  erhalten 
wir  bei  der  Zerlegung  des  weissen  Lichtes  durch  ein 
Prisma,  und  wenn  es  sich  um  die  Verwendung  einfacher 


15 


Farben  handelt,  müssen  in  der  Kegel  Spektralfarben  benutzt 
werden. 

Aus  der  Empfindung,  welche  ein  Licht  hervorbringt, 
können  wir  auch  nicht  annähernd  auf  seine  Zusammen- 
setzung schliessen,  und  aus  diesem  Grunde  ist  das  Prisma, 
welches  eine  Zerlegung  des  gemischten  Lichtes  in  seine 
Komponenten,  eine  Analyse  desselben  ermöglicht,  für 
die  Erkenntnis  der  Farbenerscheinungen  von  grösster 
Wichtigkeit.  Weisses  Licht  liefert  nach  dem  Passieren 
eines  Glasprismas  ein  geschlossenes  Farbenband,  ein  voll- 
kommenes Spektrum,  während  bei  der  Zerlegung  farbigen 
Lichtes  Teile  dieses  Bandes  fehlen. 

Das  Spektrum  des  Sonnenlichtes  ist  zwar  auch  von 
zahlreichen  feinen  Linien  durchsetzt,  woraus  wir  schliessen 
müssen,  dass  auch  in  diesem  Lichte  Strahlen  von  gewisser 
Wellenlänge  fehlen.  Das  Vorhandensein  solcher  zarter 
Linien  ist  aber  von  kaum  wahrnehmbarem  Einfluss  auf 
die  Farbe  des  Lichtes. 

Diese  Fr aunhof ersehen  Linien,  von  welchen  die 
kräftigsten  mit  bestimmten  Buchstaben  bezeichnet  wurden, 
bilden  .ein  ausserordentlich  sicheres  und  bequemes  Mittel, 
um  bestimmte  Farbenzonen  des  Spektrums  in  einfacher 
Weise  zu  bezeichnen.  Man  charakterisiert  eine  Spektral- 
farbe und  damit  auch  Licht  von  einer  bestimmten  Wellen- 
länge gewöhnlich  durch  ihre  Lage  zu  den  nächsten  Linien. 

Aus  Fig.  1 ist  die  Lage  der  wichtigsten  Linien  im 
Verhältnisse  zu  den  Farben  des  Spektrums  ersichtlich. 

Die  bezifferten  Teilstriche  bezeichnen  die  den  Farb- 
tönen entsprechenden  Wellenlängen  in  Milliontel  Milli- 
meter. Diese  Grösse  wird  Angströmsche  Einheit  genannt 
und  durch  das  Zeichen  |i  bezeichnet. 

Am  roten  Ende  des  Spektrums  sind  die,  20  solchen 
Einheiten  entsprechenden  Intervalle  klein,  und  werden 
gegen  Violett  zu  immer  grösser,  woraus  wir  schliessen 


16 


müssen,  dass  die  roten  Strahlen  im  Spektrum  auf  eine 
kleine  Fläche  zusammengedrängt,  die  blauen  und  violetten 
dagegen  auseinander  gezogen  und  gleichsam  verdünnt 
sind.  Es  ist  jedoch  bemerkenswert,  dass  die  relative 
Ausdehnung  der  Farben  und  somit  auch  die  Form 
der  Wellenlängenskala  vom  Materiale  des  Prismas  ab- 
hängt und  bei  verschiedenen  Glassorten  etwas  ver- 
schieden ist. 

Das  Rot  reicht  von  der  äussersten  Grenze  des 
Spektrums  bis  zur  Linie  C\  es  ist  ein  Rot  mit  etwas  gelb- 
lichem Stich,  von  jener  Farbe,  die  etwa  der  Zinnober 
besitzt.  Von  C bis  zur  Linie  D geht  das  Rot  in  Orange 
über,  welches  knapp  hinter  D dem  reinen  Gelb  weicht. 

B C D E b f G h H 

I 

rrnnTirrm  i i i n^i — i — i 1 1 r — T"  t~~ 1 1- 

700  50  600  80  60  ^0  20  500  90  80  70  60  50  40  30  20  10  Zf00 

roth  roIh  oran9e:s  grün  9rün  grün'  blau  violett  violett 

Fig.  i. 

Das  Orange  der  D- Linie  entspricht  etwa  dem  Farbenton 
der  Bleiglätte.  Das  reine  Gelb  bildet  einen  nur  sehr 
schmalen  Streifen,  geht  rasch  in  Gelbgrün  über,  und 
zwischen  E und  b liegt  ein  etwas  gelbstichiges  Grün,  das 
der  Farbe  des  Schweinfurter  Grüns  entspricht.  Hinter  b 
beginnt  reines  Grün,  und  bei  F liegt  eine  schmale  Zone 
Blaugrün,  das  Holmholtz  Cyanblau  nannte.  Dieses  grün- 
liche Blau  entspricht  der  Farbe  grosser  Wassermassen  und 
kann  bei  Gebirgsseeen  und  Gletschereis  beobachtet  werden. 
Hinter  F verliert  das  Blau  langsam  den  grünlichen  Stich 
und  geht  in  ein  rötliches  Blau  und  endlich  bei  der  Linie  G 
in  Violett  über.  Das  rötliche  Blau  wird  allgemein  als 
Indigo  bezeichnet,  thatsächlich  ist  es  aber  dem  Ultra- 
marin ähnlich.  Von  G bis  zum  Ende  des  Spektrums 
breitet  sich  eine  Zone  von  blaustichigem  Violett  aus, 
ungefähr  von  der  Farbe  des  Methylvioletts. 


17 


Nach  König  und  Dieterici1)  sind  im  roten  Ende 
des  Spektrums  bis  zur  Linie  C nur  Unterschiede  in  der 
Helligkeit  wahrzunehmen,  während  die  Färbung  dieser 
Strecke  demselben  roten  Ton  entspricht;  ebenso  ist  die 
violette  Endstrecke,  von  der  Linie  O angefangen,  von 
gleicher  Färbung,  nur  die  Helligkeit  nimmt  successive  ab. 

Wenn  es  sich  also  nur  um  die  im  Spektrum  vor- 
handenen Farbentöne  handelt,  so  kommt  nur  der  Teil 
von  der  Linie  C bis  G in  Betracht. 

Hie  Verteilung  der  Farben  im  Spektrum  ist  eine 
sehr  ungleichmässige;  dem  Rot- Orange,  Grün-  und  Blau- 
Violett  kommen  sehr  breite  Zonen  zu,  während  das  Gelb 
und  Blaugrün  auf  einen  sehr  schmalen  Übergangsstreifen 
zusammengedrängt  ist. 

Rotviolett,  sogen.  Purpur,  welcher  unter  den  Farb- 
stoffen durch  die  Glieder  der  Eosin  gruppe  repräsentiert 
wird,  fehlt  im  Spektrum,  kann  aber  durch  Übereinander- 
legen  des  roten  und  violetten  Endes  gebildet  werden. 
Durch  Einschalten  von  Purpur  bilden  dann  die  Spektral- 
farben eine  in  sich  zurückkehrende  geschlossene  Farbenreihe. 

Es  giebt  noch  eine  zweite  Methode  zur  Erzeugung 
des  Spektrums,  die  also  gleichfalls  die  Möglichkeit  bietet, 
gemischtes  Licht  in  seine  Bestandteile  zu  zerlegen. 

Sie  beruht  auf  Verwendung  einer  Glasplatte,  die  mit 
einem  dichten  Netz  äusserst  zarter,  eingeritzter  Linien 
überzogen  ist.  Fällt  ein  schmaler  Lichtstrahl  durch  ein 
solches  Liniennetz,  das  mail  als  Gitter  bezeichnet,  so  ent- 
steht ein  Spektrum,  das  zwar  die  gleiche  Farbenfolge  wie 
das  Prismenspektrum  zeigt,  sich  aber  von  diesem  durch 
die  Ausdehnung  und  Intensität  der  einzelnen  Farbenzonen 
wesentlich  unterscheidet.  Die  Wellenlängenskala  zeichnet 
sich,  wie  Fig.  2 zeigt,  durch  eine  sehr  einfache  Gestalt 


i)  Helmholt z,  Physik.  Optik,  S.  320. 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl. 


2 


18 


aus,  indem  gleiche  Differenzen  der  Wellenlängen  gleichen 
Abständen  entsprechen.  Diese  Eigentümlichkeit  macht 
das  Gitterspektrum  für  viele  Zwecke  äusserst  wertvoll, 
und  da  das  Material,  auf  dem  das  Gitter  hergestellt  ist, 
kleinerlei  Einfluss  auf  die  Farbenverteilung  ausübt,  so 
wird  es  bei  wissenschaftlichen  Untersuchungen  stets  als 
„Normalspektrum“  benutzt. 

Am  ausgedehntesten  ist  im  Gitterspektrum  das  Rot, 
Grün  nimmt  etwa  denselben  Raum  ein  wie  im  prismatischen 
Spektrum,  und  dem  Blau  violett  kommt  eine  nur  geringe 
Ausbreitung  zu.  Gelb  liegt  in  der  Mitte  und  ist  ebenso 
wie  Blaugrün  auf  einen  nur  schmalen  Streifen  beschränkt. 


E b 


“i  1 i 1 i i i r f i r r i — i — r~ i — i — r , . , , 

700  SO  80  70  60  60  40  30  20  10  600  90  80  70  60  50  40  30  20  10  500  90  80  70  60  50  40  30  20  10 


Fi g-  2. 


In  der  Praxis  benutzt  man  aber  mit  Vorliebe  das 
Prisma,  nicht  nur  weil  das  Gitter  — das  pro  Centimeter 
etwa  2000  Linien  besitzen  muss  — kostspielig  ist  und 
vorsichtig  behandelt  werden  muss,  sondern  weil  auch  die 
Lichtstärke  des  prismatischen  Spektrums  jene  des  Gitter- 
spektrums bedeutend  übertrifft. 

Wie  oben  bemerkt  wurde,  entsprechen  den  im  Spektrum 
vorhandenen  Farben  Ätherwellen  mit  400  bis  750  Billionen 
Schwingungen  pro  Sekunde.  Verschiedene  Versuche  haben 
gelehrt,  dass  im  Sonnenlichte  auch  Ätherwellen  mit  be- 
deutend grösserer  und  kleinerer  Schwingungsdauer  vor- 
handen sind,  dass  also  das  Spektrum  über  seine  beiden 
Enden  reicht,  ohne  dass  jedoch  unser  Auge  im  stände 
wäre,  diese  Strahlengattungen  wahrzunehmen.  Diese 
jenseits  Rot  und  Violett  liegenden,  als  ultrarot  und  ultra- 
violett bezeichneten  Strahlen  werden  nicht  mehr  als  Licht 
empfunden,  sie  vermögen  aber  chemische  Wirkungen 


19 


hervorzubringen.  Lässt  man  nämlich  das  Sonnenspektrum 
auf  eine  photographische  Platte  von  passender  Beschaffen- 
heit fallen,  so  erhält  man  ein  weit  über  die  Grenzen  des 
sichtbaren  Spektrums  reichendes  Band,  das  auch  im  ultra- 
roten und  ultravioletten  Teile  von  zahlreichen  dunklen 
Linien  unterbrochen  wird.  Die  ultraroten  Strahlen  nehmen 
wir  nicht  wahr,  weil  sie  von  wässerigen  Plüssigkeiten 
absorbiert  werden,  also  nicht  bis  zur  Netzhaut  des  Auges 
dringen  können,  während  die  Unsichtbarkeit  der  ultra- 
violetten Strahlen  lediglich  durch  den  Mangel  an  Empfind- 
lichkeit unseres  Sehapparates  für  so  rasche  Äthervibrationen 
erklärt  wird. 

Zur  bequemen  Beobachtung  des  Spektrums  benutzt 
man  eigene  Apparate,  die  den  Namen  Spektroskope  führen. 
Um  sich  vom  Sonnenlichte  unabhängig  zu  machen  und 
bei  der  Verwendung  künstlicher  Lichtquellen,  in  deren 
Spektrum  die  zur  Orientierung  dienenden  Fraunhofer- 
schen  Linien  fehlen,  doch  eine  Definition  der  Spektral- 
farben zu  ermöglichen,  wird  bei  diesem  Apparate  ein 
Massstab  derart  angebracht,  dass  sein  Bild  gleichzeitig 
mit  dem  Farbenband  des  Sektrums  sichtbar  ist.  Bestimmt 
man  einmal  die  Lage  seiner  Teilstriche  mit  Hilfe  der 
Fr aunhof ersehen  Linien,  so  ist  man  dann  stets  im 
stände,  die  einem  bestimmten  Skalenteil  zukommende 
Spektralfarbe  anzugeben.  Es  giebt  jedoch  auch  Instrumente, 
wie  das  Zeisssche  Vergleichs -Spektroskop,  welche  mit 
einer  in  Wellenlängen  geteilten  Skala  versehen  sind. 

Im  Spektrum  eines  farbigen  Lichtes  fehlen  gewisse 
Teile,  die  sich  als  schwarze  Bänder  mit  meist  verwaschenen 
Bändern  markieren.  Sieht  man  z.  B.  mit  dem  Spektro- 
skop gegen  eine  weisse  Lichtquelle,  die  ein  vollkommenes 
Spektrum  giebt,  und  setzt  dann  vor  das  Instrument  eine 
mit  Eosin  überzogene  Glasplatte,  so  verschwindet  der 
grüne  Teil  des  Spektrums,  weil  der  rote  Farbstoff  die 
grünen  Strahlen  absorbiert  hat. 

2* 


20 


Um  eine  umständliche  Beschreibung  solcher  „Absorp- 
tions-Spektren“ zu  umgehen,  ist  eine  graphische  Darstellung 
derselben  gebräuchlich,  aus  der  sich  alle  Eigentümlich- 
keiten der  Absorption  entnehmem  lassen.  Auf  einer - 
Horizontallinie,  welche  in  Eig.  1 oder  2 durch  die  Fraun- 
hofer sehen  Linien  abgeteilt  ist,  werden  die  fehlenden 
Teile  des  Spektrums  durch  eine  Kurve  angezeigt,  die  um 
so  höher  ansteigt,  je  intensiver  der  Schatten  an  der 
betreffenden  Stelle  ist.  Aus  der  Gestalt  der  Kurve  erkennt 
man  dann  nicht  nur  die  Gattung  der  absorbierten  Strahlen, 
sondern  auch  die  Intensität  der  Absorption.  So  ist  aus 
der  Darstellung  in  Fig.  3 zu  entnehmen,  dass  das  Licht 


B C D E b 


F 


G h H 


7? 


40  20  5 0 0 9 0 8 0 70  60  50  40  30  20  10  400 


Fig.  3 

nach  der  Absorption  hauptsächlich  aus  grünen  Strahlen 
besteht,  weil  über  den  orangeroten  und  blauen  Teil  des 
Spektrums  zwei  Kurven  A und  B eingezeichnet  sind; 
weiter  sieht  man,  dass  das  durch  die  Kurve  A charak- 
terisierte Schattenband  gegen  das  rote  Ende  des  Spektrums 
ziemlich  scharf  begrenzt  ist,  während  es  über  Orange 
allmählich  verwaschen  ausläuft.  Die  Kurve  B zeigt,  dass 
die  violetten  Strahlen  gleichmässig  gedeckt  sind  und  die 
Absorption  zwischen  F und  G allmählich  verläuft. 

Bildet  man  aus  der  gleichen  Lichtquelle  ein  pris- 
matisches und  ein  Gitter  Spektrum,  so  muss  die  Quantität 
der  farbigen  Bestandteile  in  beiden  Spektren  offenbar  die 
gleiche  sein,  nur  sind  sie  auf  verschiedene  Bäume  ver- 
teilt, daher  auch  von  verschiedener  Intensität.  Die  Form 
der  Absorptionskurven  wird  daher  in  beiden  Spektren 
eine  verschiedene  sein. 


21 


Auf  Grund  der  Wellenlängenskala  ist  es  leicht,  die  mit 
dem  Prisma  erhaltenen  Resultate  auf  das  Normalspektrum 
zu  übertragen,  denn  die  zwischen  gleichen  Skalenteilen 
liegenden  Farben  sind  die  gleichen,  und  ihre  Intensität  muss 
verkehrt  proportional  dem  von  ihnen  ausgefüllten  Raume  sein. 

Sollen  die  eben  besprochenen  Absorptionsverhältnisse 
(Fig.  3)  auf  ein  Gitter  Spektrum  (Fig.  4)  übertragen  werden, 
so  hat  man  zu  beachten,  dass  z.  B.  die  Strahlen  zwischen 
630  und  640  jx  die  Ausdehnung  a besitzen  und  durch 
einen  Schatten  von  der  Intensität  m überdeckt  sind;  im 
Normal  Spektrum  kommt  dieser  Strahlengruppe  eine  grössere 
Ausdehnung,  nämlich  b zu,  daher  wird  die  Intensität  des 


sie  abschwächenden  Schattens  n kleiner  sein.  Es  muss 

am  = bn  sein,  daher  man  n = ^-m  leicht  berechnen 
kann. 

Für  zwei  Spektren  von  gegebener  Ausdehnung  kann 

man  das  Yerhältnis  ^ für  verschiedene  Wellenlängen  ein 

für  allemal  ermitteln,  und  es  unterliegt  dann  keinem 
Anstande  die  Absorptionskurven  von  einem  Spektrum  auf 
das  andere  zu  übertragen. 

In  vorliegendem  Fall  ergeben  sich  z.  B. 


für  die  Wellenlängen  700,  -|  = 6,0, 


0 — 

* ' ~ ~5 

b 

5 ~ 5 

55 

55 

55 

650, 

55 

2 2 

55 

55 

55 

600, 

55 

1,6, 

55 

*5 

55 

550, 

55 

1,2, 

55 

55 

55 

500, 

55 

0,9, 

55 

55 

55 

450, 

55 

0,6, 

55 

55 

55 

400, 

55  ' 

0,3. 

22 


Werden  in  dieser  Weise  die  in  Fig.  3 dargestellten 
Absorptionsverhältnisse  umgerechnet,  so  ergeben  sich  die 
Kurven  A und  B für  das  Normalspektrum  (Fig.  4) ; sie  charak- 
terisieren die  Form  jener  Absorptionsbänder,  die  man  bei 
Benutzung  eines  Gitterspektrographen  erhalten  hätte.  Wie 
man  sieht,  fehlt  hier  der  steile  Abfall  der  Kurve  A gegen 
das  rote  Ende,  er  ist  im  prismatischen  Spektrum  durch 
die  mit  wachsender  Wellenlänge  zunehmende  Konzen- 
tration der  Strahlen  bedingt,  und  die  Kurve  B steigt  fast 
stetig  von  F gegen  Violett  an.  Weiter  zeigt  sich  eine 
sehr  bedeutende  Differenz  in  der  Intensität  der  Schatten- 
bänder A und  B , während  das  Prismenspektrum  gleich 
intensive  Absorption  in  Blau  und  Rot  zeigt 

Bei  der  Wahrnehmung  einer  Farbe  machen  sich 
gewisse  Eigentümlichkeiten  bemerkbar,  die  sich  in  zwei 
Empfindungsreihen  ordnen  lassen.  Wir  unterscheiden  den 
Farbenton,  d.  i.  die  eigentliche,  von  Schwarz  und  Weiss 
qualitativ  verschiedene  Farbenempfindung,  und  die  Rein- 
heit, welche  durch  Abwesenheit  einer  gleichzeitigen 
Schwarz-  und  Weissempfindung  bedingt  wird.  Alle 
Übergänge  von  der  reinen  Farbe  zu  ihren  Mischungen  mit 
Schwarz,  Grau  oder  Weiss  bezeichnet  man  als  Nuancen. 

Vom  physikalischen  Standpunkte  sind  dagegen  drei 
Variable  bei  einer  Farbenempfindung  zu  unterscheiden: 
1.  der  Farbenton,  welcher  durch  die  verschiedene 
Wellenlänge  des  Lichtes  bedingt  wird,  2.  die  Helligkeit 
oder  Intensität,  die  von  der  Amplitude  der  Lichtwellen 
ab  hängt,  und  3.  die  Sättigung,  welche  von  dem  ver- 
schiedenen Grad  der  Einheitlichkeit  der  Lichtwellen  be- 
stimmt wird.  Sind  nur  Wellen  einer  Länge  vorhanden,  so 
-erhalten  wir  die  Empfindung  der  vollsten  Sättigung,  sind  aber 
gleichzeitig  verschiedene  Wellen  beigemischt,  die  sich  zu 
der  Empfindung  „Weiss“  summieren,  so  wird  die  Sättigung 
mehr  oder  weniger  beeinträchtigt.  Die  fehlende  Sättigung 
kann  auch  als  „Weisslichkeit“  bezeichnet  werden. 


28 


Bezüglich  der  „Helligkeit“  ist  zu  bemerken,  dass  die 
verschiedenen  Farben  an  und  für  sich  einen  verschieden 
hellen  Eindruck  hervorbringen;  gelbes  Licht  wirkt  be- 
kanntlich ungleich  heller  als  blaues.  Diese  „spezifische“ 
Helligkeit  der  Farben  darf  mit  dem  oben  präzisierten  Be- 
griff nicht  verwechselt  werden.  Die  im  Sprachgebrauch e 
übliche  Bezeichnung  Helligkeit  bezieht  sich  auch  oft  auf 
die  Weisslichkeit,  denn  man  bezeichnet  als  Hellblau  ein 
durch  Weiss  nuanciertes  Blau  u.  s.  w. 

Gemischtes  Licht. 

Yon  grosser  Wichtigkeit  für  das  Verständnis  der 
gesamten  Farbenlehre  ist  das  Verhalten  farbiger  Lichter 
bei  ihrer  Mischung.  Fällt  nicht  nur  Licht  von  einer 
Wellenlänge  in  unser  Auge,  sondern  ein  Gemisch  ver- 
schiedenfarbiger Strahlen,  so  nehmen  wir  die  einzelnen 
Komponenten  nicht  gleichzeitig  wahr,  es  entsteht  vielmehr 
nur  eine  einheitliche  Empfindung. 

Der  Versuch  lehrt,  dass  durch  Mischung  von  zwei 
einfachen,  also  dem  Spektrum  entnommenen  Lichtarten 
nicht  nur  eine  farbige  Empfindung,  sondern  auch  jene 
des  reinen  Weiss  entstehen  kann. 

Weiss  bildet  sich  also  nicht  nur  bei  Vereinigung 
aller  Spektralfarben,  sondern  bei  passender  Wahl  genügen 
schon  zwei  derselben,  um  diese  Empfindung  hervor- 
zubringen. 

Zwei  Farben,  die  in  einem  bestimmten  Verhältnisse 
gemischt  Weiss  geben,  nennt  man  komplementäre  Farben, 
und  aus  dem  Spektrum  lassen  sich  eine  unendliche  Zahl 
solcher  Farbenpaare  auswählen. 

Komplementär  sind: 

Rot  und  Blaugrün, 

. Orange  und  Cyanblau, 

Gelb  und  Rötlichblau, 

Grünlichgelb  und  Violett. 


24 


Überdies  ist  jeder  Übergangsfarbe  von  Rot  bis 
Grünlichgelb  eine  zwischen  Blangrün  und  Violett  liegende 
Farbe  komplementär.  Zu  dem  spektralen  Grün  ist  keine 
einfache  Komplementärfarbe  vorhanden,  es  ergänzt  sich 
aber  mit  Purpur,  also  einem  Gemisch  von  Rot  und 
Violett,  zu  Weiss. 

Auf  Grund  dieser  Versuchsergebnisse  lässt  sich  der 
allgemeine  Satz  aufstellen:  Zu  jeder  Farbe  giebt  es  eine 
zweite,  welche  mit  ihr  vermischt  farbloses  Licht  liefert. 

Man  hat  auch  die  Wellenlängen  der  sich  zu  Weiss 
ergänzenden  Lichtstrahlen  bestimmt  und  nachstehende 
Strahlengattungen  komplementär  gefunden : 

Rot  von  der  Wellenlänge  640  ist  komplementär  zu 
Grün  von  der  Wellenlänge  500, 

Orange  von  der  Wellenlänge  590  ist  komplementär  zu 
Blau  von  der  Wellenlänge  487, 

Goldgelb  von  der  Wellenlänge  573  ist  komplementär 
zu  Blau  von  der  Wellenlänge  475  u.  s.  w. 

Derartige  Bestimmungen  sind  aber  stets  von  der 
individuellen  Beschaffenheit  des  Auges  abhängig,  daher 
auch  die  Resultate  verschiedener  Beobachter,  namentlich 
bei  den  Endfarben  des  Spektrums,  Differenzen  bis  zu 
zehn  Angströmschen  Einheiten  aufweisen. 

Mischt  man  zwei  Farben,  welche  im  Spektrum  näher 
aneinander  liegen  als  die  Komplementärfarben,  so  resultiert 
eine  zwischenliegende  Spektralfarbe  und  gleichzeitig  etwas 
Weiss.  Die  Menge  des  letzteren  ist  um  so  grösser,  die 
Mischfarbe  ist  also  um  so  weniger  gesättigt,  je  weiter  die 
beiden  Farben  voneinander  abstehen.  Liegen  die  beiden 
Farben  weiter  auseinander  als  Komplementärfarben,  so 
vereinen  sie  sich  bei  der  Mischung  zu  einer  ausserhalb 
der  beiden  Farben  gelegenen  nicht  gesättigten  Spektral- 
farbe. Mischt  man  die  beiden  Enden  des  Spektrums,  so 
entsteht  Purpur,  welchem  aber  gleichfalls  die  volle 
Sättigung  der  Spektralfarben  fehlt. 


25 


Die  nachfolgende , der  physiologischen  Optik  von 
Helmholtz  entnommene  Tabelle  zeigt  das  Ergebnis 
der  Mischung  von  je  zwei  Spektralfarben  in  übersicht- 
licher Form. 


An  der  Spitze  der  horizontalen  und  vertikalen 
Kolumnen  stehen  die  einfachen  Farben,  wo  sich  die 
beiden  Kolumnen  schneiden,  ist  die  Mischfarbe  angegeben. 


Violett 

Indigo 

Cyanblau 

Blaugrün 

Grün 

Grüngelb 

Gelb 

Rot 

Purpur 

d.-Rosa 

w.-Rosa 

Weiss 

w.-  Gelb 

Goldgelb 

Orange 

Orange 

d.-Rosa 

w.-Rosa 

Weiss 

w.-Gelb 

Gelb 

Gelb 

Gelb 

w.-Rosa 

Weiss 

w.-  Grün 

w.-  Grün 

Grüngelb 

Grüngelb 

Weiss 

w.-  Grün 

w.-  Grün 

Grün 

Grün 

w.-Blau 

Wasser- 

blau 

Blaugrün 

Blaugrün 

Wasser- 

blau 

Wasser- 

blau 

Cyanblau 

Indigo 

d.  = dunkel ; w.  = weisslich. 


Aus  dieser  Tabelle  ist  zu  entnehmen,  in  wie  diffe- 
renter Weise  die  gleiche  Mischfarbe  erhalten  werden 
kann;  so  giebt  z.  E.  Gelb  und  Violett  ebenso  wie  Rot 
und  Cyanblau  dieselbe  Mischfarbe,  nämlich  weisslichen 
Purpur,  sogen.  Rosa. 

Da  mit  den  Farben  des  Spektrums  und  Purpur  alle 
denkbaren  Farbentöne  erschöpft  sind,  so  kann  auch  durch 
Mischung  von  mehr  als  zwei  Farben  keine  neue  Farben- 
empfindung hervorgerufen  werden;  je  grösser  aber  die 
Zahl  der  Komponenten  in  einer  Mischung  wird,  desto 
mehr  tritt  der  neue  Farbenton  gegen  das  sich  gleichzeitig 
bildende  Weiss  zurück,  desto  geringer  wird' die  Sättigung 
der  Mischfarbe  sein.  Gelangen  daher  die  Strahlen  eines 
beliebigen,  dem  Spektrum  entnommenen  Ausschnittes  in 
unser  Auge,  so  kann  wieder  nur  die  Empfindung  einer 
Spektralfarbe  (oder  Purpur)  entstehen.  Die  resultierende 
Mischfarbe,  welche  um  so  weniger  gesättigt  sein  wird,  je 
breiter  der  Ausschnitt  gewählt  wurde,  muss  zur  Misch- 
farbe des  Spektrumrestes  komplementär  sein. 


26 


Die  Mischversuche  mit  farbigen  Lichtern  haben 
weiter  ergeben,  dass  die  Zusammensetzung  derselben  auf 
das  Mischresultat  ganz  ohne  Einfluss  ist,  dass  also  gleich 
aussehende  Farben  auch  gleich  aussehende  Mischtöne  geben. 
Rot  und  Gelbgrün  vereinen  sich  zu  Gelb,  und  dieses 
verhält  sich  in  Mischungen  genau  so,  wie  homogenes 
Spektralgelb  oder  ein  Gelb,  das  durch  Addition  der 
Strahlen  einer  ganzen  Spektralzone  entstanden  ist. 

Gestützt  auf  diesen  Satz,  lassen  sich  die  Mischungs- 
gesetze für  die  Spektralfarben  auf  die  zusammengesetzten 
Lichter,  wie  sie  von  transparenten  farbigen  Medien  ge- 
liefert werden,  übertragen. 

Fällt  weisses  Licht  durch  ein  farbiges  Glas,  eine  Farb- 
stofflösung u.  s.  w.,  so  gehen  gewisse,  meist  einer  ganzen 
Spektralzone  angehörende  Strahlengattungen  durch  Ab- 
sorption verloren,  daher  der  durchgegangene  Strahlenrest 
farbig  erscheint.  Das  farbige  Glas  u.s.w.  wirkt  also  ähnlich 
einem  Filter,  dieses  sondert  ungelöste  Teilchen  aus  einer 
Flüssigkeit,  jenes  hält  gewisse  Strahlengattungen  zurück. 

Die  durchgelassenen  Strahlen  gehören  einem  Aus- 
schnitte des  Spektrums  an,  entsprechen  also  in  ihrer 
Vereinigung  einem  einzigen  weisslichen  Farbenton  und 
verhalten  sich  bei  Mischungen  ebenso  wie  die  einfachen 
Spektralstrahlen.  Das  spektrale  Orange  und  Grün  summieren 
sich  zu  Gelb,  und  dieselbe  Farbe,  allerdings  von  ge- 
ringerer Sättigung,  wird  auch  entstehen,  wenn  man  die 
durch  entsprechend  gefärbte  Gläser  erzeugten  Lichter  mischt. 

Die  Mischung  oder  Addition  solcher  Lichter  kann  in 
verschiedener  Weise  vorgenommen  werden,  sie  ist  aber 
streng  von  einer  Vereinigung  der  farbigen  Medien,  die 
man  durch  tibereinanderlegen  der  Glasplatten  oder 
Mischung  der  Farbstofflösungen  bewirkt,  zu  unterscheiden, 
Man  kann  zum  Zwecke  der  Mischung  z.  B.  drei  Projektions- 
apparate benutzen  und  den  Objektiven  derselben  die  ge- 
färbten Glasscheiben,  oder  die  mit  Flüssigkeiten  gefärbten 


27 


Cuvetten  vorschalten.  Wird  dann  mit  einem  der  Apparate 
rotes  Licht  projiziert,  und  wirft  der  zweite  auf  dieselbe 
Stelle  der  weissen  Wand  grünes  Licht,  so  entsteht  als 
Mischfarbe  ein  weissliches  Gelb.  Yariiert  man  die  Hellig- 
keit der  Lichter  durch  Yorschalten  verschieden  trans- 
parenter, aber  farbloser  Platten,  so  können  alle  Über- 
gangsfarben von  Rot  über  Gelb  zu  Grün  erhalten  werden. 
Projiziert  der  dritte  Apparat 
passender  Abstimmung  aller 
erhalten,  und  bei  entsprechen- 
der Änderung  ihrer  Hellig- 
keiten lassen  sich  alle  denk- 
baren Farbentöne,  aber  stets 
nur  als  weissliche  Nuancen 
erzielen.  Yon  dieser  Ein- 
richtung macht  man  bei  der 
schon  eingangs  erwähnten 
polychromen  Projektion  Ge- 
brauch. 

Auch  mit  Hilfe  von  Spie- 
geln lässt  sich  die  Mischung 
farbiger  Lichter  durchführen,  und  diese  Methode  findet 
beim  Photochromoskop  Verwendung. 

Das  Prinzip  dieser  Apparate  ist  aus  der  von  C.  Zink1) 
gewählten  Anordnung  am  besten  ersichtlich.  Ein  ge- 
schlossenes, terrassenförmig  gebautes  Holzkästchen  (Fig.  5) 
besitzt  auf  den  oberen  Flächen  i2,  G und  B Ausschnitte, 
welche  mit  entsprechend  gefärbten  Gläsern  bedeckt  sind. 
Im  Innern  sind  drei,  um  horizontale  Achsen  verstellbare 
Spiegel  si5  s2,  ss  angeordnet,  welche  das,  durch  die 
Glasplatten  einfallende  Licht  gegen  die  Öffnung  o reflek- 
tieren. Die  Spiegel  sx  und  s2  bestehen  aus  unbelegten 


i)  Krone,  Die  Darstellung  der  natürlichen  Farben  durch 
Photographie,  Seite  112. 


blaues  Licht,  so  wird  bei 
drei  Farben  reines  Weiss 


B 


Fig.  5- 


28 


dünnen  Glasplatten,  während  s3  einen  Silberbelag  besitzt. 
Das  durch  die  rote  Glasplatte  einfallende  und  vom 
Spiegel  s3  reflektierte  Licht  passiert  die  beiden  durchsichtigen 
Spiegel  s2  und  s1  und  gelangt  in  das  bei  o gedachte  Auge 
des  Beobachters.  Das  durch  die  Platten  G und  B ein- 
fallende grüne  und  blaue  Licht  wird  von  der  Oberfläche 
der  Spiegelgläser  sx  und  s2  gleichfalls  nach  o reflektiert, 
daher  das  dort  befindliche  Auge  die  Mischfarbe  der  drei 
Lichter  wahrnimmt.  Variiert  man  die  Helligkeiten,  so 
lassen  sich  alle  denkbaren  Farbentöne,  aber  stets  wieder 
nur  als  weissliche  Nuancen  hervorbringen.  Bei  ent- 
sprechender Wahl  der  gefärbten  Platten  entsteht  die 
Mischfarbe  „Weiss“,  und  legt  man  auf  i?,  G und  B die 
Seite  6 erwähnten,  passend  hergestellten  photographischen 
Positive,  so  erblickt  man  bei  o das  farbige  Bild. 

Die  Theorie  der  Farbenwahrnehmung, 

Wie  oben  gezeigt  wurde,  können  physikalisch  sehr 
verschieden  zusammengesetzte  Lichter  die  gleiche  Farben- 
empfindung her  vorrufen.  Unser  Auge  vermag  nicht  zu 
entscheiden,  ob  die  Empfindung  „Weiss“  durch  gleich- 
zeitige Wirkung  aller  Spektralstrahlen  hervorgerufen  wird, 
oder  ob  z.  B.  nur  Blaugrün  und  Bot  vorhanden  sind, 
und  die  Mischung  Bot  und  Blau  bringt  genau  dieselbe 
Empfindung  hervor,  wie  Violett  und  Gelb. 

In  dieser  Beziehung  unterscheidet  sich  unser  Auge 
wesentlich  vom  Gehörorgan,  welches,  von  Tonwellen  ver- 
schiedener Schwingungsdauer  getroffen,  die  einzelnen 
Töne  zwar  zu  der  Gesamtempfindung  eines  Akkordes 
vereint,  aber  doch  jeden  einzelnen  darin  wahrnehmen 
kann.  Zwei  aus  verschiedenen  Tönen  zusammengesetzte 
Akkorde  sind  für  das  Ohr  nie  identisch,  wie  es  verschieden 
zusammengesetzte  Farben  für  das  Auge  sein  können. 

Diese  eigentümliche  Erscheinung  wird  erklärlich, 
wenn  man  sich  die  einfachen  Farben  aus  mehreren 


29 


Elementar-,  Grund-  oder  Urfarben  zusammengesetzt 
denkt,  oder,  wenn  man  annimmt,  dass  unser  Auge  nur 
einer  beschränkten  Zahl  von  Grundempfindungen  zu- 
gänglich ist.  Diese  Annahme  liegt  den  verschiedenen 
Hypothesen  des  Farbensehens  zu  Grunde,  und  es  sollen 
hier  die  beiden  wichtigsten  erörtert  werden. 

Die  von  Th.  Young  (1807)  aufgestellte  Theorie  wurde 
von  Helmholtz  und  Maxwell  acceptiert  und  findet 
als  Young-Helmholtzsche  Farbentheorie  die  fast  un- 
geteilte Anerkennung  der  Physiker.  Die  Theorie  nimmt 
nur  drei  Arten  von  lichtempfindenden  Nervenfasern  im 
Auge  an,  durch  welche  drei  verschiedene  Grundempfin- 
dungen vermittelt  werden.  Die  Reizung  der  ersten  erregt 
die  Empfindung  des  Rot,  Reizung  der  zweiten  die  des 
Grün,  Reizung  der  dritten  die  Empfindung  des  Violett. 
Dieser  Annahme  entsprechend  kann  man  sich  daher  sämt- 
liche Farben  aus  den  Grundfarben:  Urrot,  TJrgrün  und 
Ur  violett  bestehend  denken. 

Werden  alle  drei  Faserarten  gleichzeitig  und  in 
gleicher  Stärke  erregt,  so  resultiert  die  Empfindung  Weiss, 
ihr  Ruhezustand  entspricht  der  Empfindung  Schwarz. 
Homogenes  Licht  jeder  Farbe  erregt  stets  alle  drei  Nerven- 
fasern, jedoch  in  verschiedenem  Grade,  jede  Spektralfarbe 
ist  also  aus  allen  drei  Urfarben  zusammengesetzt  zu  denken. 

Die  Erregungsintensität,  welche  den  homogenen  Farben 
des  Spektrums  zukommt,  ist  aus  Fig.  6 ersichtlich.  Die 
Ordinate  der  über  dem  Spektrum  gezeichneten  schema- 
tischen Kurve  B repräsentiert  die  Reizungsstärke  der  rot- 
empfindenden Nerven  durch  die  Spektralfarben.  Wie  zu 
ersehen  ist,  werden  diese  Nervenfasern  durch  das  spektrale 
Rotorange  am  stärksten  irritiert,  aber  auch  das  Gelb,  Grün 
und  Blau  verursacht  eine  Erregung  derselben.  In  analoger 
Weise  zeigen  die  Kurven  G und  V die  Reizung  der 
grün-  und  violettempfindenden  Nervenfasern  durch  die 
verschiedenen  Spektralfarben. 


30 


Denkt  man  sich  die  homogenen  Farben  aus  den  drei 
Urfarben  zusammengesetzt,  so  repräsentieren  diese  Kurven 
das  notwendige  Verhältnis,  in  welchem  die  Urfarben  zu 
mischen  sind,  um  die  Empfindung  der  Spektralfarben 
h er  vorzubringen. 

Das  spektrale  Rot  erregt,  wie  schon  erwähnt,  stark 
die  rotempfindenden  und  nur  schwach  die  beiden  andern 
Faserarten ; wir  erhalten  bei  einer  solchen  Reizung  unserer 
Netzhaut  die  Empfindung  Rot. 

Das  spektrale  Rot  kann  man  sich  also  hauptsächlich 
aus  Urrot  und  einer  geringen  Beimischung  von  Urgrün 
und  Urviolett  bestehend  denken.  Diese  Zumischung 
schwächt  die  Sättigung  der  Farbe  ab,  daher  das  spektrale 


empfindenden,  schwach  die  violettempfindenden  Fasern; 
das  spektrale  Gelb  kann  man  sich  also  aus  etwa  gleichen 
Mengen  Urrot  und  Urgrün  nebst  etwas  Urviolett  zu- 
sammengesetzt denken,  es  repräsentiert  eine  im  Vergleiche 
mit  den  Urfarben  weissliche  Empfindung. 

In  ähnlicher  Weise  entstehen  die  Wahrnehmungen: 
Grün,  Blau  und  Violett,  sie  sind  stets  weisslich  zu  denken 
im  Vergleiche  mit  den  Empfindungen  der  reinen  Urfarbe, 
welche  nur  die  Reizung  einer  einzigen  Nervenart  hervor- 
bringen würde. 

Die  oben  gezeichneten  schematischen  Kurven  unter- 
scheiden sich  wesentlich  von  jenen,  welche  durch  that- 
sächliche  Mischversuche  gefunden  wurden,  und  nach 
Helmholtz  sind  die  drei  Urfarben  in  allen  Spektralfarben 
fast  in  gleicher  Menge  vorhanden  und  müssen  daher  im 
Vergleiche  mit  diesen  äusserst  gesättigt  gedacht  werden. 


R 


G 


V 


Rot  im  Vergleiche  mit 
dem  Urrot  weisslich 
zu  denken  ist. 


Fi g.  6. 


Das  spektrale  Gelb 
erregt  mässig  stark 
die  rot-  und  grün- 


31 


Nur  durch  Mischung  dieser  enorm  satten  Urfarben 
können  nach  der  Young-Helm hol tz sehen  Theorie  die 
Spektralfarben  und  somit  auch  alle  durch  Mischung  aus 
diesen  hervorgehenden  zusammengesetzten  Farben  zu 
stände  kommen,  und  es  ist  nicht  zulässig,  als  Grund- 
farben die  drei  Spektralfarben:  Rot,  Grün  und  Violett 
zu  betrachten.  Wollte  man  mit  Hilfe  dieser  Farben  die 
verschiedenen  Farbenempfindungen  nachbilden,  und  würde 
man  die  Mischungsverhältnisse  den  von  Helmholtz1) 
gegebenen  Kurven  anpassen,  so  wrnrden  nur  sehr  weiss- 
liche,  fast  farblose  Empfindungen  resultieren. 

Die  Wahl  der  drei  Grundfarben  hat  nach  Helmholtz 
etwas  Willkürliches,  es  könnten  beliebige  drei  Farben 
gewählt  werden,  aus  denen  sich  Weiss  zusammensetzen 
lässt.  Young  hat  drei  scheinbar  ausgezeichnete  Punkte 
des  Spektrums  gewählt:  die  beiden  Endfarben  und  die 
Farbe  der  Mitte,  man  könnte  aber  ebenso  gut  zwei  mittlere 
Farben,  etwa  Gelb  und  Blaugrün  nebst  Purpur,  als 
Urfarben  arinehmen. 

Die  Yo  ung-Helmh  oltzsche  Hypothese  über  die 
Wahrnehmung  der  Farben  wurde  wiederholt  als  Ausgangs- 
punkt für  die  Theorie  der  Dreifarbenbilder  benutzt,  und 
aus  diesem  Grunde  wurde  sie  hier  etwas  ausführlicher 
behandelt.  Die  von  Young  gewählten  drei  Grundfarben 
wurden  als  die  einzig  richtigen  für  die  Färbung  der  drei 
Teilbilder  bezeichnet  und  die  Empfindlichkeitskurven  der 
drei  Faserarten  als  die  notwendigen  Sensibilisierungs- 
kurven für  die  drei  photographischen  Platten  acceptiert. 

Nun  ist  aber,  wie  oben  gezeigt  wurde,  die  Youngsche 
Farbenwahl  eine  willkürliche,  daher  diese  nicht  der  Grund 
sein  kann,  warum  sich  die  Farben  Rot,  Grün  und 
Violett  für  die  photochrome  Projektion  und  das  Photo- 
chromoskop  am  besten  eignen  sollten. 

i)  Helmholtz,  Physiol.  Optik,  S.  358. 


32 


Auch  sind  wir  nicht  im  stände,  der  Grundbedingung 
dieser  Theorie  zu  entsprechen,  denn  wir  .-verfügen  über 
kein  farbiges  Licht,  welchem  die  Sättigung  der  Spektral- 
farben und  noch  viel  weniger  jene  der  hypothetischen 
Urfarben  zukommen  würde. 

Die  Helmholtzschen  Mischungskurven  sind  daher 
als  Grundlage  für  die  Dreifarbenphotographie  nicht  ver- 
wendbar, da  man  im  Photochromoskop  fast  farblose 
Bilder  erhalten  würde. 

Eine  wesentlich  andere  Gestalt  zeigen  die  Kurven, 
wenn  man  durch  Mischung  von  drei  Spektralfarben, 
z.  B.  aus  Rot,  Gelb  und  Blau,  die  zwischenliegenden 
Töne  herzustellen  sucht.  Allerdings  müssen  dann,  um 
das  spektrale  Grün  und  Orange  zu  bilden,  „negative“ 
Rot-  und  Blauwerte  eingeführt  werden,  weil  die  Mischung 
dieser  Zwischenfarben  zu  weisslich  ausfällt.  Diesen  Vor- 
gang hat  z.  B.  Maxwell  eingeschlagen,  und  die  so  er- 
zielten Diagramme  bilden,  bei  Vernachlässigung  der  „nega- 
tiven“ Komponenten,  gewiss  eine  angenähert  richtige 
Basis  für  die  Dreifarbenphotographie,  vorausgesetzt,  dass 
die  drei  Grundfarben  richtig  gewählt  wurden. 

Farbentheorie  von  Hering.  Während  dieYoung- 
Helmholtzsche  Theorie  nur  einen  Erregungszustand  der 
Netzhaut  kennt,  nimmt  Hering  zwei  derartige,  gleich- 
wertige Prozesse  an.  Nach  Young-Helmholtz  existieren 
nur  die  Gegensätze  Thätigkeit  und  Ruhe,  und  im  Zustand 
der  letzteren  kann  der  Nerv  längere  Zeit,  ohne  eine  Ver- 
änderung zu  erleiden,  erhalten  bleiben.  Nach  Hering 
erfährt  die  Sehsubstanz  bei  der  Erregung  eine  chemische 
Veränderung,  die  als  Dissimilierung  bezeichnet  wird,  und 
im  Zustande  der  Ruhe  wird  die  erlittene  Veränderung 
durch  einen  entgegengesetzten  chemischen  Prozess,  den 
Assimilierungsprozess,  wieder  beseitigt.  Diese  Verände- 
rungen der  Sehsubstanz  kommen  als  Licht-  und  Earben- 
empfindungen  zu  unserem  Bewusstsein. 


33 


Einfache  Farbenempfindungen  giebt  es  nach  Hering 
vier:  Rot  und  Grün,  Gelb  und  Blau,  sie  machen  auf 
uns  thatsächlich  den  Eindruck  der  Einfachheit  und  können 
gleichsam  ohne  jeden  Beigeschmack  einer  anderen  Farbe 
Vorkommen.  Alle  anderen  Farben  sind  zusammengesetzt, 
weil  wir  in  ihnen  zwei  der  Grundfarben  deutlich  unter- 
scheiden können,  z.  B.  im  Yiolett:  Rot  und  Blau  u.  s.  w. 

Rot  und  Grün  ebenso  wie  Blau  und  Gelb  schliessen 
einander  aus,  denn  sie  sind  niemals  in  einer  Farbe 
gleichzeitig  bemerkbar. 

Hering  betrachtet  weiter  auch  Schwarz  und  Weiss 
als  einfache  Empfindungen  und  unterscheidet  so  drei 
Paare  von  Grundempfindungen,  Rot  und  Grün,  Blau  und 
Gelb  und  Schwarz  und  Weiss.  Diese  Empfindungen 
werden  durch  die  chemische  Yeränderung,  den  Stoff- 
wechsel von  drei  verschiedenen  Bestandteilen  der  Seh- 
substanz hervorgebracht  Die  Dissimilierung  der  einen, 
die  man  als  schwarz-weiss  empfindende  bezeichnet,  ver- 
ursacht die  Empfindung  Weiss,  ihre  Assimilierung  die 
Empfindung  Schwarz.  Der  zweite  Bestandteil  der  Seh- 
substanz ist  rot -grün  empfindend  und  der  dritte  blau -gelb 
empfindend;  die  Dissimilierung  dieser  Substanzen  bedingt 
die  Rot-,  resp.  Gelb -Empfindung,  während  die  Assimilierung 
den  Empfindungen  Grün  und  Blau  entspricht.  Alle 

Strahlen  des  Spektrums  wirken  dissimilierend  auf  die 
schwarz -weisse  Sehsubstanz,  und  gemischtes  Licht  er- 
scheint farblos,  wenn  es  für  die  rot- grün  oder  blau -gelb 
empfindende  Substanz  oder  für  beide  gleichzeitig,  ein 
gleich  starkes  Assimilierungs-  und  Dissimilierungs-Yer- 
mögen  besitzt.  Es  tritt  dann  keinerlei  Stoffwechsel  in 
diesen  Substanzen  auf,  und  die  Empfindung  „Weiss“  tritt 
hervor.  So  wirkt  das  spektrale  Gelb  dissimilierend  auf 
die  schwarz-weiss  und  blau -gelb  empfindende  Seh- 
substanz, dem  spektralen  Blau  kommt  gleichfalls  eine 
dissimilierende  Wirkung  auf  die  ersteren,  dagegen  eine 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  3 


34 


assimilierende  auf  die  letztere  zu.  Die  Mischung  von  Gelb 
und  Blau  hebt  sich  in  der  Wirkung  auf  die  blaugelb 
empfindende  Substanz  auf,  bewirkt  aber  die  Dissimilierung 
der  sclrwarz- weissen,  verursacht  also  die  Empfindung : Weiss. 

Zwei  Strahlengattungen,  die  gemischt  Weiss  geben, 
sind  also  nicht  als  „komplementäre“,  sondern  als  „ant- 
agonistische“ Lichtarten  zu  betrachten,  und  im  Sinne  der 
Heringschen  Theorie  kann  man  nicht  von  „komplemen- 
tären Farben“,  sondern  von  „Gegenfarben“  sprechen. 

Die  eben  entwickelte  Theorie  vermag  gewisse,  nicht 
durch  den  direkten  Lichtreiz  hervorgebrachte,  sogen, 
subjektive  Licht-  und  Farbenerscheinungen  viel  un- 
gezwungener als  die  Young-Helmholtzsche  Hypothese 
zu  erklären  und  wurde  aus  diesem  Grunde  von  den 
Physiologen  allgemein  acceptiert.  Sie  wurde  hier  ent- 
wickelt, um  einerseits  zu  zeigen,  dass  die  Annahme  der 
Youngschen  Grundfarben  kein  wissenschaftliches  Axiom 
bildet,  das  geeignet  wäre,  der  Theorie  der  Dreifarben- 
bilder als  Stütze  zu  dienen,  und  um  anderseits  die  Wahl 
von  vier,  lediglich  den  Äusserungen  unseres  Bewusst- 
seins entnommenen  Grundfarben  zu  präzisieren,  da  diese 
' für  die  später  auszuführende  Entwicklung  der  Dreifarben- 
systeme zur  Anwendung  gelangen  werden. 

C.  Körperfarben  und  Farbstoffe. 

Absorbiert  ein  Körper  das  ganze  auffallende  weisse 
Licht,  so  erscheint  er  schwarz,  reflektiert  er  alle  Strahlen, 
so  erscheint  er  weiss,  absorbiert  er  nur  einen  Teil  der- 
selben, jedoch  derart,  dass  im  reflektierten  Best  nur  sich 
zu  Weiss  ergänzende  Strahlengattungen  vertreten  sind, 
so  bezeichnen  wir  ihn  als  grau,  und  reflektiert  er  end- 
lich Strahlen,  die  sich  zu  einer  farbigen  Mischung  ver- 
einen, so  erscheint  er  farbig. 

Zeigen  farbige  Körper  im  gelösten  oder  pulverigen 
Zustande  ein  besonders  hohes  Absorptionsvermögen  für 


35 


gewisse  Strahlengattungen,  zeichnen  sie  sich  also  auch 
bei  grosser  Verdünnung  noch  durch  eine  charakteristische 
Färbung  aus,  so  bezeichnet  man  sie  als  Pigmente  oder 
Farbstoffe. 

Im  gewöhnlichen  Leben  nennt  man  die  Farbstoffe 
wohl  auch  „Farben“,  eine  Bezeichnung,  die  aber  thunlichst 
vermieden  werden  sollte,  da  „Farbe“  eine  Eigenschaft 
der  Körper  ist,  unter  „Farbstoff“  aber  ein  farbiger  Körper 
verstanden  wird,  der  zum  Färben  anderer  Körper  dient. 

In  gleicher  Weise,  wie  bei  den  farbigen  Lichtern, 
unterscheidet  man  auch  bei  den  Körperfarben  den  Farben- 
ton und  die  Nuancen.  Dagegen  sind  die  Begriffe  „Rein- 
heit“ und  „Sättigung“  bei  Pigmentfarben  in  etwas  anderer 
Weise  gebräuchlich.  Unter  „Reinheit“  versteht  man  die 
Abwesenheit  der  Empfindung  „Schwarz“,  die  schwärz- 
lichen Nuancen  bezeichnet  man  daher  als  „unreine 
Farben“;  die  „Sättigung“  einer  Körperfarbe  hängt  von 
der  Menge  des  gleichzeitig  vorhandenen  Weiss  ab,  die 
weisslichen  Nuancen  werden  somit  als  „wenig  gesättigt“ 
bezeichnet.  Statt  Sättigung  wird  auch  der  Ausdruck 
„Intensität“  an  gewendet. 

Der  mehr  oder  minder  helle  Eindruck,  den  ein 
farbiger  Körper  her  vor  bringt  — also  seine  „Helligkeit“ 
— wird  durch  die  Seite  23  erwähnte  spezifische  Hellig- 
keit und  durch  die  Weisslichkeit  seiner  Farbe  bedingt. 

Überzieht  man  (Fig.  7)  ein  Blatt  weissen  PapieresPP 
mit  einer  Farbstoff  Schicht  PP,  z.  B.  mit  gelöstem  Eosin, 
so  wird  ein  auf  das  Papier  fallender  weisser  Lichtstrahl  S 
beim  Durchdringen  der  Eosinschicht  den  grünen  Strahlen- 
anteil verlieren;  der  Lichtstrahl  trifft  also  „rot  gefärbt“ 
die  Papieroberfläche,  einen  weissen  unregelmässig  re- 
flektierenden Körper,  wodurch  er  nach  allen  Richtungen 
zerstreut  wird.  Von  diesem  Punkte  gehen  daher  farbige 
Lichtstrahlen  s aus,  und  gelangen,  nachdem  sie  die  Eosin- 
schicht,  erneuert  durchsetzt,  also  an  Färbung  wieder  ge- 

3* 


36 


wonnen  haben,  in  unser  Auge.  Ein  Teil  des  auftreffenden 
weissen  Lichtes  wird  aber  schon  von  der  Oberfläche  der 
Farbstoffschicht  zerstreut  und  nach  sx  reflektiert,  gelangt 
also  ungefärbt  in  unser  Auge  und  schwächt  so  den  satten 
Eindruck  der  gefärbten  Eläche  ab.  Besteht  die  Earbstoff- 
schicht  aus  pulverigen  durchsichtigen  Teilchen,  so  erfolgt 
die  Eärbung  des  Lichtes  in  ganz  gleicher  Weise;  fehlt 
aber  den  Teilchen  die  notwendige  volle  Transparenz,  so 
wird  der  auf  treffende  Lichtstrahl  gar  nicht  bis  zur  weissen 
Unterlage  eindringen,  er  wird  schon  an  den  Grenzflächen 
der  einzelnen  Earbstoffpartikeln  reflektiert  und  gelangt 
daher  in  wenig  gefärbtem  Zustande  in  unser  Auge.  Aus 

diesem  Grunde  erscheinen 
Deckfarben  immer  weiss- 
licher  als  Lasurfarben. 

Bekanntlich  kommt 
auch  die  charakteristische 
Eärbung  eines  pulverigen 
Pigmentes  erst  nach  der 
Mischung  mit  einem 


s, 

s / 

S, 

,s, 

\X'js 

/ // 5 

E 

1/  E 

Fig.  7. 


flüssigen 

trockene 


Körper  zur  vollen  Geltung,  denn  in  das 
reine  Farbstoffpulver  vermag  das  Licht  nicht 
tief  genug  einzudringen,  es  wird  in  noch  wenig  ver- 
ändertem Zustande  reflektiert.  Yereint  man  aber  die 
Earbstoffteilchen  mit  einem  durchsichtigen  farblosen 
Körper,  so  entsteht  eine  fast  einheitliche  Masse,  der 

Lichtstrahl  vermag  tief  einzudringen  und  wird  in 

intensiv  gefärbtem  Zustande  reflektiert.  In  dieser 
Weise  wirkt  das  Wasser  beim  Anrühren  eines  Farb- 
stoffes, das  Gummi  und  der  Firnis  bei  Aquarell  und 

Ölfarben.  Je  näher  das  Lieh tbrechungsver mögen  des 
transparenten  Mediums  jenem  des  Earbpulvers,  desto 
homogener  ist  in  optischer  Beziehung  die  Mischung, 
und  desto  tiefer  und  satter  wird  die  Farbe  erscheinen. 
Damit  erklärt  sich  die  satte  Farbenpracht  des  Öl- 


37 


gemäldes  im  Gegensatz  zum  weisslichen  Kolorit  des 
Aquarelles. 

Der  Earbstoff  spaltet  gleichsam  das  auffallende  weisse 
Licht  in  zwei  Teile,  in  einen  absorbierten  und  einen 
reflektierten;  seine  Farbe  ist  daher  stets  komplementär 
zu  jener  der  verschluckten  Strahlen.  Welche  Zusammen- 
setzung aber  den  beiden  Teilen  zukommt,  kann  das 
Auge  nicht  entscheiden,  darüber  vermag  nur  die  Analyse 
mit  dem  Prisma  aufzuklären.  Eür  derartige  Unter- 
suchungen sind  die  kompendiösen,  lichtstarken  Taschen- 
spektroskope, die  nach  Angabe  von  Dr.  II.  W.  Vogel  von 
der  Firma  Schmidt  & Haensch  hergestellt  werden, 
vorzüglich  geeignet.  Man  hält  die  gefärbte,  auf  die  Zu- 
sammensetzung des  reflektierten  Lichtes  zu  untersuchende 
Fläche  in  der  Nähe  des  Fensters  derart,  dass  sie  durch 
das  Himmelslicht  voll  beleuchtet  wird,  und  sieht  durch 
das  vertikal  gehaltene  Spektroskop  gegen  dieselbe.  Man 
erblickt  dann  nur  jenen  Teil  des  Farbenbandes,  der  den 
reflektierten  Strahlen  entspricht,  während  die  absorbierte 
Spektralzone  durch  ein  Schattenband  — das  Absorptions- 
band — geschwächt  erscheint. 

Ungleich  sicherer  lassen  sich  aber  die  Absorptionen 
beobachten,  wenn  man  das  Teilspektrum  mit  einem  voll- 
ständigen vergleicht,  weil  dann  jede,  noch  so  geringe 
Schwächung  einzelner  Zonen  sehr  deutlich  zu  erkennen  ist. 

Diese  Möglichkeit  bietet  das  Vergleichsspektroskop 
von  C.  Zeiss  in  Jena. 

Man  erblickt  in  diesem  Instrument  zwei  Spektren 
knapp  nebeneinander,  und  durch  Vorschalten  des  zu 
prüfenden  Objektes  in  den  Strahlengang  des  einen  lässt 
sich  der  Verlauf  des  Absorptionsbandes  ungemein  deutlich 
beobachten. 

Gefärbte  Papiere  u.  s.  w.  beobachtet  man  im  re- 
flektierten Lichte,  wobei  man  zum  Vergleich  die  vom 
weissen  Papier  reflektierten  Strahlen  benutzt.  Für  die 


38 


Untersuchung  der  Absorptionsspektren  von  Flüssigkeiten 
sind  dem  Instrument  eigene  Gefässe  beigegeben,  welche 
die  Möglichkeit  bieten,  während  der  Beobachtung  die 
Dicke  der  wirksamen  Schicht  innerhalb  weiter  Grenzen 
zu  verändern. 

Das  Z eis s sehe  Yergleichsspektroskop  ist  mit  einer 
Welleniängen-Skala  ausgerüstet,  daher  die  Lage  und  Breite 
der  Absorptionsbänder  direkt  in  Wellenlängen  abgelesen 
werden  kann. 

In  dieser  Weise  durchgeführte  Yersuche  lehren  uns, 
dass  die  von  einem  Farbstoff  absorbierten  Strahlen  nie- 
mals nur  einer  Wellenlänge  angehören,  sondern  stets  eine 
mehr  oder  minder  breite  Zone  des  Spektrums  umfassen. 
Die  Lage  dieses  Absorptionsbandes  ist  für  den  Farbenton 
3 ! z ^ r des  Pigmentes  charakte- 

I |.  | ristisch,  und  die  Gestalt, 

r 0.  äfr  bL  v.  besonders  aber  die  Breite 

Fig  8 des  Bandes,  bedingen 

die.  Nuancen  der  Farbe. 

Wenn  man  von  der  spezifischen  Helligkeit  der 
Farben  absieht,  und  gleiche  Intensität  des  auffallenden 
weissen  Lichtes  voraussetzt,  so  wird  ein  Pigment  um  so 
dunkler  erscheinen,  je  breiter  das  ihm  zukommende 
Absorptionsband  ist.  Ein  Farbstoff,  der  nur  die  schmale 
Zone  der  gelben  Strahlen  reflektiert,  dessen  Absorptions- 
band also  von  beiden  Enden  des  Spektrums  bis  1 und  2 
(Fig.  8)  reicht,  erscheint  gelbbraun,  weil  ein  lichtschwaches, 
dunkles  Gelb  diese  Empfindung  hervorbringt.  Wird  der 
reflektierte  Teil  des  Spektrums  breiter,  reicht  er  etwa 
bis  3 und  4,  so  wird  die  Farbe  reiner,  da  das  gleich- 
zeitig reflektierte  Orange  und  Gelbgrün  sich  zu  Gelb 
vereinen  und  die  Wirkung  des  einfachen  Gelb  verstärken. 

Wird  auch  das  gesamte  Bot  und  Grün  reflektiert, 
besteht  also  nur  mehr  das  einseitige  bis  5 reichende 
Absorptionsband,  so  ergiebt  sich  ein  weiterer  Zuwachs 


39 


an  Gelb;  alle  Strahlengattungen,  welche  bei  gegenseitiger 
Mischung  Gelb  hervorbringen  können,  sind  jetzt  an  der 
Farbenbildung  beteiligt. 

Wird  die  reflektierte  Spektralzone  noch  breiter,  wird 
also  auch  Blaugrün  reflektiert,  so  vereint  sich  dieses  mit 
dem  Rot  zu  Weiss,  und  die  Helligkeit  der  Farbe  nimmt 
nur  mehr  infolge  der  eintretenden  Weisslichkeit  zu. 

Aus  diesen  Erwägungen  lässt  sich  folgern: 

1.  Die  relativ  reinste  Farbe  kommt  einem  Pigment  zu, 
wenn  die  reflektierte  Spektralzone  etwas  kleiner  als 
die  Entfernung  zweier  Komplementärfarben  ist,  und 

2.  ist  die  reflektierte  Zone  kleiner,  so  treten  schwärz- 
liche Nuancen  auf,  ist  sie  breiter,  so  kommen  dem 
Farbstoff  weissliche  Nuancen  zu. 

Die  einseitige  Absorption  der  Farbstoffe  wird  ge- 
wöhnlich durch  ein  mehr  oder  minder  breites  Band 
hervorgerufen,  das  im  sichtbaren  Spektrum  beginnt  und 
im  Ultrarot  oder  Ultraviolett  endet.  So  beginnt  das 
Absorptionsband  der  gelben  Pigmente  im  Grün  oder 
Blau,  reicht  über  das  Violett,  absorbiert  aber  nicht  das 
gesamte  Ultraviolett,  sondern  endet  hinter  der  Linie  H. 
Je  weiter  gegen  Rot  zu  die  Absorption  beginnt,  desto 
früher  endet  sie  auch.  Rote  Farbstoffe  reflektieren  daher 
meist  das  sichtbare  Violett,  bei  orange  Pigmenten  reicht 
die  Absorption  nur  knapp  bis  zur  Linie  H , während  bei 
gelben  Farbstoffen  mit  grünlichem  Stich,  z.  B.  Pikrinsäure, 
die  Absorption  erst  im  Blau  beginnt  und  weit  in  das 
Ultraviolett  reicht. 

Diese  durch  photographische  Aufnahmen  des  Spek- 
trums leicht  nachweisbare  Thatsache  erklärt  das  eigen- 
tümliche Verhalten  roter  und  gelber  Farbstoffe  gegen 
die  gewöhnliche  photographische  Platte.  Erstere,  sowie 
auch  orange  Pigmente  erscheinen  in  der  Photographie 
ziemlich  hell,  dagegen  sind  gelbe  Farbstoffe  ebenso 
wirkungslos  wie  Schwarz. 


40 


Aber  auch  dem  vom  Absorptionsband  nicht  ge- 
deckten Teil  des  Spektrums  kommt  in  der  Regel  eine 
nur  beschränkte  Ausdehnung  zu.  Bei  gelben  Pigmenten 
reicht  diese  Zone  bis  zum  Blau,  sie  umfasst  aber  nicht 
das  ganze  spektrale  Rot,  sondern  ein  Teil  desselben  wird 
durch  ein  im  Ultrarot  liegendes,  im  sichtbaren  Rot 
endendes  zweites  Absorptionsband  gedeckt.  Geht  dann 
der  Farbenton  des  Pigmentes  über  Grün  in  Blau  über, 
so  verschiebt  sich  die  Zone  der  reflektierten  Strahlen 
von  Rot  gegen  Violett.  Grüne  Farbstoffe  absorbieren 
daher  das  sichtbare  Violett  und  blaue  das  Ultraviolett. 

So  kommen  fast  jedem  Farbstoff  zwei  oder  auch 
mehrere  Absorptionsbänder  zu,  die  aber  zum  Teil  im 
nicht  sichtbaren  Spektrum  liegen. 

Vergleicht  man  verschiedene  Farbstoffe  in  solcher 
Konzentration,  dass  sie  gleich  gesättigt  ausseh en,  so  wird 
man  finden,  dass  die  Breite  des  Absorptionsbandes 
wesentlich  durch  die  Natur  des  Farbstoffes  bedingt  ist. 
Man  unterscheidet  in  dieser  Beziehung  Farbstoffe  mit 
schmalen  und  dabei  sehr  dichten  Absorptionsbändern,  sie 
sind  fast  ausschliesslich  organischer  Natur,  und  Farbstoffe 
mit  breiten,  wenig  intensiven  Bändern,  die  man  meist 
bei  den  Mineral-  und  Erdfarben  beobachtet. 

In  die  Gruppe  der  organischen  Farbstoffe  gehören 
die  Tier-  und  Pflanzenfarbstoffe,  dann  der  grösste  Teil 
der  aus  dem  Steinkoklenteer  gewonnenen  sogen.  Teer- 
oder Anilinfarbstoffe.  Während  das  Absorptionsspektrum 
dieser  Pigmente  auch  bei  hoher  und  übermässiger  Kon- 
zentration einzelne  Teile  des  Spektralbandes  schattenlos 
zeigt,  deckt  bei  den  gesättigt  erscheinenden  Erdfarben 
ein  Schattenband  das  ganze  Spektrum. 

Biese  Eigentümlichkeit  erklärt  das  helle,  feurige,  an 
die  Spektralfarben  mahnende  Aussehen  der  schm  alb  andigen 
Pigmente  im  Gegensatz  zu  dem  matten,  schwärzlich  nuan- 
cierten Eindruck,  den  die  Mineralfarbstoffe  hervorbringen. 


41 


Aus  Fig.  9 ist  das  Absorptionsspektrum  von  zwei 
roten  Farbstoffen  ersichtlich,  I gehört  einer  auf  Papier 
aufgetragenen  und  dann  eingetrockneten  Eosinlösung  an, 
II  entspricht  einer  Schicht  von  Krapplack.  Der  Farben- 
ton beider  Flächen  ist  derselbe,  ihre  Reinheit  ist  aber 
so  verschieden,  dass  der  Krapplack  neben  der  leuchtenden 
Anilinfarbe  fast  nicht  rot,  sondern  braun  erscheint. 

Eine  scharfe  Grenze  zwischen  beiden  Farbstoff- 
gruppen existiert  jedoch  nicht,  und  ebenso,  wie  es  zahl- 
reiche Teerfarbstoffe  mit  breiten  Schattenbändern  und 
daher  schwärzlichem  Aussehen  giebt,  lassen  einzelne 


I 

n 


Fig.  9. 


Mineralfarben,  z.  B.  Chromgelb,  an  Reinheit  der  Färbung 
nichts  zu  wünschen  übrig. 

Die  Teerfarbstoffe  widerstehen  grösstenteils  nur  sehr 
schlecht  der  Einwirkung  des  Lichtes,  sie  bleichen  rasch 
aus,  man  bezeichnet  sie  als  nicht  lichtecht.  Die  Ursache 
dieser  Eigentümlichkeit,  die  ihre  praktische  Brauchbarkeit 
sehr  einschränkt,  mag  zwar  zum  Teil  in  ihrem  kompli- 
zierten chemischen  Bau  gelegen  sein,  dürfte  sich  aber 
hauptsächlich  aus  den  intensiven  schmalen  Absorptions- 
bändern erklären.  Die  Erfahrung  bestätigt  diese  An- 
schauung, denn  Teerfarbstoffe  mit  breiten  Absorptions- 
bändern, welchen  aber  auch  das  feurige  Aussehen  fehlt, 
sind  grösstenteils  lichtecht,  und  je  schmäler  das  Ab- 
sorptionsband, desto  brillanter  die  Farbe,  desto  unechter 
der  Farbstoff.  Das  Licht  setzt  gleichsam  an  einer  einzigen 
Stelle  mit  voller  Gewalt  ein,  während  bei  den  breit- 


42 


bändigen  Pigmenten  zwar  sehr  verschiedene  Strahlen- 
gattungen, aber  keine  allzu  heftig  einwirken.  Die  Schläge 
eines  keilförmig  gestalteten  Hammers  wirken  zerstörender 
als  solche,  die  mit  einem  Hammer  von  breiter  Bahn  ge- 
führt werden. 

Das  Absorptionsband  fällt  im  Prismenspektrum  gegen 
das  rote  Ende  ungleich  steiler  ab,  als  gegen  das  blaue, 
und  mit  zunehmender  Konzentration  der  Farbstoffschicht 
breitet  sich  das  Band  vornehmlich  gegen  Blau  und  nur 
wenig  gegen  Rot  aus.  Das  äusserste  Rot  des  Spektrums 
scheint  überhaupt  von  keinem  dieser  Farbstoffe  absorbiert 
zu  werden,  und  aus  diesem  Grunde  erscheinen  die  über- 
mässig konzentrierten  Lösungen  dieser  Farbstoffe  fast 
immer  rot.  Dagegen  wird  das  rote  Ende  des  Spektrums 
von  vielen  anorganischen  Substanzen  vollkommen  ab- 
sorbiert; so  deckt  z.  B.  das  Absorptionsband  einer  selbst 
verdünnten  Kupfervitriol -Lösung  das  ganze  spektrale  Rot. 
Die  diesem  lichtschwachen  Teil  des  Spektrums  angehörigen 
Strahlen  üben  aber  keinen  wahrnehmbaren  Einfluss  auf 
das  Aussehen  eines  Pigmentes,  solange  die  lichtstarken 
Strahlengattungen  der  Absorption  entgehen.  Eine  Lösung 
von  Säuregrün  z.  B.  lässt  das  ganze  Rot  bis  nahe  zur 
Linie  C passieren;  fügt  man  eine  verdünnte  Lösung  von 
Kupfervitriol  zu,  so  ist  eine  Änderung  des  Farbentones 
nicht  zu  bemerken,  obwohl  sich  das  Absorptionsspektrum 
wesentlich  geändert  hat. 

Auch  das  spektrale  Yiolett  spielt,  offenbar  aus  dem- 
selben Grunde,  keine  Rolle  in  der  Welt  der  Pigment- 
farben. Nach  Yogel1)  verdankt  das  Methylviolett  seine 
Farbe  nur  dem  spektralen  Rot  und  Blau,  denn  durch 
eine  mit  Kupferoxydammoniak -Lösung  gefüllte  Cuvette 
betrachtet,  die  das  ganze  Rot  verschluckt,  erscheint 
es  blau. 


i)  Vogels  Handbuch  der  Photographie,  II,  S.  249. 


43 


Für  das  Aussehen  der  Farbstoffe  kommen  somit  die 
den  Endstrecken  des  Spektrums  entsprechenden  Strahlen 
nur  ausnahmsweise  in  Betracht. 

Auf  den  Farbenton  einer  Farbstofflösung  übt  die 
Dispersion  und  Dichte  des  Lösungsmittels  einen  sehr  be- 
deutenden Einfluss  aus.  So  ist  die  Lösung  von  Eosin 
in  Wasser  blaustichiger  als  jene  in  Alkohol,  und  die 
Lösung  in  Chinolin  ist  von  ausgesprochen  violetter  Farbe. 

Lasst  man  die  Lösung  eines  Farbstoffes  auf  Papier 
eintrocknen,  oder  mischt  man  sie  mit  Gelatine  oder 
Kollodium  (je  nach  der  Natur  des  für  den  Farbstoff  be- 
nutzten Lösungsmittels),  so  erscheint  das  Absorptionsband 
der  trockenen  Schicht  im  Vergleich  mit  jenem  der  Lösung 
in  der  Regel  gegen  Rot  verschoben;  die  Farbe  blauer 
und  violetter  Farbstoffe  wird  also  blaustichiger,  während 
blaugrüne  und  grüne  Farbstoffe  grün,  resp.  gelbstichig 
werden.  Dabei  wird  das  Absorptionsband  meist  breiter, 
weniger  deckend,  an  den  Grenzen  verwaschen,  und  ändert 
oft  auch  seine  sonstige  Gestalt. 

Auch  in  diesem  Falle  übt  das  Lichtbrechungsver- 
mögen des  farblosen  Körpers  einen  gewissen  Einfluss  auf 
die  Verschiebung  des  Bandes  und  daher  auch  auf  den 
Farbenton  der  Schicht  aus,  doch  sind  die  Unterschiede, 
welche  gefärbte  Kollodium-  und  Gelatineschichten  zeigen, 
nur  gering.  Machen  sich  in  dieser  Beziehung  auffallende 
Unterschiede  bemerkbar,  so  hat  man  diese  sekundären 
Erscheinungen  zuzuschreiben.  Das  Kollodium  reagiert 
z.  B.  meist  sauer,  daher  säureempfindliche  Farbstoffe,  wie 
Methylviolett,  ihre  Farbe  beim  Eintrocknen  der  Schicht 
ändern.  Bei  Farbstoffen,  die  in  Wasser  oder  Alkohol 
ganz  unlöslich  sind,  treten  aber  oft  grelle  Unterschiede 
zwischen  der  Färbung  von  Kollodium-  und  Gelatineschichten 
auf.  Cyanin  z.  B.  liefert  rein  blaue  Kollodi  um  schichten 7 
setzt  man  aber  die  Cyaninlösung  der  wässerigen  Gelatine 
zu,  so  scheidet  sich  der  Farbstoff  beim  Eintrocknen  in 


44 


äusserst  fein  verteilter  fester  Form  aus,  und  man  erhält 
rötlich  gefärbte  Folien.  Dieselbe  Erscheinung  wird  be- 
obachtet, wenn  man  trockene  Gelatineschichten  einmal  in 
mit  Alkohol  verdünnter,  das  andere  Mal  in  mit  Wasser 
verdünnter  Cyaninlösung  badet. 

Analog  den  Gelatine-  und  Kollo diumschichten  werden 
auch  solche  Körper  gefärbt,  welche  den  Farbstoff  aus 
seiner  Lösung  an  sich  reissen  und  unter  Bildung  mole- 
kularer, also  physikalischer  Verbindungen,  festhalten. 
Tierische  Fasern,  also  auch  Papier,  dann  Kaolin,  Brom- 
silber, flockige  Niederschläge,  letztere  besonders  im 
Entstehungszustande,  zeigen  diese  Eigentümlichkeit,  die 
man  als  substantive  Färbung  bezeichnet.  Versetzt  man 
die  rote,  wässerige,  verdünnte  Bhodaminlösung  mit 
Kaolin,  so  nimmt  dieses  jene  intensiv  violette  Färbung 
an,  welche  trockene  Rhodaminschichten  zeigen;  der  Farb- 
stoff ist  eben  durch  das  Kaolin  in  fester  Form  aus- 
geschieden worden. 

Führt  man  den  Farbstoff  in  eine  neue  chemische 
Verbindung  über,  so  kann  der  Farbenton  eine  wesentliche 
Änderung  erfahren.  So  wird  eine,  durch  Eosin  gefärbte 
Gelatineschicht  bei  der  Behandlung  mit  Silbernitrat  bläu- 
lich, weil  Eosinsilber  gebildet  wird,  und  aus  dem  gleichen 
Grunde  nimmt  Bromsilber  in  einer  Eosinlösung  diese 
Färbung  an  und  zeigt  ein  wesentlich  anderes  Absorptions- 
spektrum als  z.  B.  mit  Eosin  gefärbtes  Kaolin. 

Die  mittlere  Absorption  der  Farbstoffe.  Da 
bei  jeder  farbigen  Empfindung  der  Farbenton  und  die 
Reinheit  zu  unterscheiden  sind,  so  kann  die  Färbung 
irgend  eines  Körpers  stets  aus  einer  Spektralfarbe  (oder 
Purpur)  unter  Zuhilfenahme  von  Weiss  und  Schwarz 
nachgebildet  werden.  Die  Spektralfarbe  ist  bestimmend 
für  den  Farbenton,  die  Menge  Weiss  und  Schwarz,  die 
man  sich  zu  Grau  vereint  denken  kann,  für  die  Nuance. 
Der  Farbenton  kann  auch  durch  ein  schmales  Absorptions- 


band  im  Spektrum,  über  der  zur  Körperfarbe  komplemen- 
tären Strahlengattung  liegend,  charakterisiert  werden. 

Handelt  es  sich  also  lediglich  um  den  Farbenton 
eines  Pigmentes,  so  kann  sein  Absorptionsband  durch 
einen  schmalen,  nur  eine  Strahlengattung  eliminierenden 
Absorptionsstreifen  ersetzt  werden,  und  nur  für  die 
Charakterisierung  des  reinen  Grün  und  Gelbgrün  ist  die 
Annahme  zweier  solcher  Streifen  notwendig.  Man  kann 
sich  diesen  Streifen  durch  Zusammenschieben  des  dem 
Farbstoff  zukommenden  Absorptionsbandes  auf  eine  mitt- 
lere Stelle  desselben  entstanden  denken,  und  kann  in 
diesem  Sinne  von  einer  „mittleren  Absorption“  sprechen. 

Die  mittlere  Absorption  eines  Farbstoffes  ist  von 
der  Form  seines  Absorptionsbandes  gänzlich  unabhängig, 
denn  für  den  Farbenton  ist  nur  die  Lage  desselben 
charakteristisch. 

Dem  eben  entwickelten  Begriff  kommt  zwar  lediglich 
eine  theoretische  Bedeutung  zu,  denn  würde  man  dem 
weissen  Licht  thatsächlich  nur  Strahlen  einer  Wellenlänge 
entziehen,  so  wäre  dies  ganz  ohne  Einfluss  auf  seine  wahr- 
nehmbare Farbe.  Er  wurde  aber  eingeführt,  um  Anhalts- 
punkte für  eine  natürliche,  den  thatsächlichen  Empfindungen 
entsprechende  Klassifizierung  der  Farbstoffe  zu  gewinnen. 

Die  mittlere  Absorption  entspricht  nicht  der  geo- 
metrischen Mitte  des  Absorptionsbandes,  denn  dieses 
bildet  kein  gleichmässig  dichtes  Schattenband,  sondern 
zeigt  an  verschiedenen  Stellen  eine  wechselnde  Intensität, 
und  überdies  ist  auch  das  im  Spektroskop  erscheinende 
Band  unvollkommen  in  seiner  Form  und  Ausdehnung. 

So  zeigt  eine  ziemlich  verdünnte  alkoholische  Cyanin- 
lösung knapp  vor  und  auf  der  D- Linie  ein  schmales 
Band;  mit  zunehmendem  Farbstoffgehalt  wächst  es  gegen 
Blau  etwa  viermal  so  rasch  als  gegen  Rot,  daher  das 
Absorptionsband  der  satt  gefärbten  Flüssigkeit  von  C bis  F 
reicht.  Aus  diesen  Verhältnissen  könnte  man  schliessen, 


46 


dass  die  Farbe  der  Lösung  mit  zunehmender  Konzentration 
von  Grünlichblau  in  Violett  übergeht.  Das  ist  aber  keines- 
wegs der  Fall;  die  verdünnte  Lösung  ist  zwar  etwas  grün- 
stichiger als  die  satt  gefärbte,  beide  müssen  aber  als  fast 
gleich  „blau“  bezeichnet  werden.  Dieser  scheinbare  Wider- 
spruch zwischen  Farbe  und  Absorption  erklärt  sich  eben 
aus  der  Unvollkommenheit  der  spektroskopischen  Beob- 
achtung. Bei  Betrachtung  der  verdünnten  Lösung  nehmen 
wir  nur  das  im  Orange  liegende  Maximum  der  Absorption 
wahr,  während  uns  ein  über  Grün  lagernder  Halbschatten, 
dessen  Vorhandensein  auf  den  Farbenton  der  Lösung  mit 
bestimmend  ein  wirkt,  wegen  seiner  geringen  Intensität 
ganz  entgeht.  Das  Absorptiönsband  der  satten  Lösung 
0 D F , erscheint  dagegen  als 


I 

i 

i 

-jL 

gleichmässig  schwarzes, 

Ar 

"A 

Oy 

^ von  C bis  F reichendes 

Band,  dieFlüssigkeit  sollte 
Fi g.  io.  also  violett  aussehen.  Sie 

ist  aber  thatsächlich  blau 
und  offenbar  nur  aus  dem  Grunde,  weil  sich  das  im 
Orange  liegende  Maximum  unserer  Beobachtung  entzieht. 
Erst  bei  übermässiger  Konzentration  der  Cyaninlösung 
absorbiert  diese  thatsächlich  auch  alle  grünen  Strahlen 
und  erscheint  dann  wirklich  violett. 

Aus  Fig.  10  ist  die  Gestalt  der  Absorptionsbänder  zu 
entnehmen:  a entspricht  der  verdünnten,  bb  der  satt  blau 
gefärbten  Cyaninlösung.  Den  früheren  Erörterungen  ent- 
sprechend würde  dem  Bande  a eine  etwa  bei  I liegende  mitt- 
lere Absorption  entsprechen,  d.h.man  kann  sich  denSchatten 
des  Bandes  a in  I vereint  denken,  ohne  den  Farbenton 
der  Lösung  zu  verändern,  während  dem  Bande  bb  eine 
mittlere  Absorption  etwa  bei  II  zukommen  würde.  Da 
aber  beide  Lösungen  denselben  blauen  Farbenton  besitzen, 
so  muss  ihnen  dieselbe  mittlere  Absorption  entsprechen, 
und  diese  muss  offenbar  zwischen  I und  II  liegen. 


47 


Zu  einem  annähernden  Resultat  gelangt  man,  wenn 
man  für  eine  Anzahl  Zwischenkonzentrationen  die  Absorp- 
tionsbänder beobachtet  und  aus  ihren  Mitteln  einen  mittleren 
Wert  bestimmt. 

Für  die  Cyaninlösung  ergiebt  sich  in  dieser  Weise 
eine  hinter  D,  also  im  Gelb  liegende,  der  Wellenlänge  570 
entsprechende  mittlere  Absorption.  Sie  fällt,  wie  man 
sieht,  mit  dem  in  Orange  (Wellenlänge  590)  liegenden 
Absorptionsmaximum  — d.  i.  der  dichtesten  Stelle  des 
Absorptionsbandes  — durchaus  nicht  zusammen. 

Eine  zweite  Methode  zur  Bestimmung  der  für  den 
Farbenton  charakteristischen  Absorption  besteht  darin,  dass 
man  den  zu  untersuchenden  Farbstoff  mit  den  Farben 


des  Spektrums  vergleicht,  also  jene  Spektralfarbe  bestimmt, 
welche  dem  Farbenton  des  Pigmentes  entspricht.  Ent- 
nimmt man  dann  aus  einer  Tabelle  die  zugehörige  Komple- 
mentärfarbe, so  entspricht  die  Lage  derselben  im  Spektrum 
der  gesuchten  mittleren  Absorption  des  Farbstoffes. 

Um  einen  Vergleich  mit  den  Spektralfarben  zu 
ermöglichen,  müssen  diese  isoliert  und  in  grösserer  Aus- 
dehnung sichtbar  gemacht  werden,  wozu  man  sich  der 
von  Helmholtz1)  angegebenen,  in  Fig.  11  schematisch 
dargestellten  Einrichtung  bedient.  Man  entfernt  bei  einem 
Spektroskop  das  Okularrohr  des  Fernrohres  und  setzt  an 


I)  Helmholtz,  Phys.  Optik,  S.  301. 


Stelle  desselben  ein  Rohr  mit  engem  Spalt  a ein,  durch 
den  man  gegen  das  Prisma  P blickt.  Dieses  wird  derart  an- 
geordnet, dass  seine  brechende  Kante  k ungefähr  in  der 
Achse  des  die  Objektivlinse  m tragenden  Rohres  0 liegt. 
C ist  das  Kollimatorrohr  mit  der  Linse  l und  dem  ge- 
wöhnlichen, der  Lichtquelle  zugekehrten  Spalt  b. 

Sieht  man  durch  den  Spalt  a in  den  Apparat,  so 
erblickt  man  die  brechende  Fläche  des  Prismas,  die  das 
halbe  Gesichtsfeld  bedeckt,  mit  nur  einer  Spektralfarbe 
beleuchtet,  und  beim  Seitwärtsbewegen  des  Rohres  0 
erscheinen  die  einzelnen  Farben  entsprechend  ihrer  An- 
ordnung im  Spektrum. 

In  der  andern  Hälfte  des  Gesichtsfeldes  sieht  man 
einen  bei  p aufgestellten  Körper,  z.  B.  eine  farbige,  von 
rückwärts  beleuchtete  Glasplatte.  Verstellt  man  das  Rohr  B 
derart,  dass  das  Gesichtsfeld  gleichmässig  gefärbt  erscheint, 
so  entspricht  die  Farbe  der  Glasplatte  der  eingestellten 
Spektralfarbe  und  aus  der  hierbei  notwendig  gewesenen 
Verstellung  des  Rohres  0 kann  man  ihre  Wellenlänge 
ermitteln. 

In  nachstehender  Tabelle  sind  eine  Anzahl  in  solcher 
Weise  bestimmter  mittlerer  Absorptionen  von  trockenen, 
mit  Teerfarbstoffen  gefärbten  Gelatinefolien  angegeben, 
und  zum  Vergleiche  sind  die  Absorptionsmaxima  beigefügt. 


F arbstoff 

Absorptions- 

Mittel 

Maximum 

Naphtholgelb 

455 

von  455  an 

Benzopurpurin 

490 

485 

Erythrosin 

532 

539 

Rose  bengale 

542 

5b3 

Diaminblau 

580 

650 

Jodgrün  oder  Echtgrün  . . 

594 

625 

Diese  Angaben  können,  wie  aus  ihrer  Bestimmungs- 
art hervorgeht,  durchaus  keinen  Anspruch  auf  volle  Richtig- 


49 


keit  machen,  ihre  Genauigkeit  dürfte  jedoch  für  die  Zwecke 
der  Praxis,  denen  sie  hier  zu  dienen  haben,  vollständig 
ausreichen. 

Das  Verhalten  von  Farbstoffen  bei  ihrer  Mischung. 

Überzieht  man  eine  weisse  Fläche  mit  einem  Farb- 
stoff, so  nimmt  man  ihr  die  Fähigkeit,  gewisse  Strahlen- 
gattungen zu  reflektieren,  und  aus  diesem  Grunde  erscheint 
sie  eben  gefärbt.  Legt  man  über  die  so  gefärbte  Fläche 
eine  zweite  transparente  Farbstoffschicht,  so  absorbiert  diese 
einen  Teil  der  früher  reflektierten  Strahlen,  wodurch  der 
Farbenton  eine  Veränderung  erfährt,  und,  da  die  Gesamt- 
menge der  in  unser  Auge  gelangenden  Lichtstrahlen  ver- 
ringert wurde,  so  wird  auch  die  Helligkeit  der  Fläche 
herabgesetzt. 

Legt  man  auf  weisses  Papier  eine  Eosinschicht,  so 
absorbiert  diese  die  grünen  Strahlen,  das  Papier  erscheint 
daher  rot,  weil 

Weiss  — Grün  = Rot  ist. 

Überzieht  man  das  so  gefärbte  rote  Papier  mit 
einem  gelben  Farbstoff,  der  die  blauen  Strahlen  absorbiert, 
so  wird  es  orange,  weil 

Weiss  — Grün  — Blau  = Orange  ist. 

In  gleicher  Weise  entzieht  jede  weitere  Farbstoff- 
schicht immer  neue  Strahlengattungen  und  wirkt  so  auf 
den  Farbenton  verändernd  und  gleichzeitig  lichtentziehend, 
also  verdunkelnd.  Bei  einer  genügenden  Zahl  von  passend 
gewählten  Farbschichten  wird  also  gar  kein  Licht  mehr 
reflektiert,  die  Fläche  erscheint  schwarz.  Wie  man  sieht, 
ist  das  Übereinanderlegen  von  Farbstoffschichten  der 
Operation  des  Subtrahierens  zu  vergleichen. 

Ganz  analog  verhalten  sich  auch  die  Farbstoffe,  wenn 
man  sie  nicht  schichtweise  übereinander  legt,  sondern 
vor  dem  Aufträgen  mischt:  durch  die  einzelnen  Farbstoff- 
teilchen werden  gewisse  Strahlengattungen  des  weissen 

vonHübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  4 


50 


Lichtes  zurückgehalten,  und  nur  jene  gelangen  zur 
Reflexion,  die  von  keinem  der  beiden  Farbstoffe  absorbiert 
wurden.  Die  gleiche  Erscheinung  tritt  endlich  auch  beim 
Mischen  gefärbter  Flüssigkeiten  oder  beim  Überein  ander- 
legen farbiger  Gläser  ein. 

Die  Mischung  von  „Farbstoffen“  ist  daher  streng 
von  der  Mischung  farbiger  Lichter,  der  additiven  „Farben- 
mischung, zu  unterscheiden. 

Die  von  Farbstoffen  reflektierten  Strahlengemische 
lassen  sich  zwar  auch  in  additiver  Weise  vereinen,  doch 
müssen  zu  diesem  Zwecke  ganz  andere  Wege  eingeschlagen 
werden.  Für  Versuchszwecke  ist  die  Verwendung  des 
Farbenkreisels  am  bequemsten.  Man  trägt  die  zu  ver- 
einenden Farbstoffe  auf  eine  etwa  20  cm  grosse  Papp- 
scheibe in  Form  von  Kreisausschnitten  nebeneinander 
auf  und  versetzt  dann  die  Scheibe  in  so  rasche  Rotation, 
dass  die  einzelnen  Farben  nicht  mehr  zu  unterscheiden 
sind,  sondern  die  ganze  Fläche  gleichmässig  gefärbt  aus- 
sieht. Die  Ausdehnung  der  Sektoren,  am  Kreisumfange 
gemessen,  bildet  das  Mass  für  die  Quantitäten  der  zu 
mischenden  Farben.  Um  Mischungen  in  beliebigen  Ver- 
hältnissen hersteilen  zu  können,  benutzt  man  am  besten 
entsprechend  gefärbte  Papiere,  aus  welchen  man  Kreis- 
scheiben schneidet.  Man  versieht  sie  mit  einem  radialen 
Schnitt  und  steckt  zwei  oder  mehrere  derart  ineinander, 
dass  jede  einen  bestimmten  Teil  der  ganzen  Kreis- 
fläche bildet.  Sämtliche  Scheiben  sind  im  Mittelpunkte 
durchlocht,  um  sie  auf  die  rotierende  Achse  aufstecken 
und  befestigen  zu  können.  Als  Bewegungsmechanismus 
verwendet  man  entweder  ein  Uhrwerk  oder  besser  einen 
kleinen  Elektromotor,  oder  eine  mit  der  Hand  zu 
drehende  Kurbel  mit  entsprechender  Schnurscheiben- 
übersetzung. 

Damit  eine  gleichmässig  gefärbte  Fläche  gesehen  wird, 
muss  die  Bewegung  der  Scheibe  so  rasch  erfolgen,  dass 


51 


der  Yorübergang  einer  Farbe  nur  x/20  bis  1/5Q  Sekunde 
beträgt.  Bei  so  raschem  Wechsel  der  Farben  vereint 
sich  die  Erscheinung  der  farbigen  Sektoren  mit  dem 
Nachbilde  der  früher  vorübergegangenen  zu  einer  ein- 
heitlichen Empfindung. 

Will  man  die  entstehende  Farbenmischung  mit  einer 
bestimmten  Farbe  oder  mit  der  aus  anderen  Komponenten 
hervorgegangenen  Mischung  vergleichen,  so  benutzt  man 
kleinere  Papierscheiben  von  entsprechenden  Farben,  die 
man  gleichzeitig  mit  den  grossen  Scheiben  rotieren  lässt. 
Fig.  12  zeigt  eine  solche 
Anordnung.  Es  war  zu 
untersuchen,  ob  eine  be- 
stimmte Sorte  Chromgelb  und 
Ultramarin  komplementäre 
Strahlengemische  reflektieren. 
a ist  die  mit  Chromgelb,  b 
die  mit  Ultramarin  bedruckte 
Papierscheibe,  und  um  einer 
Täuschung  bezüglich  des  ent- 
stehenden Grau  zu  begegnen, 
wurden  gleichzeitig  zwei 
kleinere  Scheiben  w und  s aus  schwarzem  und  weissem 
Papier  mit  in  Rotation  versetzt.  Die  vier  Scheiben 
wurden  so  lange  gegeneinander  verschoben,  bis  die  ganze 
Kreisfläche  einen  gleichmässig  grauen  Farbenton  zeigte. 

Die  Messung  der  Sektoren  am  Kreisumfang  ergab 
137  Grad  Chromgelb,  223  Grad  Ultramarin,  147  Grad 
Weiss  und  213  Grad  Schwarz,  d.  h.  durch  Yereinigung 
der  Strahlen  von  0,38  Teilen  Chromgelb  und  0,62  Teilen 
Ultramarin  erhält  man  ein  Grau,  das  aus  0,41  Teilen 
Weiss  und  0,59  Teilen  Schwarz  besteht,  oder  als  Gleichung 
dargestellt: 

0,36  Chromgelb  -J-  0,62  Ultramarin  = 0,41  Weiss 
-j-  0,59  Schwarz. 

4* 


CAMERA  CLUB  L 

SY  Catalogued  & Indexed  19 


a 


52 


Dass  bei  dieser  und  bei  jeder  anderen  derart  aus- 
geführten  Farbenmischung  nicht  der  Eindruck  Weiss, 
sondern  Grau  entsteht,  ist  erklärlich,  wenn  man  berück- 
sichtigt, dass  jedes  Pigment,  also  jeder  Sektor  der  Scheibe, 
nur  einen  Teil  der  im  weissen  Lichte  vorhandenen 
Strahlen  reflektiert,  also  lichtschwächer  als  das  weisse 
Papier  erscheint.  Die  Helligkeit  der  Scheibenfläche  wird 
daher  zwischen  jener  der  beiden  Pigmente  liegen,  und 
vom  Umfangs  Verhältnis  der  Sektoren  abhängen.  Wäre 
z.  B.  die  Helligkeit  jedes  der  beiden  farbigen  Papiere 
halb  so  gross  als  jene  einer  weissen  Fläche,  so  wird  auch 
die  Mischfarbe  nur  diese  Helligkeit  zeigen.  In  dieser 
Beziehung  unterscheidet  sich  also  die  Farbenmischung  am 
Kreisel  wesentlich  von  der  Mischung  farbiger  Lichter 
nach  den  S.  26  angegebenen  Methoden,  bei  welcher  eine 
Mischfarbe  resultiert,  deren  Helligkeit  der  Summe  der 
einzelnen  Farbenhelligkeiten  entspricht.  Für  den  ent- 
stehenden Farbenton  gilt  aber  in  beiden  Fällen  der  Satz : 
„Gleich  aussehende  Farben  geben  gleich  aussehende 
Mischungen“,  und  in  beiden  Fällen  geht  bei  der  Mischung 
Farbe  verloren  und  Weisslichkeit  tritt  auf. 

Ganz  andere  Resultate  werden  bei  der  stofflichen 
Mischung  von  Farbstoffen  erhalten;  die  Helligkeit  eines 
Farbstoffes  wird  durch  Zumischung  eines  zweiten  stets 
verringert;  bei  der  Mischung  geht  zwar  auch  Farbe 
verloren,  aber  gleichzeitig  tritt  Schwärzlichkeit  auf,  und 
der  Farbenton  der  Mischung  hängt  nicht  nur  vom  Farben- 
ton der  einzelnen  Komponenten,  sondern  auch  von  der, 
diese  bedingende  Zusammensetzung  der  reflektierten 
Strahlen,  also  von  der  Form  der  Absorptionsbänder,  ab. 

Um  das  Resultat  einer  Farbstoff mischung  zu  be- 
stimmen, sind  aus  dem  Absorptionsspektrum  des  einen 
Farbstoffes  alle  Strahlengattungen  zu  entfernen,  die  der 
andere  absorbiert,  die  noch  übrig  bleibenden  Strahlen 
bestimmen  dann  den  Farbenton  und  die  Nuance  der 


53 


Mischung.  Diesem  Satz  kann  auch  folgende  Fassung 
gegeben  werden:  Das  den  Farbenton  und  die  Nuance 
charakterisierende  Absorptionsspektrum  einer  Mischung 
wird  erhalten,  wenn  man  die  Absorptionsbänder  der  zu 
mischenden  Farbstoffe  übereinander  legt. 

Bei  diesem  Vorgänge  fallen  entweder  die  Absorptions- 
bänder nebeneinander,  und  jedes  bleibt  unverändert 
erhalten,  oder  sie  fallen  stellenweise  übereinander,  kolli- 
dieren also  gegenseitig.  Dieser  Unterschied  ist  für  das 
Resultat  der  Farbenmischung  von  grösster  Bedeutung  und 
erfordert  daher  eine  eingehende  Betrachtung. 

1.  Die  Absorptionsbänder  kollidieren  nicht. 
Ein  solcher  Fall  ist  in  Fig.  13  schematisch  dargestellt: 


I entspricht  dem  Absorptionsspektrum  eines  blauen, 

II  dem  eines  gelben  Farbstoffes;  durch  Vereinigung 
beider  erhält  man  das  Absorptionsspektrum  der  Farbstoff- 
mischung. 

Denkt  man  sich  die  von  den  Farbstoffen  I und  II 
reflektierten  Strahlen  a und  b vereint,  so  resultiert  offenbar 
ein  sehr  weissliches  Grün,  da  die  Mischung  alle  Farben 
des  Spektrums,  die  grünen  aber  in  doppelter  Menge  ent- 
hält; mischt  man  die  Farbe  am  Xreisel,  so  entsteht  ein 
mit  weisslichem  Grau  gemischtes  Grün,  weil  das  aus  der 
Strahlenmischung  resultierende  Weiss  von  geringer  Licht- 
stärke ist,  also  den  Eindruck  eines  hellen  Grau  hervor- 
bringt; mischt  man  endlich  die  Farbstoffe  als  solche,  so 
entsteht  wieder  dasselbe  Grün,  aber  ohne  Zumischung  von 
jenem  Weiss,  das  sich  aus  a und  b früher  ergeben  hat, 


54 


und  wenn  die  reflektierten  Strahlen  nur  einer  scfimalen 
Zone  des  Spektrums  entsprechen,  so  erscheint  es  schwärz- 
lich nuanciert  (S.  39). 

Wenn  also  die  Absorptionsbänder  zweier  Farbstoffe 
gegenseitig  nicht  kollidieren,  so  entspricht  der  Farbenton 
ihrer  Mischung  jenem,  der  bei  der  Vereinigung  gleicher 
farbiger  Lichter  entsteht.  Gleich  aussehende  Farbstoffe 
geben  gleich  aussehende  Mischungen,  und  die  Resultate 
von  Kreiselversuchen  haben  auch  für  sie  Geltung. 

2.  Die  Absorptionsbänder  kollidieren.  Denkt 
man  sich  das  Absorptionsband  7 (Fig.  18)  soweit  ver- 
längert, dass  es  bis  an  das  Band  77  reicht,  so  giebt  die 
Mischung  der  Farben  strahlen  Weiss,  die  Mischung  der 
Farbstoffe  am  Kreisel  ein  zwischen  Weiss  und  Schwarz 
liegendes  Grau  und  die  Substanzmischung  der  Farbstoffe 
Schwarz. 

Wächst  aber  das  Absorptionsband  des  Farbstoffes  7 
über  jenes  von  77,  so  giebt  die  Strahlen-  oder  Kreisel- 
mischung violette  Töne,  während  die  Farbstoffmischung 
wieder  nur  schwTarz  erscheint,  vorausgesetzt,  dass  beiden 
Bändern  eine  genügende  Dichte  zukommt.  Sobald  sich 
also  die  Absorptionsbänder  bei  der  Farbstoffmischung 
Übereinanderlagern,  treten  im  Vergleich  mit  der  Strahlen- 
mischung wesentliche  Differenzen  im  Farbenton  auf. 

Da  die  Spektren  der  Farbstoffe  keineswegs  so  ein- 
fach gestaltet  sind,  wie  dies  oben  angenommen  wurde, 
und  da  weiter  das  im  Spektroskop  sichtbare  Band  uns 
über  die  wahren  Absorptionsverhältnisse  eines  Farbstoffes, 
wie  S.  46  gezeigt  wurde,  nur  ungenügend  auf  klärt,  so 
liegt  es  meist  ausser  dem  Bereiche  der  Möglichkeit,  das 
Resultat  einer  Mischung  breitbandiger  Pigmente  von  vorn- 
herein genau  zu  bestimmen. 

In  Fig.  14  ist  ein  solcher  Fall  dargestellt.  7 ent- 
spricht dem  Ultramarin,  77  dem  Zinnober.  Da  Ultra- 
marin blau  und  Zinnober  rot  ist,  so  unterliegt  es 


keinem  Zweifel,  dass  ihre  Vereinigung  am  Kreisel  Violett 
geben  wird. 

Bei  der  Substanzmischung  werden  die  beiden  Ab- 
sorptionsbänder zum  Teil  üb  er  ein  anderfallen  und  zu 
einem  neuen  komplizierten  Bande  vereint,  dessen  Gestalt 
wir  nur  ungefähr  anzugeben  vermögen.  Der  direkte 
Versuch  zeigt,  dass  Ultramarin  und  Zinnober  eine  braune 
Mischung  liefern. 

Aus  diesen  Erwägungen  folgt  der-  für  die  Praxis 
wichtige  Unterschied  zwischen  breit-  und  schmalbandigen 
Pigmenten,  zwischen  Teer-  und  Mineralfarbstoffen.  Die 
ersteren  verhalten  sich  bei  Mischungen  wie  farbige  Lichter 
und  geben  zuweilen  ganz  ungewohnte  Mischeffekte,  so 
liefern  z.  B.  blaugrüne  und  rotviolette  Farbstoffe  ein 


I n 


Fi  g.  14. 


schönes  Blau,  und  purpur  und  gelbe  Farbstoffe  mischen 
sich  zu  reinem  Bot. 

Es  existiert  aber  auch  ein  Mittel,  um  ähnliche  Misch- 
effekte bei  Verwendung  von  breitbandigen  Pigmenten, 
also  mit  den  üblichen  Druck-  und  Malerfarben,  hervor- 
zubringen, und  dasselbe  findet  auch  in  der  Technik  viel- 
fach Anwendung.  Legt  man  nämlich  die  Farbstoff- 
schichten nicht  übereinander,  sondern  ordnet  sie  in 
Flächen  kleiner  Ausdehnung  nebeneinander  an,  bedeckt 
man  also  die  zu  färbenden  Körper  mit  kleinen,  neben- 
einanderliegenden Punkten  oder  Strichen,  so  können  auf 
grössere  Entfernung  die  einzelnen  Farben elemente  nicht 
mehr  unterschieden  werden,  und  man  erhält  einen  ein- 
heitlichen Gesamteindruck,  der  durch  die  Summe  der  reflek- 
tierten Strahlen  hervorgebracht  wird.  Diese  Mischmethode 


56 


entspricht  also  vollkommen  der  Farbstoffmischung  ain 
Kreisel,  und  breitrandige  Pigmente  mischen  sich  daher 
wie  farbige  Lichter. 

Man  macht  von  diesem  Verfahren  vielfach  Gebrauch 
in  der  Textilindustrie,  besonders  bei  der  Gobelinfabrikation, 
dann  aber  auch  in  der  Mal-  und  Drucktechnik.  So 
trägt  der  Maler  bei  grobkörnigen  Papieren  die  Farbstoffe 
oft  derart  auf,  dass  das  hochstehende  Korn  und  die  Ver- 
tiefungen verschieden  gefärbt  erscheinen,  und  in  der  Öl- 
malerei setzt  man,  um  solche  Mischeffekte  zu  erzielen,  die 
eine  Farbe  in  kleinen  Partikelchen  zerstreut  auf  die 
andere.  Zinnober  und  Ultramarin  wirken  dann  wie 
Violett,  Rot  und  Grün  wie  Gelb  u.  s.  w. 

Von  grösster  Bedeutung  ist  diese 
Methode  der  Farbstoffmischung  für  die 
Technik  des  Farbendruckes.  Wie  be- 
kannt, ersetzt  man  im  Buch-  und  Stein- 
druck, um  hell  gefärbte  Flächen  her- 
vorzubringen, die  glatten  vollen  Töne 
mit  Vorliebe  durch  ein  System  zarter 
Fl£-  i5-  paralleler  Linien  oder  eng  nebenein- 
ander liegender  Punkte:  durch  einen  Raster-  und  Punkt- 
Ton.  Derartig  bedruckte  Flächen  erscheinen  bei  ge- 
nügender Feinheit  der  Linien  ganz  gleichmässig  gefärbt. 

Legt  man  in  das  Punktnetz  ein  zweites  von  anderer 
Farbe,  jedoch  derart,  dass  die  Punkte  nebeneinander  fallen, 
so  entsteht  eine  scheinbar  gleichmässig  gefärbte  Fläche, 
deren  Farbenton  dem  Mischungsgesetz  für  farbige  Lichter 
entspricht.  Zinnober  und  Ultramarin  geben  also  einen 
violetten  Farbenton. 

Legt  man  über  einen  aus  Linien  bestehenden  Ton 
einen  zweiten  von  anderer  Farbe  derart,  dass  sich  die 
Linien  gegenseitig  kreuzen  (Fig.  15),  so  wird  der  Effekt 
der  Strahlenmischung  durch  die  an  den  Kreuzungsstellen 
stattfindende  Farbstoffmischung  um  so  mehr  getrübt,  je 


57 


breiter  die  Linien  im  Vergleiche  zu  ihren  Zwischen- 
räumen sind.  Bildet  man  daher  aus  Rastertönen  eine 
von  Schwarz  bis  Weiss  reichende  Skala  und  druckt  sie 
in  zwei  Farben  übereinander,  so  entsteht  bei  Verwendung 
breitbandiger  Pigmente  kein  einheitlicher  Farbenton,  weil 
die  dunkelste  Stufe  die  Farbe  der  Substanzmischung, 
die  hellste  aber  jene  der  Strahlenmischung  zeigt.  Auf 
Beilage  I ist  ein  solcher  Zusammendruck  aus  Zinnober 
und  Ultramarin  ersichtlich,  die  Volltöne  erscheinen  in 
der  Mischung  braun,  und  mit  Abnahme  der  Linienstärke 
nähert  sich  der  Farbenton  immer  mehr  dem  reinen  Purpur. 

Bei  der  Verwendung  schmalbandiger  Pigmente  ent- 
fallen natürlich  derartige  Unregelmässigkeiten,  da  sich 
diese  Farbstoffe  auch  bei  der  Substanzmischung  ähnlich 
den  farbigen  Lichtern  verhalten. 

Der  Überdeckungsfehler.  Bisher  wurde  stets 
angenommen,  dass  es  gleichgültig  sei,  ob  zwei  Farbstoffe 
vor  dem  Aufträgen  auf  Papier  gemischt,  oder  ob  sie 
einzeln  übereinander  aufgetragen  werden.  Diese  Annahme 
ist  nur  für  vollkommen  transparente  und  nicht  zu  dichte 
Schichten  zulässig.  Bei  den  in  der  Praxis  verwendeten 
Farbstoffen  trifft  diese  Bedingung  nicht  zu,  und  aus 
diesem  Grunde  wird  die  oben  liegende  Schicht  auf  das 
Aussehen  der  Mischfarbe  viel  mehr  bestimmend  wirken, 
als  das  unter  ihr  liegende  Pigment. 

Bedruckt  man  weisses  Papier  erst  mit  einem  gelben 
und  dann  mit  einem  roten  Farbstoff,  so  sollte  ent- 
sprechend den  Farbstoffmengen  vielleicht  Gelborange  ent- 
stehen, thatsächlich  bildet  sich  aber  Rotorange,  da  der 
gelbe  Farbstoff  ungenügend  zur  Wirkung  gelangt. 

Man  kann  den  durch  diesen  Umstand  verursachten 
Fehler  in  der  Mischfarbe  als  „Überdeckungsfehler“  be- 
zeichnen. Wie  bekannt,  verhalten  sich  in  dieser  Be- 
ziehung die  verschiedenen  Maler-  und  Druckfarben  ausser- 
ordentlich verschieden , aber  selbst  die  durchsichtigsten 


58 


Lasurfarben  verhindern,  sobald  sie  ziemlich  satt  auf- 
getragen werden,  in  hohem  Masse  die  Wirkung  der  unter 
ihnen  liegenden  Schicht. 

Durch  nachstehenden  Versuch  wird  diese  Thatsache 
bestätigt.  Ein  Blatt  Papier  wurde  zur  Hälfte  mit  einer 
gleichmässigen  Schicht  von  Chromgelb  überzogen,  und 
dann  mit  in  Firnis  geriebenem  Rose  bengale-Blei  — 
einer  sehr  transparenten  Lasurfarbe  — derart  überdruckt, 
dass  einerseits  ein  Teil  der  Chromgelbschicht  frei  blieb 
und  anderseits  der  Rotdruck  auch  das  noch  freie  weisse 
Papier  bedeckte.  Ein  Teil  des  Papieres  war  also  nur 
mit  Chromgelb,  ein  zweiter  nur  mit  Rose  bengale-Blei 
überzogen,  und  ein  dritter  enthielt  die  gleichen  Schichten 
übereinander  vereint.  Aus  diesem  wurde  eine  grosse  und 
aus  dem  roten  und  gelben  Stück  je  eine  kleine  Scheibe 
für  Kreiselversuche  geschnitten. 

Wird  aus  den  beiden  kleinen  Scheiben  der  Farbenton 
der  grossen  nachgebildet,  so  muss  die  Grösse  ihrer  Sektoren, 
am  Umfange  gemessen,  den  wirksamen  Quantitäten  der 
roten  und  gelben  Farbe  im  Übereinanderdruck  entsprechen. 
Um  die  Färb  engl  eich  heit  am  Kreisel  herzustellen,  musste 
die  grosse  Scheibe  mit  einer  weissen  kombiniert  werden. 

Der  Versuch  ergab  nachstehende  Gleichung: 

0,34  Chromgelb  -j-  0,66  Rose  bengale-Blei 
= 0,3  Weiss  -|-  0,7  Mischfarbe. 

Die  Farbe  der  grossen  Scheibe  entspricht  also  einer 
Mischung  von  etwa  1 Teil  Chromgelb  und  2 Teilen 
Rose  bengale-Blei,  statt  gleichen  Teilen  beider  Farbstoffe, 
wie  es  die  Theorie  gefordert  hätte.  Aus  diesem  Versuch 
ersieht  man,  wie  bedeutend  der  durch  die  Überdeckung 
zu  stände  kommende  Fehler  selbst  bei  Lasurfarben  ist. 

Die  Durchlässigkeit  einer  Farbstoffschicht  hängt  selbst- 
verständlich von  ihrer  Dichte  ab,  und  aus  diesem  Grunde 
wird  die  Grösse  des  Überdeckungsfehlers  auch  durch  die 
Sättigung  der  Farbstoffschicht  bestimmt.  Bei  einer  satt 


59 


roten  Schicht  werden  die  auffallenden  Lichtstrahlen  schon 
in  dieser  reflektiert  und  gelangen  nur  zum  geringen  Teile 
zu  der  unteren,  Gelb  reflektierenden  Fläche,  während  bei 
einer  hellen,  wenig  gesättigten  roten  Schicht  die  gelbe 
Unterlage  fast  voll  zur  Geltung  gelangt.  Durch  diesen 
Umstand  werden  wieder  Unregelmässigkeiten  im  Earbenton 
herb eigef ährt,  wenn  aus  verschieden  dichten  Schichten  eine 
Tonskala  gemischt  werden  soll.  Wird  eine  gelbe  Skala 
mit  einer  gleich  abgestuften  roten  überdruckt,  so  werden 
die  satten  Töne  rotorange,  die  hellen  aber  gelborange 
erscheinen. 

Der  Überdeckungsfehler  macht  sich  selbstverständlich 
bei  Verwendung  von  drei  Schichten  noch  viel  mehr 
geltend,  daher  die  unterste  Earbstofflage  bei  etwas  satteren 
Mischfarben  kaum  mehr  zur  Geltung  gelangt. 

Die  Unvollkommenheit  bei  der  Mischung  überein- 
anderliegender Earbstoffschichten  bildet  eine  der  wesent- 
lichsten Schwierigkeiten,  die  sich  der  Ausführung  des 
Dreifarbendruckes  entgegenstellen,  sie  ist  Ursache,  dass 
die  drei  Farben  nicht  genügend  verschmelzen,  dass  solche 
Bilder  den  Eindruck  der  Earbenarmut  machen,  dass  wir 
bei  ihrer  Betrachtung  oft  unwillkürlich  die  Art  ihrer  Ent- 
stehung empfinden.  Vollkommen  frei  von  diesem  Fehler 
sind  die  aus  transparenten  Folien  zusammengesetzten  Bilder, 
und  aus  diesem  Grunde  bieten  sie  uns  den  Eindruck  der 
Homogenität,  nichts  mahnt  uns  an  ihre  Dreiteiligkeit. 

Zusammenhang  zwischen  der  Form  des  Ab- 
sorptionsbandes und  den  Nuancen  des  Farb- 
stoffes. Werden  von  dem  Farbstoffgemische  kom- 
plementäre Strahlen  reflektiert,  so  wird  eine  weissliche 
Empfindung  hervorgerufen,  werden  solche  Strahlen- 
gattungen absorbiert,  so  wird  die  Farbenempfindung  ver- 
dunkelt, sie  ist  durch  beigemischtes  Schwarz  getrübt. 
So  entstehen  durch  verschiedene  Form  der  Absorptions- 
bänder weissliche  und  schwärzliche  Nuancen. 


60 


Reflektiert  eine  Farbstoffmischung  lediglich  kom- 
plementäre Strahlen,  so  entsteht  die  Empfindung  eines 
reinen,  mehr  oder  weniger  dunklen  Grau.  Dabei  ist  es  für 
das  Aussehen  der  Mischung  ganz  gleichgültig,  ob  durch 
das  Absorptionsband  das  ganze  Spektrum  gleichmässig,  aber 
unvollkommen  gedeckt  wird,  oder  ob  einzelne  Strahlen- 
gattungen von  den  Pigmenten  vollkommen  absorbiert 
werden  und  die  Testierenden  sich  zu  Weiss  mischen.  Aus 
Fig.  16  ist  das  Absorptionsspektrum  von  zwei  grau  er- 
scheinenden Pigmenten  ersichtlich;  in  I werden  alle 
Strahlen  des  Spektrums  gleichmässig  abgeschwächt  reflektiert, 
während  II  ein  durch  Mischung  von  drei  schmalbandigen 

A 8 C D E b F G 

I 


n 


m 


Fig.  16. 

Farbstoffen  gebildetes  Grau  darstellt,  das  seine  neutrale 
Farbe  nur  den  komplementären  gelben  und  blauen  Strahlen 
verdankt.  Beide  Grau  können  die  vollkommen  gleiche 
Empfindung  hervorbringen,  verhalten  sich  aber  ganz  ver- 
schieden bei  der  Mischung  mit  Farbstoffen.  Das  Grau  I wird, 
mit  einem  gelben  Pigment,  dessen  Absorptionsspektrum 
aus  III  zu  ersehen  ist,  vereint,  ein  gelbliches  Grau  liefern, 
während  das  Grau  II  nach  der  Mischung  den  Charakter 
vollkommen  einbüsst  und  in  schwärzliches  Orangerot  um- 
schlägt. Aus  diesem  Grunde  erscheint  es  gerechtfertigt, 
zwischen  „echtem“  und  „falschem“  Grau  zu  unterscheiden. 

Ein  lichtschwaches,  also  schwärzliches  Rot  oder 
Orange  bezeichnen  wir  als  Braun.  Wir  erhalten  diese 
Empfindung,  wenn  die  Pigmentmischung  entweder  nur 


61 


die  schmale  Zone  dieser  Spektralstrahlen  voll  reflektiert,  oder, 
wenn  bei  einem  roten  Farbstoff  der  Reflex  der  charakte- 
ristischen Strahlengattungen  durch  ein  gleichmässiges 
Schattenband  gedämpft  wird.  Der  letztere  Fall  entspricht 
der  Mischung  eines  roten  Pigmentes  mit  echtem  Grau. 

Ebenso  kann  das  schwärzliche  Grün,  das  wir  als 
„Olive“  bezeichnen,  entweder  durch  Mischung  eines 
grünen  Farbstoffes  mit  echtem  Grau  entstehen,  oder  es 
verdankt  seine  Entstehung  einem  breiten,  das  ganze 
Spektrum,  mit  Ausnahme  des  Grün,  deckenden  Absorptions- 
bande, kann  also  auch  durch  Mischung  mehrerer  schmal- 
bandiger  Pigmente  erhalten  werden. 

Die  weisslichen  Nuancen  bezeichnen  wir  durch  die 
Zusätze  „hell“,  „blass“  und  „weiss“  vor  den  Namen  des 
Farben tones,  daher  z.  B.  die  Ausdrücke  hellblau,  blassblau 
und  weissblau  den  Übergang  vom  gesättigten  Blau  zu 
Weiss  darstellen. 

Für  die  schwärzlichen  Nuancen  benutzt  man  die  Be- 
zeichnung „ dunkel“,  z.  B.  dunkelblau,  dunkel  violett  u.  s.  w. 

In  vielen  Fällen  werden  die  Nuancen  mit  eigenen 
Namen  belegt,  die  grösstenteils  entsprechend  gefärbten 
Objekten  entlehnt  und  in  folgender  Tabelle  verzeichnet  sind. 


Farbenton 

Bezeichnung  für  die  Mischung  mit 
Weiss  | Grau  j Schwarz 

Purpur 

Rosa 

Weinrot 

Braun 

Rot 

Blassrot 

Fleischrot 

Kupferrot 

Orange 

Chamois 

Gelbbraun 

Gelb 

Strohgelb 

Graugelb 

Gelbgrau 

Gelbgrün 

Blass  grün 

Graugrün 

Olive 

Grün 

Theegrün 

Blaugrün 

Wasserblau 

Blattgrün 

Blau 

Himmelblau 

Blau  grau 

Stahlblau 

Violett 

Dila 

Violettgrau 

Dunkelviolett 

62 


Dieselbe  Veränderung,  welche  ein  Farbstoff  bei  der 
Überschichtung  mit  einem  zweiten  erfährt,  tritt  auch  ein, 
wenn  wir  ihn  mit  einem  gefärbten  Glase  bedecken,  und 
da  es  gleichgültig  ist,  ob  dieses  unmittelbar  auf  der 
Farbstoffschicht  aufliegt  oder  weiter  entfernt  ist,  so  er- 
halten wir  auch  denselben  Eindruck,  wenn  wir  durch 
das  Glas  den  Farbstoff  betrachten.  Ein  blauer  Farbstoff, 
durch  gelbes  Glas  gesehen,  erscheint  ebenso  grün,  wie 
seine  Mischung  mit  einem  gelben  Pigment. 

Analog  einem  farbigen  Glase  wirkt  auch  die  Be- 
leuchtung durch  farbiges  Licht,  denn  es  ist  gleichgültig, 
ob  wir  ein  Objekt  durch  ein  gelbes  Glas  betrachten,  oder 
ob  wir  es  mit  den  durch  das  gelbe  Glas  fallenden  Strahlen 
beleuchten. 

Die  künstlichen  Lichtquellen,  besonders  das  Kerzen-, 
Gas-  und  elektrische  Glühlicht  sind  gelblich,  wenn  man 
das  Tageslicht  als  Weiss  annimmt,  ihr  Spektrum  endet 
vor  Blauviolett.  Bei  solcher  Beleuchtung  erscheinen 
daher  farbige  Körper  wie  mit  einer  hellgelben  Schicht 
überzogen,  und  wir  können  Weiss  von  Hellgelb,  Blau 
von  Blaugrün  und  Purpur  von  Rot  nicht  unterscheiden. 

Das  unechte  Grau  erscheint  daher  bei  künstlicher 
Beleuchtung  gelbbraun,  während  das  echte  Grau  neben 
gleichzeitig  vorhandenem  Weiss  farblos  bleibt.  Daraus 
erklärt  sich  die  Erscheinung,  warum  transparente  Drei- 
farbenbilder, die  unechtes  Grau  enthalten,  bei  künst- 
licher Beleuchtung  merkbar  ihren  Charakter  ändern. 

Auch  das  elektrische  Bogenlicht,  das  man  — da  es 
meist  mit  Gas-  und  Kerzenflammen  verglichen  wird  — 
in  der  Regel  für  bläulich  hält,  ist  im  Vergleiche  mit  dem 
Tageslicht  als  gelblich  zu  bezeichnen. 

Das  Licht  der  künstlichen  Lichtquellen  lässt  sich 
weiss  machen,  also  auf  das  Aussehen  des  Tageslichtes 
bringen,  wenn  man  ihm  die  zu  Blauviolett  komplementäre 


63 


Strahlengattung  entzieht,  es  also  durch  ein  ebenso  gefärbtes 
Medium  fallen  lässt. 

D.  Geometrische  Darstellung  der  Farbstoff- 
mischungen. 

Denkt  man  sieh  in  dem  Punkte  A und  B (Fig.  17) 
zwei  beliebige  Farben,  und  werden  auf  der  Verbindungs- 
linie alle  durch  succesive  Mischung  von  A mit  B erziel- 
baren Farbentöne  aufgetragen,  so  bezeichnet  man  die 
Gerade  AB  als  „Mischlinie  für  die  Farben  A und  B 

Wäre  z.  B.  in  A Gelb  und  in  B Kot  angebracht,  so 
sind  auf  die  Mischlinie  AB  alle  zwischen  Gelb  und  Kot 
liegenden  Töne  anzuordnen.  Ein  Punkt  der  Geraden  wird 

A, , . .B 

Cb 

Fig.  17. 

um  so  mehr  Gelb  enthalten,  je  näher  er  gegen  M,  und  um 
so  mehr  Kot,  je  näher  er  gegen  B liegt;  der  gleich  weit 
von  A und  B entfernt  liegende  Punkt  a entspricht  daher 
einer  Mischung  aus  gleichen  Teilen  Gelb  und  Rot,  im 
Punkte  b hat  man  sich  die  Mischung  von  1 Teil  Gelb 
und  3 Teilen  Kot  zu  denken  u.  s.  w. 

Denkt  man  sich  daher  in  A und  B die  Quantitäten  der 
zu  mischenden  Farben  als  Gewichte  angebracht,  so  liegt  die 
entsprechende  Mischfarbe  im  Schwerpunkte  der  so  be- 
lasteten Linie,  und  die  Quantität  der  in  diesem  Punkte 
vorhandenen  Mischfarbe  ist  gleich  der  Summe  der  in  A 
und  B angenommenen  Farbenmengen,  also  gleich  der 
Summe  der  daselbst  gedachten  Gewichte.  Diese  geo- 
metrische Darstellung  einer  Farbenmischung  gilt  sowohl 
für  Farbstoffe  als  auch  für  farbige  Lichter,  nur  wird 
selbstverständlich  das  Mass,  mit  dem  die  Quantitäten  der 
zu  mischenden  Komponenten  zu  messen  sind,  verschieden 
sein.  Bei  der  Substanzmischung  von  Pigmenten  kann 


— 64  — 

man  ihr  Gewicht  als  Mass  für  die  Quantitäten  benutzen; 
mischt  man  Pigmentfarben  am  Kreisel,  so  werden  die 
Quantitäten  durch  die  zur  Wirksamkeit  gelangenden 
Sektoren  gemessen;  bei  der  Mischung  von  Spektralfarben 
entspricht  die  Helligkeit  dem  Begriffe  der  Quantität,  und 
da  diese,  unter  sonst  gleichen  Verhältnissen,  von  der  Breite 
der  Kollimatorspalte  abhängt,  so  wird  die  Quantität  der 
zu  mischenden  Farben  durch  die  Spaltbreite  gemessen. 
Bei  der  Vereinigung  von  Lichtgemischen  durch  Spiegelung 
(Photochromoskop)  ist  für  die  Quantität  gleichfalls  die 
Helligkeit  massgebend;  variiert  man  diese  durch  das  Vor- 


schalten verschieden  transparenter  Medien  (photographisches 
Diapositiv),  so  entspricht  die  Durchlässigkeit  derselben  der 
Quantität  des  zu  mischenden  Lichtes. 

Eine  für  Farbstoffe  geltende  Mischlinie  wird  schwärz- 
liche Nuancen  enthalten,  während  bei  Annahme  von 
farbigen  Lichtern  weissliche  Nuancen  vorhanden  sein 
werden.  Sind  die  beiden  Farben  komplementär,  so  wird  eine 
Stelle  der  Mischlinie  im  ersteren  Falle  ein  reines  Schwarz 
oder  Grau,  im  zweiten  Falle  ein  reines  Weiss  enthalten. 

Sollen  die  beiden  Farben  A und  B mit  einer  dritten  C 
kombiniert  werden,  so  weist  man  dieser  einen  beliebigen, 
ausserhalb  der  Mischlinie  AB  gelegenen  Platz  an  (Fig.  18) 
und  betrachtet  jede  von  C nach  einem  beliebigen  Punkte 


65 


der  Linie  AB  gezogene  Grade  wieder  als  Mischlinie  der 
an  ihren  Endpunkten  liegenden  Farben.  Entsprechend 
dieser  Annahme  liegen  alle  aus  A,  B und  C möglichen 
Mischfarben  innerhalb  des  Dreieckes  ABC.  Nimmt  man  C 
als  blaue  Farbe  an,  so  liegen  in  15,  wie  schon  erörtert, 
alle  Orangetöne,  in  A C die  grünen,  in  CB  die  violetten 
Mischfarben,  und  das  Innere  des  Dreieckes  ist  mit  kon- 
tinuierlichen Farbenübergängen  ausgefüllt,  die  zu  stände 
kommen,  wenn  man  die  in  jedem  Eckpunkte  angehäuft 
gedachte  Farbe  gleichmässig  nach  den  beiden  andern 
Ecken  verlaufen  lässt.  Eine  solche  Fläche  wird  als 
„Mischfläche“  bezeichnet. 

Entsprechend  der  Entstehung  der  Misch  fläche  lässt 
sich  der  einer  bestimmten  Mischung  zukommende  Ort  in 
nachstehender  Weise  finden:  Man  denke  sich  jene  Stellen^ 
welche  den  zu  mischenden  Farben  zukommen,  mit  den, 
ihrer  Quantität  entsprechenden  Gewichten  beschwert  und 
bestimmt  dann  den  Schwerpunkt  dieses  Systems;  seine 
Lage  bezeichnet  den  geometrischen  Ort  der  Mischfarbe. 
Wäre  z.  B.  1 Teil  Gelb  mit  2 Teilen  Eot  und  1,5  Teilen 
Blau  zu  mischen,  so  denkt  man  sich  in  A,  B und  C die 
diesen  Quantitäten  entsprechenden  Gewichte  angebracht 
und  sucht  den  Schwerpunkt  der  so  belasteten  Ebene. 
Betrachtet  man  zu  diesem  Zwecke  zunächst  nur  die 
auf  A und  B ruhenden  Gewichte,  so  liegt  der  Schwer- 
punkt in  6,  und  man  hat  sich  in  diesem  Punkte,  Avelcher 
der  Mischfarbe  1 Gelb  -f-  2 Rot  entspricht,  ein  Gewicht 
von  drei  Einheiten,  resp.  3 Teile  Orange  zu  denken.  Die 
Linie  b C ist  nun  in  b mit  drei,  in  C mit  1,5  Einheiten 
beschwert,  und  der  Schwerpunkt  der  so  belasteten  Linie 
liegt  in  m,  weil  Cm  = 2 bm  ist. 

Der  Punkt  m bildet  also  den  Schwerpunkt  des  ganzen 
Gewichtssystems,  und  seine  Lage  entspricht  der  Mischfarbe 
aus  3 Teilen  Orange  -f- 1,5  Teilen  Blau,  somit  auch  jener 
aus  1 Teil  Gelb  2 Teilen  Rot  -f-  1,5  Teilen  Blau. 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  5 


66 


Da  schon  die  in  den  Dreiecksseiten  liegenden  Farben 
weniger  rein  als  die  in  den  Ecken  gedachten  Grundfarben 
sind,  so  werden  die  im  Innern  des  Dreiecks  liegenden 
Mischfarben  eine  weitere  Abnahme  der  Reinheit  zeigen, 
sie  werden  mit  viel  Weiss,  resp.  viel  Schwarz  gemischt 
sein.  Ist  eine  der  Farben  in  den  Eckpunkten  kom- 
plementär zu  einer  Mischfarbe  in  den  Dreiecksseiten,  so 
muss  bei  Verwendung  farbiger  Lichter  in  der  Mischfläche 
ein  Punkt  von  rein  weisser  Farbe  vorhanden  sein,  während 
bei  der  Mischung  von  Farbstoffen  dieser  neutrale  Punkt 
grau  oder  schwarz  ist. 

Hat  man  für  drei  bestimmte  Farbstoffe,  z.  B,  für 
Chromgelb,  Eosinblei  und  Methylenblau -Lack  ein  solches 
Earbendreieck  zu  konstruieren,  so  könnte  man  folgenden 
Weg  einschlagen:  Man  wählt  ein  Dreieck  von  beliebiger 
Form  und  placiert  in  den  Ecken  desselben  die  drei 
Farben,  dann  mischt  man  abgewogene  Quantitäten  derselben 
in  verschiedenen  Verhältnissen,  sucht  in  der  früher  an- 
gegebenen Weise  den  jeder  Mischung  entsprechenden 
geometrischen  Ort,  und  trägt  an  dieser  Stelle  die  Misch- 
farbe auf.  Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Bestimmung 
des  neutralen  Punktes,  also  jener  Stelle  im  Dreiecke,  welcher 
ein  neutrales  Grau,  resp.  Schwarz  entspricht.  Man  stellt  aus 
den  drei  Farbstoffen  eine  neutral  schwarze  Mischung  her, 
und  ermittelt  den  ihr  zugehörenden  Punkt  o mit  Hilfe  der 
Schwerpunkts -Konstruktion  aus  den  hierzu  notwendigen 
Farbstoffmengen.  Hat  man  so  die  Lage  einer  Anzahl  Misch- 
farben bestimmt,  so  kann  man  das  Innere  des  Mischdreieckes- 
durch  passend  gewählte  Farbenübergänge  ausfüllen. 

Farben,  die  sich  durch  Mischung  der  drei  Farbstoffe 
nicht  nachahmen  lassen,  liegen  ausserhalb  des  Dreieckes,, 
und  der  ihnen  zukommende  Platz  kann  gleichfalls  durch 
Mischversuche  ausgemittelt  werden.  So  fehlt  z.  B.  im 
Farbendreieck  „Chromgelb -Eosinblei -Methylenblau“  ein 
reines  Grün,  da  das  gewählte  Gelb  und  Blau  sich  nur 


67 


zu  schwärzlichen  Grün -Nuancen  mischen  lässt.  Es  wird 
aber  möglich  sein,  aus  Chromgelb  und  Methylenblau 
einerseits  und  aus  einem  reinen  grünen  Farbstoff  und 
Schwarz  anderseits  zwei  gleich  aussehende  Mischungen 
herzustellen.  Hätte  man  zu  diesem  Zwecke  2 Teile  Gelb 
und  1 Teil  Blau,  dann  1 Teil  Grün  und  1 Teil  Schwarz 
gebraucht,  so  ergiebt  sich  die  Lage  des  neuen  Grün  in 
folgender  Weise:  Das  aus  Blau  und  Gelb  entstehende 
Grün  liegt  in  der  Linie  AC,  und  zwar  im  Punkte  n, 
weil  Cn  = 2 An  ist;  das  reine  Grün  giebt  mit  Schwarz 
gemischt  dieselbe  Farbe,  es  muss  daher,  wenn  o der 
neutrale  Punkt  ist,  in  der  Mischlinie  on  liegen,  und  da 
es  mit  der  gleichen  Menge  Schwarz  gemischt  die  Farbe  n 
giebt,  kommt  ihm  der  Platz  B zu  (on  = Bii). 

Alle  aus  diesem  Grün  und  aus  Blau  und  Gelb  zu 
erzielenden  Mischfarben  liegen  wieder  im  Dreieck  ABC ; 
fügt  man  also  dem  früheren  Farbensystem  Gelb -Blau- 
Rot  noch  dieses  Grün  zu,  so  ergiebt  sich  dadurch  der 
in  dem  Dreieck  ABC  liegende  Zuwachs  an  grünen  Misch- 
farben, und  alle  aus  den  vier  Pigmenten  zu  erzielenden 
Mischungen  liegen  innerhalb  des  Viereckes  AB  CB. 

In  gleicher  Weise  kann  man  eine  beliebige  Zahl 
yon  ausserhalb  des  Dreieckes  gelegenen  Farbstoffen  ent- 
sprechend placieren,  und  erhält  so  eine  durch  ein  Polygon 
begrenzte  Farbentafel,  welche  die  Lösung  zahlreicher  auf 
Farbenmischung  Bezug  habender  Aufgaben  ermöglicht. 

Sehr  bequem  und  einfach  gestaltet  sich  die  Kon- 
struktion einer  Farbentafel  mittels  Kreiselversuchen.  Man 
benutzt  mit  den  Farbstoffen  überzogene  Papiere  und  stellt 
in  der  Seite  51  angegebenen  Weise  Farbengleichungen 
her,  wobei  die  Grösse  der  wirksamen  Sektoren  den 
Quantitäten  der  zu  mischenden  Farbstoffe  entspricht 
Dabei  darf  aber  nicht  übersehen  werden,  dass  die  am 
Kreisel  entstehende  Mischfarbe  nur  im  Farbenton,  nicht 
aber  in  der  Nuance,  der  Substanzmischung  gleichkommt. 

5* 


68 


Die  Farbentafel  gilt  auch  nur  für  die  Mischung 
schraalbandiger  Pigmente,  denn  ihr  liegt  die  Annahme 
zu  Grunde,  dass  das  Mischungsresultat  lediglich  von  der 
Farbe  der  Komponenten  abhängt,  was  bekanntlich  bei 
breitbandigen  Farbstoffen  nicht  der  Fall  ist.  Eine  Misch- 
linie zwischen  Zinnober  und  Ultramarin  würde  nicht  den 
Übergang  über  Purpur  darstellen,  sondern  braunen  Misch- 
farben entsprechen.  Führt  man  daher  solche  Pigmente 
in  die  Farbentafel  ein,  so  entspricht  die  ihnen  zukommende 
Stelle  nur  ihrer  Farbe,  nicht  aber  ihrem  Verhalten  bei 
Substanzmischungen. 

* Am  Umfange  des  Polygons  sind  die  Farbstoffe  von 
reinstem  Aussehen  angeordnet,  im  Innern  liegt  Schwarz, 
und  jeder  von  diesem  Punkte  zum  Umfange  gezogenen 
Geraden  entspricht  eine  Mischlinie  zwischen  Schwarz  und 
der  Umfangsfarbe.  Beschreibt  man  vom  neutralen  Punkt 
eine  Kreislinie,  so  liegen  in  dieser  alle  gleich  weit  von 
Schwarz  entfernten,  also  gleich  reinen  Farben,  und  wenn 
man  die  hier  vorhandenen  Lücken  durch  Übergangs- 
farben entsprechend  ausfüllt,  so  resultiert  eine  in  sich 
zurücklaufende  Farbenreihe,  ein  geschlossener  Farbenkreis. 

Die  Verteilung  der  Töne  am  Farbenkreise  hängt 
von  der  gewählten  Form  des  Mischdreieckes,  mit  dem 
man  die  Konstruktion  beginnt,  ab.  Bei  verschiedenen 
Dreiecksformen  bleibt 'zwar  die  Farbentafel  immer  richtig, 
es  entsteht  aber  eine  verschiedene  Verteilung  der  Farben, 
sowohl  am  Umfange,  als  auch  im  Innern  des  Polygons. 

Durch  passende  Wahl  des  Farbendreieckes  kann  man 
am  Farbenkreise  einen  gleichmässigen  Farbenübergang 
erzielen,  d.  h.  eine  solche  Anordnung,  dass  jeder  Farben- 
ton von  dem  benachbarten  einen  für  unser  Auge  gleichen 
Unterschied  darbietet,  und  dass  jedem  Farbenton  eine 
gleiche  Ausdehnung  zukommt.  Die  Farbendifferenz  zweier 
Punkte  wird  dann  durch  den  Winkel,  welchen  die  nach 
diesen  Punkten  gezogenen  Badien  einschliessen,  gemessen. 


69 


Bei  einer  solchen  Anordnung  müssen  offenbar  die  vier 
Heringschen  Grundfarben  je  90  Grad  voneinander  ab- 
stehen. 

Eine  derartige  kreisförmig  begrenzte  Earbentafel  ist 
aus  der  Beilage  II  ersichtlich.  Bei  ihrer  Konstruktion 
wurde  ein  etwas  anderer  Weg  eingeschlagen.  Zunächst 
wurden  vier,  den  Grundfarben  entsprechende  Pigmente 
gewählt,  und  auf  zwei,  sich  unter  einem  rechten  Winkel 
kreuzenden  Geraden  placiert,  die  Kreuzungsstelle  wurde 
als  Schwarz  betrachtet  und  bildet  den  Mittelpunkt  des 
Farbenkreises. 

Als  gelbe  Grundfarbe  wurde  Chromgelb,  wie  man 
es  beim  Mischen  einer  Lösung  von  einfach  chromsaurem 
Kalium  und  Bleizucker  erhält,  gewählt.  Es  besitzt 
weder  einen  grünlichen  noch  rötlichen  Stich,  entspricht 
also  der  an  eine  Grundfarbe  gestellten  Bedingung.  Als 
grüne  Grundfarbe  wurde  Säuregrün  benutzt,  das,  mit 
Gelatine  in  Wasser  gelöst,  auf  Papier  aufgetragen  wird. 
Ein  derartig  gefärbtes  Papier  entspricht  im  Farbenton 
den  knapp  hinter  b gegen  F zu  liegenden  Spektral- 
strahlen und  kann  weder  als  gelb-  noch  als  blaustichig 
bezeichnet  werden. 

Die  beiden  anderen  Grundfarben  müssen  zu  diesen 
komplementär  sein,  und  lassen  sich  mit  Hilfe  des  Farben- 
kreisels leicht  ermitteln.  Von  verschieden  gefärbten 
Papieren  entsprechen  das  mit  Ultramarin  bedruckte  blaue, 
resp.  mit  einer  Mischung  von  Eosin-  und  Erythrosinblei 
überzogene  rote  dieser  Bedingung. 

Sodann  wurde  durch  Mischung  von  Anilinfarbstoffen 
eine  grosse  Zahl  farbiger  Papiere  hergestellt,  die  zur 
Ausfüllung  der  Bäume  zwischen  je  zwei  Grundfarben 
benutzt  wurden.  Nach  einigen  Versuchen  war  es  leicht, 
jene  Farbenproben  auszuwählen,  die  einen  für  das  Auge 
gleichmässigen  Übergang  von  einer  Grundfarbe  zur 
anderen  bildeten. 


70 


Um  über  die  Verteilung  der  Farbstoffe  ein  un- 
gefähres Bild  zu  gewinnen,  sind  in  der  Beilage  II  einige 
Stellen  des  Farbenkreises  mit  der  ihnen  zukommenden 
Farbe  bedruckt.  Den  Umfang  und  das  Innere  des 
Kreises  hat  man  sich  mit  den  entsprechenden  Farben- 
übergängen ausgefüllt  zu  denken. 

So  liegt  z.  B.  in  der  Mitte  zwischen  Bot  und  Gelb 
ein  mittleres  Orange  und  der  Radius  zwischen  Orange 
und  Schwarz  ist  mit  den  Mischungen  dieser  beiden 
Pigmente,  also  mit  getrübter  Orange  übergehend  in 
Braun  und  Schwarzbraun  belegt  zu  denken. 

Die  Sättigung  der  am  Kreisumfang  liegenden  Farben 
ist  derart  anzunehmen,  dass  gleiche  Mengen  diametral 
gegenüberliegender  Pigmente  gemischt  ein  farbloses  Grau 
oder  Schwarz  liefern  und  dass  bei  der  Mischung  von  je 
zwei  Farbstoffen  zu  gleichen  Teilen  ein  Farbenton 
resultiert,  welcher  in  der  Mitte  der  Farben  beider  Kom- 
ponenten liegt. 

Pigmente  gleicher  Reinheit  stehen  gleich  entfernt 
von  Schwarz  und  liegen  daher  in  einem  Kreis  von  ent- 
sprechendem Halbmesser. 

Die  lichtechten,  breitbandigen  Maler-  und  Druck- 
farben zeigen  ein  relativ  schwärzliches  Aussehen,  daher 
sie  dem  Mittelpunkt  Schwarz  der  Farbentafel  entsprechend 
näher  stehen  müssen.  In  diese  Gruppe  von  Farbstoffen 
gehören  die  verschiedenen  gelb-  und  blaustichigen  Krapp- 
lacke, dann  das  Pariserblau,  von  welchen  Proben  in  der 
Farbentafel  verzeichnet  sind.  Die  ausgesprochen  schwärz- 
lichen Nuancen  sind  durch  das  noch  näher  an  Schwarz 
liegende  Braun  und  ein  Grün  vertreten. 

Die  äusserste  Kreislinie  repräsentiert  den  Farbenkreis 
von  Teerfarbstoffen  als  transparente  Gelatinefolien.  Solche 
in  der  Durchsicht  zu  betrachtende  Schichten  zeigen  ein 
ungleich  reineres  Aussehen,  und  aus  diesem  Grunde 
wurden  sie  entfernter  von  Schwarz  angeordnet. 


71 


Durch  Yergleich  solcher  Folien  mit  den  Farben  des 
Spektrums,  in  der  Seite  47  angegebenen  Weise,  wurde 
dann  die  ihrem  Farbenton  entsprechende  Wellenlänge 
ermittelt  und  in  den  Farbenkreis  eingetragen.  Auf  Grund 
dieser  Anhaltspunkte  und  mit  Berücksichtigung  der  An- 
nahme, dass  sich  komplementäre  Wellenlängen  diametral 
gegenüberstehen  müssen,  konnte  schliesslich  eine  voll- 
ständige Wellenlängenskala  am  Kreisumfang  gebildet  werden. 
Sie  reicht  von  640  bis  440  ji  (da  noch  kürzere,  resp. 
längere  Wellenlängen  keine  neuen  Farbenempfindungen 
hervorbringen)  und  gestattet  die  Charakterisierung  der 
Farben  jedes  beliebigen  Pigmentes. 

Wie  aus  der  Farben tafel  zu  entnehmen  ist,  entspricht 
z.  B.  dem  Ultramarin  die  Wellenlänge  468,  dem  Zinnober 
etwa  600  u.  s.  w.,  womit  gesagt  sein  soll,  dass  das  von 
diesen  Pigmenten  reflektierte  Licht,  wenn  man  nur  den 
Farbenton  in  Betracht  zieht,  dieselbe  Empfindung  hervor- 
bringt wie  spektrales  Licht  von  der  Wellenlänge  468, 
resp.  600  |i. 

Mit  Hilfe  dieser  Farbentafel  lassen  sich  nachstehende 
Aufgaben  lösen: 

1.  Da  jede  in  der  Mischfläche  gezogene  Gerade  eine 
Mischlinie  zwischen  den  an  ihren  Endpunkten  liegenden 
Farben  ist,  so  kann  einerseits  das  Resultat  einer  Mischung 
von  zwei  Farbstoffen  bestimmt  werden,  und  anderseits 
lassen  sich  die  für  eine  bestimmte  Mischfarbe  not- 
wendigen Bestandteile  entnehmen. 

Die  Mischung  zweier  Farbstoffe  wird  um  so  schwärz- 
licher, je  weiter  dieselben  im  Farbenkreise  voneinander 
abstehen.  So  enthält  das  aus  Pariserblau  und  Chromgelb 
entstehende  mittlere  Grün,  sogen.  Seidengrün,  etwa 
75  Prozent  Schwarz,  denn  die  beiden  Farbstoffe  stehen 
etwa  150  Grad  voneinander  ab. 

Dasselbe  Grün  wird  daher  erzielt,  wenn  man  1 Teil 
reines  Grün  mit  3 Teilen  Schwarz  mischt.  In  der 


72 


Beilage  I ist  diese  Färb  engl  eichung  graphisch  dargestellt, 
wobei  die  Grösse  der  Farbenflächen  den  Quantitäten  der 
einzelnen  Komponenten  entspricht. 

Beträgt  die  Entfernung  zweier  Farbstoffe  180  Grad, 
liegen  sie  also  diametral  gegeneinander,  so  ergänzen  sie 
sich  zu  Schwarz  und  bei  geringer  Sättigung  zu  Grau.  So 
ist  ersichtlich,  dass  eine  Benzopurpurin - und  Echtgrün- 
folie, übereinander  gelegt,  ein  fast  neutrales  Grau  geben. 

Da  zwei  beliebige,  in  einem  Durchmesser  gelegene 
Farben  komplementär  sein  müssen,  wenn  sie  nur  beider- 
seits des  neutralen  Punktes  liegen,  so  lassen  sich  von 
jeder  Umfangsfarbe  eine  unendliche  Zahl  komplementärer 
Nuancenpaare  ableiten.  Blaugrün  ist  nicht  nur  zu  Rot, 
sondern  auch  zu  Braun,  Gelb  auch  zu  Stahlblau,  Violett 
auch  zu  Olivgrün  komplementär.  Der  Begriff  einer 
Komplementärfarbe  ist  also  ganz  unbestimmt,  sobald  man 
auch  die  Farbennuancen  berücksichtigt. 

Weiter  ist  ersichtlich,  dass  man  z.  B.  die  Farbe  des 
Pariserblau  durch  Mischung  von  Brillantgrün  und  Methyl- 
violett  hervorbringen  kann,  da  es  in  der  Mischlinie  dieser 
Pigmente  liegt,  und  zwar  sind,  entsprechend  seiner  Lage 
in  der  Mitte  dieser  Linien,  etwa  gleiche  Teile  beider 
Farbstoffe  zu  mischen. 

Die  Farbe  des  Berlinerblau  kann  auch  aus  etwa 
8 Teilen  Rhodaminlack  und  5 Teilen  Viridinlack  oder 
durch  Zusatz  von  einem  Fünftel  Indischgelb  zu  Methylen- 
blau-Lack erhalten  werden. 

Das  in  der  Farbentafel  verzeichnete  Braun  ergiebt 
sich  durch  Mischen  von  Violettlack  mit  Chromgelb,  aus 
gelblichem  Rot  mit  Schwarz,  aus  Fluoresceinblei  mit 
Methylenblau -Lack;  es  entsteht  auch,  wenn  mit  Methyl- 
violett und  Pikrinsäure  gefärbte  Folien  übereinander  ge- 
legt werden  u.  s.  w. 

Ebenso  lassen  sich  drei  oder  mehr  Farbstoffe  wählen 
und  ihre  Mengen  bestimmen,  um  eine  Mischung  von 


73 


bestimmter  Farbe  zu  erzielen.  Pariserblau  kann  durch 
Vereinigung  von  7 Teilen  Pfaublau,  1 Teil  Chromgelb 
und  1,8  Teilen  Rhodaminlack  nachgebildet  werden,  und 
soll  das  oben  erwähnte  Seidengrün  aus  Gelb,  Purpur 
und  Blaugrün  gemischt  werden,  so  hat  man  etwa  1 Teil 
Chromgelb  mit  1 Teil  Blaugrün  und  x/2  Teil  Nachtrosa 
zu  vereinen. 

Wie  man  sieht,  lassen  sich  alle  innerhalb  der  Farben- 
tafel liegenden  Farben  in  unendlich  verschiedener  Weise 
durch  Mischung  hersteilen. 

2.  Verbindet  man  drei  bestimmten  Farbstoffen  ent- 
sprechende Punkte,  so  schliesst  das  Dreieck  alle  aus  diesen 
erzielbaren  Mischfarben  ein,  während  ausserhalb  des  Drei- 
eckes liegende  Farben  nicht  zu  erhalten  sind.  Je  grösser 
daher  der  Flächeninhalt  des  Dreieckes,  desto  grösser  die 
Zahl  der  möglichen  Mischfarben.  Drei  Farbstoffe,  deren 
Verbindungslinien  ein  stumpfwinkeliges  Dreieck  bilden, 
können  keine  Schwarz-  oder  Graumischung  geben  u.  s.  w. 

Zieht  man  von  einem  Farbstoff  des  Farbenkreises 
eine  gerade  Linie  durch  den  neutralen  Punkt,  so  findet 
man  jene  Stelle  des  Spektrums,  die  der  „mittleren“ 
Absorption  dieses  Pigmentes  entspricht.  So  entnimmt 
man  z.  B.  für  den  Farbstoff  Nachtrosa  die  mittlere 
Absorption,  sie  entspricht  der  Stelle  D^I^JE  im  Spektrum. 

Aus  diesen  Ausführungen  lässt  sich  der  hohe  Wert 
einer  solchen  geometrischen  Darstellung  des  Farben-, 
resp.  Farbstoff -Mischungsgesetzes  entnehmen.  Weder  der 
Maler,  noch  der  in  Farbenzusammenstellungen  geübte 
Techniker  vermögen  Fragen,  wie  die  eben  aufgeworfenen, 
durch  Überlegung  und  Erfahrung  zu  lösen.  Ein  Blick 
auf  die  Farbentafel  belehrt  uns  über  das  Resultat  der 
kompliziertesten  Mischung,  sie  gewährt  uns  einen  klaren 
Einblick  in  den  gegenseitigen  Zusammenhang  der  Farben 
und  ermöglicht  die  Lösung  aller  auf  Farbenmischung 
Bezug  habender  Probleme.  Ein  solches  Problem  ist  auch 


74 


der  Dreifarbendruck,  und  nur  an  Hand  der  Farbentafel 
ist  eine  rationelle  Behandlung  desselben  möglich. 

Die  spektrale  Mischlinie. 

Streckt  man  den  Farbenkreis  in  eine  gerade  Linie 
aus,  so  erhält  man  ein  Farbenband,  das  sich  — abgesehen 
von  dem  Vorhandensein  der  Purpurtöne  — vom  Spektrum 
dadurch  unterscheidet,  dass  jede  Farbe  den  gleichen 
Raum  einnimmt  und  gleiche  Sättigung  besitzt.  Der  die 
Farben  des  Spektrums  enthaltende  Teil  dieses  Farben- 
bandes ist  in  Fig.  19  dargestellt.  Es  darf  mit  einem 
Spektrum  nicht  verwechselt  werden,  und  die  Fraun- 

BC  D E b F GH 

Ti — i — r 1 1 1 1 — i — i r i — i H — i 1 t — i 

10  600  90  80  70  60  50  40  30  20  10  500  90  80  70  60  450  ~ 

B orange  gelb  .gelb rei  n blau  blau  o 

2 g?un  > 

Fig,  19. 

hof  er  sehen  Linien,  sowie  die  Wellenlängenskala  charakteri- 
sieren lediglich  den  Farbenton  der  betreffenden  Stelle. 
Zieht  man  nur  kürzere  Strecken  des  Bandes  in  Betracht, 
so  entspricht  es  den  Eigentümlichkeiten  einer  Mischlinie 
und  soll  daher  als  „spektrale  Mischlinie“  bezeichnet 
werden. 

Mit  dem  Normalspektrum  steht  diese  Farbenlinie  in 
'einem  gewissen  Zusammenhang:  Wenn  man  nämlich 
annimmt,  dass  im  weissen  Lichte  die  Strahlen  verschiedener 
Wellenlänge  in  gleicher  Menge  Vorkommen,  dass  also 
gleich  viel  Ätherwellen  von  jeder  Schwingungszahl  vor- 
handen sind,  so  repräsentiert  das  Gitterspektrum  eine 
mit  Strahlen  gleichsam  gleichmässig  belastete  Linie,  und 
diese  Eigentümlichkeit  zeigt  auch  die  erwähnte  Misch- 
linie, wenn  man  weiter  annimmt,  dass  zur  Bildung  von 


75 


"Wciss  ans  komplementär  gefärbten  Strahlen  gleiche  Inten- 
sitäten des  Lichtes,  gleiche  Konzentrationen  notwendig  sind. 

Die  Sättigung  der  Farbe  wäre  bei  diesen  Voraus- 
setzungen in  beiden  Fällen  die  gleiche,  nur  ihre  Aus- 
dehnung, daher  auch  ihre  Quantität  ist  verschieden.  Im 
Spektrum  ist  ein  Überschuss  an  Grün  und  Blau,  besonders 
aber  an  Rot  vorhanden,  sonst  könnte  bei  der  Yereinigung  aller 
Spektralstrahlen  nicht  Weiss  resultieren,  und  in  der  Misch- 
liniewird der  Überschuss  dieser  Farben  durch  Purpur  ersetzt. 

Die  oben  gemachte,  vielleicht  nicht  ganz  zutreffende 
Annahme  bezüglich  des  Zusammenhanges  zwischen  der 
Mischlinie  und  dem  Normalspektrum  gewährt  den  Vorteil, 
dass  sich  die  Theorie  der  photographischen  Farbenzer- 
legung höchst  einfach,  ohne  Zuhilfenahme  eines  Experi- 
mentes entwickeln  lässt. 

Der  Vorgang  hierbei  ist  so  klar  und  durchsichtig, 
dass  sich  jede  diesbezügliche  Frage,  mag  sie  scheinbar 
noch  so  kompliziert  sein,  mit  grösster  Leichtigkeit  beant- 
worten lässt. 

Abweichungen  vom  Gesetz  der  Pigmentmischung. 

Bei  der  thatsächlichen  Mischung  von  Farbstoffen 
beobachtet  man  gewisse  Abweichungen  von  der  durch 
•die  Farbentafel  Beilage  II  ausgesprochenen  Gesetzmässig- 
keit, die  etwas  näher  betrachtet  werden  müssen. 

Wie  schon  wiederholt  erwähnt,  ist  das  Gesetz  der 
Strahlenmischung  auf  Pigmente  nur  anwendbar,  wenn  bei 
der  Mischung  der  letzteren  die  Absorptionsbänder  gegen- 
seitig nicht  kollidieren.  Benutzt  man  aber  grüne  Farb- 
stoffe zur  Mischung  mit  Gelb  oder  Blau,  so  ist  diese 
Forderung  nicht  erfüllbar,  weil  erstere  stets  ein  in  spek- 
tralem Blau  und  Gelb  gelegenes  Band  zeigen.  Das 
Absorptionsband  des  gelben  und  blauen  Farbstoffes  fällt 
dann  auf  eine  im  Spektrum  bereits  gedeckte  Stelle  und 
kommt  nur  ungenügend  zur  Geltung. 


76 


Diese  Erwägungen  erklären  die  Thatsacke,  dass  das 
Aussehen  eines  grünen,  ziemlich  satten  Farbstoffes  durch 
Zumischung  mässiger  Mengen  gelber  oder  blauer  Pigmente 
kaum,  oder  doch  nicht  in  dem  Masse  verändert  wird,  wie 
es  das  Mischgesetzt  verlangt. 

Eine  weitere  Unregelmässigkeit  zeigt  sich,  wenn 
man  Gelb  oder  Blaugrün  durch  Pigmentmischungen  her- 
zustellen versucht.  Das  weisse  Licht  enthält,  wie  das 
Spektrum  zeigt,  nur  eine  geringe  Menge  gelber  Strahlen, 
und  ein  Körper  verdankt  seine  gelbe  Farbe  weniger  dieser 
Strahlengattung  als  dem  stets  gleichzeitig  reflektierten 
Rot  und  Grün.  Ein  Orangepigment  reflektiert  aber  keine 
grünen  Strahlen  und  ein  grünes  keine  roten,  daher  in 
der  Mischung  beide  fehlen  müssen  und  kein  Gelb  ent- 
stehen kann.  Das  Absorptionsband  der  Mischung  liegt 
über  den  Komplementärfarben  Rot  und  Blaugrün,  daher 
nur  ein  durch  Schwarz  getrübtes  Gelb,  also  Braun,  ent- 
stehen kann  (Seite  88). 

Die  gleiche  Erscheinung  beobachtet  man  bei  der 
Mischung  von  grünen  und  blauen  Farbstoffen  zu  Blau- 
grün. 

Das  reine  Blaugrün  ist  eine  Farbe,  der  man  selten 
begegnet;  die  Pracht  der  Pfauenfeder  ist  ihr  zu  danken, 
und  der  eigentümliche  Reiz,  den  der  klare  Gebirgsbach 
und  die  Gletscherspalte  auf  uns  ausüben,  ist  nicht  zum 
geringsten  Teile  ihrer  eigentümlichen  Färbung  zuzuschreiben. 
Dieses  Blaugrün  kann  mit  einer  Blau -Grünmischung  nie- 
mals verwechselt  werden  und  unterscheidet  sich  von  dieser 
ebenso  wie  das  reine  Gelb  von  jenem  gelblichbraunen 
Gemisch,  das  wir  aus  Orange  und  Gelbgrün  erhalten. 

Reines  Blaugrün  wird  nämlich  nur  empfunden,  wenn 
der  Körper  nebst  diesen  Strahlen  auch  die  gesamten 
blauen  und  grünen  reflektiert,  und  das  kann  bei  einer 
Mischung,  die  ein  grünes  Pigment  enhält,  nicht  der 
Fall  sein. 


77 


Wie  man  sieht,  hört  also  die  volle  Richtigkeit  der 
Farbentafel  auf,  sobald  Grün  eine  Mischkomponente  bildet. 

Für  alle  anderen  Teile  des  Farbenkreises  lassen  sich 
Pigmente  finden,  bei  deren  Mischung  die  auftretende 
Schwärzlichkeit  dem  durch  die  Farbentafel  ausgesprochenen 
Gesetze  folgt.  Allerdings  begegnet  man  dabei  einer 
eigentümlichen  Erscheinung,  welche  die  Richtigkeit  der 
geometrischen  Darstellung  in  Frage  zu  stellen  scheint. 

Mischt  man  z.  B.  gleiche  Teile  der  120  Grad  von- 
einander abstehenden,  in  a und  c gelegenen  Farbstoffe 
(Fig.  20),  so  resultiert 
das  in  d liegende 
schwärzliche  Grün,  das 
sich  auch  durch  Ver- 
einigung der  reinen  Um- 
fangsfarbe (/mit  Schwarz 
ergiebt.  Da  der  Winkel 
a 8fr  60  Grad  ist,  so  be- 
steht die  Mischfarbe  d 
aus  ungefähr  gleichen 
Teilen  reinem  Grün  und 
Schwarz. 

Diese  Folgerung  der  Theorie  wird  aber  durch  die 
Erfahrung  keineswegs  bestätigt,  da  man  aus  Blaugrün 
und  Gelb  ein  recht  reines  Grün  zu  mischen  vermag. 
Wir  begegnen  hier  einem  Widerspruch  zwischen  Theorie 
und  Erfahrung,  der  sich  aber  durch  den  Umstand  auf- 
klärt, dass  der  Zusatz  von  Schwarz  zu  einem  reinen 
Farbstoff  nicht  proportional  dem  Mischungsverhältnis 
empfunden  wird. 

Die  gleiche  Erscheinung  kann  man  bei  Mischungen 
von  Weiss  mit  Schwarz  beobachten.  Bei  einem  Zusatz 
von  10  bis  20  Prozent  Schwarz  empfinden  wir  kaum 
eine  wesentliche  Verdunkelung,  wenn  nicht  ein  rein 
weisses  Objekt  zum  Vergleich  benutzt  wird;  eine  Kreisel- 


roth 


78 


mischung  von  gleichen  Teilen  Weiss  nnd  Schwarz  er- 
scheint uns  hellgrau  und  keineswegs  in  der  Mitte  zwischen 
Weiss  und  Schwarz  liegend,  und  erst  eine  Mischung  von 
etwa  20  Teilen  Weiss  mit  80  Teilen  Schwarz  bezeichnen 
wir  als  „ mittleres  “ Grau. 

Ganz  anders  verhält  sich  in  dieser  Beziehung  eine 
weisse  Eläche,  die  mit  einem  zarten  Linien-  oder  Punkt- 
netz überzogen  wird.  Eine  solche  Eläche  erscheint  in 
der  durch  das  Yerhältnis  „Weiss  : Schwarz “ bedingten 
Helligkeit,  sie  macht  also  z.  B.  den  Eindruck  eines 
mittleren  Grau,  wrenn  die  schwarzen  Linien  gleich  den 
weissen  Zwischenräumen  gewählt  werden. 

Offenbar  handelt  es  sich  hier  um  einen  Unterschied 
zwischen  objektiver  Helligkeit  und  subjektiver  Em- 
pfindung. Bei  der  Betrachtung  der  liniierten  oder  punk- 
tierten Eläche  wird  ein  Teil  der  Netzhaut  unseres  Auges 
durch  die  schwarzen  Elemente  von  der  Weissempfindung 
ausgeschaltet,  daher  der  Reiz  der  thatsächlich  vorhandenen 
Menge  Weiss  entspricht,  während  uns  die  Helligkeits- 
unterschiede homogener  Grundtöne  nicht  proportional 
ihrem  Weissgehalt  erscheinen. 

Eechner  hat  bekanntlich  den  gesetzmässigen  Zu- 
sammenhang zwischen  der  objektiven  Helligkeit  und  der 
subjektiven  Empfindung  klargestellt.  Barch  einen  Ver- 
gleich von  Rastertönen  mit  homogenen  grauen  .Kreisel- 
mischungen konnte  die  Richtigkeit  des  Eechn ersehen 
Gesetzes  direkt  bestätigt  werden. 

Zu  diesem  Zwecke  wurde  auf  Papier  durch  ver- 
schieden starke  schwarze  Linien  eine  Skala  von  fünf 
verschiedenen  Helligkeiten  hergestellt,  wobei  die  Breite 
der  Linien  zwischen  0,05  und  0,40  mm  variierte  und 
durch  Messung  der  Linienbreite,  und  der  Zwischenräume 
konnte  die  Helligkeit  der  Rastertöne  ermittelt  werden. 
Sodann  wurden  am  Kreisel  mit  Hilfe  einer  weissen  und 
schwarzen  Papierscheibe  die  Helligkeiten  dieser  Linien- 


79 


töne  nachgebildet,  die  Winkel  der  weissen  Sektoren  ge- 
messen und  daraus  die  Helligkeit  des  homogenen  Grau 
gerechnet. 

Die  Rastertöne  wurden  dabei  aus  solcher  Entfernung 
betrachtet,  dass  die  Linien  noch  vollständig  sichtbar 
waren;  die  Fläche  erscheint  zwar  nicht  homogen,  bei 
einiger  Übung  und  mehrmaliger  Wiederholung  des  Ver- 
suches gelingt  aber  der  Vergleich  ohne  besondere  Schwierig- 


keiten. Die  objektive  Helligkeit  des  am  Kreisel  gebildeten 
Grau  ist  aus  seiner  Zusammensetzung  bekannt,  und  aus 
der  Rasterfläche  von  gleicher  Helligkeit  erfahren  wir  die 
subjektive  Empfindung. 

Das  Resultat  derartiger  Versuche  ist  in  Fig.  21 
graphisch  dargestellt.  Als  Abscissen  sind  die  objektiven 
Helligkeiten  der  Kreiselmischungen  und  als  Ordinaten 
die  zugehörigen  subjektiven  Empfindungen  aufgetragen. 
Wären  subjektive  und  objektive  Helligkeit  einander  gleich, 
so  müsste  für  ihren  Zusammenhang  die  Gerade  oa  resul- 
tieren, denn  es  müsste  dann  z.  B.  der  Kreiselhelligkeit 


80 


0,5  ein  Rasterton  von  gleichen  Teilen  Schwarz  und 
Weiss  entsprechen. 

Die  aus  der  Figur  ersichtliche  Kurve  zeigt  das  Aus- 
sehen einer  logarithmischen  Linie,  daher  die  subjektive 
Helligkeitsempfindung  in  logaritbmischer  Progression  mit 
der  objektiven  Helligkeit  wächst. 

Ein  Grau  z.  B.,  das  aus  3,5  Teilen  Weiss  und 
6,5  Teilen  Schwarz  besteht,  sehen  wir  mehr  als  noch 
einmal  so  hell,  als  es  sein  sollte,  und  von  dem  Schwarz- 
gehalt einer  Mischung  von  gleichen  Teilen  Schwarz  und 
Weiss  nehmen  wir  nur  den  vierten  Teil  wahr. 

Auf  der  Beilage  I sind  drei  Grautöne  mit  75,50  und 
25  Prozent  Schwarz  ersichtlich,  welche  die  erwähnte 
Eigentümlichkeit  solcher  Mischungen  in  klarer  Weise 
zeigen. 

Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass  auch  hei  der  Mischung 
von  Schwarz  mit  den  Farbstoffen  ähnliche  Erscheinungen 
auftreten  müssen,  wobei  allerdings  noch  zu  entscheiden 
wäre,  inwiefern  das  Gesetz  durch  die  Helligkeit  der 
Farbe  beeinflusst  wird. 

Jedenfalls  sind  aber  diese  Verhältnisse  von  grösster 
Bedeutung  für  die  Farbstoffmischungen,  weil  nur  ein 
Teil  ihres  Schwarzgehaltes  zur  Wahrnehmung  gelangt,  sie 
also  reiner  erscheinen,  als  sie  es  thatsäehlich  sind. 

Das  aus  gleichen  Teilen  Pariserblau  und  Chromgelb 
entstehende  Grün  enthält  nach  dem  Farbenmischgesetz 
etwa  3/4  Schwarz  (Seite  71).  Würde  unsere  Empfindung 
dem  Mischungsgesetze  folgen,  so  könnte  bei  Vereinigung 
dieser  Farbstoffe  nur  ein  grünstichiges  Grau  entstehen, 
da  aber  bei  75  Prozent  Schwarz  nicht  die  subjektive 
Helligkeit  0,25,  sondern  0,64  resultiert,  so  tritt  die 
Schwarzempfindung  derart  zurück,  dass  das  gemischte 
Grün  noch  hinreichend  rein  erscheint. 

Für  zwei  im  Farbenkreise  120  Grad  voneinander 
abstehende  Pigmente  liegen  die  Verhältnisse  noch  günstiger. 


81 


Der  Schwarzgehalt  der  mittleren  Mischfarbe  beträgt,  wie 
oben  dargethan  wurde,  52  Prozent,  und  sie  sollte  eigent- 
lich eine  zwischen  der  Parbe  und  Schwarz  in  der  Mitte 
gelegene  Empfindung  hervorrufen.  Das  ist  aber  keines- 
wegs der  Fall,  denn  eine  Mischung  mit  52  Prozent 
Schwarz  zeigt  die  subjektive  Helligkeit  von  fast  0,9,  es 
scheint  daher,  als  ob  sie  nur  mit  10  Prozent  Schwarz 
verunreinigt  wäre.  Wir  erhalten  daher  eine  Grünnuance, 
die  dem  Aussehen  nach  nicht  im  Punkte  d der  Farben- 
tafel (Fig.  20),  sondern  in  e,  also  viel  weiter  entfernt 
von  Schwarz  liegt. 

Bestimmt  man  in  gleicher  Weise  die  subjektive 
Reinheit  aller  in  der  Mischlinie  ac  liegenden  Farben,  so 
erhält  man  die  Kurve  aec , in  der  sie  zufolge  ihres  Aus- 
sehens anzuordnen  wären. 

Die  bei  der  Mischung  von  Pigmenten  entstehenden 
Farben  erscheinen  uns  also  viel  reiner  als  sie  es  that- 
sächlich  sind,  und  aus  den  in  den  Punkten  a,  b und  c 
liegenden  Farbstoffen  lassen  sich  nicht  nur  die  innerhalb 
des  Dreieckes  abc  befindlichen  Farben  erzielen,  sondern 
alle  von  den  Kurven  e,  f und  h umschlossenen  Nuancen 
sind  durch  ihre  Mischung  zu  erhalten.  Ohne  diese 
Eigentümlichkeit  unserer  Empfindung  wäre  die  Technik 
des  Malens,  sowie  die  Ausführung  des  Farbendruckes 
gar  nicht  möglich. 


von  Hübi,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl. 


6 


II.  Abschnitt. 

Theorie  und  Praxis  des  Dreifarben- 
druckes. 


Sollen  bei  der  Reproduktion  eines  farbigen  Gegen- 
standes nur  drei  Farbstoffe  zur  Verwendung  gelangen, 
so  muss  ihnen,  wenn  thunlichste  Originaltreue  erzielt 
werden  soll,  eine  ganz  bestimmte  Beschaffenheit  zukommen. 
Sie  sind  offenbar  derart  zu  wählen,  dass  eine  thunlichst 
grosse  Zahl  möglicher  Mischfarben  resultiert. 

Erst  wenn  diese  Wahl  getroffen  ist,  kann  an  die 
entsprechende  Zerlegung  der  Originalfarben  auf  photo- 
graphischem Wege  geschritten  werden.  Die  Farben  wähl 
ist  also  ganz  unabhängig  vom  photographischen  Prozess, 
dagegen  steht  dieser  im  engsten  Zusammenhänge  mit  der 
getroffenen  Wahl,  denn  ihm  kommt  die  Aufgabe  zu,  das 
Original  in  drei  monochrome  Teilbilder  von  der  Farbe 
der  gewählten  Pigmente  zu  spalten. 

A.  Die  theoretische  Grundlage  des  Dreifarben- 
druckes. 

Die  Theorie  des  Dreifarbendruckes  gliedert  sich  in 
zwei  Teile.  Der  erste  befasst  sich  mit  der  Wahl  eines 
passenden  Farben  Systems,  der  zweite  beschäftigt  sich  mit 
der  Herstellung  der  Negative. 

a)  Die  Wahl  der  Farben. 

Um  mit  Hilfe  von  drei  Farbstoffen  eine  thunlichst 
grosse  Zahl  von  Mischfarben  zu  erzielen,  muss  das  der 


83 


Farbentafel  eingeschriebene  Mischdreieck  einen  möglichst 
grossen  Flächeninhalt  aufweisen;  man  hat  also  Farb- 
stoffe zu  wählen,  die  weit  von  Schwarz  abstehen  und 
deren  Yerbindungslinien  ein  gleichseitiges  Dreieck  er- 
geben. 

Die  erste  Forderung  drängt  zu  der  Verwendung  der 
reinen,  feurigen  Pigmente  aus  dem  Kreise  der  Teerfarb- 
stoffe, und  um  die  zweite  zu  erfüllen,  hat  man  drei  in 
gleichen  Abständen  auf  der  Kreisperipherie  liegende  Farb- 
stoffe zu  wählen. 

Die  Wahl  schmalbandiger  Farbstoffe  ist  aber  auch 
geboten,  weil  nur  diese  bei  ihrer  Vereinigung  dem  Farben- 
mischungsgesetz folgen  und  von  den  durch  breite  Ab- 
sorptionsbänder bedingten,  nicht  vorauszusehenden  Un- 
regelmässigkeiten frei  sind. 

Wenn  die  Mischung  eines  roten  und  blauen  Farb- 
stoffes statt  violett  braun  erscheint,  was  z.  B.  bei  Zinnober 
und  Ultramarin  der  Fall  ist,  so  sind  sie  für  den  vor- 
liegenden Zweck  gewiss  nicht  verwendbar. 

Je  drei  im  Farbenkreise  120  Grad  voneinander  ab- 
stehende, schmalbandige  Pigmente  würden  also  ein  für 
den  Dreifarbendruck  brauchbares  Farbensystem  bilden, 
und  es  wäre  eine  unendliche  Zahl  solcher  theoretisch 
gleichwertiger  Systeme  möglich. 

Da  aber,  wie  Seite  76  gezeigt  wurde,  Gelb  durch 
Pigmentmischung  nicht  hergestellt  werden  kann,  so  muss 
dieses  eine  der  drei  Grundfarben  bilden. 

Mit  dieser  Annahme  ist  auch  das  einzig  theoretisch 
richtige  Farbensystem  vollkommen  bestimmt,  da  sich  die 
beiden  anderen,  120  Grad  von  Gelb  entfernten  Farbstoffe 
mit  Blaugrün  und  Purpur  ergeben. 

Das  diesen  Tönen  entsprechende  Dreieck  ist  in  der 
Farbentafel  (siehe  Beilage  II)  eingezeichnet;  wie  ersicht- 
lich, entspricht  es  den  Farbstoffen:  Kadmiumgelb,  dann 
dem  zwischen  Rose  bengale-  und  Erythrosin -Blei  liegenden 

6* 


84 


Nachtrosa,  und  einem  zwischen  Pfaublau  und  Viridingrün 
gelegenen  Farbstoff. 

Ein  allzu  peinliches  Einhalten  dieser  Töne  ist  nicht 
nötig,  weil  geringe  Abweichungen  im  Farbenton  ohne 
Einfluss  auf  den  Inhalt  des  Farbendreieckes  sind.  Das 
Gelb  muss  jedoch  unbedingt  richtig  gewählt  werden  und 
darf  keineswegs  rotstichig  sein,  da  sonst  neutral  reines 
Gelb,  das  durch  Mischung  nicht  zu  erzielen  ist,  fehlen  wnirde. 

Inwiefern  es  möglich  ist,  mit  diesen  drei  Farbstoffen 
alle  in  einem  Gemälde  vorhandenen  Farbentöne  und 
Nuancen  wiederzugeben,  lehrt  gleichfalls  die  Farbentafel. 
Weder  in  der  Natur,  noch  in  einem  Gemälde  begegnen 
wir  jenen  reinen  Tönen,  wie  sie  uns  in  den  Teerfarb- 
stoffen zur  Verfügung  stehen.  Der  Maler  verwendet  nur 
ausnahmsweise  seine  reinen  Farbstoffe,  er  arbeitet  in  der 
Regel  mit  gemischten,  also  unreinen  Farben,  und  das 
Gemälde  verdankt  seine  leuchtende  Farbenpracht  nicht 
der  Verwendung  greller  Farbstoffe,  sondern  der  Kontrast- 
wirkung, die  durch  Nebeneinanderst  eilen  der  Farben  zu 
stände  kommt.  Die  üblichen  Maler-  und  Druckfarben 
werden  von  dem  kleineren  Kreise,  auf  dessen  Umfang 
Pariserblau  und  Krapplack  placiert  ist,  ein  geschlossen,  und 
da  dessen  Inhalt  fast  ganz  in  das  angenommene  Farben- 
dreieck fällt,  so  müssen,  bei  Berücksichtigung  des  Um- 
standes, dass  uns  die  Mischfarben  viel  reiner  erscheinen, 
als  sie  es  thatsächlich  sind,  die  gewälten  Grundfarben 
für  die  Wiedergabe  aller  in  einem  Gemälde  vorhandenen 
Farben  vollkommen  ausreichen. 

Noch  günstiger  gestalten  sich  diese  Verhältnisse  bei 
transparenten  Dreifarbenbildern,  die  durch  Uebereinander- 
legen  gefärbter  Gelatinefolien  hergestellt  werden,  da  den 
Farben  solcher  Folien  der  äussere  Kreis  entspricht  (Seite  70). 

Wählt  man  als  Grundfarben  für  Transparentbilder: 
Naphtholgelb,  Erythrosin  und  Echtgrün,  so  umschliesst 
das  Farbendreieck  reichlich  alle  Natur-  und  Malerfarben. 


85 


Gegenwärtig  benutzt  man  für  den  Dreifarbendruck 
keine  Teerfarbstoffe,  sondern  trachtet,  mit  lichtechten 
Druckfarben  das  Auslangen  zu  finden,  und  wählt  zu 
diesem  Zwecke  meist  die  Farbstoffe:  Chromgelb,  Krapp- 
lack und  Pariserblau.  Dieser  Kombination  entspricht,  wie 
die  Farbentafel  zeigt,  ein  kleines,  bezüglich  der  violetten 
und  grünen  Mischfarben  ungünstig  gestaltetes  Farben- 
dreieck. Jeder  Maler  würde  den  Versuch,  mit  diesen 
drei  Farben  ein  Bild  zu  kopieren,  als  undurchführbar 
ablehnen,  denn  die  Erfahrung  lehrt  ihn,  dass  bei  ihrer 
Mischung  nur  schmutzige  Töne  zu  stände  kommen.  Und 
doch  will  man  mit  diesen  Farbstoffen  einen  Originaltreuen 
Dreifarbendruck  erzwingen. 

Bei  der  Ausführung  dieses  Verfahrens  hat  man  es 
eben  mit  so  vielen  Fehlerquellen  zu  thun,  dass  man, 
wenn  die  einzelnen  Phasen  des  Prozesses  nicht  strenge 
auseinandergehalten  werden,  nur  zu  leicht  falsche  Schlüsse 
zieht.  So  sucht  man  vielleicht  das  ungünstige  Resultat 
infolge  schlecht  gewählter  Grundfarben  im  photographischen 
Prozess  und  jagt  dann  ganz  unerreichbaren  Phantomen  nach. 

Im  Dreifarbendruck  müssen  die  Intensitäten  der  drei 
monochromen  Drucke  den  Seite  70  präzisierten  Einheiten 
entsprechen;  die  Farben  müssen  im  Gleichgewichte  sein, 
keine  darf  auf  Kosten  der  anderen  zurückgesetzt  er- 
scheinen. Volle  rote  und  gelbe  Töne  müssen  ein  für 
unser  Auge  in  der  Mitte  liegendes  Orange  geben,  das 
volle  Rot  und  Blau  und  das  volle  Gelb  und  Blau  müssen 
sich  zu  mittlerem  Violett,  resp.  Grün  vereinen.  Gleich- 
zeitig sollen  die  Farbstoffschichten,  übereinandergelegt, 
sich  zu  neutralem  Schwarz  ergänzen. 

Diesen  Bedingungen  entsprechen  nur  drei  im  Farben- 
kreis symmetrisch  angeordnete  Pigmente,  denn  der  Schwer- 
punkt des  in  den  Ecken  gleichmässig  belasteten  Farben- 
dreieckes liegt  dann  im  neutralen  Punkt  des  Farben- 
kreises. 


86 


Wählt  man  aber,  wie  in  Fig.  22,  drei  ungleich  weit 
voneinander  abstehende  Pigmente  B1  R und  (x,  und  ent- 
spricht s dem  Mittelpunkte  des  Farbenkreises,  also  der 
Lage  von  Schwarz,  so  erhält  man  bei  der  Mischung  gleicher 
Teile  Grundfarben  statt  Schwarz  ein  Kotbraun  von  der 
Farbe  «,  da  bei  gleicher  Belastung  der  Punkte  B , R , G 
der  Schwerpunkt  des  Systems  in  diesem  Punkte  liegt. 

Soll  aus  diesen  Farben  Schwarz,  resp.  Grau  ent- 


farbendruckes  fehlt  Rot,  und  wahrt  man  das  Farben- 
gleichgewicht, so  muss  man  eine  Verschiebung  der  schwärz- 
lichen Nuancen  in  den  Kauf  nehmen.  Statt  neutralem 
Grau  wird  dann  ein  bräunliches  Grau  entstehen,  und 
ersteres  wird  dort  auftreten,  wo  grünliches  Grau  zu  stände 
kommen  sollte. 

Derartige  Erscheinungen  müssen  bei  der  Wahl  von 
Gelb,  Krapplack  und  Pariserblau  als  Druckfarben  auf- 
treten, und  thatsächlich  zeigen  die  jetzt  üblichen  Drei- 
farbendrucke beim  ersten  Andruck  stets  ein  aus- 
gesprochenes Braun  an  Stelle  des  Grau.  Da  man  jedoch 
durch  Ausnutzung  des  Überdeckungsfehlers  und  durch 


stehen,  so  muss  die  Quantität  Kot 

R 


auf  etwa  die  Hälfte 
restringiert  werden. 
Man  hat  1 B -j-  1 G 
-j-  4/7  R zu  mischen. 


B 


ungen,  dennreduziert 
man  die  Intensität 
des  Rotdruckes,  so 
entsteht  zwar  Grau 
und  Schwarz  an  rich- 
tiger Stelle,  aber  im 
Kolorit  des  Drei- 


B R G entsprechen 
somit  nicht  den  oben 
gestellten  Beding - 


Die  drei  Farben 


Fig.  22. 


87 


Retouche  die  erwähnte  Unvollkommenheit  grösstenteils 
zu  korrigieren  vermag,  so  ist  das  lichtechte  Farbensystem: 
Chromgelb -Krapplack -Pariserb]  au  keineswegs  gänzlich  zu 
verwerfen,  denn  die  Vorteile  einer  lichtechten } für  den 
Druck  sich  gut  eignenden  Farbe  sind  von  zu  grosser 
Bedeutung  für  die  Praxis. 

Wir  müssen  uns  aber  klar  darüber  sein,  welche 
Fehler  wir  mit  dieser  Farbenwahl  in  den  Kauf  nehmen. 
Und  wenn  das  scheinbare  Übermass  an  Rot  das  reine 
Grün  und  Blau  verdirbt,  und  anderseits  statt  Rot  nur 
Orange  entsteht,  wenn  wir  kein  Schwarz  und  Grau  er- 
zielen können,  ohne  das  Gleichgewicht  aller  Farbeu  zu 
stören,  wenn  die  Negative  trotz  der  vorzüglichsten  Filter 
nicht  das  richtige  Aussehen  zeigen  wollen,  so  sollen  wir 
den  Fehler  dort  suchen,  wo  er  wirklich  liegt,  und  nicht 
vielleicht  Ideen  über  eine  unmögliche  Farbentrennung 
nach  jagen. 

Man  benutzt  daher  gegenwärtig  zwei  Grundfarben- 
systeme, welche  die  Basis  für  die  weiteren  Ausführungen 
bilden  sollen: 

a)  das  theoretisch  richtige  Dreifarbensystem:  Gelb, 

Purpur  und  Blaugrün,  welchem  die  Druckfarben 
Kadmium-  oder  helles  Chromgelb,  Nachtrosa  und 
grünstichiges  Pfaublau  entsprechen,  und 

b)  das  lichtechte  Farbensystem,  repräsentiert  durch  die 
Farbstoffe:  Gelb,  Krapplack  und  Pariserblau. 

Die  Beilage  I zeigt  die  beiden  Farbensysteme  und 
die  beim  Übereinanderdruck  sich  ergebenden  Mischfarben. 

Das  theoretisch  richtige  System  findet  in  der  Praxis 
des  Dreifarbendruckes  keine  Verwendung,  da  es  bisher 
nicht  gelungen  ist,  derartige  lichtechte  Farbstoffe  her- 
zustellen; es  kommt  aber  bei  der  Färbung  der  Teilbilder 
für  Dreifarben -Transparentbilder  zur  Anwendung. 

Das  aus  der  Beilage  I ersichtliche  Gelb  und  Rot 
entsprechen  in  jeder  Beziehung,  dem  Blaugrün  fehlt  aber 


88 


die  volle  Reinheit,  daher  auch  seine  Mischling  mit  Gelb 
nicht  jenes  tadellose  Grün  giebt,  wie  es  die  Theorie 
fordert. 

Das  zweite  Farbensystem  zeigt  jene  Druckfarben, 
die  man  benutzen  muss,  wenn  unbedingte  Lichtechtheit 
gefordert  wird.  Sie  geben  aber  nur  ein  schmutziges 
Grün  und  Orange,  zeigen  die  sonstigen  schon  oben  be- 
sprochenen Fehler  und  fordern  daher  stets  eine  ausgiebige 
Retouche  der  Druckplatten,  wobei  insbesondere  die  Rot- 
platte eine  eingehende  Korrektur  erfahren  muss. 

Allerdings  darf  man  nicht  glauben,  dass  bei  Be- 
nutzung richtiger  Farben  die  Retouche  gänzlich  entfällt, 
denn  der  Überdeckungsfehler,  sowie  die  jeder  photo- 
mechanischen Druckform  anhaftenden  Mängel  lassen  eine 
manuelle  Nachhilfe  nicht  entbehren. 

Yiel  Verwirrung  hat  seiner  Zeit  das  Schlagwort 
von  der  „Unreinheit“  der  Pigm entfärben  verursacht.  So 
soll  eine  richtige  Wiedergabe  der  Farbe  durch  den  Drei- 
farbendruck nicht  möglich  sein,  weil  die  Farbe  der  Pig- 
mente, im  Gegensätze  zu  den  Spektralfarben,  „unrein“ 
ist.  Dabei  wTird  der  Ausdruck  „Unreinheit“  bald  für  die 
Schwärzlichkeit,  bald  für  die  Gegenwart  verschieden- 
farbiger Strahlen  im  reflektierten  Lichte  gebraucht. 

Die  Schwärzlichkeit  unserer  Farbstoffe  kann  lediglich 
zur  Folge  haben,  dass  die  im  Dreifarbendruck  vorhandenen 
Mischfarben  schwärzlicher  als  jene  im  Originale  erscheinen, 
auf  die  Richtigkeit  der  Farbe  selbst,  also  auf  den  Farben- 
ton, ist  sie  ganz  ohne  Einfluss.  Der  Umstand  dagegen, 
dass  z.  B.  das  Chromgelb  nebst  den  gelben  auch  rote  und 
grüne  Strahlen  aussendet,  ist  ohne  jede  Bedeutung  für 
die  theoretische  Möglichkeit  des  Dreifarbendruckes.  Auch 
das  farbige  Glas  lässt  nur  gemischtes  Licht  durch,  und 
doch  verhält  sich  dieses  bei  der  Mischung  genau  so  wie 
spektrale  Lichtstrahlen,  dann  das  durch  eine  gelbe  Glas- 
scheibe fallende  Licht,  das  aus  roten,  gelben  und  grünen 


89 


Strahlen  besteht,  zeigt  bei  der  Farbenmischung  ganz 
dasselbe  Verhalten,  wie  das  spektrale  Gelb. 

Schliesslich  mögen  noch  der  Farbenwahl  für  die 
Bilder  des  Photochromoskopes  und  der  polychromen 
Projektion  einige  Worte  gewidmet  werden.  Bei  diesen 
Verfahren  entstehen  die  Bilder  durch  Mischung  farbiger 
Lichter,  daher  man  das  Grundfarbensystem  aus  einer 
für  solche  Mischungen  geltenden  Farbentafel  zu  ent- 
nehmen hat. 

Diese  Farbentafel  unterscheidet  sich  von  der  früheren 
lediglich  dadurch,  dass  der  neutrale  Punkt  durch  Weiss 
gebildet  wird,  dass  daher  das  Innere  des  Farbenkreises 
mit  weisslichen  Nuancen  der  Umfangsfarben  ausgefüllt 
ist.  Die  Grundfarben  müssen  wieder  je  120  Grad  von- 
einander abstehen,  daher  auch  in  diesem  Falle  unendlich 
viele,  theoretisch  gleichwertige  Farbensysteme  möglich 
sind.  Würde  man  die  für  den  Dreifarbendruck  gewählte 
Kombination  Gelb,  Purpur,  Blaugrün  benutzen,  so  würde 
sich  ein  wenig  gesättigtes,  sehr  weissliches  Blau  als  Misch- 
farbe ergeben.  Blau  ist  aber  die  spezifisch  dunkelste 
Farbe  und  muss  satt  erscheinen,  Blau  muss  daher  eine 
der  drei  Grundfarben  bilden.  Mit  dieser  Annahme  er- 
geben sich  die  beiden  anderen  Farben:  Bot  und  Grün. 
Je  nach  dem  Farbenton  des  gewählten  Blau  entsprechen 
dann  die  Grundfarbensysteme:  Ultramarinblau,  Spektralrot 
und  Gelblichgrün,  oder:  Violettblau,  Botorange  und 

Beingrün.  Es  sind  dies  jene  Kombinationen,  die  von 
Ives,  Vidal  u.  a.  für  den  in  Bede  stehenden  Zweck 
verwendet  werden. 

b)  Der  photographische  Prozess. 

Die  Wahl  der  für  den  Dreifarbendruck  geeigneten 
Pigmente  wird  lediglich  durch  das  Farbenmischungs-Gesetz 
bestimmt,  und  es  ist  Aufgabe  der  Photographie,  die  Negative 
entsprechend  den  gewählten  Farbstoffen  herzustellen. 


90 


Wenn  sich  der  Ausführung  des  photographischen 
Prozesses,  wie  ihn  eine  bestimmte  Druckfarbe  verlangt, 
unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegenstellen  sollte, 
so  musste  schon  bei  der  Earbenwahl  auf  diesen  Umstand 
Rücksicht  genommen  werden. 

Dieser  innige  Zusammenhang  zwischen  Druckfarbe 
und  Herstellung  des  Negativs  muss  sich  auf  theoretische 
Erwägungen  stützen  und  streng  aufrecht  erhalten  werden, 
denn  das  planlose  Versuchen  führt  selten,  am  wenigsten 
über  beim  Dreifarbendruck,  zu  dem  gewünschten  Ziele. 

Die  Photographie  hat  drei  Negative  von  solcher 
Beschaffenheit  zu  liefern,  dass  die  mit  den  gewählten 
Farbstoffen  hergestellten  Kopieen,  tibereinandergelegt,  die 
Farben  des  Originales  wiedergeben.  Man  erzielt  solche 
Negative  dadurch,  dass  man  bei  jeder  der  drei  Aufnahmen 
nur  gewisse  farbige  Strahlen  auf  die  photographische 
Platte  zur  Wirkung  gelangen  lässt,  die  anderen  aber 
von  der  Mitwirkung  bei  der  Erzeugung  des  Bildes  aus- 
schliesst. 

Das  für  die  Erzeugung  der  roten  Kopie  bestimmte 
Negativ,  das  kurz  als  „Rotdruck -Negativ“  bezeichnet 
werden  soll,  muss  die  Stellen  des  Originals,  deren  Farbe 
jener  des  gewählten  roten  Pigmentes  entspricht,  ungedeckt 
offen  enthalten,  und  jene  Originalfarben,  welche  sich  durch 
Mischung  aus  Rot  mit  den  beiden  anderen  Farbstoffen 
ergeben  sollen,  müssen  entsprechend  der  notwendigen 
Menge  Rot  mehr  oder  weniger  gedeckt  erscheinen.  Es 
ist  also  der  vom  roten  Farbstoff  reflektierte  Strahlen- 
anteil von  der  Wirkung  auf  die  photographische  Platte 
auszuschalten,  und  es  haben  sich  nur  jene  Strahlen  an 
der  Erzeugung  des  Bildes  zu  beteiligen,  die  im  reflek- 
tierten Lichte  dieses  Pigmentes  fehlen.  In  diesem  Lichte 
fehlen  aber  die  vom  Farbstoff  absorbierten  grünen  Strahlen, 
daher  man  diese  zur  Bild -Erzeugung  zu  verwenden  hat. 
Die  photographische  Platte  muss  daher  ohne  Zweifel  grün- 


91 


empfindlich  sein.  Die  gleichen  Erwägungen  führen  zu 
dem  Resultat,  dass  man  für  die  Herstellung  des  Gelb- 
druck- und  Blaudruck -Negativs  Platten  zu  benutzen  hat, 
welche  für  die  komplementären  Strahlengattungen  der 
gewählten  Pigmente  empfindlich  sind. 

So  unzweifelhaft  richtig  diese  Anschauung  ist,  liefert 
sie  uns  doch  noch  keine  präzise  Vorschrift  für  die  Her- 
stellung der  Negative,  denn  es  ist  fraglich,  oh  die  bild- 
erzeugenden grünen  Strahlen  nur  aus  einfachem  grünen 
Licht,  oder  aber  einem  Lichtgemisch  bestehen  sollen,  in 
beiden  Fällen  können  sie  zur  Farbe  des  roten  Pigmentes 
komplementär  sein.  Wollte  man  aus  dem  Absorptions- 
band des  roten  Farbstoffes  auf  die  notwendige  Sensi- 
bilisierung schliessen,  so  entsteht  wieder  die  Frage,  ob 
die  photographische  Platte  nur  für  einen  Teil  oder  für 
das  ganze  Band  zu  sensibilisieren  ist,  in  beiden  Fällen 
würde  sie  der  Bedingung,  für  die  reflektierten  Strahlen 
desselben  unempfindlich  zu  sein,  entsprechen. 

Wie  man  sieht,  führen  derartige  Überlegungen 
zu  keinem  Ziele,  und  die  Frage  nach  der  Platten- 
sensibilisierung ist  ein  kompliziertes  Problem,  das  bisher 
noch  keine  theoretisch  ganz  einwandfreie  Lösung  er- 
fahren hat. 

Die  nachfolgenden  Ausführungen  trachten  diese  Frage 
mit  einer  für  die  Praxis  ausreichenden  Genauigkeit  zu 
lösen ; sie  sollen  den  Zusammenhang  zwischen  Druckfarbe 
und  Plattensensibilisierung  klarstellen  und  allgemein  ver- 
wendbare Vorschriften  für  die  Farbenzerlegung  auf- 
photographischem Wege  liefern. 

Jeder  wiederzugebenden  Farbe  des  Originales  kommt 
ein  bestimmtes  Absorptionsband  zu,  welches  für  die  Eigen- 
tümlichkeit der  Farbenempfindung  massgebend  ist.  Dieses 
Band  ist  im  Dreifarbendruck  durch  drei  den  gewählten 
Grundfarben  entsprechende  Absorptionsbänder,  deren 


92 


Intensität  variiert  werden  kann,  derart  zn  ersetzen,  dass 
eine  gleiche  Farbenempfindung  resultiert.  Diese  Aufgabe 
ist  mit  Hilfe  des  Farbenmiscbungs- Gesetzes  leicht  zu 
lösen. 

B 

BC  D 


10  600  90  80  70  60  50  40  30  20  10  500  90  80  70  60  «0 


50  40  30  20  10  600  90  80  70  60  50  40  30  20  10  500  90  80  70  60  50  40  30 


In  vorstehender  Fig.  23  sei  I das  Absorptionsband 
des  zu  kopierenden  Originalfarbstoffes  bei  jener  Yerteilung 
der  Farben,  wie  sie  die  Seite  74  besprochene  spektrale 
Mischlinie  zeigt,  H,  B und  G entsprechen  den  mittleren 
Absorptionen  der  gewählten  Grundfarben  Blau,  Rot  und 
Gelb.  Diese  Ausdrücke  werden  hier,  sowie  auch  später 
der  Kürze  wegen  für  die  Bezeichnung  der  Grundfarben 


93 


benutzt,  und  man  bat  sich  daher  unter  Blau  und 
Rot  eventuell  das  gewählte  Blaugrün  und  Purpur  vor- 
zu  stellen. 

Weiter  sei  bemerkt,  dass  ausserhalb  der  Fraun- 
hofer sehen  Linien  Lund  G gelegene  Teile  des  Spektrums 
nicht  in  Betracht  kommen,  weil  die  Absorption  dieser 
lichtschwachen  Strahlen  fast  ohne  Einfluss  auf  die  Farbe 
des  Körpers  ist  (Seite  42),  und  dass  die  in  der  Figur  an- 
gegebenen mittleren  Absorptionen  nicht  dem  theoretisch 
richtigen  Grundfarbensystem  entsprechen,  sondern  derart 
angenommen  wurden,  dass  sich  die  weiteren  Erörterungen 
thunlichst  einfach  gestalten. 

Pigmente,  welche  die  Endfarben  und  die  Mitte  des 
Spektrums  absorbieren,  würden  die  Farben:  Purpur, 

Grünlichgelb  und  Grün  zeigen  und  ein  für  den  Drei- 
farbendruck unbrauchbares  System  bilden. 

Das  Nachbilden  des  Originalfarbstoffes  durch  Mischung 
der  drei  Grundfarben  entspricht  einer  Yerteilung  seines 
Absorptionsbandes  auf  die  Stellen  B)  R und  G des  Spek- 
trums. Um  diese  Aufgabe  zu  lösen,  denke  man  sich 
dieses  Band  in  Elementarstreifen  zerlegt  und  die  Wirkung 
jedes  einzelnen  durch  Streifen  auf  B , R und  G ersetzt. 
Das  Element  m kann  durch  Absorptionsstreifen  auf  R 
und  G ersetzt  werden,  und  da  die  Strecke  R G als  eine 
Mischlinie  zu  betrachten  ist,  so  sind  die  diesen  Streifen 
zu  erteilenden  Intensitäten  verkehrt  proportional  dem 
Abstande  des  Punktes  m von  R und  G.  In  dieser  Weise 
lässt  sich  jedes  zwischen  R und  G gelegene  Bandelement 
zerlegen,  und  ebenso  kann  der  zwischen  B und  R be- 
findliche Teil  des  Absorptionsbandes  auf  diese  beiden 
Punkte  verteilt  werden. 

Das  Resultat  dieser  Zerlegung  ist  aus  II  ersichtlich. 
Für  die  Intensität  des  in  R anzubringenden  Bandes  ist 
also  das  ganze  Absorptionsband  des  Originalfarbstoffes 


94 


massgebend,  für  die  in  G und  B notwendigen  Intensitäten 
kommen  nur  die  in  den  Räumen  GR  und  BR  liegenden 
Teile  desselben  in  Betracht. 

Der  durch  das  Absorptionsspektrum  II  charakterisierte 
Farbstoff,  der  also  durch  Mischung  der  drei  Grundfarben 
entstanden  ist,  wird  auf  unser  Auge  denselben  Eindruck 
hervorrufen,  wie  der  Originalfarbstoff  I,  obwohl  er  sich 
spektroskopisch  wesentlich  anders  verhält. 

Das  in  I dargestellte  Absorptionsband  entspricht  dem 
als  „Seidengrün“  bezeichneten  Farbstoff,  der  aus  einer 
Mischung  von  Pariserblau  und  Chromgelb  besteht,  und 
dessen  Eigentümlichkeiten  bereits  Seite  71  und  73  be- 
sprochen wurden. 

Wie  aus  II  zu  entnehmen  ist,  kann  er  in  etwa 
2 Teile  B - f-  2 Teile  G - f-  1 Teil  R zerlegt,  resp.  durch  eine 
Mischung  dieser  Komponenten  ersetzt  werden. 

Wenn  wir  vorläufig  annehmen,  dass  die  Absorption 
in  B , R und  G den  Grundfarben  Blaugrün,  Purpur  und 
Gelb  entsprechen,  so  kann  die  Zerlegung  durch  das  in 
Beilage  I aufgenommene  Bild  versinnlicht  werden.  Die 
kreisförmigen  Flächen  zeigen  den  Farbeton  und  die  Rein- 
heit, ihre  Grösse  die  Quantitäten  der  Komponenten  an. 

Diese  Zerlegung  des  Absorptionsbandes  in  drei  über 
bestimmte  Punkte  des  Spektrums  liegende  Teile  ist  auf 
photographischem  Wege  durchzuführen.  Zu  diesem  Zwrecke 
hat  man  die  drei  Räume  des  Spektrums  mit  photo- 
graphischen Platten  gleichsam  abzutasten,  und  ihre  Em- 
pfindlichkeit muss  sich  offenbar  auf  alle  Strahlen  eines 
solchen  Raumes  erstrecken.  Mit  der  für  das  Rotdruck- 
Negativ  bestimmten  Platte  ist  das  ganze  Spektrum  von 
B bis  G abzutasten,  sie  muss  daher  für  alle  Spektral- 
strahlen empfindlich  sein,  und  die  Platte  für  das  Negativ 
zur  Herstellung  der  gelben  und  blauen  Druckplatte  muss 
für  die  Strecken  R bis  G , resp.  R bis  B sensi- 
bilisiert werden.  Würde  man  dieser  Forderung  nicht 


95 


entsprechen,  die  Platten  also  nur  für  beschränktere 
Räume  empfindlich  machen,  so  würden  sich  Teile  des 
zu  kopierenden  Absorptionsbandes  der  Beobachtung  ent- 
ziehen, was  die  Richtigkeit  der  Farbenspaltung  beein- 
flussen müsste. 

Wären  z.  B.  die  Platten  nur  für  die  nächste  Um- 
gebung der  Punkte  B , R und  G sensibilisiert,  so  würde 
das  Absorptionsband  von  Methyl  violett,  das  ungefähr  in 
der  Mitte  zwischen  R und  B liegt,  von  keiner  Platte 
entdeckt  werden,  da  sie  gleichsam  blind  für  diese  Strahlen- 
gattung sind.  Die  Folge  davon  wäre,  dass  das  schmal  - 
bändige  Violett  in  der  Reproduktion  ganz  fehlen  würde. 
Aus  diesen  Erwägungen  ergiebt  sich  die  notwendige 
Ausdehnung  der  Sensibilisierungszonen,  und  es  ist  nun. 
weiter  das  Mass  der  Empfindlichkeit  für  die  verschiedenen 
Strahlen  eines  Raumes,  mit  anderen  Worten,  die  Form 
der  Sensibilisierungskurve  aufzusuchen. 

Da  die  angenommene  Farbenverteilung  einer  Misch- 
linie entspricht,  so  ist  diese  Frage  leicht  zu  beantworten: 
Die  Empfindlichkeit  der  Platte  für  Herstellung  des  Rot- 
druck-Negativs  muss  offenbar  von  R gleichmässig  gegen 
B und  G abnehmen,  und  die  beiden  Platten,  mit  welchen 
man  die  Räume  Hi?  und  RG  abtastet,  müssen  von  Br 
resp.  G gegen  R zu  eine  gleichmässig  abnehmende  Em- 
pfindlichkeit zeigen. 

Die  notwendigen  Empfindlichkeitsverhältnisse  der 
drei  Platten  werden  somit  durch  die  in  III  dargestellten, 
geraden  Linien  versinnlicht:  mbo  entspricht  der  Empfind- 
lichkeitskurve für  die  grünempfindliche,  an  jener  für 
die  rotempfindliche  und  nc  jener  für  die  blauempfind- 
liche Platte.  Entsprechend  dieser  geforderten  Farben- 
empfindlichkeit sind  die  drei  photographischen  Platten 
zu  sensibilisieren. 

Damit  wäre  der  gesuchte  Zusammenhang  zwischen 
den  gewählten  Grundfarben  und  der  Plattensensibilisierung; 


96 


klargestellt  und  kann  in  folgender  Form  ausgesprochen 
werden:  Die  photographischen  Platten,  welche  für  die 
Herstellung  der  drei  Negative  bestimmt  sind,  müssen 
derart  sensibilisiert  werden,  dass  ihr  Maximum  auf  der 
spektralen  Mischlinie  der  mittleren  Absorption  der  ge- 
wählten Grundfarbe  entspricht  und  ihre  Empfindlichkeit 
sich  bis  zur  mittleren  Absorption  der  nächstliegenden 
Grundfarben  erstreckt;  die  Empfindlichkeits-,  resp.  Sensi- 
bilisierungskurven bilden  gerade  Linien. 

Um  die  Kurven  für  das  Normalspektrum  zu  erhalten, 
hat  man  wegen  des  Seite  74  angenommenen  Zusammen- 
hanges zwischen  den  beiden  Earbenlinien,  die  für  die 
verschiedenen  Wellenlängen  geforderten  Farbenempfind- 
lichkeiten in  die  Skala  des  Normal  Spektrums  IV  zu  über- 
tragen. Die-  Intensitäten  bn,  p,  q u.  s.  w.  sind  daher  auf 
die  korrespondierenden  Skalenteile  aufzutragen,  wodurch 
man  die  für  das  Normalspektrum  geltende  Kurve  R 
erhält. 

Die  Sensibilisierungskurve  für  das  prismatische  Spek- 
trum ergiebt  sich  schliesslich  in  der  Seite  21  angegebenen 
Weise,  wodurch  man  zu  dem  Diagramm  V gelangt. 

Gestützt  auf  diese  allgemein  gültigen  Erörterungen, 
soll  nun  an  die  Bestimmung  der  Sensibilisierungskurven 
für  die  auf  Seite  88  aufgestellten  Grundfarbensysteme 
geschritten  werden. 

1.  Sensibilisierungskurven  für  das  theoretisch 
richtige  Farbensystem:  Gelb,  Blaugrün,  Purpur. 
Wie  aus  der  Farbentafel  zu  entnehmen  ist,  kommen 
diesen  Farbstoffen  die  nachstehenden  mittleren  Absorp- 
tionen zu: 

Gelb  455  [i  Fl/2  G im  prismatischen  Spektrum, 
Blaugrün  595  |x  Gelblichrot  vor  der  D-  Linie  und 
Purpur  530  (jl,  knapp  vor  der  A7-Linie. 

Die  Platten  sind  also  derart  zu  sensibilisieren,  dass 
diesen  Stellen  des  Spektrums,  welche  in  beistehender 


Fig.  24,  I,  mit  6,  r und  g bezeichnet  sind,  ein  Empfind- 
lichkeitsmaximum entspricht. 


In  der  spektralen  Mischlinie  liegt  r in  der  Mitte 
zwischen  b und  g , da  die  Farbentöne  einem  gleichseitigen 
Mischdreieck  angehören. 

Die  Platte  zur  Herstellung  des  Rotdruck“ Negatives 
ist  für  den  Raum  bg  zu  sensibilisieren,  und  zwar  derart, 
dass  ihre  Empfindlichkeit  gegen  b und  g entsprechend 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie«  2.  Aufl.  7 


98 


dem  Verlaufe  der  Geraden  Rb  und  Rg  abnimmt.  Um 
die  notwendige  Sensibilisierung  für  die  Gelbdruckplatte  zu 
erhalten,  hat  man  in  g das  Empfindlichkeitsmaximum  gG 
aufzutragen  und  den  Punkt  G mit  den  der  mittleren 
Absorption  der  beiden  anderen  Earben  entsprechenden 
Punkten,  also  r und  6,  zu  verbinden.  So  ergiebt  sich 
für  die  abnehmende  Sensibilisierung  gegen  Grün  die 
Gerade  Gr;  um  die  Sensibilisierungslinie  gegen  h zu 
bestimmen,  ist  die  Mischlinie  über  Violett  gegen  Rot 
so  weit  fortzusetzen,  bis  man  wieder  zum  Earbenton  b 
gelangt.  In  der  Figur  ist  diese  Verlängerung  über  die 
G-Linie  des  Spektrums  punktiert  angedeutet,  und  bb{ 
oder  GGj  entspricht  der  ganzen  aufgerollten  Farbenkreis- 
linie. Die  Gerade  GA  repräsentiert  dann  den  zweiten 
Teil  der  Empfindlichkeitskurve  für  die  Platte,  die  zur 
Erzeugung  des  Gelb  druck -Negatives  dient.  Vor  dieser 
Geraden  liegt  aber  nur  das  Stück  Gm  im  blau  violetten 
Teile  des  Spektrums,  das  Stück  nbx  gehört  dem  spektralen 
Rot  an,  und  die  Strecke  mn  fehlt  im  Spektrum.  Die  Platte 
ist  daher  nicht  nur  für  Blaugrün  und  Blau,  sondern  auch 
— allerdings  in  geringem  Masse  — für  Rotorange  zu 
sensibilisieren;  ihre  Empfindlichkeitsverhältnisse  werden 
durch  die  geraden  Linien  r Gm  und  nxb  charakterisiert. 

In  ganz  gleicher  Weise  ergeben  sich  die  der  photo- 
graphischen Blaudruck -Platte  zu  erteilenden  Earben- 
empfindlichkeiten  durch  die  Geraden  rBo  und  gp,  daher 
diese  Plattte  auch  eine  Spur  Blauviolett- Empfindlichkeit 
besitzen  soll. 

Da  die  Strecke  b b±  von  den  drei  Seiten  eines  regu- 
lären Mischdreieckes  gebildet  wird,  so  muss  der  dem 
Schnittpunkte  x entsprechende  Earbenton  gleich  jenem 
des  gelben,  und  der  dem  Punkt  % entsprechende  Farben- 
ton gleich  jenem  der  blauen  Druckfarbe  sein. 

Überträgt  man  den  Verlauf  der  Sensibilisierungs- 
Geraden  auf  das  normale  Spektrum  in  der  früher 


99 


angegebenen  Weise,  so  erhält  man  die  aus  Fig.  24,  II, 
ersichtlichen  Empfindlichkeitskurven  B , R und  G,  welche 
nach  ihrer  Transformation  für  das  Prismenspektrum  die 
in  III  dargestellten  Kurven  ergeben.  Diesen  haben  die 
Platten  bei  ihrer  spektroskopischen  Prüfung  zu  ent- 
sprechen. 


2.  Sensibilisierungskurven  für  das  lichtechte 
Farbensystem:  Gelb,  Krapplack  und  Pariser- 

blau. Die  mittleren  Absorptionen  der  diesen  Farbstoffen 
entsprechenden  Töne  liegen,  wie  aus  der  Farbentafel  zu 
entnehmen  ist, 

für  Pariserblau  bei  580  ji,  also  knapp  neben  der 
D-  Linie, 

Krapplack  505  ja,  d.  i.  E1/2F,  und 
Gelb  455  jjl,  d.  i.  F'j 2 G. 

Die  Punkte  6,  r und  g (Fig.  25)  der  spektralen 
Mischlinie  bestimmen  daher  die  Maximalempfindlichkeit 
der  drei  Platten,  und  der  Verlauf  der  Sensibilisierung  hat 
den  in  der  Figur  gezogenen  geraden  Linien  zu  folgen. 
Überträgt  man  diese  auf  das  normale  und  dann  auf 

7* 


das  prismatische  Spektrum,  so  ergehen  sich  die  Sensi- 
bilisierungskuryen II  und  III,  welchen  das  spektroskopische 
Verhalten  der  Platten  anzupassen  ist. 

Die  Empfindlichkeitszone  der  für  den  Dreifarben- 
druck zu  verwendenden  photographischen  Platten  erstreckt 
sich  daher  stets  auf  einen  sehr  bedeutenden  Teil  des 
Spektrums.  Die  Sensibilisierung  jeder  der  drei  Platten 
wird  durch  alle  drei  Pigmente  beeinflusst,  sie  ist  daher 
nicht  nur  einem  Farbstoff,  sondern  dem  ganzen  Farben- 
system anzupassen.  Ändert  man  eine  Farbe  desselben, 
so  bedingt  dies  eine  Veränderung  der  Empfindlichkeits- 
zonen aller  drei  Platten.  Wäre  die  Sensibilisierung  nur 
von  jenem  Farbstoff  abhängig,  für  welchen  das  Negativ 
bestimmt  ist,  so  würden  z.  B.  dem  Krapplack  und  Chrom- 
gelb stets  gleichbleibende  Sensibilisierungen  zukommen, 
und  es  müssten,  wenn  man  als  dritte  Farbe  einmal 
Berlinerblau,  ein  andermal  Blaugrün  wählt,  dieselben 
Mischfarben  resultieren,  was  offenbar  nicht  möglich  ist. 

Um  die  geforderten  breiten  Sensibilisierungsbänder 
zu  erzielen,  wird  man  in  der  Regel  gemischte  Farben- 
sensibilisatoren verwenden  müssen,  und  ihre  Wirkungs- 
zone wird  durch  vorgeschaltete  Lichtfilter  zu  korrigieren 
sein.  Nur  auf  Grund  spektrographischer  Aufnahmen 
kann  eine  passende  Plattenpräparation  gefunden  werden. 
Man  wählt  Mischungen  von  voraussichtlich  brauchbaren 
Farbstoffen  als  Sensibilisatoren,  variiert  ihr  Verhältnis 
und  korrigiert  ihre  Wirkungen  so  lange,  bis  die  Spektrum- 
photographie ein  Sensibilisierungsband  zeigt,  das  den 
oben  gefundenen  Kurven  entspricht. 

Dieser  Vorgang  ist  aber  keineswegs  so  einfach  und 
sicher,  als  meist  angenommen  wird,  denn  die  Wirksam- 
keit der  Sensibilisierung  und  der  Filter,  also  die  Aus- 
dehnung des  spektralen  Bandes  auf  der  Platte  ist  wesentlich 
von  der  Expositionsdauer  abhängig.  Bei  kurzer  Be- 


101 


lichtung  erhält  man  ein  viel  kürzeres  Band  als  bei  langer 
Exposition,  und  da  die  Lichtverhältnisse  im  Spektro- 
graphen  und  in  der  Kamera  sehr  verschieden  sind,  so 
ist  es  kaum  möglich,  aus  dem  spektroskopischen  Ver- 
halten einer  Platte  auf  ihre  volle  Brauchbarkeit  für  die 
Earbenspaltung  zu  schliessen. 

Es  empfiehlt  sich  daher,  die  photographische  Auf- 
nahme von  bestimmten  Farbstoffen  für  die  Kontrolle  der 
Plattensensibilisierung  und  Strahlenfilter  zu  benutzen. 
Photographiert  man  die  drei  als  Grundfarben  gewählten 
Pigmente,  so  müssten  eigentlich  auf  jede  der  drei  Platten 
zwei  dieser  Farben  wie  Weiss,  die  dritte  wie  Schwarz 
wirken.  Dieses  Resultat  kann  aber  nur  erhofft  werden, 
wenn  die  Farben  von  durchaus  gleicher,  tadelloser  Rein- 
heit sind,  was  in  der  Regel  besonders  bei  den  blauen 
Farbstoffen  nicht  der  Fall  sein  wird. 

Besser  sind  für  den  gedachten  Zweck  die  den 
Grundfarben  komplementären  Pigmente  geeignet,  welchen 
die  halbe  Wirksamkeit  der  Grundfarben  auf  jede  der 
photographischen  Platten  zukommen  muss.  Solche  Farb- 
stoffe können  der  Farbentafel  entnommen,  eventuell  durch 
Kreiselversuche  ermittelt  werden. 

Der  gelben  Druckfarbe  ist  z.  B.  ein  rotstichiges  Blau, 
von  der  Färbung  einer  nicht  zu  verdünnten  Cyanin- 
lösung, komplementär,  daher  ein  solches  Pigment  im  Rot- 
und  Blaunegativ  gleich  und  halb  so  gedeckt  wie  Weiss 
abgebildet  werden  muss. 

Ebenso  soll  gelblicher  Zinnober,  die  Komplementär- 
farbe des  Blaugrün,  auf  die  photographischen  Platten, 
welche  zur  Herstellung  des  Rot-,  resp.  Gelbdruckes  be- 
nutzt werden,  gleich  stark  und  halb  so  kräftig  wie  Weiss 
wirken.  Das  gleiche  Verhalten  muss  ein,  der  gewählten 
Purpur -Druckfarbe  komplementäres  Grün  bezüglich  des 
Blau-  und  Gelbdruck -Negatives  auf  weisen. 


102 


Die  Wirksamkeit  der,  die  Plattensensibilisierung 
kontrollierenden  Pigmente  ist  zwar  auch  von  ihrer  Rein- 
heit und  Sättigung  abhängig,  für  ihr  Verhalten  auf  je 
zwei  verschiedene  Platten  sind  aber  diese  Umstände  ohne 
Einfluss.  Jedes  Blau  von  dem  angegebenen  Farbenton, 
mag  es  mit  Weiss  oder  Schwarz  gemischt  sein,  muss  im 
Rot-  oder  Blaunegativ  gleich  gedeckt  erscheinen,  denn 
im  Zusammendruck  muss  es  aus  gleichen  Mengen  der 
beiden  Grundfarben  entstehen,  und  die  eventuell  schwärz- 
liche Nuance  wird  erst  durch  die  Zumischung  des  kom- 
plementären Gelb  hervorgebracht. 

Die  Natur  der  zur  Kontrolle  benutzten  Pigmente  ist 
ganz  gleichgültig,  man  kann  Teerfarbstoffe  oder  Firnis- 
Druckfarben  verwenden,  wenn  sie  nur  den  gewünschten 
Farbenton  zeigen. 

Ihr  Verhalten  kontrolliert  weniger  das  Maximum 
als  die  Äste  der  Sensibilisierungskurven,  was  insofern 
wertvoll  ist,  als  die  Lage  des  ersteren  aus  der  spektro- 
graphischen  Aufnahme  mit  Sicherheit  erkannt  werden  kann. 

In  ähnlicher  Weise  lassen  sich  die  Kontrollfarben 
für  ein  anderes  Grundfarbensystem,  z.  B.  für  die  Druck- 
farben Pariserblau,  Krapplack  und  Gelb  ermitteln. 

An  Stelle  dieser  Kontrollfarben  ist  auch  eine  Zu- 
sammenstellung anderer,  möglichst  verschiedener  Farben 
verwendbar,  wenn  man  ihr  Verhalten  bei  der  richtigen 
Farbenspaltung  ermittelt  hat.  Man  kann  dann  aus  der 
Wirksamkeit  einzelner  Farben  auf  die  Beschaffenheit  der 
Filter  schliessen  und  die  notwendigen  Korrekturen  vor- 
nehmen. Eine  solche  Farbenzusammenstellung  enthält  die 
Probetafel  Beilage  I,  die  später  noch  besprochen  werden  soll. 

c)  Theorie  von  Ives. 

Die  von  Ives  in  seinem  Patent  vom  7.  Februar  1890 
aufgestellte  Theorie  über  die  zusammengesetzte  Helio- 
chromie  geht  von  der  Young-Helmholtzschen  Hypo- 


these  der  Farbenempfindung  aus,  welche  in  ihren  Grund- 
zügen auf  Seite  29  besprochen  wurde. 

Iyes  trachtet,  den  Teilbildern  im  Photochromoskop 
jene  Färbung  zu  erteilen,  die  den  als  primär  ange- 
nommenen Farbenempfindungen  entspricht,  und  wählt 
bei  der  photographischen  Aufnahme  Platten,  deren 
Sensibilisierung  den  Kurven  der  oben  erwähnten  Dia- 
gramme angepasst  ist. 

Sollen  die  Negative  für  den  Dreifarbendruck  dienen, 
so  fordert  Ives  als  Druckfarben  Pigmente,  die  je  eine 
der  drei  Fundamentalempfindungen  thunlichst  vollkommen 
ausschalten,  also  komplementär  zu  den  angenommenen 
Grundempfindungen  sind. 

Das  Negativ,  welches  die  Rotempfindung  repräsentiert, 
ist  daher  auf  einer  photographischen  Platte  entstanden, 
die  entsprechend  der  Grünkurve  des  Diagramms  sensi- 
bilisiert war,  und  ist  mit  einem,  nur  das  primäre  Grün 
absorbierenden  Farbstoff  zu  drucken.  Die  photographische 
Platte  war  daher  für  alle  Strahlen  des  Spektrums  empfind- 
lich, besonders  aber  für  die  grünen,  und  der  Farbstoff 
ist  ein  schmalbandiges  Pigment,  das  lediglich  die  grünen 
Strahlen  absorbiert. 

Man  gelangt  also  wieder  zu  dem  früher  aufgestellten 
Zusammenhang  zwischen  Sensibilisierung  und  Druckfarbe, 
und  wenn  Ives  eine  solche  Relation  überhaupt  leugnet, 
so  ist  dies  nur  damit  zu  erklären,  dass  Ives  nur  ein 
Grundfarben  System  anerkennt  und  die  Youngsche 
Farbenwahl  zu  einem  Axiom  erhebt.  Nimmt  man  diesen 
Standpunkt  ein,  so  hat  man  allerdings  bei  der  Herstellung 
der  Negative  die  Grundfarben  nicht  mehr  zu  berück- 
sichtigen, denn  diese  wurden  schon  von  Young  gewählt, 
und  die  ihnen  entsprechenden  Mischungskurven  wurden 
von  Maxwell  oder  Helmholtz  aufgestellt. 

Die  Youngschen  Farben  gehören  jedoch  keinem 
theoretisch  richtigen  Grundfarbensystem  im  Sinne  der 


Dreifarbenphotographie  an  (Seite  9 B)  und  die  von  Ives1) 
für  den  Dreifarbendruck  gewählten  Pigmente:  Berliner- 
blau, Eosin-  oder  Rhodaminrot  und  Gelb  stehen,  wie  ein 
Blick  auf  die  Barben tafel,  Beilage  II,  lehrt,  mit  diesen 
Farben  in  keinem  Zusammenhänge. 

Es  müsste  vielmehr  Grün,  grünstichiges  Gelb  und 
Purpur  gewählt  werden.  Für  dieses  Grundfarbensystem 
bilden  dann  die  erwähnten  Diagramme  allerdings  eine 
richtige  Basis,  doch  könne  es  aus  leicht  begreiflichen 
Gründen  nicht  zur  Verwendung  kommen. 

Die  von  Ives,  in  der  erwähnten  Patent -Spezifikation 
angegebenen  Kurven2)  sind  den  Mischversuchen  von 
Maxwell  entnommen,  wobei  drei  Spektralfarben  als 
Grundfarben  angenommen  wurden.  Sie  unterscheiden 
sich  wesentlich  von  jenen,  die  Helmholtz3)  auf  Grund 
seiner  Mischversuche  mit  spektralen  Lichtern  aufgestellt 
hat.  Helmholtz  geht  von  idealen,  nicht  existierenden 
überaus  satten  Urfarben  aus  und  wollte  man  seinem 
Diagramme  folgen,  so  müsste  z.  B.  das  Grün  im  Photo- 
chromoskop  einen  sehr  bedeutenden  Zusatz  von  Rot  und 
Blau  erhalten,  und  das  Gelb  im  Dreifarbendruck  dürfte 
nicht  aus  dem  gelben  Pigment  allein  bestehen,  sondern 
müsste  einen  Zusatz  von  Blau  und  Rot  erhalten.  Im 
Photochromoskop  würden  dann  nur  sehr  weissliche,  im 
Dreifarbendruck  aber  nur  schwärzliche  Nuancen  zu  stände 
kommen.  Um  im  Photochromoskop  wenigstens  einzelne 
Teile  des  Bildes  genügend  farbenreich,  im  Dreifarben- 
druck aber  genügend  rein  zu  erhalten,  muss  der  ganze 
Inhalt  des  Farbendreieckes  ausgenutzt  werden,  was  bei 
den  von  Maxwell  aufgestellten  Diagrammen  der  Fall 
ist.  Wenn  es  auch  keinem  Zweifel  unterliegt,  dass  die 


1)  Photographische  Korrespondenz  1894,  S.  400. 

2)  Eders  Jahrbuch  für  189T,  S.  175. 

3)  Helmholtz,  Physiol.  Optik,  S.  358. 


105 


Sensibilisierungskurven  am  sichersten  aus  Mischversuchen 
mit  spektralen  Lichtern  abzuleiten  sind,  so  ist  dieser 
Weg  dem  Praktiker  doch  verschlossen,  während  das  vom 
Verfasser  angegebene  Näherungsverfahren,  ohne  Zuhilfe- 
nahme irgend  eines  Experimentes,  eine  rasche  Orientierung 
über  alle  Fragen  des  Dreifarbendruckes  gestattet. 


d)  Sensibilisierungstheorie  von  Dr.  H.  W.  Vogel. 

Dr.  H.  W.  Vogel,  der  durch  Entdeckung  der  Farben- 
sensibilisatoren die  Ausführbarkeit  des  Dreifarbendruckes 
möglich  machte,  war  auch  der  Erste,  der  den  Zusammen- 
hang zwischen  Plattensensibilisierung  und  Druckfarbe 
erkannte,  indem  er  im  Jahre  1885  den  Satz  aufstellte: 
Der  für  die  Plattensensibilisierung  benutzte  Farbstoff  ist 
auch  als  Druckfarbe  zu  benutzen,  und  wenn  er  für 
diesen  Zweck  nicht  brauchbar  sein  sollte,  so  ist  ein 
Pigment  von  gleicher  spektroskopischer  Beschaffenheit 
zu  wählen. 

Bei  der  Anwendung  dieses  Satzes  ist  zu  beachten, 
dass  er  bezüglich  der  Grundfarben  keinerlei  Entscheidung 
trifft,  dass  also  diese  in  der  früher  angegebenen  Art  zu 
wählen  sind.  Wenn  Dr.H.W.  Vogel  als  Beispiel  die 
Farbstoffe  Cyanin,  Eosin  und  ein  gelbes  Pigment  anführt, 
so  ist  damit  nicht  gemeint,  dass  diese  ein  praktisch 
brauchbares  Grundfarbensystem  bilden,  da  doch  aus 
Cyanin  und  Gelb  niemals  Grün  entstehen  kann.  Trotz- 
dem wurde  der  Vogel  sehe  Satz  oft  in  diesem  Sinne 
ausgelegt  und  dann  als  irrtümlich  bezeichnet.  Er  kann 
erst  nach  der  Farbenwahl  zur  Anwendung  gebracht 
werden  und  bildet  dann  — bei  entsprechender  Ergänzung 
— wegen  seiner  präzisen,  auch  dem  Laien  leicht  ver- 
ständlichen Fassung,  einen  wertvollen  Wegweiser  durch 
das  schwierige  Gebiet  des  photographischen  Dreifarben- 
druckes. 


— 106 


Die  oben  ausgeführten  Entwicklungen  haben  zu  dem 
Schluss  geführt,  dass  das  Maximum  der  Plattenempfind- 
lichkeit der  mittleren  Absorption  der  Druckfarbe  zu  ent- 
sprechen hat;  da  nun  ein  Parbstoff  stets  für  jene 
Strahlen gattungen  sensibilisiert,  die  er  absorbiert,  so- 
würde  die  Identität  im  Aussehen  beider  Farben  voll- 
kommen zutreffen,  wenn  das  Sensibilisierungsmaximum 
auch  für  den  Farbenton  charakteristisch  wäre.  Da  dies- 
aber  nicht  der  Fall  ist,  und  da  weiter  auch  das  photo- 
graphische Wirkungsband  aus  verschiedenen,  später  zu 
erörternden  Gründen  eine  Yerschiebung  vom  Absorptions- 
maximum erleidet,  so  treten  gewisse  Abweichungen  im 
Tone  der  beiden  Pigmente  auf.  Auch  muss  gefordert 
werden,  dass  das  Sensibilisierungsband  eine  bestimmte 
Form  zeigt  und  sich  über  eine  gewisse  breite  Zone  des 
Spektrums  erstreckt,  was  oft  die  Verwendung  gemischter 
Sensibilisatoren  und  Korrektionen  durch  Lichtfilter  nötig 
macht. 

Die  Yo  ge  Ische  Theorie  ist  somit  weder  theoretisch 
streng  richtig,  noch  von  praktischem  Wert  und  charakteri- 
siert aber  in  leichtverständlicher  Form  den  Zu- 
sammenhang zwischen  Druckfarbe  und  Plattensensi- 
bilisierung. 

e)  Zusammenhang  zwischen  Druckfarbe  und  Lichtfilter. 

Der  scheinbar  innige  Zusammenhang  zwischen  der 
Druckfarbe  und  dem  bei  der  Aufnahme  benutzten  Licht- 
filter wurde  vielfach  zum  leitenden  Grundsatz  im  Drei- 
farbendruck erhoben,  und  Gros  und  Ducos  du  Hauron 
sind  bei  ihren  Versuchen  lediglich  von  diesem  Prinzip 
ausgegangen.  Bei  der  photographischen  Aufnahme  wurde 
ein  grünes,  resp.  ein  blaues  und  gelbes  Glas  vor  das 
Objektiv  geschaltet,  und  die  so  erzielten  Negative  wurden 
mit  den  Komplementärfarben  Rot,  Gelb  und  Blau  über- 
einander gedruckt. 


107 


Auch  in  neuerer  Zeit  wurde  dieser  Grundsatz  für 
die  Wahl  der  Lichtfilter  empfohlen,  und  Hazura  und 
Hruza1)  haben  zahlreiche  Versuche  durchgeführt,  um 
für  gegebene  Druckfarben  die  zugehörigen  komplementären 
Strahl enfilter  aufzufinden. 

Der  Ausdruck  „komplementär“  bezieht  sich  gewöhnlich 
nur  auf  den  Farbenton  zweier  Pigmente,  für  die  spektrale 
Zusammensetzung  der  von  ihnen  reflektierten  Lichter 
liefert  das  „Komplementärsein“  nur  sehr  allgemeine 
Anhaltspunkte.  So  lassen  sich  zu  einem  gegebenen  Rot 
mittels  Kreiselversuchen  leicht  mehrere  Grün  von  ver- 
schiedenem spektralen  Verhalten  auffinden;  so  ein  grünes 
Pigment,  das  lediglich  die  roten  Strahlen  absorbiert,  und 
ein  zweites,  das  nur  die  grüne  Zone  des  Spektrums 
reflektiert.  Beiden  Grün  ist  derselbe  Farbenton  eigen- 
tümlich, sie  sind  zum  Rot  komplementär,  als  Strahlen- 
filter verwendet,  müssen  sie  aber  ganz  verschiedene 
Resultate  liefern. 

Die  Nuance  spielt  eben  bei  Komplementärfarben 
gar  keine  Rolle;  ein  bestimmtes  Grün  ist  nicht  nur  zu 
einem  bestimmten  Rot,  sondern  auch  zu  seinen  Mischungen 
mit  Schwarz  - — also  auch  zu  Braun  — komplementär, 
und  Rot  liefert  nicht  nur  mit  dem  reinen  Grün,  sondern 
auch  mit  Oliv  farblose  Kreiselmischungen  (siehe  Seite  72). 

Die  Forderung,  das  Lichtfilter  komplementär  der 
Druckfarbe  zu  wählen,  kann  vielleicht  einmal  zutreffen, 
ein  anderes  Mal  aber  falsch  sein. 

Anders  gestalten  sich  die  Verhältnisse,  sobald  man 
an  komplementäre  Farben  nicht  nur  die  Bedingung  einer 
farblosen  Kreiselmischung  stellt,  sondern  auch  eine  Er- 
gänzung ihres  spektralen  Verhaltens  fordert.  Zu  einem 
gegebenen  roten  Pigment,  welches  nur  die  grüne  Zone 
des  Spektrums  verschluckt,  wäre  dann  jenes  Grün  kom- 


i)  Photographische  Korrespondenz  1893,  S.  374. 


108 


plementär,  das  alle  Spektralstrahlen  mit  Ausnahme  dieser 
grünen  absorbiert.  Man  könnte  solche  Pigmente  als 
„spektroskopische  Gegenfarben“  bezeichnen.  Dem  Ab- 
sorptionsband der  Druckfarbe  entspricht  dann  die  Öffnung 
im  Bande  des  Filters.  Solche  Gegenfarben  können  nur 
auf  spektroskopischem  Wege  ermittelt  werden,  und  diesen 
haben  auch  Hazura  und  Hruza  einzuschlagen  versucht, 
um  für  verschiedene  Druckfarben  die  zugehörigen  Filter 
zu  bestimmen.  Der  Ermittelung  solcher  Filter  stellen  sich 
aber  geradezu  unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegen. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  die  gewählten  Grund- 
farben einem  brauchbaren  Farbensystem  angehören,  und 

dass  die  zur  Verwendung 
gelangenden  photogra- 
phischen Platten  für  alle 
Spektralfarben  gleich- 
mässig  empfindlich  sein 
müssen.  Die  letztere 
Bedingung  ist  nur  aus- 
nahmsweise für  einen 
Wäre  in  Fig.  26  I das 
Absorptionsband  der  Druckfarbe,  so  ist  II  das  zugehörige 
Lichtfilter,  und  ist  die  Platte  für  alle  Strahlen  von 
D 1/2  E bis  über  F gleichmässig  empfindlich,  so  resultiert 
derselbe  Effekt,  als  wenn  die  Platte  für  die,  dem  Farb- 
stoff I entsprechende  Absorptionskurve  sensibilisiert  und 
ohne  Filter  zur  Exposition  gekommen  wäre. 

Der  Grundsatz,  dass  das  Filter  spektroskopisch  kom- 
plementär zur  Druckfarbe  gewählt  werden  soll,  deckt 
sich  daher  mit  dem  Vo  ge  Ischen  Prinzip:  Druck-  und 
Sensibilisierungsfarbe  sollen  spektroskopisch  gleich  sein. 
Beide  Forderungen  sind  bedingt  richtig,  da  aber  erstere 
in  der  Praxis  kaum  durchführbar  ist,  hat  Dr.  H.  W. 
Vogel  die  scheinbar  leichter  zu  erfüllende  Bedingung 
gestellt. 


Fig.  26. 

Teil  des  Spektrums  zu  erzielen. 


109 


B.  Plattensensibilisierung  und  Lichtfilter. 

Sobald  man  sich  für  ein  Grundfarbensystem  ent- 
schieden hat  und  die  zugehörigen  Sensibilisierungskurven 
aufgestellt  sind,  kann  an  die  Sensibilisierung  der  Platten 
geschritten  werden.  Man  wählt  aus  der  Eeihe  der  für 
diesen  Zweck  geeigneten  Farbstoffe  die  voraussichtlich 
passenden  Glieder,  ermittelt  ihr  spektroskopisches  Ver- 
halten und  korrigiert  dasselbe  durch  Vorschalten  ent- 
sprechender Filter.  Bevor  auf  die  Vorschriften  für  die 
Plattenpräparation  eingegangen  wird,  erscheint  es  geboten, 
zunächst  die  Wirkung  der  praktisch  brauchbaren  Farben- 
sensibilisatoren, sowie  die  Eigentümlichkeiten  einiger  für 
Lichtfilter  besonders  geeigneter  Farbstoffe  einer  Erörterung 
zu  unterziehen. 

a)  Die  Sensibilisierung  photographischer  Platten  für  farbige 
Lichtstrahlen. 

Die  gewöhnliche  photographische  Platte  bezeichnet 
man  als  blauempfindlich,  da  sie  bei  mässig  langer  Ex- 
position lediglich  durch  die  blauen  und  violetten  Spektral- 
strahlen eine  nach  dem  Entwickeln  sichtbare  Veränderung 
erfährt.  Verlängert  man  aber  die  Expositionszeit,  so 
gelangen  auch  die  grünen,  dann  die  gelben  und  endlich 
selbst  die  roten  Strahlen  zur  Wirksamkeit.  Die  Photo- 
graphie des  Spektrums  reicht  daher  bei  kurzer  Exposition 
etwa  bis  zur  Linie  F \ bei  langer  Belichtung  verlängert 
sich  das  photographische  Wirkungsband  besonders  bei 
der  Gelatineplatte  gegen  das  rote  Ende. 

Die  Empfindlichkeitsverhältnisse  der  photographischen 
Bromsilberschicht  im  prismatischen  Spektrum  sind  aus 
den  Kurven  I und  II  (Fig.  27)  zu  entnehmen.  I ent- 
spricht der  Gelatineplatte,  II  der  Kollodiumplatte;  wie 
man  sieht,  ist  erstere  hauptsächlich  für  die  zwischen 
G und  H gelegenen  blauen,  letztere  für  die  violetten 
Strahlen  des  Spektrums  empfindlich.  Transformiert  man 
die  Kurven  für  das  Normalspektrum,  so  ergeben  sich 


110 


die  aus  Fig.  28  ersichtlichen  Empfindlichkeiten.  Die 
kräftigste  Wirkung  kommt  also  bei  beiden  Platten  dem 
spektralen  Violett  zu,  die  Gelatineplatte  besitzt  aber  eine 
höhere  Blauempfindlichkeit  als  die  Kollodiumemulsion. 
Bei  kurzer  Belichtung  ist  in  der  Praxis  dieser  Unter- 
schied kaum  wahrnehmbar,  mit  zunehmender  Exposition 


EbF  GhH  LM 


Fig.  27. 


aber  verlängert  sich  die  Wirkungszone  der  Gelatine- 
platte  gegen  E,  und  es  tritt  eine  ausgesprochene  Grün- 
empfindlichkeit auf.  Daher  geben  die  beiden  Platten 
bei  farbigen  Originalen,  die  lange  exponiert  werden 
müssen,  z.  B.  Ölgemälden,  etwas  verschiedene  Kesultate. 


Gelatine- 


Kollodium- 


Die  photographischen  Platten  sind  aber  auch  für 
die  ausserhalb  des  sichtbaren  Spektrums,  also  über  H 
gelegenen  ultravioletten  Strahlen  empfindlich,  und  es  ist 
gewiss  von  praktischem  Interesse,  den  Einfluss  dieser 
Strahlengattungen  bei  der  photographischen  Aufnahme 
von  Pigmenten  kennen  zu  lernen. 

Nach  den  Versuchsresultaten  von  Dr.  J.  M.  Eder1) 
scheinen  diese  Strahlen  bei  der  Entstehung  des  photo- 


1)  Jahrbuch  f.  Photographie  für  1895,  S.  316. 


111 


graphischen  Bildes  eine  nur  untergeordnete  Rolle  zu 
spielen,  und  ihr  Einfluss  dürfte  yon  mehreren  Seiten 
weit  überschätzt  worden  sein.  Das  Tageslicht  enthält 
nur  wenig  ultraviolette  Strahlen,  beim  Durchgang  durch 
die  Glasmasse  des  Objektivs  und  der  eventuell  vor- 
handenen Filterscheibe  werden  sie  zum  grossen  Teil 
absorbiert,  und  endlich  reicht  auch  die  hohe  Empfind- 
lichkeit des  Bromsilbers  nicht  allzuweit  in  den  ultra- 
violetten Teil  des  Spektrums.  Auf  die  photographische 
Wirksamkeit  der  Pigmente  sind  also  diese  Strahlen  bei 
normalen  Expositionszeiten  fast  ohne  Einfluss. 

Durch  Zusatz  eines  geeigneten  Farbstoffes  zur 
Bromsilberschicht  kann  deren  Empfindlichkeit  für  die 
minder  brechbaren  Strahlen  sehr  bedeutend  gesteigert 
werden,  und  die  Photographie  des  Spektrums  zeigt  dann 
ausser  dem  dem  Bromsilber  eigentümlichen  Band  im 
Blauviolett  auch  noch  einen  mehr  oder  minder  breiten 
Streifen  — ein  Sensibilisierungsband  — - in  einem  gegen 
Rot  zu  gelegenen  Bezirk.  Die  gefärbte  Brom  silberplatte 
kann  für  Grün,  Gelb  oder  Rot  so  empfindlich  gemacht 
werden,  dass  es  möglich  wird,  Pigmente,  welche  solche 
Strahlen  reflektieren,  schon  bei  relativ  kurzer  Exposition 
in  der  photographischen  Kopie  mehr  oder  weniger  hell 
wiederzugeben. 

Nicht  jeder  Farbstoff  wirkt  aber  sensibilisierend, 
und  von  der  grossen  Zahl,  der  in  dieser  Weise  geprüften 
Farbstoffe  zeigen  zwar  viele  bei  der  spektrographischen 
Untersuchung  ein  Sensibilisierungsband,  bei  wenigen  ist 
es  aber  so  kräftig  ausgesprochen,  dass  sie  in  der  photo- 
graphischen Praxis  Verwendung  finden  können.  Die 
Sensibilisierung  durch  einen  Farbstoff  tritt  nur  ein, 
wenn  er  an  und  für  sich,  oder  aber  in  Verbindung  mit 
Bromsilber  lichtempfindlich  ist,  und  wenn  er  sich  mit 
dem  Bromsilberkorn  verbindet,  dieses  also  färbt.  Die 
photographische  Schicht  wird  dann  für  Lichtstrahlen  von 


112 


bestimmter  Farbe  empfindlich,  und  zwar  entsprechend 
dem  von  Dr.  H.  W.  Vogel  ausgesprochenen  Absorptions- 
gesetz für  jene  Strahlengattung,  welche  vom  gefärbten 
Bromsilber  absorbiert  wird.  Das  Absorptionsband  des  ge- 
färbten Bromsilbers  entspricht  somit  dem  Sensibilisierungs- 
band der  Platte. 

Wie  schon  Seite  43  bemerkt  wurde,  unterscheidet 
sich  die  Farbe  eines  gefärbten  festen  Körpers  in  der 
Pegel  wesentlich  von  jener  der  Farbstofflösung;  das 
Sensibilisierungsband  des  gefärbten  Bromsilbers  kann 
also  nicht  mit  dem  Absorptionsbande  der  Farbstoff lösung 
zusammenfallen,  sondern  ist,  im  Vergleiche  mit  diesem, 
gegen  das  rote  Ende  des  Spektrums  verschoben. 

Die  Farbe  des  Bromsilbers  dürfte  sich  von  jener, 
welche  gefärbte,  trockene  Kollodiumschichten  zeigen,  nicht 
wesentlich  unterscheiden,  daher  entspricht  das  Sensi- 
bilisierungsband der  gefärbten  Platte  dem  Absorptions- 
band einer  mit  demselben  Farbstoff  versetzten  trockenen 
Kollo  di  um  schiebt. 

Die  durch  einen  Farbstoff  hervorgerufene  Empfind- 
lichkeitszone ist  nicht  scharf  begrenzt,  sondern  breitet 
sich  mit  zunehmender  Belichtung  nach  beiden  Seiten 
aus.  Bei  kurzer  Exposition  kommt  nur  das  Maximum, 
bei  langer  Belichtung  aber  die  ganze  Ausdehnung  des 
Absorptionsbandes  zur  Geltung. 

Die  Tendenz  zur  Ausbreitung  hängt  wesentlich  von 
der  Menge  und  Wirksamkeit  des  Farbstoffes  und  der 
Empfindlichkeit  der  Platte  ab.  Bei  allzu  schwacher 
Färbung  entstehen  auch  bei  langer  Exposition  nur 
schmale  Sensibilisierungsbänder,  und  die  gleiche  Er- 
scheinung zeigen  wenig  wirksame  Farbstoffe  oder  Brom- 
silber von  geringer  Allgemeinempfindlichkeit. 

Die  eben  besprochenen  Sensibilisierungserscheinungen 
treten  in  voller  Reinheit  nur  auf,  wenn  die  photographische 
Platte  gefärbtes  Bromsilber  in  einem  farblosen  Medium 


113 


enthält.  In  der  Regel  ist  dies  nicht  der  Fall.  Beim 
Färben  der  flüssigen  Emulsion,  wie  nicht  minder  beim 
Baden  der  trockenen  Platten  in  einer  Farbstofflösung, 
wird  naturgemäss  nicht  nur  das  Bromsilber,  sondern 
auch  das  Bindemittel,  das  Kollodium  oder  die  Gelatine, 
gefärbt.  Diese  Medien  wirken  dann  als  Schirm,  als 

Lichtfilter  für  eine  bestimmte  Strahlengattung  und  ver- 
anlassen eine  Schwächung,  Verschiebung  und  Form- 
veränderung des  Sensibilisierungsbandes. 

Die  Sensibilisierungszone  übertrifft  an  Breite  stets 
die  Schirmwirkung,  weil  erster e schon  bei  mässiger  Ex- 
position zu  jener  Ausdehnung  gelangt,  welche  eine 
intensive  Farbstoffschicht  bei ' der  spektroskopischen  Be- 
trachtung zeigt.  Die  Schirmwirkung  erstreckt  sich  dagegen 
nur  auf  jene  Strahlengattungen,  welche  dem  Absorptions- 
maximum des  Farbstoffes  entsprechen,  und  veranlasst  das 
Zustandekommen  mehr  oder  weniger  tiefer,  oft  ziemlich 
scharf  begrenzter  Einsattlungen  im  Verlaufe  der  Sensi- 
bilisierungskurve. 

Die  Schirmwirkung  der  Farbstoffe  macht  sich  bei 
Gelatineplatten  viel  mehr  geltend,  als  bei  Kollodium- 
emulsionen, da  die  Gelatine  mit  Begierde  den  Farbstoff 
an  sich  zieht  und  Gelatineschichten  auch  in  sehr  ver- 
dünnten Farbstofflösungen  eine  intensive  Färbung  an- 
nehmen. 

Die  Empfindlichkeitskurven  gefärbter  Platten  ent- 
sprechen daher  fast  niemals  der  thatsächlichen  Farbstoff- 
sensibilisierung, sie  sind  vielmehr  photographische  Wirkungs- 
kurven, welche  unter  dem  Einfluss  eines  Farbstoffschirmes 
zu  stände  gekommen  sind.  Ebenso  ist  auch  die  Lage 
des  Maximums  der  Empfindlichkeit,  welche  ein  bestimmter 
Farbstoff  einer  photographischen  Platte  zu  erteilen  ver- 
mag, nicht  konstant,  sondern  hängt  wesentlich  von  ihrer 
Beschaffenheit  und  von  dem  Sensibilisierungsvorgang  ab- 
So  wird  eine  Kollodium -Emulsionsplatte  durch  Erythrosin 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  8 


L14 


hauptsächlich  für  Strahlen  von  der  Wellenlänge  557r 
d.  i.  */2  ^E7,  sensibilisiert,  eine  Gelatineplatte  zeigt  nach 
dem  Baden  in  sehr  verdünnter  Farbstofflösung  da& 
Maximum  bei  560,  benutzt  man  aber  ein  intensiv  ge- 
färbtes Bad,  so  wird  das  Sensibilisierungsmaximum  bi& 
585,  also  fast  auf  die  D-Linie  gedrängt.  Erythrosin 
kann  daher  für  Gelbgrün  oder  Gelb,  und  selbst  für 
Orange,  je  nach  Art  der  Plattenfärbung,  sensibilisieren. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  infolge  der  Schirm- 
wirkung auch  eine  Verschmälerung  des  Bandes,  ein 
scheinbares  Zusammendrängen  desselben  stattfinden  muss^ 
und  aus  diesem  Grunde  zeigen  Gelatineplatten  oft 
schmälere  Sensibilisierungszonen  als  Kollodiumplatten. 

Die  Verschiebung  und  Form  Veränderung  der  Sensi- 
bilisierung infolge  der  Schirmwirkung  wurde  zuerst  vom 
Verfasser1)  beschrieben,  und  dann  von  Dr.  G.  Eber- 
hard2) erneuert  studiert  und  bestätigt  gefunden.  Bei 
der  Präparation  der  Platte  für  Dreifarbendruck- Auf- 
nahmen ist  dieser  Umstand  von  Wichtigkeit,  da  es  gerade 
bei  diesem  Verfahren  auf  eine  bestimmte  Lage  der 
Empfindlichkeitszone  ankommt. 

1.  Sensibilisierung  für  Blaugrün.  Ein  Farb- 
stoff, der  ein  ausgesprochenes  Empfindlichkeitsmaximum 
im  Blaugrün  des  Spektrums,  also  zwischen  den  Linien  b 
und  F hervorbringen  würde,  ist  gegenwärtig  nicht  be- 
kannt, dagegen  bildet  das  von  Dr.  J.  M.  Eder3)  an- 
gegebene Acridin  ein  vorzügliches  Mittel,  um  der  photo- 
graphischen Platte  eine  fast  gleichmässige  Empfindlichkeit 
für  die  Strahlen  von  E bis  H zu  erteilen.  Aus  1,  Bei- 
lage III,  ist  das  photographische  Wirkungsband  des 
Acridins  NO  von  A.  Leonhard  in  Mühlhausen  ersichtlich;. 


1)  Photographische  Korrespondenz  1895. 

2)  Photographische  Rundschau  1896,  S.  42. 

3)  Photographische  Korrespondenz  1894,  S.  230. 


115 


es  schliesst  sich  unmittelbar  an  die  Wirkungszone 
des  reinen  Bromsilbers  an  und  zeigt  auf  Eb  ein 
kleines  Maximum,  das  wahrscheinlich  der  Schirmwirkung 
des  Farbstoffes  zuzuschreiben  ist.  Der  Farbstoff  ist 
für  Kollodiumemulsion  und  Gelatineplatten  gleich  gut 
verwendbar  und  gleich  in  der  Wirkung,  nur  ist 
bei  letzterer  das  erwähnte  Maximum  kräftiger  aus- 
gesprochen. 

Wesentlich  anders  verhalten  sich  die  rötlichen 
Acridine,  wie  Acridin  orange,  Acridin  3 B,  Acridin- 
scharlach u.  s.  w.,  sie  sensibilisieren  nur  für  einen  Teil 
der  Spektralzonen  zwischen  D und  E und  sind,  da  uns 
viel  bessere  Grünsensibilisatoren  zur  Verfügung  stehen, 
ohne  praktischen  Wert. 

2.  Sensibilisierung  für  Grün.  Einen  vorzüglichen 
Sensibilisator  für  die  rein  grünen  Spektralstrahlen  be- 
sitzen wir  im  Uranin,  dem  Natriumsalz  des  Fluoresceins. 
Man  verwendet  es  stets  als  Silbersalz,  und  seine  Wirkung 
bei  Verwendung  von  Kollodiumemulsion  ist  aus  2,  jene 
auf  Gelatineplatten  aus  3 ersichtlich. 

Bromsilber  wird  durch  Uranin,  ebenso  wie  durch 
Uraninsilber  rot  gefärbt,  und  entsprechend  dieser  Farbe 
ist  es  hauptsächlihh  für  die  grünen  Strahlen  von  D l/2  E 
bis  F empfindlich;  bei  Kollodium -Emulsionsplatten  finden 
wir  auch  thatsächlich  dieses  ganze  breite  Band  aus- 
gebildet, während  bei  Gelatineplatten,  wegen  der  Schirm- 
wirkung des  Farbstoffes,  dessen  Absorptionsmaximum 
zwischen  b und  F liegt,  nur  ein  Teil  des  Bandes  zu 
stände  kommt.  Während  bei  der  Kollodiumplatte  die 
Uraninwirkung  ohne  wesentliche  Unterbrechung  an  die 
Empfindlichkeitszone  des  Bromsilbers  anschliesst,  zeigt 
die  Gelatineplatte  ein,  durch  ein  tiefes  Minimum  ab- 
getrenntes Band,  das  bei  reichlicher  Färbung  und  Ver- 
wendung trockener  Platten  bis  in  die  gelbgrüne  Zone 
gedrängt  werden  kann. 


8* 


116 


3.  Sensibilisierung  für  Gelbgrün  und  Gelb. 
Eür  diese  Zone  des  Spektrums  bilden  die  Eosine  aus- 
gezeichnete Sensibilisatoren,  namentlich  bei  Gegenwart 
von  Silbersalzen,  welche  die  Empfindlichkeit  wesentlich 
steigern  und  die  Ausbreitung  des  Sensibilisierungsbandes 
fördern.  Wie  beim  Uranin  ist  auch  bei  allen  Eosinen 
die  Empfindlichkeitszone  bei  der  Gelatineplatte  viel 
schmäler  als  bei  der  Kollodiumplatte  und  erscheint  durch 
ein  Minimum  gegen  das  blaue  Ende  des  Spektrums  isoliert. 

Eosin  gelbstichig  zeigt  in  Kollodium -Emulsions- 
platten bei  das  Maximum,  das  photographische 

Wirkungsband  ist  aus  4 zu  entnehmen;  5 zeigt  die 
Wirkung  des  Erythrosins  mit  dem  Maximum  D2I%E, 
und  dem  Kose  bengale  kommt  ein  Maximum  zu,  das 
fast  schon  im  reinen  Gelb  liegt. 

Aus  6 sind  die  Erythrosin -Sensibilisierungskurven 
bei  Gelatineplatten  zu  entnehmen,  a entspricht  einer 
schwach,  b einer  intensiv  gefärbten  Platte. 

Koch  blaustichiger  als  das  Kose  bengale  ist  das 
Thiodichlortetrajodfluorescein,  Alpenrosa,  von  L.  Durand, 
Huguenin  & Co.  in  Hüningen,  sein  Maximum  liegt  im 
rötlichen  Gelb  der  Linie  D,  wie  aus  Kurve  7 zu  ersehen 
ist.  Ähnliche  Eigenschaften  zeigt  auch  das  Cyklamin, 
ein  sehr  kräftiger  Sensibilisator,  besonders  in  der  Form 
des  Silbersalzes. 

An  Stelle  der  Eosine  können  für  die  Sensibilisierung 
der  Zone  D bis  E auch  die  Khodamine  benutzt  werden, 
sie  sind  blaustichiger  als  die  ersteren,  und  ihre  sensi- 
bilisierende Kraft  liegt  zwischen  den  reinen  Eosinen  und 
ihren  Silbersalzen. 

Das  gewöhnliche  Rhodamin  Kurve  8 wirkt  analog 
dem  Kose  bengale,  das  blaustichige  „Rhodamin  3 B“  ent- 
spricht in  seiner  Wirkung  dem  Alpenrosa. 

Alle  Rhodamine  charakterisieren  sich  durch  ein 
schmales,  intensives  Absorptionsband,  und  da  ihnen  über- 


117 


dies  ein  sehr  bedeutendes  Färbevermögen  zukommt,  so 
tritt  sehr  leicht  eine  Deformation  des  Sensibilisierungs- 
bandes ein.  Diese  Erscheinung  ist  aus  8b  zu  entnehmen. 
Das  Band  a zerfällt  bei  stark  ungefärbten  Schichten  in 
zwei  Teile  und  das  Minimum  entspricht  dem  Absorptions- 
maximum der  feuchten,  mit  Rhodamin  gefärbten  Kollodium- 
schicht. 

Ein  sehr  brauchbarer  Sensibilisator  für  Gelbgrün 
und  reines  Gelb  ist  das  Chinolinrot.  Es  wirkt  weniger 
kräftig  als  die  Silbersalze  der  Eosine,  eignet  sich  aber 
sehr  gut  für  Mischungen  zur  Sensibilisierung  von  Gelatine- 
platten. 

4.  Sensibilisierung  für  Orange  und  Rot.  Ein 
guter  Gelb -Orange -Sensibilisator  ist  das  von  Eder  und 
Valenta1)  verwendete  blaustichige  Rhodamin  3 B:  der 
Tetraäthyl-Rhodaminäthylester,  dessen  Wirkungsband  aus  9 
zu  entnehmen  ist. 

Um  die  photographische  Platte  für  die  orangeroten 
Strahlen  des  Spektrums  empfindlich  zu  machen,  benutzt 
man  das  Cyanin,  einen  Farbstoff,  dem  wegen  seiner  Un- 
beständigkeit und  Veränderlichkeit  im  Lichte  eine  hervor- 
ragend sensibilisierende  Kraft  innewohnt,  der  aber  aus 
eben  diesen  Gründen  oft  zu  Störungen  im  photographischen 
Prozess  Veranlassung  giebt.  Während  die  Eosine,  sowie 
das  Acridin  in  der  Emulsion  klarhaltend  wirken,  und  ein 
etwas  zum  Schleiern  neigendes  Präparat  durch  den  Zusatz 
dieser  Farbstoffe  verbessert  wird,  fordert  das  Cvanin 
äusserst  klar  und  brillant  arbeitende  Bromsilberschichten. 
Auf  diesen  Umstand  hat  man,  wenn  Misserfolge  mit 
diesem  Sensibilisator  vermieden  werden  sollen,  ein  be- 
sonderes Gewicht  zu  legen. 

Badet  man  eine  Gelatinefolie  in  alkoholischer  Cyanin- 
lösung, so  erscheint  sie,  ähnlich  einer  mit  Cyanin  ver- 


i)  Photographische  Korrespondenz  1894,  S.  228. 


118 


setzten  Kollodiumschicht,  blau  gefärbt;  benutzt  man  aber 
eine  mit  viel  Wasser  verdünnte  Farbstofflösung,  oder 
behandelt  man  die  blaue  Folie  nachträglich  mit  Wasser, 
so  nimmt  sie  eine  violette  Farbe  an.  Aus  Fig.  29  sind 
die  Absorptionsverhältnisse  dieser  Schichten  in  feuchtem 
und  trockenem  Zustande  zu  entnehmen. 

Es  scheint  nun,  dass  auch  das  Bromsilber,  je  nach 
der  Behandlungsweise  der  photographischen  Platte,  durch 
Cyaninlösung  entweder  blau  oder  violett  gefärbt  werden 


Fig.  29. 


kann  und  diesen  Färbungen  entsprechend  sensibilisiert 
erscheint. 

Die  mit  Cyanin  gefärbte  Kollodium- Emulsion  müsste 
blaues  Brom silber  enthalten,  und  thatsächlich  zeigt  sie  ein 
Sensibilisierungsband,  das  dem  Absorptionsband  der  blauen 
Kollodiumschicht  sehr  ähnlich  ist. 

Das  Sensibilisierungsband  der  mit  wenig  Cyanin  ver- 
setzten Kollodium -Emulsion  ist  aus  Beilage  III,  Kurve  10, 
zu  entnehmen;  vermehrt  man  den  Farbstoffgehalt,  so  ent- 
steht auf  der  Linie  D ein  dem  Absorptionsspektrum  der 
alkoholischen  Farbstofflösung  entsprechendes  Minimum, 
daher  zwei  durch  einen  schmalen  Zwischenraum  getrennte 


119 


Bänder  zur  Ausbildung  gelangen.  Die  in  wässeriger 
Cyaninlösung  gebadete  Gelatineplatte  zeigt  dagegen  das 
in  Kurve  11  dargestellte  Sensibilisierungsband,  dessen 
Form  dem  Absorptionsband  der  trockenen,  violetten 
Gelatineschicht  sehr  nahe  kommt.  Bei  reichlich  gefärbten 
Platten  erscheinen  die  beiden  Maxima  infolge  der  Schirm- 
wirkung des  Farbstoffes  getrennt,  und  bei  nass  exponierten 
Platten  ist  das  zwischen  D und  E vorhandene  Maximum 
schwächer  ausgebildet  als  bei  trockenen  Schichten. 

Als  Sensibilisatoren  für  das  spektrale  Kot  wären 
zunächst  das  Nigrosin,  das  Alizarinblaubisulfit  zu  er- 
wähnen. Beide  wurden  von  Dr.  Eberhard  empfohlen, 
und  das  Nigrosin  wird  für  die  Sensibilisierung  rot- 
empfindlicher Gelatineplatten  vielfach  verwendet. 

Bei  Kollodium -Emulsionen  ist  aber  ihre  Wirksam- 
keit eine  für  praktische  Zwecke  unzureichende,  und  es 
muss  entweder  Chlorophyll  oder  das  von  E.  Valenta 
empfohlene  Äthylviolett  zur  Anwendung  kommen.  Das 
Sensibilisierungsband  des  Chlorophylls  ist  aus  12  zu  ent- 
nehmen. 

Die  Emulsion  wird  mit  einen  frisch  bereiteten  Aus- 
zuge von  Epheublättern  versetzt,  und  vor  der  Exposition 
badet  man  die  Platte  in  verdünnter  Boraxlösung. 

Fordert  man  breite  Sensibilisierungsbänder,  so  ist  man 
oft  zur  Verwendung  von  Farbstoffmischungen  gezwungen. 

Färbt  man  die  photographische  Schicht  mit  zwei 
Farbstoffen,  so  wird  fast  immer  die  Wirkung  jedes  ein- 
zelnen bedeutend  abgeschwächt,  und  sehr  oft  verhindert 
die  Gegenwart  des  einen  vollständig  die  Sensibilisierung 
durch  den  anderen.  Eine  mit  Cyanin  und  Eosin  ge- 
färbte Platte  zeigt  nicht  mehr  jene  hohe  Orange-  und 
Grünempfindlichkeit,  die  jeder  dieser  Farbstoffe  einzeln 
hervorbringt,  die  Intensität  und  Ausdehnung  der  Sensi- 
bilisierungsbänder ist  etwa,  wie  13  zeigt,  auf  die  Hälfte 
herabgedrückt.  Es  liegt  nahe,  diese  Erscheinung  damit 


120 


zu  erklären,  dass  man  dem  Bromsilberkorn  nur  eine  be- 
schränkte Aufnahmefähigkeit  für  Farbstoffe  zuerkennt,  dass 
also  bei  Gegenwart  mehrerer  Sensibilisatoren  nur  kleinere 
Mengen  jedes  einzelnen  an  das  Bromsilber  gebunden 
werden  können.  Doch  ist  es  anderseits  eigentümlich, 
dass  das  Verhältnis,  in  welchem  die  beiden  Farbstoffe 
gemischt  werden,  innerhalb  sehr  weiter  Grenzen  variiert 
werden  kann,  ohne  ihre  relative  Wirksamkeit  wesentlich 
zu  stören. 

Die  zweite,  bei  der  Verwendung  von  Farbstoff- 
mischungen oft  zu  beobachtende  Erscheinung  ist  das 
gänzliche  Ausbleiben  der  Wirkung  eines  Farbstoffes. 
Dieser  Fall  tritt  selbstverständlich  immer  ein,  wenn  die 
Beschaffenheit  oder  Behandlung  der  Platte  dem  Zustande- 
kommen der  Sensibilisierung  durch  einen  der  Farbstoffe 
nicht  entspricht.  So  zerstört  z.  B.  Silbernitrat  die  Farbe 
des  Cyanins;  wird  daher  eine  mit  Cyanin  und  Eosin  ge- 
färbte Kollodium -Emulsionsplatte  in  Silbernitrat -Lösung 
gebadet,  so  kann  sie  nur  die  Eosin -Sensibilisierung  zeigen. 

W'enn  aber  auch  die  Umstände  für  die  Wirkung 
beider  Farbstoffe  günstig  sind,  kann  doch  das  Sensi- 
bilisierungsband des  einen  gänzlich  unterdrückt  werden. 
In  dieser  Beziehung  scheint  besonders  der  chemische 
Charakter  der  Farbstoffe  eine  Rolle  zu  spielen;  Farbstoffe 
derselben  Gruppen  wirken  meist  nebeneinander,  während 
sich  solche  von  sehr  verschiedenem  chemischen  Bau  oft 
störend  beeinflussen.  Auch  lassen  sehr  kräftige  Sensi- 
bilisatoren schwach  wirkende  nicht  zur  Geltung  gelangen, 
und  schliesslich  hat  auch  die  Schirmwirkung  des  einen 
Farbstoffes  oft  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  das  Sensi- 
bilisierungsband des  zweiten. 

Soll  ein  gemischter  Farbensensibilisator  in  allen 
Teilen  zur  Geltung  kommen,  so  hat  man  stets  thunlichst 
ähnlich  konstituierte  und  gleich  stark  wirkende  Farbstoffe 
zu  verwenden,  die  schon  in  sehr  geringen  Mengen  zur 


121 


Yollen  Geltung  gelangen  und  keine  zu  intensiven  Ab- 
sorptionsstreifen zeigen. 

Die  Silbersalze  der  Eosine  lassen  zwar  die  Rhodamine 
zur  Geltung  kommen,  verhindern  aber  die  Sensibilisierung 
durch  Acridin,  Nigrosin,  Chinolinrot  u.  s.  w.  Man  wird 
daher  entweder  die  Silbersalze  der  Eosine  oder  silberfreie 
Farbstoffe  für  Mischungen  zu  benutzen  haben.  Um  z.  B. 
ein  von  C bis  H fast  gleichmässig  deckendes  Band  zu 
erzielen,  kann  man  bei  Kollodiumplatten  die  Kombina- 
tionen : Uranin  - Eosin  - Alpenrosa  (oder  Cyklamin)  als 

Silbersalze  oder  bei  Gelatineplatten  die  Mischung:  Acridin- 
Chinolinrot- Cyanin  benutzen. 

Eine  ausgezeichnete  Abhandlung  über  die  Anwenduug 
von  Farbstoffgemischen  zur  Sensibilisierung  von  Brom- 
silber-Gelatineplatten verdanken  wir  Dr.  G.  Eberhard1). 

Eine  für  die  Zwecke  des  Dreifarbendruckes  sehr 
brauchbare  und  gut  haltbare,  fast  für  alle  Farben  empfind- 
liche Platte  erhält  man  nach  Dr.  Miethe  in  folgender 
Weise: 

Zur  Verwendung  kommen  Cyanin,  Chinolinrot  und 
Glycinrot,  die  man  einzeln,  je  1 g in  500  ccm  Alkohol 
löst  und  der  Cvaninlösung  einige  Tropfen  Ammoniak  zufügt. 

Zur  Herstellung  des  Sensibilisierbades  werden 
Glycinrot  1 : 500  .....  20  ccm, 

Chinolinrot  1:500.  . . . 20  „ 

Alkohol 50  „ 

Wasser 100  „ 

gemischt,  die  Flüssigkeit  einige  Stunden  stehen  gelassen, 
dann  1 ccm  Cyaninlösung  1:500  zugesetzt  und  filtriert. 
Die  so  gewonnene,  jetzt  vollkommen  klare,  violette  Flüssig- 
keit wird  weiter  mit  100  ccm  Alkohol  und  200  ccm 
Wasser  verdünnt  und  1 ccm  Cyaninlösung  und  5 ccnr 
Ammoniak  zugesetzt. 


i)  Archiv  für  wissenschaftliche  Photographie  1899,  Seite  142.. 


CAMERA 


J Ö 


Catalogued  & indexec 

s r\  o -i- 


122 


Diese  Badeflüssigkeit  hält  sich,  im  Dunkeln  auf- 
bewahrt, wochenlang  vollkommen  brauchbar. 

Die  zu  sensibilisierenden  Gelatineplatten  werden  in 
dieser  Lösung  l1^  bis  2 Minuten  gebadet,  2 Minuten 
unter  einem  Hahn,  dann  noch  kurz  in  einer  Tasse  mit 
destilliertem  Wasser  abgespült  und  schliesslich  getrocknet. 

Das  Sensibilisierungsband  dieser  Platte  ist  aus 
Kurve  14,  Beilage  III,  ersichtlich. 

Neuester  Zeit  ist  es  Dr.  Miethe  gelungen,  mit  Hilfe 
■eines  neuen  Farbstoffes,  der  als  „Äthylrot“  bezeichnet  \ 
wird,  eine  fast  völlig  panchromatische  Platte  herzustellen. 

Sie  zeichnet  sich  überdies  durch  hohe  Empfindlichkeit 
aus  und  dürfte  für  die  Technik  des  Dreifarbendruckes 
eine  hervorragende  Bedeutung  gewinnen.  0.  Perutz  hat 
die  Herstellung  dieser  Platten  übernommen  und  bringt 
sie  als  „Perchromo- Platten“  in  den  Handel.  Kurve  15, 
Beilage  III,  zeigt  ihr  Sensibilisierungsband. 

Wenn  man  aus  der  Sensibilisierungskurve  auf  das 
Verhalten  der  Platte  bei  der  Photographie  farbiger  Ob- 
jekte schliessen  will,  so  hat  man  zu  berücksichtigen,  dass 
im  prismatischen  Spektrum  die  roten  und  gelben  Strahlen, 
weil  sie  auf  eine  kleine  Fläche  zusammengedrängt  sind, 
viel  kräftiger  wirken,  als  die  blauen. 

Auf  diesen  Umstand  hat  Dr.  Neuhau ss  schon  vor 
mehreren  Jahren  aufmerksam  gemacht  und  für  die  Unter- 
suchung farbenempfindlicher  Platten  das  Gitterspektrum 
empfohlen. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  die  mit  dem 
Gitterspektrographen  erzielten  Resultate  ein  richtiges  Urteil 
über  die  praktische  Farbenempfindlichkeit  einer  Platte 
ermöglichen,  doch  ist  das  Spektrum  ziemlich  lichtschwach, 
und  geringe  Wirkungen  der  weniger  brechbaren  Strahlen, 
die  uns  gerade  am  meisten  interessieren,  können  leicht 
ganz  übersehen  werden. 


Exponiert  man  z.  B.  eine  rotempfindliche  Handels- 
platte im  Gitterspektrum,  so  kommt  ihre  Rotempfindlich- 
keit gar  nicht  zur  Geltung,  so  dass  man  sie  für  eine 
unorthochromatische  Platte  halten  könnte,  und  doch  ver- 
mag sie  bei  vorgeschaltetem  Filter  und  genügend  langer 
Belichtung  rote  Pigmente  hell  wiederzugeben. 

Aus  diesem  Grunde  dürfte  es  zweckmässiger  sein, 
den  gegenwärtig  allgemein  gebräuchlichen  Prismen- 
spektrographen  auch  ferner  beizubehalten  und  seine 
Resultate  in  der  Seite  21  angegebenen  Weise  auf  das 
N ormalspektrum  um  zurechnen . 

Werden  genaue  Resultate  gefordert,  so  muss  aller- 
dings die  Dichtigkeit  des  mit  dem  Prisma  erhaltenen 
Bandes  zunächst  an  verschiedenen  Stellen  gemessen 
werden,  wozu  man  sich  am  besten  des  Martensschen 
Polarisations  - Photometers  bedient,  das  von  Schmidt 
& Haensch  in  einer  für  solche  Zwecke  sehr  bequemen 
Form  gebracht  wurde. 

Wie  bedeutend  die  Unterschiede  in  der  Wirkungs- 
weise beider  Spektren  sind,  soll  schliesslich  noch  an 
einigen  Beispielen  gezeigt  werden. 

Die  Kurve  a (Fig.  30)  entspricht  einer  mit  Erythrosin 
sensibilisierten  Gelatineplatte;  aus  der  Aufnahme  des 
Prismenspektrums  würde  man  auf  gleiche  Empfindlich- 
keit für  Gelbgrün  und  Blau  schliessen,  während  aus  der 
dem  Normalspektrum  entsprechenden  Kurve  die  that- 
sächlich  nur  geringe  Empfindlichkeit  für  die  gelbgrünen 
Strahlen  zu  ersehen  ist. 

Die  Kurven  b zeigen  eine  Gelatineplatte,  die  bei 
der  Exposition  im  Prismenspektrum  eine  scheinbar  be- 
deutendere Rotempfindlichkeit  aufweist.  Im  Normal- 
spektrum ist  aber  diese  Empfindlichkeit  für  Rot  nur 
gering,  und  thatsächlich  macht  sie  sich  bei  der  Aufnahme 
eines  farbigen  Objektes  — ohne  Strahlenfilter  — kaum 
bemerkbar. 


124 


Die  Eosinsilber -Kollodium platte  c wäre,  wenn  man 
nach  der  Sensibilisierungskurve  im  Prismenspektrum 
urteilen  wollte,  fast  nur  für  Gelbgrün  empfindlich, 
während  sie  gelbgrüne  Pigmente  doch  nicht  heller  als 
blaue  wiedergiebt,  was  mit  ihrem  Verhalten  im  Normal- 
spektrum  im  Einklänge  steht. 

Eine  Platte  d,  die  im  Prismen  Spektrum,  eine  gleiche 
Wirksamkeit  aller  Strahlengattungen  zeigen  würde,  wäre, 

Prismen-Spectrum  Gitter-Spectrum 

CDEbF  G HC  0 EbFGH 

Erythrosin-Gel. -P, 

Rothempfindl. 
Gel.-P. 

Eosin-Collod.  -P. 


Panchromat.  P. 


Isochromat.  PI. 

Fi g.  30. 


wie  die  Kurve  im  Normalspektrum  erkennen  lässt,  für 
die  weniger  brechbaren  Strahlen  so  wenig  empfindlich, 
dass  sie  rote  Objekte  fast  schwarz  wiedergeben  müsste. 

Sollen  alle  gleich  gesättigten  und  gleich  reinen 
Farbstoffe  in  ihrer  Photographie  gleich  hell  erscheinen, 
so  muss  die  Platte  gleiche  Empfindlichkeit  für  alle 
Strahlen  des  Normalspektrums  zeigen,  ihre  Sensibilisierungs- 
kurve also  einer  geraden  Linie  entsprechen.  Im  Prismen- 
spektrum müsste  daher  die  Platte  eine  durch  die  Kurve  e 
dargestellte  Empfindlichkeit  besitzen. 


125  — 


Zum  Schluss  mögen  hier  noch  einige  Bemerkungen  über 
die  Bezeichnung  farbenempfindlicher  Platten  Platz  finden- 

Die  Bezeichnung  „orthochromatisch“  wird  für 
photographische  Platten  angewendet,  welche  die  Möglich- 
keit bieten,  ein  farbiges  Original  derart  zu  photographieren, 
dass  die  Earben  entsprechend  ihrer  Helligkeit  abschattiert 
erscheinen.  Sie  sind  nur  für  Gelbgrün  und  Blau  empfindlich, 
vermögen  also  rote  Töne  nicht  genügend  hell  wiederzugeben. 

„Panchromatisch“  nennt  man  Platten,  welche  für 
alle  Earben  empfindlich  sind,  wobei  jedoch  das  Empfind- 
hchkeits -Verhältnis  für  die  einzelnen  Strahlengattungen 
sehr  verschieden  sein  kann.  Durch  Vorschalten  von 
Filtern  lässt  sich  ihr  Sensibilisierungsband  dem  jeweiligen 
Zwecke  umformen. 

Der  Ausdruck  „isochromatisch“  wurde  früher  oft 
als  gleichbedeutend  mit  orthochromatisch  angewendet,  es 
dürfte  sich  jedoch  empfehlen,  diese  Bezeichnung  nur  in 
der  von  C.  Bonacini1)  präzisierten  Bedeutung  für  Platten 
zu  benutzen,  welche  für  alle  Strahlen  des  Normalspektrums 
gleiche  Empfindlichkeit  besitzen.  Sie  müssten  daher 
derart  sensibilisiert  sein,  dass  die  Photographie  des 
Normalspektrums  ein  in  allen  Teilen  gleich  dichtes  Band 
ergiebt,  und  sind  daher  durch  die  oben  besprochenen 
Kurven  e charakterisiert.  Solche  Platten  lassen  sich  zwar 
gegenwärtig  nicht  hersteilen,  doch  lässt  sich  der  iso- 
chromatische Effekt  auch  durch  panchromatische  Platten 
im  Verein  mit  passenden  Filtern  erzielen. 

b)  Die  Strahlenfilter. 

Um  die  Wirkung  gewisser  Strahlengattungen  von 
der  photographischen  Platte  auszuschliessen,  schaltet  man 
vor  oder  hinter  das  Objektiv  oder  auch  unmittelbar  vor 
die  lichtempfindliche  Schicht  ein  durchsichtiges,  farbiges 

i)  C.  Bonacini:  La  fotografia  dei  colori.  Ulrico  Hoepli, 
Milano  1897. 


126 


Medium  — eine  gefärbte  Glasplatte,  ein  Kollodium-  oder 
Gelatinehäutchen,  eine  mit  farbiger  Flüssigkeit  gefüllte 
Glascuvette  — , und  bezeichnet  diese  Körper  als  Licht- 
oder Strahlenfilter. 

Die  Yom  Filter  absorbierten  Strahlen  gelangen  nicht 
mehr  zur  photographischen  Schicht,  daher  sich  diese 
ebenso  verhält,  als  ob  sie  für  diese  Strahlengattungen 
gar  nicht  empfindlich  wäre.  Schaltet  man  z.  B.  vor  das. 
Objektiv  eine  gelbe  Glasplatte,  welche  alle  blauen  und 
violetten  Strahlen  absorbiert,  so  wird  sich  mit  einer 
nassen  Kollo dinmplatte  keinerlei  photographische  Wirkung 
erzielen  lassen,  da  die  Platte  ihrer  Blau -Violettempfind- 
lichkeit gleichsam  beraubt  wird.  Benutzt  man  anderseits 
ein  Filter,  welches  Strahlen  absorbiert,  die  auf  die  photo- 
graphische Platte  wirkungslos  sind,  so  kann  damit  keinerlei 
Effekt  erzielt  werden.  Würde  man  z.  B.  vor  einer 
Bromsilber  - Kollodiumplatte  ein  Methylenblaufilter  an- 
bringen, so  wird  sich  die  Aufnahme  in  keiner  Weise 
von  einer  solchen  ohne  Strahlenfilter  unterscheiden,  denn 
es  ist  ganz  gleichgültig,  ob  die  gelben  Strahlen  bis  zur 
Platte  gelangen,  oder  ob  sie  durch  das  Filter  aufgehalten 
werden. 

Die  Wirksamkeit  eines  Filters  wird  nicht  durch  seine 
Farbe,  sondern  lediglich  durch  sein  Absorptionsband  be- 
stimmt; so  können  sich  z.  B.  durchsichtige  Körper  von 
gleichem,  grünem  Farbenton  als  Filter  sehr  verschieden 
verhalten,  da  ihnen  verschiedene  Absorptionsspektren 
zukommen. 

Mit  zunehmender  Sättigung  der  Filterfarbe  gewinnt 
das  Absorptionsband  an  Ausdehnung  und  verhindert  dann 
den  Durchgang  von  Strahlengattungen,  welche  das 
weniger  intensive  Filter  fast  anstandslos  passieren  können. 
Eine  verdünnte  Lösung  von  Eosin  absorbiert  nur 
die  grünen  Strahlen,  wird  also  als  Filter  eine  ge- 
wöhnliche Platte  in  keiner  Weise  beeinflussen,  während 


sich  eine  konzentrierte  Lösung,  der  ein  über  das  Blau 
und  Yiolett  reichendes  Band  zukommt,  wie  eine  Gelb- 
scheibe verhält. 

Es  genügt  daher  nicht,  eine  Farbstofflösung  als 
Filtersubstanz  zu  bezeichnen,  es  ist  vielmehr  auch  die 
Angabe  ihrer  Konzentration  und  die  Dicke  der  zu  ver- 
wendenden Schicht  unbedingt  erforderlich,  wenn  eine 
...  bestimmte  Wirkung  hervorgebracht  werden  soll. 

Bei  Verwendung  von  Platten,  welche  für  alle  Strahlen- 
gattungen die  gleiche  Empfindlichkeit  besitzen,  würde 
jedes  beliebige  Filter  zur  vollen  Wirkung  gelangen, 
während  bei  den  meisten  farbenempfindlichen  Platten* 
welche  nur  für  einzelne  Bezirke  des  Spektrums  sensibilisiert 
sind,  die  das  Filter  durchsetzenden  Strahlen  nur  nach 
Massgabe  der  Plattenempfindlichkeit  wirksam  sein  können. 
Dasselbe  Filter  wird  daher  bei  verschieden  sensibilisierten 
Platten  ganz  verschiedene  Resultate  geben,  und  um  die 
Strahlen  einer  bestimmten  Spektralzone  auf  die  Platte 
wirken  zu  lassen,  muss  das  Filter  zur  vorhandenen 
Plattenempfindlichkeit  abgestimmt  werden.  Dabei  kann 
man  jenen  Strahlen,  für  welche  die  Platte  nicht  empfind- 
lich ist,  ungehindert  den  Durchgang  durch  das  Filter 
gestatten.  Man  wird  daher,  wenn  sich  nur  bestimmte 
Farbenstrahlen  an  der  photographischen  Aufnahme  be- 
teiligen sollen,  die  Platte  für  den  gewünschten  Teil  des 
Spektrums  empfindlich  machen  und  das  Filter  derart 
wählen,  dass  die  Wirkungszone  des  sensibilisierenden 
Farbstoffes  passend  eingeschränkt  und,  wenn  nötig,  auch 
in  einzelnen  Teilen  abgeschwächt  wird. 

Solche,  nur  die  Sensibilisierungszone  modifizierende 
Filter  sind  selbstverständlich  nur  bei  Platten  von  ganz 
bestimmten  Empfindlichkeitsverhältnissen  verwendbar  und 
können  als  „Korrektionsfilter“  bezeichnet  werden.  Will 
man  z.  B.  nur  die  grünen  Strahlen  des  Spektrums  zur 


128 


Wirkung  gelangen  lassen,  so  wird  man  die  Platte  mit 
Fluoresceinsilber  sensibilisieren,  wobei  sie  den  grössten 
Teil  ihrer  normalen  Blau-Yiolettempfindlichkeit  behält. 
Um  letztere  auszuschliessen,  genügt  es,  ein  gelbes  Medium 
als  Korrektionsfilter  vor  das  Objektiv  zu  legen,  es  wirkt 
ebenso  wie  ein  vollkommenes  Filter  von  grüner  Farbe. 

Für  die  Beurteilung  eines  Filters  benutzt  man  meist 
das  Spektroskop,  wobei  man  jedoch  zu  berücksichtigen 
hat,  dass  die  Ausdehnung  des  Absorptionsbandes  wesent- 
lich von  der  Intensität  des  durchfallenden  Lichtes  ab- 
hängt (Seite  46).  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  spektro- 
graphischen  Prüfung.  Auch  hier  ist  die  Intensität  der 
Lichtquelle  von  Einfluss  auf  das  Kesultat,  und  da  über- 
dies während  der  Exposition  die  Lichteindrücke  auf  der 
Platte  summiert  werden,  so  wird  die  abgebildete  Aus- 
dehnung der  Filteröffnung  auch  von  der  Dauer  der  Be- 
lichtung abhängen. 

Die  spektroskopische  Untersuchung  eines  Filters  muss 
sich  daher  mit  dem  Resultat  der  Spektrumphotographie 
keineswegs  decken  und  bei  Verwendung  empfindlicher 
Platten  mit  starker  Ausbreitungstendenz  der  Sensibili- 
sierungszone können  bedeutende  Differenzen  auf  treten. 
Ein  Grünfilter  z.  B.,  das  bei  der  spektroskopischen  Be- 
trachtung eine  nur  schmale  Öffnung  bei  Eb  zeigt,  lässt 
vielleicht  auch  die  benachbarten  Strahlen  bis  D und  F 
durch,  allerdings  so  geschwächt,  dass  sie  für  das  Auge 
nicht  mehr  wahrnehmbar  sind.  Für  eine  kräftig  grün- 
sensibilisierte Gelatineplatte  können  sie  aber  noch  sehr 
wirksam  sein,  und  die  Photographie  des  Spektrums  wird 
dann  bei  ausreichender  Exposition  ein  breites,  gegen  D 
und  F verlaufendes  Band  zeigen.  Aus  der  im  Spektro- 
skop wahrnehmbaren  Beschaffenheit  eines  Filters,  lässt 
sich  daher  seine  Wirkung  als  Schirm  vor  der  photo- 
graphischen Platte  kaum  beurteilen,  nur  die  Exposition 
des  Spektrums  liefert  zutreffende  Resultate,  die  sich  aber, 


— 129  — 

wie  Seite  100  erörtert  wurde,  nur  mit  Vorsicht  auf  die 
Verhältnisse  in  der  Kamera  übertragen  lassen. 

In  der  Praxis  benutzt  man  als  Filter  nur  selten  in 
der  Masse  gefärbte  Gläser,  da  solche,  wenn  ganz  be- 
stimmte Absorptionsverhältnisse  gefordert  werden,  schwierig 
zu  erzeugen  sind,  sondern  man  wählt  entsprechende 
Teerfarbstoffe  und  benutzt  sie  entweder  als  Lösungen  in 
Cuvetten,  oder  man  stellt  gefärbte  Kollodium-,  Gelatine-  oder 
Lackschichten  her.  Dabei  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die 
verschiedene  Verwendungsart  der  Farbstoffe  oft  von  Einfluss 
auf  die  Form  und  Lage  des  Absorptionsbandes  ist,  dass 
man  also  verschiedene  Resultate  erhält,  wenn  ein  Farbstoff 
als  Lösung  oder  in  fester,  trockener  Schicht  benutzt  wird. 

1.  Gelbfilter.  Die  gelben  Filterschichten  absorbieren 
stets  das  gesamte  Violett  und  je  nach  dem  Farbenton 
mehr  oder  weniger  Blau  oder  Blaugrün.  Das  Absorptions- 
band erstreckt  sich  daher  bei  grünlichem  Gelb  bis  I] 
bei  einem  gelben  Medium  bis  AU^A7;  mit  zunehmender 
Verdünnung  bleibt  das  Ende  der  Absorption  in  diesen 
Punkten  stehen,  und  die  Kurve  steigt  immer  flacher 
gegen  Violett  an. 

Als  Typus  für  die  grünlichgelben  Filter  kann  die 
Pikrinsäure  gelten,  deren  Absorptionsband  aus  1 (Fig.  31) 
ersichtlich  ist;  der  konzentrierten  Lösung  entspricht  das 
Band  1,  mit  zunehmender  Verdünnung  entstehen  die 
Bänder  2 und  3.  Aus  dem  Anblick,  den  das  Absorptions- 
spektrum der  verdünnten  Farbstofflösung  gewährt,  könnte 
man  zwar  schliessen,  dass  sich  ihr  Absorptionsband  nur 
auf  das  Violett  erstreckt  und  bei  Gr  endet;  die  Spektrum- 
photographie mit  vorgeschaltetem  Filter  lehrt  aber,  dass 
die  Breite  des  Bandes  fast  unabhängig  von  der  Kon- 
zentration der  Lösung  ist. 

Die  Pikrinsäure  absorbiert  nicht  das  ganze  Ultra- 
violett, sondern  ihr  Absorptionsband  verläuft  sehr  all- 
mählich hinter  der  Linie  M. 


von  H ü b 1 , Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl. 


9 


130 


Da  die  Empfindlichkeit  der  Bromsilberplatte  bei  M 
schon  sehr  gering  ist  (siehe  Seite  110),  so  kann  man  an- 
nehmen, dass  die  Pikrinsäure  auch  einen  vollkommenen 
Schutz  gegen  die  Wirkung  der  ultravioletten  Strahlen 
gewährt. 

Pikrinsäurefilter  von  geringer  Konzentration  üben 
auf  die  gewöhnliche  Gelatineplatte  fast  keinen  Einfluss 


Pikrinsäure 


Aurantia 


Chrysoidin 


a Saffranin 
b Acridin  R. 


K2  Pt  Cl4 


Rhodamin- 

Mischung 


Pyoktanin 


Säuregrün 


aus,  sie  verzögern  die  Exposition  nur  wenig  und  ändern 
auch  nur  unbedeutend  die  photographische  Wirkung  der 
Pigmentfarben.  Kollodirsmplatten  dagegen  erfordern  nach 
dem  Yorschalten  eines  solchen  Eilters  wesentlich  längere 
Expositionen,  und  ihre  Maximalempfindlichkeit  wird  von 
Yiolett  über  G verschoben,  so  dass  sie  die  der  Gelatine- 
platte zukommende  photographische  Wirkungskurve  zeigen. 
Die  photographische  Wirksamkeit  der  Pigmentfarben  wird 
aber  auch  in  diesem  Falle  nur  wenig  irritiert. 


131 


Für  die  rein  gelben  Strahlenfilter  ist  das  Verhalten 
des  Naphtholgelb  charakteristisch.  Sein  Absorptionsband 
reicht  über  F und  zeigt  sonst  die  erwähnten  Eigen- 
tümlichkeiten des  Pikrinsäurebandes.  Analog  diesem 
Farbstoff  verhält  sich  die  Lösung  von  einfach  chrom- 
saurem Kalium. 

Die  gewöhnliche  Kollodiumplatte  lässt  sich  durch 
diese  Strahlenfilter  nicht  exponieren,  dagegen  giebt  die 
Gelatineplatte  nach  sehr  langer  Belichtung  ein  voll- 
ständiges Bild,  das  sich  aber  bezüglich  der  den  Pigmenten 
entsprechenden  Abschattierung  nicht  allzu  sehr  von  der 
Aufnahme  ohne  Filter  unterscheidet.  Blaue  und  grüne 
Pigmente  erscheinen  am  lichtesten,  gelbe  und  rote  haben 
kaum  gewirkt.  Diese  Erscheinung  erklärt  sich  durch  die 
Verschiebung,  welche  das  photographische  Wirkungsband 
durch  Vorschalten  eines  solchen  Filters  erleidet  und  die 
aus  nachstehender  Fig.  32  zu  ersehen  ist:  Das  Maximum 
bleibt  zwischen  F und  G erhalten,  und  den  Raum 
zwischen  F und  D deckt  nur  ein  leichtes  Schattenband. 

2.  Orange filter.  Durchsichtige  Körper  von  dieser 
Farbe  können  entweder  das  gesamte  Violett,  Blau  und 
Grün  gleichmässig  absorbieren,  oder  sie  zeigen  eine 
relativ  sehr  kräftige  Absorption  zwischen  F und  G , die 
langsam  gegen  E und  H abnimmt. 

Orangefilter  der  ersten  Art  liefert  Aurantia  und 
Metylorange  in  Lösung  oder  als  Kollodiumschicht,  dann 
Kaliumdichromat -Lösung,  während  die  Filter  der  zweiten 
Art  im  Chrysoidin  einen  Repräsentanten  besitzen.  Das 
Absorptionsband  der  Aurantiaschicht  ist  aus  2 (Fig.  31) 
für  drei  Konzentrationen  1,  2,  3 zu  entnehmen.  Nach 
0.  Buss1)  endet  das  Band  im  ultravioletten  Teile  des 
Spektrums  und  reicht  nicht  weit  über  das  sichtbare 
Violett.  Das  Aurantiafilter  schützt  daher  die  photo- 


i)  Photographische  Korrespondenz  1896,  S.  368. 

9 


132 


graphische  Platte  nur  unvollkommen  gegen  die  Wirkung 
der  ultravioletten  Strahlen,  doch  können  sich  diese  stets 
nur  bei  sehr  langen  Expositionen  bemerkbar  machen. 

Das  Absorptionsband  des  Chrysoidins  ist  aus  3 er- 
sichtlich, es  lässt  nicht  nur  die  ultravioletten,  sondern 
auch  die  sichtbaren  violetten  Strahlen  — allerdings  sehr 
abgeschwächt  — passieren  und  entspricht  in  seinem 
Yerlaufe  fast  vollständig  der  Empfindlichkeitskurve  einer 
Gelatineplatte.  Aus  diesem  Grunde  verschiebt  das 
Chrysoidinfilter  das  Empfindlichkeitsmaximum  dieser 
Platte  in  ganz  anderer  Weise,  wie  Naphtholgelb  und 


Chrysoidin-Filter 


Gelbscheibe 


Fi  g-  32- 

Aurantia.  Eig.  32  zeigt  die  Aufnahme  des  Spektrums 
mit  gewöhnlicher  Bromsilbergelatine- Platte  hinter  einem 
Chrysoidinschirm.  Das  Empfindlichkeitsmaximum  ist 
nach  Gelbgrün  verschoben,  und  wenn  man  die  blauen 
und  violetten  Strahlen  durch  ein  Naphtholgelbfilter  von 
der  Platte  fernhält,  dann  wird  sich  diese,  Pigmentfarben 
gegenüber  ebenso  verhalten,  als  ob  sie  für  die  Spektral- 
zone DE  sensibilisiert  wäre.  Ives1)  benutzt  diese  Filter- 
kombination, um  mit  ungefärbten  Gelatineplatten  ortho- 
chromatische Aufnahmen  durchzuführen.  Es  gelingt  dies 
auch  thatsächlich , doch  sind  enorm  lange  (200  bis 
600  fache)  Expositionen  erforderlich. 

Ähnlich  dem  Chrysoidin  verhält  sich  das  Acridin 
von  Leonhard  in  Mühlhausen,  nur  ist  sein  Absorptions- 
band etwas  schmäler  und  endet  ziemlich  schroff  bei  der 


i)  Photographische  Korrespondenz  1895,  S.  494- 


133 


Linie  G.  Eine  Acridinlösung  lässt  daher  das  gesamte 
sichtbare  Violett  ungeschwächt  durch. 

3.  Rotfilter.  Das  Absorptionsband  der  für  Rot- 
filter geeigneten  Substanzen  liegt  entweder  zwischen  D 
und  F , oder  es  deckt  das  ganze  sichtbare  Spektrum  von 
H bis  E und  verläuft  dann  meist  sanft  bis  D. 

Die  meisten  Teerfarbstoffe  gehören  der  ersten  Gruppe 
an.  Ist  ein  steiler  Abfall  gegen  das  rote  Ende  des 
Spektrums  erwünscht,  so  benutzt  man  die  Eosine  oder 
Rhodamine  am  besten  als  Lösungen,  erscheint  dagegen 
ein  sanfter  Verlauf  der  Bandränder  wünschenswert,  so 
sind  Farbstoffe  aus  der  Gruppe  der  Azokörper  besser 
geeignet.  Die  Kurve  4 (Eig.  31)  zeigt  die  Absorption 
einer  Biebricher  Scharlachlösung  oder  einer  mit  Safranin 
gefärbten  Kollodiumschicht.  Soll  auch  die  Wirkung  der 
blauen  und  violetten  Strahlen  verhindert  werden,  so 
kombiniert  man  diese  Eilter  mit  einer  Gelb-  oder  Orange- 
schicht. Bei  den  breitbandigen  Eiltern  der  zweiten 
Gruppe  ist  dies  nicht  nötig,  und  als  Repräsentant  der- 
selben mag  die  Lösung  des  Kaliumplatinchlorürs  — 
Kurve  5 — erwähnt  werden. 

Die  geringe  Menge  der  blauen  Strahlen,  welche  diese 
Lösung  durchlässt,  ist  nur  mit  Hilfe  des  Spektrographen 
zu  konstatieren  und  kann  nur  bei  sehr  langer  Exposition 
zur  Geltung  gelangen. 

Durch  Kombination  mehrerer  Farbstoffe  kann  man 
die  Öffnung  des  Filters  beliebig  einschränken.  Wollte 
man  z.  B.  einen  Schirm  hersteilen,  der  nur  das  spektrale 
Rot  durchlässt,  so  könnte  eine  mit  blaustichigem  Rhodamin 
gefärbte  Kollodiumschicht  (je  0,5  g Rhodamin  3B  und 
Tetraäthyl -Rhodaminäthylester  auf  100  ccm  Kollodium) 
mit  einer  Aurantia-Naphtholgelb- Lackschicht  kombinieren. 
Das  Band  der  Rhodaminschicht  ist  aus  6 ersichtlich. 
Die  genannte  Kombination  lässt  lediglich  die  Strahlen 
von  A bis  C passieren. 


134 


4.  Violett-  und  Blaufilter.  Um  die  photo- 
graphische Platte  gegen  die  Wirkung  der  gelbgrünen 
und  gelben  Strahlen  zu  schützen,  benutzt  man  eine 
Lösung  von  Methyl  violett  oder  besser  das  gegen  Säuren 
unempfindliche  Säure  violett  oder  Py  oktanin. 

Die  trockene  Kollodiumschicht  ist  blau  gefärbt  und 
zeigt  ein  breites,  verwaschenes,  zwischen  C und  F liegendes 
Band  — Kurve  7 (Fig.  31). 

Sehr  geeignet  für  blaue  Kollodium -Trockenfilter  ist 
das  Viktoriablau  wegen  seiner  leichten  Löslichkeit  in 
Alkoholäther.  Die  Absorptionsbänder  der  blauen  Teer- 
farbstoffe beginnen  nicht  im  äussersten  Kot,  sondern 
lassen  zwischen  A und  G stets  eine  Lücke  offen,  dagegen 
zeigen  die  Lösungen  von  Kupfersalzen,  wie  Kupfervitriol 
oder  Kupferoxydammoniak,  dann  die  Lösung  von  Berliner- 
blau in  Oxalsäure  vollkommene  Endabsorption. 

Die  konzentrierte  Kupferoxydammoniak- Lösung,  wie 
man  sie  beim  Versetzen  einer  Kupfervitriol-Lösung  mit 
Ammoniak  erhält,  absorbiert  alle  Strahlen  vom  roten 
Ende  des  Spektrums  bis  über  F,  lässt  die  blauen 
ungehindert  durch  und  absorbiert  die  sichtbaren  violetten 
grösstenteils  und  die  ultravioletten  vollständig. 

5.  Grünfilter.  Die  verdünnten  Lösungen  grüner 
Teerfarbstoffe  zeigen  bei  der  spektroskopischen  Betrach- 
tung nur  ein  schmales  Band  in  der  Nähe  der  Linie  C\ 
die  spektrographische  Prüfung  lehrt  jedoch,  dass  diese 
Pigmente  nicht  nur  das  Ultraviolett,  sondern  auch  einen 
Teil  des  sichtbaren  Violett  und  Blau  absorbieren  und  in 
dieser  Beziehung  ähnlich  einem  Pikrisäurefilter  wirken. 
Mit  zunehmender  Konzentration  wird  diese  Endabsorption 
auch  im  Spektroskop  sichtbar,  und  sehr  dichte  Schichten 
decken  das  ganze  Spektrum  mit  Ausnahme  einer  im  Grün 
oder  Blaugrün  liegenden  schmalen  Zone. 

Das  Absorptionsspektrum  8 entspricht  einer  Lösung 
von  Säuregrün;  wie  man  sieht,  gestattet  die  konzentrierte 


135 


Flüssigkeit  lediglich  den  zwischen  b und  F gelegenen 
Strahlen  den  Durchgang. 

Durch  Mischung  dieses  Farbstoffes  mit  Pikrinsäure 
oder  einer  Lösung  von  chromsaurem  Kalium  lassen  sich 
Filter  hersteilen,  deren  Öffnung  einer  bestimmten  Gattung 
grüner  Strahlen  entspricht.  So  liefert  z.  B.  eine  Mischung 
von  20  ccm  einer  gesättigten  Lösung  von  einfach  chrom- 
saurem Kalium  mit  5 ccm  Säuregrün  1 : 1000  eine  Filter- 
flüssigkeit, die  in  1 cm  dicker  Schicht  nur  die  grünen 
Strahlen  zwischen  E und  b passieren  lässt.  Dem  Säure- 
grün kommt  keine  vollständige  Endabsorption  im  Bot 
za;  diese  Lücke  kann  durch  Zusatz  von  Kupfervitriol- 
Lösung  geschlossen  werden. 

Die  als  Strahlenfilter  dienenden  gefärbten  Schichten 
werden  vor  oder  hinter  dem  Objektiv  oder  auch  knapp 
vor  der  empfindlichen  Platte  angebracht.  Damit  die 
Schärfe  des  photographischen  Bildes  durch  das  Ein- 
schalten des  Filters  nicht  leidet,  müssen,  namentlich, 
wenn  es  in  der  Nähe  des  Objektives  angebracht  ist,  seine 
Begrenzungsflächen  thunlichst  parallel  gestaltet  sein.  Doch 
spielt  in  dieser  Beziehung  die  Brennweite  des  Objektivs 
eine  grosse  Rolle.  Während  bei  Instrumenten,  bis  etwa 
24  cm  Brennweite,  das  Yorsch alten  einer  gewöhnlichen 
Spiegelglasplatte  oder  eines  Kollodiumhäutchens  kaum 
eine  wahrnehmbare  Veränderung  der  Bildschärfe  zur 
Folge  hat,  fordern  langbrennweitige  Objektive  sehr  sorg- 
fältig geschliffene  Platten,  und  selbst  bei  diesen  macht 
sich  oft  ein  Abnehmen  der  Schärfe  bemerkbar. 

Früher  hat  man  sich  häufig  mit  Glasplatten  begnügt, 
die  mit  gefärbtem  Kollodium  oder  Lack  überzogen  waren, 
kam  aber  bald  zur  Überzeugung,  dass  solche  Schichten 
stets  von  ungünstigem  Einfluss  auf  die  Schärfe  des  Bildes 
sind.  Gegenwärtig  sind  fast  ausschliesslich  mit  gefärbter 
Gelatine  überzogene  Platten  im  Gebrauche,  die  man 


136 


überdies  nicht  am  Objektiv,  sondern  knapp  an  der  photo- 
graphischen Platte  an  ordnet. 

Die  Verwendung  vollkommen  planparalleler  Gläser 
ist  dann  nicht  erforderlich,  und  gewöhnliche  Glasplatten, 
besserer  Sorte,  reichen  für  die  meisten  Zwecke  aus.  Man 
kann  sich  solche  Trockenfilter  leicht  selbst  herstellen, 
indem  man  dünne  Glasplatten  mit  Gelatine  überzieht 
und  dann  in  passenden  Farbstofflösungen  badet. 

Man  wählt  zu  diesem  Zwecke  thunlichst  fehlerfreie 
Platten  aus  Spiegelglas  und  legt  sie  auf  eine  dicke 
Glasplatte,  die  man  mit  Hilfe  einer  Wasserwage  horizontal 
gestellt  und  in  passender  Weise  angewärmt  hat.  Dann 
giesst  man  eine  gut  filtrierte,  vollkommen  klare,  etwa 
fünfprozentige  Gelatinelösung  auf,  verteilt  die  Flüssigkeit 
mit  einem  Glasstab,  lässt  erstarren  und  trocknet  schliess- 
lich die  Platten  an  einem  vollständig  staubfreien  Ort. 
Oft  genügt  auch  eine  gewöhnliche  Bromsilbergelatine- 
Platte,  die  man  mit  Fixiernatron  behandelt  und  dann 
gut  auswässert  und  trocknet. 

Solche  mit  Gelatine  überzogene  Glasplatten  lassen 
sich  in  Farbstofflösungen  vollkommen  gleichmässig  und 
beliebig  satt  färben.  Zum  Schutze  gegen  mechanische 
Verletzungen  kann  auf  die  gefärbte  Schicht  eine  zweite 
dünne  Spiegelglasplatte  mit  Hilfe  von  Canadabalsam  auf- 
gekittet werden1). 

Das  Färben  der  Platten  erfolgt  stets  in  wässerigen 
Bädern  und,  nm  das  Anfallen  des  Farbstoffes  zu  erleich- 
tern, macht  man  die  Flüssigkeit  mit  Essigsäure  oder 
Borax  schwach  sauer,  resp.  alkalisch. 

Besonders  geeignet  für  das  Färben  solcher  Filter 
sind  nachstehende  Farbstoffe: 


i)  Das  Überziehen  der  Glasplatten  mit  Gelatine,  sowie  das 
Verkitten  derselben  hat  Dr.  A.  Miethe  in  der  Zeitschrift  für 
Reproduktionstechnik  1901,  S.  163,  ausführlich  beschrieben. 


137 


Naphtholgelb  S und  Chinolingelb  färben  in  schwach 
saurer  Lösung  bei  kurzer  Einwirkung  Gelb,  ähnlich  der 
Farbe  einer  Pikrinsäurelösung;  bei  langer  Dauer  entsteht 
ein  sattes  Reingelb. 

Chrysophenin  giebt  bei  schwacher  Färbung  reingelbe,, 
bei  starker  Färbung  rötlichgelbe  Schichten. 

Säuregrün  mit  etwas  Essigsäure  oder  Malachitgrün 
mit  Borax  färben  Grün. 

Echtgrün -bläulich  erteilt  der  Gelatine  eine  blaugrüne 
Farbe. 

Diamin-  und  Methylenblau  färben  in  einer  dem 
Berlinerblau  ähnlichen  Farbe. 

Höchster  Neublau  färbt  Reinblau  und  ■ Säure -Violett 
liefert  ein  rotstichiges  Blau. 

Die  genannten  vier  Farbstoffe  sind  gleichfalls  in 
saurer  Lösung  zu  benutzen. 

Methylviolett  färbt  in  schwach  alkalischen  Bädern 
blauviolett. 

Die  Farbstoffe  der  Eosingruppen,  besonders  Erythrosin 
und  Rose  bengale,  benutzt  man  in  neutralen  Bädern,  sie 
erteilen  der  Gelatine  bläuliche  Purpurtöne. 

Biebricher  Scharlach,  Saff ranin  und  Xylidinponceau 
geben  in  schwach  sauren  Bädern  dem  spektralen  Rot 
ähnliche  Farben,  während  Benzopurpurin  ein  gelbstichiges 
Rot  liefert. 

Methylorange  giebt  bei  Gegenwart  von  etwas  Essig- 
säure ein  reines  Orange. 

Durch  Mischung  von  zwei  oder  mehreren  dieser 
Farbstoffe  lassen  sich  Filter  von  allen  denkbaren  Farben 
und  den  jeweilig  gewünschten  spektralen  Eigentümlich- 
keiten erhalten. 

Um  ein  langsames  und  gleichmässiges  Anfärben  zu 
erzielen,  benutzt  man  ziemlich  verdünnte  Lösungen,  die- 
man  überdies  mit  etwa  20  Prozent  Alkohol  versetzt. 


Das  Färbebad  besteht  daher  aus: 

Wasser 100  ccm, 

Alkohol 20  „ 

wässerige  Farbstofflösung  1 : 150  10  bis  20  ccm, 

Essigsäure 5 Tropfen, 

oder  kalt  gesättigte  Boraxlösung  ...  3 ccm. 


Man  bringt  die  zu  färbende  Platte  in  eine  Tasse, 
übergiesst  sie  mit  der  filtrierten  Farbstofflösung  und  lässt 
diese,  unter  häufigem  Schwenken,  so  lange  wirken,  bis  die 
Färbung  die  gewünschte  Intensität  zeigt.  Dann  hebt 
man  die  Platte  aus  der  Flüssigkeit,  lässt  abtropfen,  spült 
sie  in  einem  gleich  zusammengesetzten  Bade,  das  jedoch 

keinen  Farbstoff  enthält,  ab  und  lässt  trocknen. 

■ 

Wäre  die  Färbung  zu  satt  ausgefallen,  so  kann  die 
Platte  abgeschwächt  werden,  wenn  man  sie  mit  Wasser 
wäscht,  dem  man,  wenn  nötig,  bei  saurer  Färbung  etwas 
Borax,  bei  alkalischer  Färbung  einige  Tropfen  Essigsäure 
zugesetzt  hat. 

C.  Die  Praxis  des  Dreifarbendruckes. 

a)  Die  Herstellung  der  photographischen  Negative. 


Die  Apparate.  Für  die  Dreifarbenphotographie  ist 
rselbstverständlich  jede  Kamera  geeignet,  nur  hat  man 
für  genügende  Stabilität  derselben  Sorge  zu  tragen,  damit 
bei  Wechseln  der  Platten  und  Filter  jede  Verschiebung 
'des  Apparates  ausgeschlossen  ist.  Eine  scheinbar  ganz 
unbedeutende  Verschiebung  der  Kamera  würde  die  Di- 
mensionen der  Negative  beeinflussen,  und  das  gegenseitige 
Passen  der  Teilbilder  wäre  ausgeschlossen. 

Bis  zu  Formaten  21x26  cm  sind  Gelatine -Trocken- 
filter sehr  gut  verwendbar,  und  sie  werden  entweder, 
ohne  aufgekittetes  Schutzglas,  direkt  auf  die  photo- 
graphische Platte  in  die  Kassette  gelegt,  oder  in  der 
Kamera  ähnlich  wie  der  Glasraster  bei  Autotypie -Auf- 
nahmen befestigt.  Im  ersteren  Falle  wählt  man  Filter- 


139 


platten  von  gleicher  Stärke  und  nach  dem  Einstellen 
muss  der  Kassettenrahmen  der  Kamera  um  die  Dicke 
der  Platten  zurückgestellt  werden,  da  man  sonst  unscharfe 
Negative  erhalten  würde. 

Die  Filter  müssen  überhaupt,  gleichgültig,  wo  man 
sie  anbringt,  stets  von  gleicher  Dicke  sein,  weil  durch 
das  Einschalten  einer  planparallelen  Platte  in  den 
Strahlengang  des  Objektives  die  Grösse  des  Bildes  auf 
der  Visierscheibe  geändert  wird. 

Für  grosse  Formate 
empfiehlt  sich  die  Be- 
nutzung von  Ouvetten, 
die  in  sehr  zweck- 
entsprechender Form  von 
der  Optischen  Anstalt 
C.  Zeiss  in  Jena  her- 
gestellt werden  (Fig.  33). 

Das  Glasgefäss  wird  aus 
zwei  planparallelen 
Platten  und  einem 
zwischenliegenden  Glas- 
ring gebildet,  von  einer  Messingfassung  umschlossen  und 
lässt  sich  mit  Hilfe  derselben  an  den  vorderen  Ring  des 
Objektives  anstecken. 

Die  Weite  der  Cuvette,  welche  durch  den  Glasring 
bestimmt  wird,  beträgt  bei  allen  Grössen  5 mm,  daher 
stets  Flüssigkeitsschichten  von  dieser  Dicke  zur  Wirksam- 
keit gelangen.  Die  unten  folgenden  Vorschriften  für 
Filterlösungen  beziehen  sich  stets  auf  eine  solche  Flüssigkeits- 
schicht, müssen  daher  für  Cuvetten  von  anderer  Weite 
entsprechend  verändert  werden.  Soll  z.  B.  eine  Cuvette 
von  1 cm  Weite  benutzt  werden,  so  ist  die  angegebene 
Farbstofflösung  mit  der  gleichen  Menge  Wassers  zu  ver- 
dünnen. Verwendet  man  eine  Cuvette,  so  muss  sie  bei 
jeder  der  drei  Aufnahmen  eingeschaltet  werden,  und 


140 


wäre  bei  einer  derselben  ein  Farbenfilter  nicht  erforder- 
lich, so  wird  sie  mit  Wasser  gefüllt,  benutzt. 

Um  bei  Aufnahmen  von  Landschaften,  Personen 
u.  s.  w.  ein  thunlichst  rasches  Wechseln  der  Platten  und 
Filter  zu  ermöglichen,  hat  man  Schiebekassetten  (Dr. 
Seile,  A.  Hofmann  und  Dr.  Hesekiel)  konstruiert, 
welche  die  von  den  Filtern  bedeckten  Platten  — neben- 
einander liegend  — aufnehmen . und  sich  schlittenartig 
an  der  Kamera  verschieben  lassen. 

Überdies  wurden  auch  Apparate  gebaut,  welche  die 
gleichzeitige  Aufnahme  der  Negative  gestatten,  indem 
das  vom  Objektiv  entworfene  Bild  durch  Spiegel  nach 
drei  Dichtungen  reflektiert  wird  und  die  drei  licht- 
empfindlichen, durch  Filter  geschützten  Platten  gleich- 
zeitig trifft1). 

Die  Dreifarbenphotographie  fordert  lichtstarke  Objek- 
tive, da  man  bei  ungenügender  Lichtintensität  mit  den 
stets  nur  wenig  rotempfindlichen  Platten  keine  kräftigen 
Negative  zu  erzielen  vermag.  Weiter  soll  das  Objektiv 
derart  beschaffen  sein,  dass  die  drei,  mit  einer  Einstellung 
hergestellten  Negative  genau  gleiche  Grösse  besitzen. 

Bei  den  gewöhnlichen  Objektiven  vereinigen  sich 
die  gelben  und  blauen  Strahlen  in  derselben  Bildebene, 
während  das  Bild  der  roten  Strahlen  hinter  derselben 
liegt;  auf  das  Bild  der  gelben  Strahlen  wird  eingestellt, 
da  es  hell  und  deutlich  sichtbar  ist,  während  die  blauen 
Strahlen  photographisch  wirken.  Man  erhält  daher  ein 
der  Einstellung  entsprechendes  photographisches  Negativ, 
wobei  das  Bild  der  roten  Strahlen  gar  nicht  in  Betracht 
kommt. 

Anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  der  Dreifarben- 
photographie, bei  der  auch  die  roten  Strahlen  zur  Bild- 


i)  A.  Hof  mann,  Aufnahme- Apparate  für  Farbenphoto- 
graphie. Photogr.  Centralblatt  1901. 


141 


erzeugung  benutzt  werden.  Das  gewöhnliche,  nur  für 
Gelb  und  Blau  korrigierte  Objektiv  zeigt  bei  der  Auf- 
nahme mit  dem  roten  Strahlenfilter  die  als  „Fokus- 
differenz“ bekannte  Eigentümlichkeit:  dem  Negativ  fehlt 
die  Schärfe,  und  seine  Dimensionen  entsprechen  nicht 
der  Einstellung. 

Bei  Objektiven  mit  kleiner  Brennweite  und  bei 
geringer  Ausnutzung  des  Bildwinkels  ist  dieser  Fehler 
allerdings  kaum  wahrnehmbar,  bei  grösseren  Reproduktions- 
objektiven ist  er  aber  sehr  störend. 

Zu  seiner  Beseitigung  wurden  von  C.  Zeiss  in  Jena 
Apochromat- Planare  und  von  Yoigtländer  & Sohn  in 
Braunschweig  Apochromat -Kollineare  hergestellt,  welche 
bei  einer  Einstellung  unabhängig  von  der  Farbe  des 
Filters  stets  gleich  scharfe  und  gleich  grosse  Bilder  liefern. 

Der  photographische  Prozess. 

Nachdem  das  nasse  Yerfahren  mit  Jodbromkollodium 
eine  Sensibilisierung  durch  Farbstoffe  nur  ausnahms- 
weise gestattet,  so  ist  man  bei  der  Ausführung  des 
Dreifarbendruckes  auf  die  beiden  Emulsionsverfahren 
angewiesen. 

Ob  man  sich  für  die  Yerwendung  der  Kollodium- 
emulsion entscheiden  oder  der  Gelatineplatte  den  Yorzug 
einräumen  soll,  wird  durch  die  eben  vorhandenen  Yer- 
hältnisse  bestimmt.  Mit  Kollodiumemulsion  lassen  sich 
sehr  leicht  jene  breiten,  durch  keine  Schirmwirkung 
gestörten  Sensibilisierungszonen  erzielen,  wie  sie  der 
photographische  Prozess  des  Dreifarbendruckes  fordert, 
und  wenn  auf  eine  Platte  nur  eine  bestimmte  Gruppe 
der  weniger  brechbaren  Strahlen  wirken  soll,  so  kann 
die  farbenempfindliche  Kollodiumplatte  gegenüber  der 
Gelatineplatte,  bezüglich  der  Expositionsdauer  sogar  über- 
legen sein.  Auch  ist  der  Arbeitsmodus  bei  Yerwendung 
der  Kollodiumemulsion,  besonders  wenn  es  sich  um 


142 


grössere  Formate  handelt,  wesentlich  einfacher  und 
bequemer,  als  jener  bei  Benutzung  von  Gelatineplatten. 
Im  Momente  des  Gebrauches  können  Platten  jeder  Grösse 
hergestellt  werden,  und  das  Entwickeln,  Fixieren  und 
Waschen  geschieht  ohne  Zuhilfenahme  von  Tassen.  Ander- 
seits bietet  wieder  die  trockene,  unverletzliche  Schicht 
der  Gelatineplatte,  ihre  meist  ungleich  höhere  Empfindlich- 
keit, sowie  die  Möglichkeit,  sie  fertig  zu  beziehen,  endlich 
ihre  allgemein  bekannte  Behandlungsweise  so  bedeutende 
Vorzüge,  dass  sie  überall  dort  zu  empfehlen  ist,  wo  der 
Kollodiumprozess  nicht  in  Ausübung  steht  und  der 
Dreifarbendruck  versucht  werden  soll. 

Gegenwärtig  sind  ausgezeichnete  Kollodiumemulsionen 
(Albert  und  Brend’amour)  im  Handel,  und  auch  die 
Selbstherstellung  derselben  ist  nach  den  publizierten 
Vorschriften1)  ohne  besondere  Schwierigkeiten  möglich. 
Die  Emulsionen  werden  entweder  mit  silberhaltigen 
Farbstoffen  gefärbt,  die  gleichfalls  käuflich  sind,  oder 
man  versetzt  sie,  nach  dem  Vorschläge  des  Verfassers, 
mit  einem  silberfreien  Farbstoff  und  badet  sie  vor  dem 
Gebrauche  in  einer  1j2  prozentigen  Silberlösung.  Bei 
Farbstoffen,  die  bei  Gegenwart  von  Silber  nicht  ver- 
wendbar sind,  benutzt  man,  um  die  Platte  längere  Zeit 
feucht  zu  erhalten,  ein  Boraxbad,  eventuell  mit  Glycerin- 
zusatz. 

Die  mit  Silber-Farbstoffen  sensibilisierten  Emulsionen 
fordern  eine  sehr  reinliche,  vorsichtige  Behandlung, 
zeichnen  sich  aber  durch  hohe  Empfindlichkeit  aus, 
während  der  Badeprozess  weniger  Sorgfalt  erfordert, 
überhaupt  leichter  auszuführen  ist. 

Zieht  man  Gelatineplatten  vor,  so  kann  man  ent- 
weder käufliche,  farbenempfindliche  Platten  benutzen 
oder  die  Sensibilisierung  auch  selbst  besorgen. 

i)  Dr.  J.  M.  Eder:  Handbuch  der  Photographie. 

A.  Freiherr  von  Hü  bl:  Die  Kollodiumemulsion. 


143 


In  manchen  Fällen  dürfte  sich  die  Verwendung  von* 
in  Farbstofflösungen  gebadeten  Gelatineplatten  in  noch 
feuchtem  Zustande  empfehlen. 

Der  solchen  Platten  oft  gemachte  Vorwurf,  dass  sie 
unscharfe  Bilder  liefern,  ist  nur  teilweise  berechtigt. 
Die  Gelatineplatte  giebt  auch  trocken  exponiert  nicht 
jene  geschnittene  Schärfe,  die  der  nassen  Kollodiumplatte 
-eigen  ist;  in  nassem  Zustande  exponiert,  erscheint  zwar 
die  Matrize  noch  etwas  weicher,  doch  ist  bei  Halbton- 
zeichnungen der  Unterschied  nur  wenig  bemerkbar.  Für 
die  Zwecke  des  Dreifarbendruckes  lassen  sich  daher  nasse 
Gelatineplatten  recht  gut  verwenden  und  gewährt  den 
grossen  Vorteil,  dass  man  die  Platte  unmittelbar  vor  dem 
Gebrauche,  dem  jeweiligen  Bedürfnis  entsprechend,  prä- 
parieren kann. 

Bei  der  nass  exponierten  Gelatineplatte  kommt  jede 
Sensibilisierung  leicht  und  kräftig  zur  Geltung,  und  man 
erzielt  mit  Leichtigkeit  reine,  fehlerfreie,  klare  Negative. 
Die  gegenwärtig  im  Handel  befindlichen  sogen,  ortho- 
chromatischen, mit  Erythrosin  sensibilisierten  Platten  sind 
zwar  für  die  Herstellung  des  Rotbildes  nicht  ganz  ge- 
eignet, geben  aber  bei  Benutzung  passender  Filter  doch 
ganz  zufriedenstellende  Resultate. 

Die  rotempfindlichen  Platten  des  Handels  liefern 
dagegen  tadellose  Negative  zur  Erzeugung  des  blauen 
Bildes. 

Die  als  „panchromatisch“  bezeichneten  Platten  sind 
rot-  und  grünempfindlich,  eignen  sich  daher  für  alle 
drei  Aufnahmen  und  gewähren  den  Vorteil,  dass  man 
allerdings  nur  bei  kleinen  Formaten,  mit  Hilfe  einer 
Schiebekassette,  die  drei  Bilder  nebeneinander  auf  einer 
Platte  herstellen  und  gleichzeitig  entwickeln  kann. 

Die  Schwierigkeiten,  welche  man  bei  der  Herstellung 
der  Dreifarben  druck -Negative  zu  überwinden  hat,  liegen 
nicht  nur  in  der  notwendigen  Regelung  der  Farben- 


144 


empfindlichkeit,  sondern  auch  in  der  unbedingt  erforder- 
lichen Charaktergleichheit  der  drei  Negative.  Thunlichst 
Originaltreue  Farben  sind  nur  bei  bestimmten  Mischungs- 
verhältnissen der  drei  Grundfarben  zu  erzielen,  und  da 
diese  von  der  Abschattierung  der  Negative  abhangen,  so 
muss  eine  Gleichartigkeit  ihrer  Gradation  gefordert  werden. 
Es  ist  daher  keineswegs  zu  empfehlen,  für  ein  Negativ 
eine  nasse  Badeplatte,  für  das  zweite  eine  Kollodium- 
emulsions-  und  für  das  dritte  vielleicht  eine  Gelatine- 
platte zu  benutzen,  da  jedes  dieser  Verfahren  Negative 
von  anderer  Gradation  liefert;  man  hat  vielmehr  die 
ganze  Serie  von  Aufnahmen  mit  demselben  Prozess,  unter 
denselben  Beleuchtungsverhältnissen  durchzuführen  und 
denselben  Vorgang  bei  der  Entwicklung  einzuhalten,  um 
Negative  zu  erzielen,  welche  dieselbe  Klarheit  der  Schatten, 
dieselbe  Deckung  in  den  Lichtern,  die  gleiche  Abstufung 
der  Halbschatten  aufweisen. 

Aus  diesem  Grunde  bietet  die  Verwendung  der 
gleichen  Plattensorte  (welche  für  Bot  und  Grün  sensi- 
bilisiert sein  muss)  für  alle  drei  Aufnahmen  gewisse 
Vorteile. 

Um  die  Beurteilung  der  Negative  bezüglich  ihrer 
Gleichartigkeit  zu  erleichtern,  empfiehlt  es  sich,  neben 
dem  Original  kleine  Streifen  neutralgrauer  Papiere  von 
verschiedener  Helligkeit  anzubringen.  Da  das  Grau  alle 
Strahlen  des  weissen  Lichtes  gleichmässig  reflektiert,  so 
hängt  die  photographische  Wiedergabe  grauer  Töne  gar 
nicht  von  der  Earbenempfindlichkeit  der  Platten  oder 
dem  etwa  verwendeten  Filter  ab,  sondern  wird  lediglich 
durch  die,  der  photographischen  Schicht  eigentümliche 
Gradation  bedingt. 

Recht  passend  für  diesen  Zweck  sind  Platinkopieen, 
die  man  durch  Belichten  unter  einer  terrassenförmig 
hergestellten  Skala  aus  Schreibpapier  erhalten  hat.  Eine 
Skala  mit  vier  bis  fünf  Abstufungen  ist  vollkommen 


145 


ausreichend.  Die  drei  Negative  sind  derart  zu  exponieren 
und  zu  entwickeln,  dass  diese  Grauskala  richtig  und 
gleich  wiedergegeben  erscheint. 

Solche  Grauskalen  wird  man  auch  benutzen,  uni  die 
notwendige  Expositionsdauer  für  die  drei  Aufnahmen  im 
vornherein  zu  ermitteln,  was  unbedingt  notwendig  ist 
wenn  man  die  drei  Bilder  nebeneinander  auf  einer  Platte 
— mittels  der  Schiebekassette  — herstellt.  Man  photo- 
graphiert die  Skala  mit  der  von  den  Filtern  bedeckten 
Platte,  entwickelt  und  korrigiert  dann  die  Expositions- 
zeiten entsprechend  dem  Aussehen  der  drei  Bilder  so 
lange,  bis  eine  gleiche  Wiedergabe  der  Skala  erzielt  ist. 

Allerdings  gelten  die  so  ermittelten  Expositionszeiten 
eigentlich  nur  für  die  beim  Versuch  gewählten  Be- 
leuchtungsverhältnisse, da  sie  von  der  Farbe  und  In- 
tensität des  Lichtes  etwas  abhängig  sind. 

Wenn  in  dem  zu  reproduzierenden  Bild  eine  Farbe 
in  grösserer  Ausdehnung  vertreten  ist,  so  wird  das  in 
dieser  Farbe  zu  druckende  Negativ  meist  den  Eindruck 
einer  zu  kurz  exponierten  Platte  hervorrufen.  Man  darf 
sich  durch  diese,  meist  beim  Gelbdrucknegativ  auf- 
tretende Erscheinung  nicht  beirren  lassen;  das  Negativ 
ist  immer  richtig  exponiert,  wenn  die  Grauskala  dieser 
Bedingung  entspricht. 

Bezüglich  der  richtigen  Farbentrennung  liefert  das 
Aussehen  der  Negative  meist  keinerlei  Anhaltspunkte; 
sie  unterscheiden  sich  oft  so  wenig  voneinander,  dass 
man  sie  fast  verwechseln  könnte,  und  machen  stets  den 
Eindruck,  dass  die  auszuschaltenden  Farben  nicht  voll- 
kommen unterdrückt  wurden. 

Auch  ein  erfahrener  Chrom olithograph  ist  nicht  im 
stände,  die  Negative  oder  Kopieen  derselben  bezüglich 
ihrer  Farbenrichtigkeit  zu  beurteilen,  denn  die  Resultate 
der  Mischung  von  drei  so  heterogenen  Farben  sind  ihm 
ebenso  fremd,  wie  die  eigentümlichen  Erscheinungen, 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  IO 


— 146 


die  bei  der  Vereinigung  schmalbandiger  Pigmente  auf- 
treten.  Dass  Schwarz,  Grau  und  alle  Nuancen  des  Braun 
aus  Gelb,  Blau  und  Rot  zu  bilden  sind,  dass  die  Farbe 
des  Ultramarins  aus  Purpurrot  und  Grünlichblau,  dass- 
Zinnober  aus  Purpur  und  Schwefelgelb  entstehen  soll, 
sind  Forderungen,  die  ein  im  sonstigen  Farbendruck 
geübter  Kolorist  kaum  für  erfüllbar  hält. 

Man  kann  nur  für  eine  zweckentsprechende  Farben- 
empfindlichkeit der  Platten  und  für  passende  Strahlen- 
filter sorgen,  und  um  sich  von  dem  Vorhandensein  dieser 
Bedingungen  während  der  Aufnahme  zu  überzeugen, 
bringt  man  neben  dem  Original  eine  aus  verschiedenen 
Farben  gebildete  Probetafel  an,  deren  Abbildung  im 
Negativ  für  die  Beurteilung  der  angestrebten  Farben- 
trennung massgebend  ist.  Die  Probetafel  soll  möglichst 
differente  Farbentöne  umfassen,  im  übrigen  ist  aber  ihre 
Auswahl  ziemlich  gleichgültig. 

Die  einem  bestimmten  Grundfarbensystem  ent- 
sprechenden Teilbilder  dieser  Probetafel  werden  unter 
Benutzung  theoretisch  richtig  sensibilisierter  Platten,  für 
welche  auf  spektrographiscliem  Wege  die  notwendigen 
Korrektionsfilter  bestimmt  wurden,  dann  unter  Zuhilfe- 
nahme der  auf  Seite  101  erwähnten  theoretisch  aus- 
gemittelten Kontrollfarben  ein  für  allemal  festgestellt 
Von  der  gelungenen  Farben  Spaltung  überzeugt  man  sich 
durch  einen  Zusammendruck  oder  besser  durch  die 
Bildung  eines  transparenten  Diapositivs.  Hat  man  in 
dieser  Weise  richtige  Teilbilder  der  Probetafel  gewonnen, 
so  hat  man  bei  jeder  für  den  Dreifarbendruck  bestimmten 
Serie  von  Aufnahmen  das  gleiche  Aussehen  der  neben 
dem  Original  angebrachten  Probetafel  anzustreben. 

Beilage  I zeigt  eine  solche  für  diesen  Zweck  brauch- 
bare Zusammenstellung  von  Farben,  und  Beilage  IV  zeigt 
die  für  die  beiden  Grundfarbensysteme  ausgemittelten 
Teilbilder  derselben. 


147 


Die  Tafel  besteht  aus  neun  verschiedenen  Farben- 
tönen und  ist  mit  thunlichst  lichtechten  Farben  gedruckt, 
damit  sie  längere  Zeit  als  Kontrollobjekt  bei  den  Auf- 
nahmen verwendet  werden  kann. 

Mit  Ausnahme  von  Gelb  und  allenfalls  Ultramarin 
zeigen  alle  Felder  ein  mehr  oder  weniger  unreines  Aus- 
sehen, wie  dies  bei  halbwegs  lichtechten  Farben  stets  der 
Fall  ist.  Insbesondere  gilt  das  von  dem  aus  Pariserblau 
und  Chromgelb  bestehenden  Seidengrün,  das  schon 
wiederholt  besprochen  wurde,  sich  jedoch  von  der  in 
der  Farbentafel  eingetragenen  Mischung  durch  einen 
höheren  Blaugehalt  unterscheidet.  Zinnober  und  Chrom- 
orange entsprechen  annähernd  den  Seite  101  erörterten 
Eontrollfarben. 

Die  verschiedenen,  teils  reinen,  teils  weisslichen 
und  schwärzlichen  Farben  der  Probetafel  ermöglichen 
es,  den  Spaltungs-  und  V ereinigungsprozess  an  charakte- 
ristischen Beispielen  zu  verfolgen,  bei  einiger  Übung  ge- 
statten sie,  aus  dem  Aussehen  ihrer  Negative  auf  das 
voraussichtliche  Resultat  Schlussfolgerungen  zu  ziehen 
und  lassen  endlich  auch  erkennen,  bei  welchen  Teilen  des 
Bildes  eine  Farbenkorrektur  durch  Retouche  erforderlich 
sein  wird. 

Treten  bei  einem  Verfahren  Misserfolge  auf,  so  sucht 
man  ihre  Ursachen  meist  in  jenem  Prozess,  den  man  am 
wenigsten  zu  beherrschen  im  stände  ist  und  dessen 
Einfluss  auf  das  Schlussresultat  man  nicht  zu  durch- 
schauen vermag.  So  wird  ein  Misserfolg  im  Dreifarben- 
druck fast  immer  in  der  Färbung  der  Filter  gesucht, 
denn  die  Verwendung  farbiger  Gläser  ist  für  den  Prak- 
tiker die  scheinbar  wichtigste  Operation  bei  der  Her- 
stellung der  Negative.  Dominiert  dann  im  Zusammen- 
druck das  Rot  oder  Blau,  so  wird  auf  eine  nicht  genügende 
Trennung  der  Farben  geschlossen,  und  die  Filter  werden 
für  den  Misserfolg  verantwortlich  gemacht. 

io* 


148 


Am  häufigsten  wird  über  die  Unvollkommenheit  der 
roten  Platte  geklagt;  das  Rot  drängt  sich  überall  vor, 
die  grünen  Töne  werden  durch  Rot  verdorben,  statt 
Blau  erhält  man  Violett,  über  dem  ganzen  Bilde  liegt 
ein  roter  Ton.  Wer  die  Theorie  des  Dreifarbendruckes 
nicht  vollständig  beherrscht,  muss  die  Ursache  dieser 
„Rotsucht“  in  der  Unvollkommenheit  der  roten  Druck- 
platte suchen,  und,  da  ein  Abschwächen  des  Rotdruckes 
nicht  zum  Ziele  führt,  versucht  man  das  Negativ  thun- 
lichst  hart  zu  machen,  und  da  auch  dieses  Mittel  erfolglos 
ist,  wird  das  Grünfilter  thunlichst  dunkel  gewählt.  Da 
ein  erneuerter  Zusammendruck  durchaus  nicht  das  ge- 
wünschte Resultat  liefert,  bleibt  nurmehr  ein  Ausweg 
— die  Retouche  des  Negativs  — , man  deckt  eben  alles 
Rot  aus  den  grünen  und  blauen  Teilen  des  Bildes  ab. 

Die  Ursache  dieses  Misserfolges  liegt  aber  vielleicht 
gar  nicht  im  Negativ.  Wenn  das  Grün  durch  den  Rot- 
druck verdorben  wird,  so  ist  das  aus  dem  Gelb  und 
Blau  gemischte  Grün  schon  so  schmutzig,  dass  es  keinen 
Rotzusatz  mehr  verträgt.  Wählt  man  statt  des  sogen, 
„reinen“  Blau  ein  entsprechendes  Blaugrün,  dann  ist  die 
im  Negativ  vorgezeichnete  Menge  Rot  nicht  nur  unschäd- 
lich, sie  ist  unbedingt  nötig,  um  jene  Grünnuancen  zu 
erzielen,  die  uns  das  Original  vorschreibt. 

Bei  Basierung  auf  die  theoretisch  richtigen  Druck- 
farben spaltet  die  Photographie  z.  B.  das  Seidengrün  in 
die  Komponenten:  2 Teile  Blaugrün  -\-  2 Teile  Gelb  -f- 
1 Teil  Purpur  (Seite  94),  und  wenn  wir  Farbstoffe  von 
richtigem  Ton  und  genügender  Reinheit  wählen,  so  wird 
die  Mischung  auch  dasselbe  Grün  wiedergeben.  Wenn 
wir  aber  beim  Zusammendruck  Pariserblau  und  Chromgelb 
benutzen,  so  ist  die  rote  Komponente  äusserst  störend, 
denn  sie  verwandelt  das  Grün  in  ein  schmutziges  Oliv. 

Dann  muss  eben  eine  ausgiebige  Retouche  mit  in 
den  Kauf  genommen  werden. 


149 


Übrigens  ist  eine  solche  beim  Dreifarbendruck  fast 
nie  za  entbehren,  wegen  der  unvermeidlichen  Ab- 
schattierungsfehler der  Druckformen. 

Man  muss  sich  die  im  Prinzip  des  Pressendruckes 
liegenden  Mängel  stets  vor  Augen  halten  und  darf  die 
Ursache  von  Misserfolgen  nicht  immer  im  Wesen  des 
Dreifarbenprozesses  suchen. 

Im  schwarzen  Druck  stören  uns  die  Abschattierungs- 
fehler verhältnismässig  wenig;  die  Konturen  treue  bleibt 
stets  erhalten,  und  ob  die  Abschattierung  einmal  etwas 
weicher,  ein  anderes  Mal  etwas  härter  ausfallt,  ob 
ein  allgemeiner  Ton  das  ganze  Bild  bedeckt  oder  die 
Lichter  etwas  breit  geraten,  ob  die  Schattendetails  mehr 
oder  weniger  deutlich  ausgebildet  sind,  schadet  wenig 
dem  Gesamteindruck  der  Reproduktion. 

Im  Dreifarbendruck  aber  ist  die  Abschattierung  für 
die  Richtigkeit  der  Farben  massgebend,  und  wir 
empfinden  es  sehr  störend,  wenn  z.  B.  das  Firmament 
grün  erscheint  und  die  braunen  Baumstämme  violette 
Schatten  zeigen. 

Für  die  Zusammensetzung  der  Filter  ist  es  kaum 
möglich,  bestimmte  Yorschriften  aufzustellen,  da  ihre  Be- 
schaffenheit wesentlich  von  den  Eigentümlichkeiten  der 
Platten  abhängt  und  diese,  selbst  bei  derselben  Sorte, 
Schwankungen  unterworfen  sind. 

Auch  ist  die  Bereitung  der  Filterflüssigkeiten  — 
meist  enorm  verdünnte  Lösungen  von  Teerfarbstoffen  — 
mit  Schwierigkeiten  verbunden,  denn  die  färbende  Kraft 
dieser  Farbstoffe  ist  nicht  immer  die  gleiche,  und  ausser- 
dem fordert  sie  Einrichtungen,  die  dem  Praktiker  nur 
selten  zu  Gebote  stehen. 

Die  beiliegende  Probetafel  bietet  jedoch  ein  bequemes 
Mittel,  um  zu  einer  bestimmten  Platte  jederzeit  das  erforder- 
liche Filter  zu  ermitteln. 


150 


Die  transparenten  Dreifarbenbilder  lehren  uns,  dass 
die  photographische  Farbenspaltung  gar  keine  so  difficile 
Operation  ist,  als  man  anfänglich  geglaubt  hat.  Bei 
diesem  Yerf ähren  erzielt  man  nämlich  ohne  jede  Retouche 
zufriedenstellende  Resultate,  wenn  auch  die  Sensibilisierung 
der  Platten,  die  Beschaffenheit  der  Filter  und  selbst  die 
Farben  der  Teilbilder  nur  annähernd  den  theoretischen 
Forderungen  entsprechen. 

Man  darf  daher  bei  der  Ausführung  des  photographischen 
Prozesses  nicht  allzu  ängstlich  sein  und  keineswegs 
glauben,  dass  kleine  Unterschiede  in  der  Farbe  der  Filter 
oder  Art  der  Sensibilisierung  von  wesentlichem  Einfluss 
auf  das  schliessliclie  Resultat  sind. 

Plattensensibilisierungen  und  Strahlenfilter  für 
das  Grundfarbensystem:  Gelb,  Purpur,  Blaugrün. 

I.  Das  Negativ  für  den  Gelbdruck. 

Die  Empfindlichkeit  dieser  Platte  soll  zwischen  F 
und  G liegen  und  einerseits  gegen  j£,  anderseits  gegen 
Rot  verlaufen.  Dieser  Forderung  entspricht  die  gewöhn- 
liche Gelatineplatte,  da  die  ihr  eigentlich  fehlende  Rot- 
empfindlichkeit durch  ihre  Empfindlichkeit  für  das  spek- 
trale Violett  teilweise  ersetzt  wird.  Thatsächlich  werden 
auch  die  roten  Pigmente  infolge  ihres  Seite  39  besprochenen 
spektralen  Verhaltens  von  der  gewöhnlichen  Bromsilber- 
platte relativ  hell  wiedergegeben,  während  gelbe  ganz 
unwirksam  sind.  Die  Aufnahme  für  den  Gelbdruck  kann 
daher  mit  einer  gewöhnlichen  Gelatineplatte  erfolgen,  eine 
weitere  Sensibilisierung  derselben  oder  die  Anwendung 
eines  Strahlenfilters  ist  nicht  nötig. 

Fordert  jedoch  das  Original  eine  lange  Exposition, 
so  könnte  sich  die  sonst  kaum  wahrnehmbare  Grün- 
empfindlichkeit der  Platte  bemerkbar  machen  (Seite  110) 
und  gelbe  Pigmente  würden  nicht  mehr  ganz  wirkungs- 
los sein. 


151 


In  diesem  Falle  ist  es  empfehlenswert,  ein  Blaufilter 
vorzuschalten,  und  da  dieses  in  keinem  Falle  stört,  so 
kann  es  bei  jeder  Aufnahme  benutzt  werden.  Unbedingt 
notwendig  ist  dieses  Filter,  wenn  die  drei  Aufnahmen 
auf  einer  Platte  ausgeführt  werden  sollen,  wenn  also 
z.  B.  panchromatische  Lumiere-,  eine  Spektrum-  oder 
Perchromo- Platte  zur  Verwendung  kommt. 

Man  schaltet  daher  ohne  Rücksicht  auf  die  Platten- 
sorte eine  5 mm  weite  Cuvette,  die  mit  einer  Lösung 
von  Höchster  Neublau  1 : 5000  gefüllt  ist,  vor  das 
Objektiv,  oder  benutzt  vor  der  Platte  ein  Trockenfilter, 
das  man  durch  Baden  einer  mit  Gelatine  überzogenen 
Glasplatte  in  einer  Lösung  des  gleichen  Farbstoffes  in 
der  Seite  136  angegebenen  Weise  hergestellt  hat  Die 
Intensität  des  Filters  soll  derartig  sein,  dass  es,  gegen 
weisses  Papier  betrachtet,  ebenso  satt  erscheint,  wie  das 
in  der  Probetafel  dargestellte  Ultramarinblau. 

Etwas  anders  verhält  sich  die  Kollodiumemulsions- 
Platte,  die  fast  nur  für  die  violetten  Strahlen  empfind- 
lich ist.  Trotzdem  ist  sie  aber  ebenso  wie  die  nasse 
Jodsilber- Badeplatte  für  die  Erzeugung  des  Gelbdruck- 
Negativs  recht  gut  zu  brauchen,  denn  die  Aufnahme 
eines  farbigen  Objektes  mit  einer  solchen  Platte  ist  von 
einer  mit  theoretisch  richtiger  Sensibilisierung  kaum  zu 
unterscheiden. 

Übrigens  kann  man  der  Kollodiumemulsion  die 
fehlende  Blaugrün  - Empfindlichkeit  leicht  durch  einen 
Acridinzusatz  erteilen,  der  auch  empfehlenswert  ist,  weil 
er  die  Klarheit  und  Brillanz  der  Platte  wesentlich  fördert. 

Man  verwendet  eine  Chlor -Bromemulsion1),  der  man 
auf  100  ccm  5 bis  10  ccm  Acridin  NO- Lösung  1 : 150 
zufügt. 

i)  Man  kann  die  käuflichen  Präparate  benutzen,  oder  die 
Emulsion  nach  den  Angaben  des  Verfassers  selbst  hersteilen. 


152 


Die  gefärbte  Emulsion  ist  vollkommen  haltbar.  Bei 
voraussichtlich  langer  Exposition  wird  die  Platte  nach 
dem  Erstarren  der  Schicht  in  Boraxlösung  — 1 Teil  kalt 
gesättigte  Lösung  mit  3 Teilen  Wasser  verdünnt  — 
gebadet  und  nass  mit  vorgeschaltetem  Blaufilter  exponiert. 

Etir  die  entsprechende  Beschaffenheit  der  Platte  gelten 
nachstehende  Anhaltspunkte:  Das  Chromgelb  der  Probe- 
tafel soll  unwirksam  im  Schwarz  sein,  das  Ultramarin 
soll  ebenso  gedeckt  wie  Weiss  erscheinen  und  die  roten 
Eelder,  besonders  „Geranium“,  müssen  im  Halbton  wieder- 
gegeben werden. 

Die  Intensität  des  Eilters  regelt  die  Grünempfind- 
lichkeit. Erscheinen  daher  die  grünen  Pigmente  zu  hell, 
so  verstärkt  man  das  Filter,  ist  ihre  Wirkung  zu  gering, 
so  verdünnt  man  die  Flüssigkeit. 

Ein  von  der  Probetafel,  Beilage  I,  für  den  Gelbdruck 
hergestelltes  Negativ  giebt  die  aus  Beilage  IY  ersichtliche 
Kopie. 

Wollte  man  der  Platte  die  theoretisch  geforderten 
Empfindlichkeitsverhältnisse  erteilen,  so  müsste  man  einen 
Sensibilisator  für  das  äusserste  Rot,  z.  B.  Chlorophyll, 
benutzen  und  die  violetten  Strahlen  durch  ein  blaugrünes 
Filter  abschneiden.  Das  Yerfahren  wird  dann  kompliziert 
und  unsicher,  ohne  dass  es  bessere  Resultate  liefern  würde. 

2.  Das  Negativ  für  den  Rotdruck. 

Das  Seite  97  angegebene  Diagramm  verlangt  für 
diese  Aufnahme  eine  Platte,  die  von  D bis  F 1j2  G sensi- 
bilisiert ist  und  ihre  Maximalempfindlichkeit  im  gelblichen 
Grün  des  Prismenspektrums  besitzt. 

Dieser  Forderung  entspricht  sehr  gut  die  mit  Eosin- 
silber sensibilisierte  Kollodiumemulsion,  wenn  man  ihre 
Blauempfindlichkeit  durch  ein  Gelbfilter  ausschaltet  und 
ihr  spektroskopisches  Sensibilisierungsband  eventuell  durch 
Zusatz  eines  bläulich -roten  Farbstoffes  bis  D verlängert. 


153 


Doch  kann  letztere  Massnahme  in  der  Praxis  auch  ent- 
fallen. Weniger  richtige  Resultate  liefert  die  ortho- 
chromatische — mit  Erythrosin  sensibilisierte  — Gelatine- 
platte, die  zwischen  E und  F ein  tiefes  Minimum  zeigt. 

Sehr  günstig  verhält  sich  die  nach  Dr.  Miethe  mit 
Äthylrot1)  sensibilisierte  Platte,  deren  breites  Sensi- 
bilisierungsband durch  ein  passendes  Filter  leicht  nach 
Belieben  umgeformt  werden  kann. 

Zur  Erzeugung  des  Negativs  für  den  Rotdruck  kann 
man  daher  einen  der  folgenden  Wege  einschlagen: 

1.  Eosinsilber-Badeplatte.  — 100  ccm  Emulsion 
werden  mit  2 ccm  der  nachstehenden  Farbstoffmischung 
versetzt  und  die  gegossene  Platte  vor  der  Exposition  in 
einer  A/^prozentigen  Silbernitratlösung  gebadet: 

Eosingelbstich  1 : 150  30  ccm, 

Rose  bengale  1:150 10  „ 

Als  Filter  dient  eine  wässerige  Lösung  von  Pikrin- 
säure 1:500  in  einer  5 mm  weiten  Cuvette  oder  eine 
mit  Naphtholgelb  S gefärbte  Gelatineplatte  von  gleicher 
Sättigung  (Seite  137). 

2.  Kollodium-Emulsion  mit  Eosinsilberzusatz. 
Die  Emulsion  wird  mit  einer  neutralen  Lösung  von  Eosin- 
silber in  Ammoniak,  z.  B.  dem  käuflichen  Farbstoff  von 
Dr.  Albert,  versetzt  und  die  Platte  feucht  exponiert. 

Die  käuflichen  Eosinsilberlösungen  enthalten  zwar  einen 
gelben  Farbstoff,  der  als  Strahlenfilter  wirkt,  doch  unter- 
drückt er  gewöhnlich  die  blauen  Strahlen  nicht  in  aus- 
reichendem Masse.  Man  benutzt  daher  auch  bei  Yerwendung 
dieser  Sensibilisatoren  die  oben  angegebenen  Gelbfilter. 

3.  Sollen  die  Aufnahmen  auf  Gelatineplatten  her- 
gestellt werden,  so  können  sogen,  orthochromatische  oder 
panchromatische  Platten  zur  Yerwendung  kommen.  Zur 

i)  Die  Verwendung  dieses  Seite  122  erwähnten  Farbstoffes 
ist  zum  Patent  an  gemeldet. 


154 


Korrektion  der  Sensibilisierung  dient  in  beiden  Fällen  ein 
Grünfilter,  das  nicht  nur  die  Blau-  und  die  eventuelle 
Botempfindlichkeit  der  Platte  eliminiert,  sondern  auch  die 
zu  hohe  Empfindlichkeit  im  grünlichen  Gelb  dämpfen  soll. 
Man  gebraucht  zu  diesem  Zwecke  eine  5 mm  dicke 


Schicht  einer  Lösung  von: 

Säuregrün  1:150 5 ccm, 

Kaliumdichromat  1:75  ....  150 


oder  ein  Trockenfilter,  das  man  durch  Baden  einer  gelati- 
nierten Glasplatte  in  nachstehender  Farbstofflösung  her- 
gestellt hat  (Seite  136): 


Echtgrün,  bläulich  1 : 200  . . . 

15 

ccm, 

Naphtholgelb  S.  L.  1 : 200  . . . 

25 

55 

Methylorange  1 : 400  

30 

55 

Wasser 

100 

y> 

Alkohol 

20 

n 

Essigsäure 

5 

Tropfe] 

Das  Abstimmen  des  Filters  wird  wesentlich  erleich- 
tert, wenn  man  es  aus  zwei  Glasplatten  bildet,  von  welchen 
eine  mit  Echtgrün,  die  zweite  mit  Naphtholgelb  und  Orange 
gefärbt  wird. 

4.  Zuweilen  wird  es  zweckmässig  sein,  die  Gelatine- 
platte nach  der  Sensibilisierung  im  Farbstoffbade  in  noch 
nassem  Zustande  zu  exponieren  und  es  ist  dieser  Yorgang 
bei  grossen  Formaten  zu  empfehlen.  Man  badet  die  Platte 
etwa  5 Minuten  in  folgender  Lösung: 


Wasser 

. . . 1000  ccm 

Uraninlösung  1 : 150  . . 

...  25  „ 

Erythrosinlösung  1 : 150  . 

...  6 „ 

Ammoniak  ...... 

...  10  „ 

Silbernitratlösung  1 : 10  . 

...  2 „ 

spült  mit  Wasser  ab  und  exponiert  durch  eine  Pikrinsäure- 
lösung 1 : 500.  Derartige  Platten  zeichnen  sich  durch 
hohe  Grünempfindlichkeit  aus  und  liefern  sehr  klare, 
tadellos  abschattierte  Negative. 


155 


In  jedem  Falle  hat  man  sich  durch  eine  photo- 
graphische Aufnahme  der  Probetafel  von  der  passenden 
Beschaffenheit  des  Filters  zu  überzeugen.  Das  Chrom- 
gelb soll  fast  ganz,  Ultramarin  und  Zinnober  halb  gedeckt 
erscheinen,  Grün  soll  thunlichste  Deckung  zeigen  und 
Kobalt  soll  sich  von  Krapp  mit  Kobalt  deutlich  unter- 
scheiden. 

Die  Kopie  eines  solchen  Negatives  ist  aus  Beilage  IY 
ersichtlich. 

Wird  Zinnober  zu  hell  oder  zu  dunkel  wiedergegeben, 
so  verstärkt  oder  schwächt  man  den  grünen  Bestandteil  des 
Filters;  ist  das  Blau  zu  kräftig  gedeckt,  so  vermehrt  man 
das  Gelb,  fehlt  dem  Blau  die  notwendige  Deckung,  so 
schwächt  man  das  Gelb  im  Filter. 

3.  Das  Negativ  für  den  Blaudruck. 

Als  Sensibilisator  für  diese  Platte  ist  das  Cyanin 
vollkommen  geeignet.  Das  Sensibilisierungsband  soll  zwar 
von  C langsam  nach  D und  dann  ziemlich  steil  gegen  E 
abfallen,  während  das  photographische  Wirkungsband  dieses 
Farbstoffes  erst  in  der  Nähe  von  C beginnt.  Doch  ist 
dieser  Umstand  von  geringer  Bedeutung,  weil  es  für  die 
Wiedergabe  eines  Farbstoffes  ziemlich  gleichgültig  ist,  ob 
und  inwiefern  eine  Absorption  im  äussersten  Spektralrot 
berücksichtigt  wird.  Es  genügt,  wenn  man  den  Raum  in 
der  Nähe  von  C überhaupt  abtastet,  wenn  auch  die  Platte 
das  theoretisch  richtige  Sensibilisierungsband  nicht  besitzt 
(Seite  42). 

Im  übrigen  entspricht  die  Kurve  der  mit  Cyanin 
sensibilisierten  Kollodium -Emulsion  sehr  gut  den  theo- 
retischen Forderungen,  und  man  hat  lediglich  die  Wirkung 
der  blauvioletten  Stellen  zu  unterdrücken  und  die  Gelb- 
grünempfindlichkeit etwas  abzuschwächen.  Beides  erzielt 
man  leicht  durch  ein  Strahlenfilter,  bestehend  aus  einer 
5 mm  dicken  Schicht  von 


156 


Kaliumplatinchlorür  1:8  oder 
Aurantia  1 : 1000. 

Als  Trockenfilter  dient  eine  mit  Gelatine  überzogene 
Glasplatte,  die  man  mit  Methylorange  (Seite  138)  derart 
anfärbt,  dass  sie,  gegen  weisses  Papier  besehen,  ebenso 
satt  wie  das  Orange  der  Probetafel  erscheint. 

Die  gegenwärtig  käuflichen,  rotempfindlichen  und 
panchromatischen  Gelatineplatten  sind  gleichfalls  sehr  gut 
brauchbar,  nur  müssen  sie  hinter  einem  dunkleren  Strahlen- 
filter exponiert  werden. 

Als  Flüssigkeitsfilter  entspricht  eine  kaltgesättigte 
Lösung  von  Kaliumplatinchlorür  oder  eine  Mischung, 
bestehend  aus: 

Biebricher  Scharlach  1 : 1000  . . 6 ccm, 

Aurantia  1 : 1000  10  „ 

Das  Filter  soll,  gegen  weisses  Papier  betrachtet,  etwa 
dem  Zinnober  der  Probetafel  entsprechen. 

Zum  Färben  der  Trockenfilter  dient  nachstehende 
Farbstofflösung: 

Biebricher  Scharlach  1 : 200 
Naphtholgelb  S.  L.  1:200 
Methylorange  1:400  . . 

Wasser  ....... 

Alkohol 

Essigsäure 

Man  lässt  die  Platte  so  lange  in  der  Flüssigkeit,  bis  sie  in- 
tensiv rot  — analog  dem  Flüssigkeitsfilter — gefärbterscheint. 

Will  man  die  Platten  selbst  sensibilisieren,  so  be- 
nutzt man  die  Seite  121  von  Dr.  Miethe  angegebene 
Vorschrift,  oder  man  badet  die  Platte  in  einer  Lösung  von: 

Wasser 1000  ccm, 

Alkohol 300  „ 

Cyaninlösung  1:500  5 „ 

der  man  etwas  Ammoniak  oder  kaltgesättigte  Boraxlösung 
zufügt.  — Sie  gelangen  am  besten  noch  nass  zur  Expo- 


40  ccm, 

10  „ 

10  „ 

200  „ 

40  „ 

10  Tropfen. 


157 


sition.  Sollen  die  Platten  trocken  verwendet  werden,  so 
ersetzt  man  das  Wasser  durch  eine  zelmprozentige  Dextrin- 
lösung1). Die  Platten  bleiben  zwar  nur  etwa  acht  Tage 
brauchbar,  übertreffen  aber  bezüglich  ihrer  Rotempfindlich- 
keit fast  alle  Platten  des  Handels. 

Zur  Kontrolle  der  photographischen  Aufnahme  für 
den  Blaudruck  dient  das  Verhalten  der  Probetafel,  welche 
bei  richtiger  Farbenspaltung  in  der  aus  Beilage  IV  ersicht- 
lichen Form  abgebildet  wird.  Chromgelb  und  Zinnober 
müssen  daher  wie  wreiss  wirken,  Ultramarin  fast  wie 
Schwarz,  und  die  grünen  Felder  sollen  im  Halbton 
erscheinen. 

Fehlt  dem  Zinnober  die  Deckung,  so  verstärkt  man 
das  Filter,  erschienen  die  grünen  Felder  zu  dunkel,  so 
verringert  man  seine  Intensität.  Dabei  trachtet  man,  das 
Filter  thunlichst  licht  zu  wühlen,  um  eine  zwecklose  Ver- 
längerung der  Exposition  zu  vermeiden. 

Plattensensibilisierungen  und  Strahlenfilter  für 
das  Grundfarbensystem:  Gelb,  Krapplack  und 
Pariserblau. 

I.  Das  Negativ  für  den  Gelbdruck. 

Entsprechend  der  Seite  99  aufgestellten  Sensibili- 
sierungskurve ist  für  diese  Aufnahme  eine  Kollodium- 
Emulsionsplatte  oder  eine  nasse  Jodsilberplatte  ohne 
Strahlenfilter  vollkommen  geeignet.  Die  Cuvette  wird 
daher  mit  Wasser  gefüllt  und  bei  Verwendung  von 
Trockenfiltern  eine  farblose  Glasplatte  vorgeschaltet 
(Seite  139). 

Die  der  Platte  mangelnde  Rotempfindlichkeit  wird 
durch  ihre  Violettempfindlichkeit  ersetzt.  Die  Sensibili- 
sierung mit  Chlorophyll  u.  s.  w.,  sowie  das  Vorschalten 


i)  Atelier  des  Photographen  1899,  S.  5. 


158 


eines  Violettfilters  ist  nicht  zu  empfehlen,  es  macht  den 
Prozess  kompliziert  und  bringt  keinerlei  Nutzen. 

Bei  Verwendung  von  Gelatineplatten  ist  dagegen 
das  Vorschalten  eines  Violettfilters  zweckmässig,  da  es 
die  Blaugrünempfindlichkeit  dämpft  und  das  Empfindlich- 
keitsmaximum gegen  Violett  verschiebt.  Man  benutzt 
daher  eine  Methylviolettlösung  1 : 10000  oder  eine  mit 
diesem  Earbstoff  gefärbte  Gelatine -Glasplatte  (Seite  137). 

Das  Filter  soll,  gegen  weisses  Papier  betrachtet,  etwa 
die  Sättigung  des  im  Farbenkreis,  Beilage  II,  eingetragenen 
Violetts  zeigen. 

Den  praktischen  Bedürfnissen  entspricht  aber  die 
gewöhnliche  Platte  (Gelatine-,  Kollodium-  oder  nasse  Jod- 
silberplatte) ohne  jeden  Filter  vollkommen,  und  es  liegt 
kein  Grund  vor,  diesen  einfachen  Vorgang  zu  kom- 
plizieren, weil  bei  dem  prinzipiell  unrichtigen  Farben- 
system kleine  Fehler  in  der  Farbentrennung  gar  nicht 
zur  Geltung  kommen.  Man  kann  daher  auch  ein  auto- 
typisches Negativ  direkt  nach  dem  Original  in  den 
allgemein  üblichen  Weise  mit  nassem  Kollodium  her- 
steilen. 

Benutzt  man  aber  eine  orthochromatische  oder  pan- 
chromatische Platte,  dann  muss  selbstverständlich  das 
Violettfilter  vorgeschaltet  werden,  um  die  Wirkung  aller 
Strahlen  ausser  Blau  und  Violett  zu  eliminieren. 

Das  gleiche  Filter  entspricht  auch,  wenn  man  die 
Aufnahme  mit  einer  Eosinsilber  - Kollodium  - Emulsion 
durchführt.  Dieser  Vorgang  ist  zweckmässig,  weil  er  im 
Vergleiche  mit  der  nicht  sensibilisierten  Emulsion  eine 
Abkürzung  der  Expositionszeit  gestattet. 

2.  Das  Negativ  für  den  Rotdruck. 

Die  Herstellung  dieses  Negatives  verlangt  eine  Platte 
mit  einem  breiten  Sensibilisierungsbande,  das  von  D x/2  F 
bis  F fast  gleiche  Intensität  besitzt. 


159 


a)  Dieser  Forderung  entspricht  am  besten  eine  Kollo- 
dium-Emulsions- Badeplatte  mit  Eosin -Uranin -Sensibili- 
sierung. 100  ccm  Emulsion  werden  mit  3 ccm  einer 
Mischung  von: 

Eosin  gelbstich  1:150 10  ccm, 

Uranin  1 : 150  80  „ 

versetzt,  und  die  gegossene  Platte  vor  der  Exposition  in 
einer  x/2  prozentigen  Silbernitratlösung  gebadet. 

Strahlenfilter:  Pikrinsäure  1 : 10000,  oder  eine  analog 
mit  Naphtholgelb  S gefärbte  gelatinierte  Glasplatte. 

b)  Vollkommen  brauchbare  Resultate  geben  auch  die 
mit  den  käuflichen  aminoniakalischen  Eosinsilberlösungen 
gefärbten  Emulsionen1)  bei  Verwendung  des  gleichen 
Strahlenfilters. 

c)  Die  gewöhnlichen  orthochromatischen  Gelatine- 
platten zeigen  gerade  an  der  Stelle  zwischen  b und  F 
statt  der  verlangten  Maximalempfindlichkeit  ein  aus- 
geprägtes Minimum  und  entsprechen  daher  nur  wenig 
der  theoretischen  Forderung. 

Die  gleiche  Eigentümlichkeit  besitzen  auch  die  ver- 
schiedenen panchromatischen  Platten  des  Handels. 

Alle  diese  Platten  sind  aber  in  der  Praxis  recht  gut 
brauchbar,  wenn  man  sie  hinter  einem,  genügend  satten 
Grünfilter  exponiert,  wodurch  allerdings  die  erford  erlich  e- 
Belichtungsdauer  sehr  bedeutend  verlängert  wird. 

Als  Filterflüssigkeit  benutzt  man  die  nachstehende 
Mischung : 

Säuregrün  1:150 2 ccm, 

Pikrinsäure  1 : 100  40  ,, 

Die  Flüssigkeit  wird  in  5 mm  dicker  Schicht  vor- 
geschaltet. Trockenfilter  von  passender  Färbung  erhält 

i)  Emulsion  von  Dr.  Albert  mit  Farbstoff  P und  für  direkte 
Rasteraufnahmen  Farbstoff  A,  und  die  Emulsion  von  Brend’- 
amour  mit  Farbstoff  Alpha. 


160 


man  durch  Baden  einer  mit  Gelatine  überzogenen  Glas- 
platte (Seite  136)  in  folgender  Farbstoff lösung: 

Echtgrün,  bläulich  1:200  . . . 30  ccm, 

Naphtholgelb  S.  L.  1 : 200  ...  45  „ 

Alkohol  . 40  „ 

Wasser  . . . 200  „ 

Essigsäure •.  . . . 10  Tropfen. 

Es  ist  jedoch  unbedingt  empfehlenswert,  das  Filter 
durch  Yersuche  mit  der  Probetafel  für  die  Plattenempfind- 
lichkeit abzustimmen. 

Eine  Kopie  des  Negatives  soll  das  aus  Beilage  IY 
ersichtliche  Resultat  geben. 

Chromgelb  muss  fast  wie  Weiss  wirken,  dabei  soll 
aber  Ultramarin  ziemlich  hell  erscheinen,  und  die  grünen 
Felder  sollen  im  Negativ  thunlichst  gedeckt  sein. 

Eine  Erhöhung  des  Gelbgehaltes  im  Filter  verstärkt 
die  Wirkung  der  gelben  und  orange  Farbstoffe,  schwächt 
aber  jene  der  blauen,  und  eine  Yeränderung  des  grünen 
Filteranteils  beeinflusst  die  Deckung  des  Orange  und  Rot. 

Erscheint  das  blaue  Feld  zu  wenig  gedeckt,  so  ent- 
hält das  Filter  zu  viel  Gelb,  fehlt  es  aber  im  Chromgelb 
an  Deckung,  so  ist  der  Gelbgehalt  zu  gering.  Der  Gelb- 
gehalt des  Filters  ist  somit  derart  zu  wählen,  dass  im  Feld 
„Chromgelb“  eben  noch  genügende  Deckung  erzielt  wird. 
Man  korrigiert  dementsprechend  die  Farbstoff  lösung,  oder 
hilft  sich  durch  Auswaschen  oder  Nachfärben  der  Filter- 
platte. Eine  Yeränderung  der  Grünfärbung  dürfte  kaum 
notwendig  sein,  nur  wenn  Zinnober  zu  hell  erscheint, 
muss  der  Grüngehalt  vermehrt  werden. 

Das  Abstimmen  des  Trockenfilters  wird  wesentlich 
erleichtert,  wenn  man  es  aus  zwei  übereinander  gelegten 
Glasplatten  bildet,  von  welchen  eine  in  der  oben  an- 
gegebenen Weise,  aber  nur  mit  Echtgrün,  und  die  zweite 
mit  Naphtholgelb  gefärbt  wird. 


161 


Die  Yollstandige  Deckung  des  Feldes  „Seidengrün“ 
kann  in  keiner  Weise  erzwungen  werden,  denn  dieses 
Grün  besteht  ja  aus  etwa  1 Teil  Reingrün  und  3 Teilen 
Schwarz  (Seite  71). 

Ungleich  besser  als  die  erwähnten  Platten  ist  für 
die  Erzeugung  des  Rotdruck -Negatives  die  mit  Äthylrot 
sensibilisierte  Platte  geeignet,  was  aus  ihrem  Sensibili- 
sierungsband ohne  weiteres  ersichtlich  ist.  Auch  bei  vor- 
geschaltetem Grünfilter  — das  relativ  hell,  aber  etwas 
blaustichiger  gewählt  werden  muss  — fordert  sie  eine 
nur  kurze  Exposition  und  übertrifft  in  dieser  Beziehung 
jede  der  bisher  bekannten  Plattensorten. 

Sehr  gute  Resultate  liefert  auch  die  mit  Uranin 
sensibilisierte,  feucht  zu  exponierende  Gelatineplatte 
(Seite  154)  hinter  einem  hellen  Pikrinsäure -Säuregrün- 
filter, dessen  Färbung  und  Sättigung  in  der  oben  an- 
gegebenen Weise  leicht  zu  ermitteln  ist. 

Auch  bei  der  Erzeugung  dieses  Negativs  empfiehlt 
sich  die  Wahl  eines  thunlichst  einfachen  Verfahrens  und 
das  Beiseitelassen  aller  Künsteleien,  denn  eine  auf  kom- 
pliziertem Wege  vielleicht  erzielte  etwas  bessere  Farben- 
zerlegung kommt  bei  dem  wiederholt  schon  besprochenen 
Mangel  der  Farben  und  Druckplatten  doch  nicht  zur  Geltung. 

Schliesslich  soll  nochmals  betont  werden,  dass  die 
Klagen  über  den  störenden  Rotdruck  nur  zum  geringsten 
Teile  in  mangelhaften  Filtern  und  Platten  zu  suchen  sind, 
dass  sie  auch  nicht  in  der  Beschaffenheit  der  roten  Druck- 
farbe liegen,  sondern  fast  ausschliesslich  durch  die  Unvoll- 
kommenheit des  Blaudruckes  — Mangel  an  Reinheit  und 
ungenügendem  Grünstich  — bedingt  werden. 

3.  Das  Negativ  für  den  Blaudruck. 

Das  Diagramm  Seite  99  fordert  eine  Sensibilisierungs- 
kurve mit  dem  Maximum  im  Gelborange  und  langsamem 
Abfall  zum  Blaugrün.  Die  mit  Cyanin  sensibilisierte 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl.  II 


162 


Kollodium-Emulsion  entspricht  dieser  Bedingung,  wenn 
man  die  Seite  155  gemachten  Erwägungen  bezüglich  der 
Sensibilisierung  für  den  Kaum  C bis  D gelten  lässt.  Man 
wird  nur  ein  heller  gefärbtes  Orangefilter  verwenden,  um 
den  Verlauf  der  Sensibilisierungskurve  im  Grün  nicht 
zu  stören. 

Das  Cyanin,  das  man  in  der  Praxis  gern  vermeidet, 
kann  auch  durch  Bengairosa *),  Cyklamin,  Rhodamin  3 B 
u,  s.  w.  ersetzt  werden.  Diese  Sensibilisatoren  haben  aber 
ein  relativ  dunkles  Filter  notwendig  (10  ccm  Aurantia 
1:1000  und  10  ccm  Biebricher  Scharlach  1:1000),  um 
das  Rot  genügend  hell  wiederzugeben,  wodurch  die 
Empfindlichkeit  der  Platte  für  Grün  herabgesetzt  wird, 
und  solche  Pigmente  erscheinen  daher  in  der  Reproduktion 
leicht  zu  blaustichig. 

Sehr  gut  brauchbar  sind  die  mit  Cyanin  nach  den 
Vorschriften  Seite  121  und  156  sensibilisierten  Gelatine- 
platten, dann  aber  auch  alle  rotempfindlichen  und  pan- 
chromatischen Platten  des  Handels. 

Hat  man  sich  für  einen  Vorgang  entschieden,  so 
macht  man  mit  dem  Seite  156  angegebenen  Rotfilter 
(Biebricher  Scharlach  und  Aurantia,  Kaliumplatinchlorür 
oder  Trockenfilter)  eine  Aufnahme  der  Probetafel,  in  der 
Zinnober  fast  ebenso  wie  Weiss,  Ultramarin  wie  Schwarz, 
und  das  mit  Seidengrün  beschriebene  Feld  thunlichst 
gedeckt  erscheinen  soll. 

Ob  die  letztere  Forderung  zutrifft,  ist  aus  der  Auf- 
nahme nicht  erkennbar,  und  kann  nur  auf  dem  Wege 
des  Versuches  ermittelt  werden. 

Da  das  Verstärken  des  Filters,  resp.  eine  Vermehrung 
des  Scharlachzusatzes  die  Deckung  des  roten,  das  Ab- 
schwächen jene  der  grünen  Felder  vermehrt,  so  lässt 
sich  durch  einige  Probeaufnahmen  leicht  jene  Filter- 


i)  Farbstoff  R von  Dr.  Albert. 


163 


intensität  ermitteln,  die  den  drei  Bedingungen  gleichmässig 
Bechnung  trägt. 

Die  Flüssigkeitsschichten  können  selbstverständlich 
durch  Trockenfilter  von  gleicher  Sättigung  ersetzt  werden, 
wobei  man  den  Seite  156  angegebenen  Weg  einschlägt. 

Es  muss  auch  hier  empfohlen  werden,  den  jeweilig 
einfachsten,  bequemsten  und  sichersten  Weg  einzuschlagen 
und  ein  gut  moduliertes,  tadellos  abschattiertes  Negativ 
anzustreben,  das  im  grossen  und  ganzen  eine  korrekte 
Farbenspaltung  aufweist,  wenn  es  auch  in  dieser  Beziehung 
gewisse  Feinheiten  vermissen  lässt. 

b)  Die  Herstellung  und  Vereinigung  der  Teilbilder. 

1.  Transparente  Dreifarben bilder. 

Aus  transparenten  Folien  hergestellte  Photochromieen 
haben  zwar  für  die  Praxis  einen  nur  untergeordneten 
Wert,  da  ihre  Herstellungsweise  eine  sehr  zeitraubende 
ist,  immerhin  verdienen  sie  aber  als  Projektionsdiaposi- 
tive eine  gewisse  Beachtung,  und  wertvoll  sind  sie  für 
das  Studium  des  Dreifarbendruckes,  da  sie  von  allen 
durch  das  Prinzip  des  Farbendruckes  bedingten  Fehlern 
frei  sind. 

Bei  dem  Übereinanderlegen  transparenter  Bilder 
kommt  jedes  derselben  voll  zur  Geltung,  und  in  dieser 
Beziehung  gewährt  das  Verfahren  entschieden  eine  bessere 
Garantie  für  die  richtige  Wiedergabe  der  Originalfarben, 
als  der  Dreifarbendruck.  Die  Schwierigkeiten,  welche 
sich  aber  auch  bei  diesem  Prozess  der  Entstehung  eines 
neutralen  Grau  entgegenstellen,  kann  man  erst  beurteilen, 
wenn  man  Gelatinefolien  mit  drei  im  Farbenkreis  etwa 
gleich  weit  voneinander  abstehenden  Pigmenten  derart 
zu  färben  trachtet,  dass  sie,  übereinander  gelegt  und  in 
der  Durchsicht  betrachtet,  farblos  erscheinen.  Erst 
nach  längeren  Versuchen  wird  man  zu  einem  halbwegs 


n 


164 


zufriedenstellenden  Eesultat  gelangen;  der  geringste  Über- 
schuss einer  Farbe  wird  schon  sehr  deutlich  empfunden, 
und  die  erzielte  Mischung  kann  in  der  Regel  nur  als 
grau  gelten,  wenn  sie  von  lebhaften  Farben  umgeben  ist. 

Solche  Kombinationen  erscheinen  auch  nur  bei  einer 
ganz  bestimmten  Beleuchtung  wirklich  grau,  und  schon 
geringe  Unterschiede  in  der  Farbe  des  Lichtes  machen 
sich  in  hohem  Masse  bemerkbar.  Wurden  die  Färbungen 
z.  B.  für  Sonnenlicht  abgestimmt,  so  entspricht  die  Kom- 
bination nicht  mehr,  wenn  man  sie  bei  trübem  Wetter 
oder  Abendbeleuchtung  betrachtet;  ein  in  der  Nähe  be- 
findliches gelbliches  Gebäude  stört  schon  das  Gleichgewicht 
der  Farben,  und  bei  künstlicher  Beleuchtung  zeigt  sie  nur 
ein  gelbliches  oder  rötliches  Braun  (Seite  62). 

Die  allgemeine  Bewunderung,  welche  transparente 
Dreifarbenbilder  erregen,  ist  auch  weniger  durch  ihre 
Originaltreue,  als  vielmehr  durch  das  Wohlgefallen  an 
den  farbenprächtigen  Bildern  bedingt,  die  so  bestechend 
wirken,  dass  man  gern  geneigt  ist,  gewisse  ihnen  an- 
haftende Mängel  mit  in  den  Kauf  zu  nehmen.  In  dieser 
Beziehung  mag  an  die  Glasmalerei  erinnert  werden.  Trotz 
der  falschen  Farbengebung,  der  harten  Konturen,  der 
fehlenden  Übergangstöne  kommt  ihnen  eine  blendende 
Gesamtwirkung  zu,  und  sie  erregen  unser  Gefallen  viel- 
leicht in  höherem  Masse,  als  das  von  diesen  Fehlern 
durchaus  freie  Gemälde.  Das  vielleicht  fehlende  Grau 
und  das  falsche  Braun  entschuldigt  man  im  transparenten 
Bild,  die  leuchtenden  Farben  lassen  jede  Kritik  verstummen, 
während  im  Dreifarbendruck  gerade  auf  die  Wiedergabe 
solcher  Töne  ein  wesentliches  Gewicht  gelegt  werden  muss, 
denn  sie  vereinen  die  Farben  zu  einem  homogenen  Ganzen 
und  bestimmen  hauptsächlich  den  Charakter  und  die 
Stimmung  des  Bildes. 

Yon  diesem  Standpunkte  ist  der  Wert  der  trans- 
parenten Bilder  zu  beurteilen;  auch  wenn  sie  bezüglich 


165 


der  Originaltreue  nur  sehr  mässigen  Ansprüchen  genügen 
würden,  ihre  Farbenpracht  sichert  ihnen  stets  den  all- 
gemeinen Beifall. 

Bei  der  Herstellung  solcher  Bilder  handelt  es  sich 
zunächst  um  die  Wahl  eines  passenden  Trägers  für  die 
drei  gefärbten  Teilbilder.  Sehr  gut  entsprechen  diesem 
Zwecke  dünne  Glimmer-  oder  Celluloidfolien.  Erstere 
sind  wohl  wesentlich  teuerer,  besitzen  aber  den  Yorteil, 
dass  sie  stets  vollkommen  eben  bleiben,  und  weder  durch 
heisses  Wasser,  noch  durch  trockene  Wärme  irgend  eine 
Veränderung  erleiden.  Celluloidblätter  müssen,  wenn  sie 
sich  nicht  verziehen  sollen,  mindestens  0,2  mm  dick  sein, 
während  bei  Glimmerblättchen  eine  Stärke  von  0,05  mm 
ausreichend  ist.  Da  bei  dem  in  Rede  stehenden  Ver- 
fahren durch  die  transparente  Unterlage  kopiert  werden 
muss,  so  erzielt  man  auf  Glimmer  viel  schärfere  Bilder 
als  auf  Celluloid. 

Die  Bilder  werden  auf  diesen  Folien  mittels  licht- 
empfindlicher Chromgelatine  hergestellt  und  dann  mit 
Lösungen  von  Teerfarbstoffen  gefärbt. 

Die  farblosen  Gelatinebilder. 

Die  Celluloid  - oder  Glimmerfolien  werden  mit  Gelatine 
überzogen,  im  Chrombade  sensibilisiert,  nach  dem  Trocknen 
verkehrt  unter  dem  Negativ  belichtet  und  die  Kopie  mit 
warmem  Wasser  entwickelt. 

Um  einerseits  den  Entwicklungsprozess  kontrollieren 
zu  können  und  um  anderseits  die  Entstehung  eines  zu 
hohen  Reliefs  zu  vermeiden,  verwendet  man  Gelatine- 
schichten, die  einen  Zusatz  von  Bromsilber  erhalten  haben. 
Man  benutzt  eine  in  der  üblichen  Weise  hergestellte 
Bromsilber-Emulsion,  bei  deren  Bereitung  auf  je  30  g 
Gelatine  10  bis  12  g Silbernitrat  verwendet  wurden, 
wäscht  sie  nach  dem  Erstarren  mit  kaltem  Wasser  und 
verwendet  sie  zum  Überziehen  der  Folien. 


166 


Da  das  Bromsilber  Mer  nicht  die  Bolle  einer  licht- 
empfindlichen Substanz,  sondern  lediglich  die  eines 
Pigmentes  spielt,  so  kann  die  Bereitung  der  Emulsion, 
sowie  das  Überziehen  des  Papieres  bei  vollem  Tageslicht 
vorgenommen  werden. 

Gegenwärtig  werden  solche  mit  Bromsilbergelatine 
überzogene  Folien  in  den  Handel  gebracht1). 

Die  Sensibilisierung  der  Folien  erfolgt  in  einer 
Lösung  von  Ammoniumbichromat  1 : 50.  Sie  sind  in 
die  Flüssigkeit  ganz  einzutauchen,  etwa  x/4  Stunde  darin 
zu  belassen  und  werden  dann  zum  Trocknen  aufgehängt. 
Dabei  ist  es  empfehlenswert,  die  Folien  nach  dem  Bade 
zwischen  reines,  gut  abgewischtes  Saugpapier  von  dem 
Überschuss  an  Flüssigkeit  zu  befreien. 

Das  Trocknen  muss  in  einigen  Stunden  beendet  sein, 
und  die  sensibilisierten  Folien  bleiben  nur  1 bis  2 Tage 
brauchbar. 

Vor  dem  Kopieren  reinigt  man  ihre  Rückseite  mit 
Hilfe  eins  feuchten  Tuches,  um  etwa  vorhandene  Beste 
der  Sensibilisierung  zu  entfernen. 

Das  Kopieren  erfolgt,  wie  schon  erwähnt,  durch  die 
Folien,  daher  diese  nicht  mit  der  Schicht-,  sondern  mit 
der  Rückseite  auf  das  Negativ  zu  legen  sind.  Man 
kopiert  im  Schatten,  und  nur  bei  sehr  harten  Negativen 
benutzt  man  direktes  Sonnenlicht. 

Nach  dem  Kopieren  werden  die  Bilder  in  warmem 
Wasser  entwickelt,  was  langsam  und  bei  Celluloidfolien 
bei  thunlichst  niederer  Temperatur  erfolgen  muss,  um 
eine  Deformation  zu  verhindern.  Nach  beendeter  Ent- 
wicklung bringt  man  die  Folien  in  eine  Lösung  von 
Fixiernatron,  der  man  etwas  rotes  Blutlaugensalz  zugefügt 


i)  Die  Glimmerwareiifabrik  M.  Raphael  in  Breslau  liefert 
Bromsilber- Glimmerfolien , und  bei  Dr.  A.  Hesekiel  in  Berlin 
sind  für  diesen  Zweck  geeignete  Celluloidfilms  erhältlich. 


167 


hat,  uni  die  etwa  vorhandene  geringe  Menge  metallischen 
Silbers,  die  dem  Gelatinebild  eine  bräunliche  Farbe 
erteilen  würde,  zu  entfernen..  Das  weisse  Bromsilberbild 
verschwindet  in  der  Eixiernatronlösung,  und  es  resultiert 
ein  vollkommen  farbloses  Gelatinebild.  Man  wäscht  es 
mit  Wasser  und  bringt  es  entweder  in  noch  nassem 
Zustande,  oder  nach  dem  Trocknen  in  die  Farbstoff- 
lösungen. 

Statt  mit  Bromsilbergelatine  überzogene  Folien  zu 
benutzen,  kann  man  auch  die  Negative  auf  Bromsilber- 
gelatine- Papier  kopieren  und  das  Bild  in  gleicher  Weise 
wie  beim  Pigmentprozess  auf  eine  transparente  Unter- 
lage übertragen.  Dieser  Vorgang  ist  empfehlenswert, 
wenn  man  eines  der  drei  Bilder  auf  Glas  herzustellen 
wünscht. 

Das  käufliche  Bromsilberpapier  ist  für  diesen  Zweck 
nicht  geeignet,  da  die  Gelatineschicht  zu  dünn  ist,  doch 
unterliegt  es  gar  keinen  Schwierigkeiten,  ein  Papier  mit 
dickerem  Aufguss  — etwa  20  g Gelatine  auf  einen 
Bogen  50  X 70  cm  — herzustellen.  Die  Bereitung  der 
Emulsion,  die  reichlich  Bromsilber  enthalten  muss,  sowie 
das  Überziehen  und  Trocknen  des  Papieres  kann  bei 
Tageslicht  erfolgen. 

Das  Sensibilisieren  des  Papieres,  sowie  das  Kopieren 
und  Entwickeln  der  Bilder  wird  wie  beim  Pigment- 
verfahren durchgeführt,  nur  darf  man,  um  eine  Aus- 
dehnung der  Kopieen  beim  Übertragen  zu  vermeiden, 
dieselben  nicht,  wie  sonst  üblich,  in  kaltem  Wasser 
wreichen,  sondern  sie  nur  auf  der  Gelatineseite  (mit  Hilfe 
eines  breiten  Pinsels)  feuchten  und  rasch  auf  die  schon 
vorbereitete  Glasplatte  auf  quetschen. 

Nach  dem  Entwickeln  mit  warmem  Wasser  wird  in 
der  oben  angegebenen  Weise  das  Bromsilber  entfernt 
und  dann  mit  Wasser  gewaschen,  worauf  die  Bilder 
gefärbt  werden  können. 


168 


Nach  einem  von  der  Firma  A.  & L.  Lumiere1) 
angegebenen  Verfahren  kopiert  man  gleichfalls  auf 
chromiertem  Gelatinepapier,  das  jedoch  mit  einer 
Schellacklösung  imprägniert  wurde,  um  heim  "Übertragen 
des  Bildes  eine  Verzerrung  desselben  zu  vermeiden. 
Das  Übertragen  erfolgt  dann  auf  eine  mit  Kollodium 
überzogene  Glasplatte,  die  als  provisorischer  Träger  dient. 

Die  Gelatineschicht  erhält  einen  Zusatz  von  Cochenille- 
rot, wodurch  die  Bildung  eines  zu  hohen  Reliefs  ver- 
mieden wird.  Der  Farbstoff,  der  das  vom  Verfasser  be- 
nutzte Bromsilber  ersetzt,  geht  beim  Entwickeln  des 
Bildes  vollkommen  in  Lösung,  so  dass  man  ein  farbloses 
Gelatinebild  erhält. 

Die  auf  der  Kollodiumschicht  der  Glasplatte  liegende 
Gelatinebilder  werden  gefärbt,  nach  dem  Trocknen  auf 
gummiertes  Papier  übereinander  übertragen  und  schliess- 
lich werden  die  vereinten  Bilder  auf  eine  Glasplatte, 
welche  nun  die  definitive  Unterlage  bildet,  abgezogen. 

Der  Vorgang  ist  wegen  der  notwendigen  mehrfachen 
Übertragung  etwas  kompliziert,  fordert  eine  gewisse 
Geschicklichkeit  und  kann  kaum  als  leicht  ausführbar 
bezeichnet  werden2). 

Das  Färben  der  Gelatinebilder. 

Der  Färbeprozess  besteht  nicht  in  einem  mecha- 
nischen Ansaugen  der  Farbstofflösung,  sondern  es  handelt 
sich  dabei  um  eine  Art  chemischer  Verbindung,  welche 
die  Gelatine  mit  den  Farbstoffen  eingeht.  Allerdings  ist 
diese  Verbindung  nur  eine  sehr  lose,  da  längeres  Waschen 
die  Gelatine  wieder  entfärbt. 

Für  die  Annahme  eines  chemischen  Prozesses  sprechen 
folgende  Erscheinungen: 

1)  Atelier  des  Photographen  1902,  S.  35. 

2)  H.  Hinterberger:  Über  das  Lumieresche  Verfahren 
der  Parbenphotographie.  Photogr.  Mitteilungen  1902,  S.  53. 


1.  bringen  selbst  sehr  verdünnte  Farbstofflösungen 
bei  längerer  Einwirkung  eine  sehr  intensive  Färbung 
der  Gelatine  hervor,  und 

2.  kommt  den  Teerfarbstoffen  ein  sehr  verschiedenes, 
durch  ihren  chemischen  Charakter  bedingtes  Verhalten 
gegen  Gelatine  zu.  Viele  derselben  bewirken  nämlich 
in  verdünnter  Lösung  gar  keine  Färbung,  andere  färben 
nur  bei  Gegenwart  einer  Säure  und  wieder  andere  nur 
dann,  wenn  ihre  Lösung  alkalisch  reagiert,  Die  Gelatine 
spielt  also  bald  die  Rolle  einer  Säure,  bald  die  einer 
Base,  und  oft  vermag  sie  den  salzartigen  Farbstoff  nicht 
zu  zerlegen  und  verbindet  sich  mit  der  Farbbase  oder 
Farbsäure  nur  dann,  wenn  man  diese  durch  eine  Säure, 
resp.  ein  Alkali  in  Freiheit  setzt. 

Im  allgemeinen  gelingt  jedoch  das  Färben  mit  einem 
sauren  Farbstoff  ungleich  besser  und  sicherer  als  mit 
einem  basischen,  daher  man  die  Verwendung  der  ersteren 
anzustreben  hat.  Besonders  brauchbar  für  den  gedachten 
Zweck  sind  die  Farbstoff -Sulfosäuren. 

Die  Eosine  und  Rhodamine  sind  auch  in  neutraler 
Lösung  verwendbar. 

Aus  einer  grossen  Zahl  von  Farbstoffen  wurden  die 
nachstehenden  als  passend  im  Tone  und  geeignet  für  die 
Färbung  der  Gelatinebilder  ausgewählt: 

Für  das  rote  Bild:  Erythrosin  in  neutraler  Lösung, 

5?  55  gelbe  i 


Je  lg  dieser  Farbstoffe  wird  in  200  ccm  Wasser 
gelöst  und  als  konzentrierte  Lösung  in  Vorrat  gehalten. 
Die  Farbstoffbäder  besitzen  folgende  Zusammensetzung: 


1)  Bezogen  von  der  Aktiengesellschaft  für  chemische 
Industrie  in  Basel. 

2)  Von  der  Farbenfabrik  vorm.  F.  Bayer  & Co.  in  Elberfeld 


55 


blaue 


170 


Bot:  Wasser 

Erythrosinlösung  1:200 

Alkohol 

Blau:  Wasser 

Echtgrün  I : 200  . . 

Alkohol 


100  ccm, 


5 „ 
10  „ 
100  ccm, 


20 

10 


55 

55 


Eisessig 

Gelb:  Wasser 

Naphtholgelb  S.L.  1 : 200 
Alkohol 


10  Tropfen. 
100  ccm, 


10 

10 


55 

55 


Eisessig 10  Tropfen, 

gesättigte  Chrom alaunlösung  . . 5 ccm. 

Will  man  dem  gelben  Bild  eine  tiefere  Färbung 
erteilen,  so  fügt  man  der  Lösung  noch  5 bis  10  ccm 
Methylorange  1 : 200  zu. 

Die  zu  färbenden  Bilder  werden  in  einer  Tasse  mit 
der  Earbstofflösung  übergossen  und  bis  zur  satten  Eärbung 
darin  belassen,  wozu  einige  Stunden  erforderlich  sind. 

Je  konzentrierter  die  Earbstofflösung  verwendet  wird, 
desto  rascher  Avirkt  sie,  desto  flacher  wird  aber  das  Bild; 
sehr  verdünnte  Lösung  muss  man  zwar  mehrere  Stunden 
wirken  lassen,  sie  liefert  aber  dann  sehr  brillante  und 
in  den  Tiefen  reich  detaillierte  Bilder.  Behandelt  man 
das  gefärbte  Bild  mit  Wasser  oder  besser  mit  einer 
verdünnten  Boraxlösung,  so  wird  der  Earbstoff  wieder 
der  Gelatine  entzogen,  und  zwar  bleichen  zuerst  die  am 
wenigsten  gefärbten  Stellen.  Gestützt  auf  diese  That- 
sachen  hat  man  es  daher  vollkommen  in  der  Hand,  den 
Bildern  jeden  beliebigen  Charakter  zu  erteilen  und  sie  so 
lange  zu  verändern,  bis  sie,  versuchsweise  übereinander 
gehalten,  den  gewünschten  Effekt  zeigen. 

Dabei  lässt  man  sich  hauptsächlich  von  dem  Aus- 
sehen der  Grauskala  leiten,  nur  hat  man  zu  beachten, 
dass  sich  die  Eärbung  der  Gelatine  beim  Trocknen 
wesentlich  ändert,  das  blaue  Bild  wird  grünstichiger,  das 


171 


rote  nimmt  einen  etwas  bläulicheren  Ton  an,  nur  das 
gelbe  bleibt  fast  unverändert.  Es  ist  daher  empfehlens- 
wert, in  folgender  Weise  vorzugehen:  Zuerst  färbt  man 
das  blaue  und  rote  Bild  derart,  dass  nach  dem  Trocknen 
die  Grauskala  in  allen  Stufen  eine  einheitliche  blaue  Farbe 
zeigt,  die  zu  jener  des  gewählten  Gelb  komplementär  ist; 
es  ist  dies  die  Farbe  einer  alkoholischen,  mässig  verdünnten 
Cyaninlösung  (Seite  101).  Dann  wird  das  dritte  Bild  derart 
gelb  gefärbt,  dass  es  die  blaue  Skala  zu  Grau  ergänzt. 

Nach  beendetem  Färbeprozess  hebt  man  die  Bilder 
aus  der  Lösung,  lässt  gut  abtropfen  und  bringt  sie  in 
nachstehende  Flüssigkeit: 


Wasser 1000  ccm, 

Alkohol 100  „ 

Eisessig 10  „ 

Diese  Flüssigkeit  entfernt  allen  von  der  Gelatine 
nicht  gebundenen  Farbstoff,  ohne  die  Färbung  der  Bilder 
abzuschwächen.  Bei  Verwendung  von  Glimmerfolien 
fügt  man  obiger  Lösung  noch  50  ccm  Glycerin  zu,  um 
ein  Abspringen  der  Gelatineschicht  beim  Beschneiden  der 
Folien  zu  verhindern. 

Lumiere  giebt  nachstehende  Vorschriften  für  die 
Zusammensetzung  der  Bäder1): 

Bot:  Wasser 1000  ccm, 

Erythrosinlösung  3 : 100  . . . 25  „ 


Blau:  Wasser 1000  ccm, 

Diaminblau  8:100 50  „ 

Gummiarabikumlösung  15:100.  70  „ 


Gelb:  Wasser 1000  ccm, 

Chrysophenin  G 4 g, 

Alkohol 200  ccm. 


i)  Sämtliche  Farbstoffe,  sowie  alle  für  die  Ausführung 
dieses  Verfahrens  notwendigen  Materialien  sind  bei  der  Firma 
A.  & L.  Lumiere  in  Lyon  erhältlich. 


172 


Um  eine  etwa  zu  satt  ausgefallene  Färbung  ab- 
zuschwächen, wäscht  man  clas  gelbe  Bild  mit  Wasser, 
das  rote  mit  Wasser,  dem  etwas  Ammoniak  zugefügt 
wurde,  und  das  blaue  mit  einer  1/2  bis  einprozentigen 
Gummiarabikum  - oder  Gelatinelösung. 

Das  Zusammensetzen  der  Glimmer-  oder  Celluloid- 
bilder erfolgt  ohne  Zwischenmittel  durch  einfaches  Über- 
einanderlegen  und  Fixieren  mit  gummierten  Papierstreifen, 
doch  kann  man  die  Bilder  auch  mit,  durch  Petroleum- 
benzin verdünntem  Canadabalsam  gegenseitig  verbinden, 
wodurch  die  Farben  etwas  lebhafter  werden. 

Was  die  Haltbarkeit  der  Bilder  anbelangt,  so  ist  zu 
berücksichtigen,  dass  das  gelbe  und  blaue  Teilbild  der 
Einwirkung  des  Lichtes  recht  gut  widerstehen,  das  rote 
Bild  aber  rasch  ausbleicht.  Es  wäre  daher  wünschens- 
wert, das  Erythrosin  durch  einen  lichtechten  Farbstoff 
zu  ersetzen.  Man  kann  jedoch  die  Haltbarkeit  dieses 
Bildes  sehr  bedeutend  erhöhen,  wenn  man  es  nach  be- 
endeter Färbung  in  einer  fünf-  bis  zehnprozentigen 
Kupfervitriollösung  badet  und  dann  mit  Wasser  abspült. 
Befolgt  man  diese  Vorsichtsmassregel,  so  dürfte  das 
Dreifarbenbild,  selbst  bei  jahrelanger  Einwirkung  von 
zerstreutem  Tageslicht,  kaum  eine  Veränderung  erfahren. 

Dr.  A.  Hesekiel1)  hat  das  eben  besprochene  Ver- 
fahren dadurch  modifiziert,  dass  an  Stelle  der  blauen 
Folie  ein  mit  Blutlaugensalz  und  Eisenchlorid  blau  ge- 
färbtes Chlorsilberdiapositiv  benutzt  wird.  Man  kopiert 
zu  diesem  Zwecke  das  betreffende  Negativ  auf  eine  ge- 
wöhnliche Chlorsilbergelatine -Platte  (mit  Entwicklung), 
badet  dann  das  Positiv  in  einer  Lösung  von  rotem  Blut- 
laugensalz 1 : 10,  bis  das  Bild  vollständig  ausgebleicht 


i)  Dr.  A.  Hesekiel  in  Berlin  bringt  sämtliche  Apparate 
und  Materialien  für  die  Erzeugung  transparenter  Dreifarbenbilder 
in  den  Handel. 


173 


ist,  wäscht  reichlich  mit  Wasser  und  behandelt  mit  einer 
Lösung  von  Eisenchlorid. 

Das  Bild  nimmt  dabei  eine  blaue  Farbe  an,  erscheint  • 
aber  wegen  des  noch  vorhandenen  Chlorsilbers  schmutzig 
und  trüb.  Man  legt  es  daher  nach  oberflächlichem  Ab- 
spülen in  eine  Lösung  von  Fixiernatron,  worin  man  es 
1 bis  2 Minuten  belässt.  Eine  etwa  vorhandene  gelbliche 
Färbung  beseitigt  man  durch  kurzes  Baden  in  verdünnter 
Schwefelsäure  1:50. 

Obwohl  das  zu  wenig  grlinstichige  Blau  solcher 
Bilder  den  theoretischen  Forderungen  nicht  entspricht, 
und  sich  aus  diesem  Grunde  in  der  Kombination  oft  ein 
Mangel  von  reinem  Grün  bemerkbar  macht,  so  sind  die 
Resultate  doch  recht  zufriedenstellend,  und  da  überdies 
der  Vorgang  bequem  ist  und  das  Diapositiv  sich  durch 
besondere  Schärfe  auszeichnet,  so  ist  das  Verfahren  in 
vielen  Fällen  sehr  empfehlenswert. 

Das  Verfahren  von  Dr.  Seile1)  wurde  nur  teil- 
weise veröffentlicht.  Eine  mit  Kollodium  überzogene 
Glasplatte  wird  mit  chromierter  Gelatinelösung  übergossen 
und  nach  dem  Trocknen  unter  dem  Negativ  kopiert. 
Dann  wäscht  man  mit  kaltem  Wasser  und  bringt  die 
Platte  in  die  Lösung  eines  Farbstoffes,  der  nur  an  jenen 
Stellen  anfallen  soll,  die  durch  den  Einfluss  des  Lichtes 
verändert  wurden. 

Das  daselbst  vorhandene  Chromoxyd  soll  nämlich 
als  Beize  wirken  und  den  Farbstoff  festhalt  en. 

Nach  dem  Trocknen  werden  die  das  farbige  Bild 
tragenden  Kollodiumhäutchen  von  der  Glasplatte  abgezogen 
und  durch  ein  Klebemittel  miteinander  verbunden. 

Das  Verfahren  würde  sich  durch  besondere  Einfach- 
heit auszeichnen  und  sichert  das  Entstehen  vollkommen 
gleich  dimensionierter,  daher  sich  scharf  deckender  Bilder. 


i)  Phot.  Rundschau  1899,  S.  92. 


174 


Es  scheint  jedoch,  dass  auf  diesem  Wege  satt  ge- 
färbte Kopieen  mit  reinen  Lichtern  kaum  zu  erzielen 
sind,  weil  das  Verhalten  der  belichteten  und  der  un- 
veränderten Chromatgelatine  gegen  Farbstoffe  zu  wenig 
verschieden  ist. 

Die  Möglichkeit  des  Seil  eschen  Prozesses  dürfte 
überhaupt  nicht  in  der  beizenden  Wirkung  des  Chrom- 
oxydes zu  suchen  sein,  sondern  lediglich  durch  den 
Unterschied  in  der  Quellbarkeit  von  belichteter  und  un- 
belichteter Gelatine  bedingt  sein1). 

Albert  Hofmann2)  benutzt  zur  Herstellung  der 
drei  monochromen  Positive  rote,  gelbe  und  blaue  Pigment- 
papiere. Man  sensibilisiert  sie  im  Chrombad,  kopiert 
unter  den  Negativen  und  entwickelt  auf  Glasplatten,  die 
als  provisorische  Bild  träger  dienen.  Nachdem  man  sich 
durch  Überein  and  erlegen  der  Bilder  von  der  richtigen 
Farbenwirkung  überzeugt  hat,  zieht  man  sie  mit  einem 
passenden  Übertragungspapier  ab  und  vereint  sie  auf 
einer  Glasplatte.  Der  Übertragungsprozess  ist  dem  von 
Lumiere  angegebenen  ähnlich  und  stellt  an  die  Ge- 
schicklichkeit des  Operateurs  einige  Anforderungen. 

Die  Verwendung  farbiger  Pigmentpapiere  für  den 
Dreifarbenprozess  ist  naheliegend  und  keineswegs  neu, 
da  sie  schon  von  Ducos  du  Hauron  zu  gleichen  Zwecken 
benutzt  wurden.  Man  ist  bei  diesem  Vorgang  in  der 
Farbenwahl  ziemlich  beschränkt  und  auf  die  Verwendung 
pulveriger  Pigmente,  wie  Carmin,  Pariserblau,  Chrom- 
gelb u.  s.  w.,  angewiesen.  Wasserlösliche  Teerfarbstoffe 
werden  bei  der  Entwicklung  des  Bildes  aus  der  Gelatine 
ausgelaugt,  oder  aber  machen  sie  die  Gelatine  unlöslich 
und  sind  aus  diesem  Grunde  nicht  verwendbar. 


1)  Phot.  Rundschau  1899,  S.  239. 

2)  Albert  Hofmann,  Die  Praxis  der  Farbenphotographie. 
Otto  Nemnich  1900. 


175 


2.  Der  Dreifarbendruck. 

Die  Druckfarben.  Sollen  die  Teilbilder  durch 
Pressendruck  auf  Papier  vereint  werden,  so  müssen  die 
der  Drucktechnik  entsprechenden  sogen,  fetten  Farben, 
das  sind  mit  Leinölfirnis  verriebene  Pigmente,  zur  Ver- 
wendung kommen. 

Die  Teerfarbstoffe  können  nicht  direkt  benutzt 
werden,  denn  teils  sind  sie  wasserlöslich,  was  beim 
Stein-  und  Lichtdruck  ganz  unzulässig  wäre,  teils  zeigen 
sie  auch  nach  sorgfältigem  Verreiben  nur  eine  schmutzig- 
schwärzliche Färbung,  da  die  einzelnen  Teilchen  vom 
Firnis  nicht  durchdrungen,  also  nicht  transparent  werden,, 
und  endlich  muss  jedes  Pigment  auch  einen  seinem 
Färbe  vermögen  entsprechenden  Körper  besitzen,  damit 
der  Firnis  in  einer,  der  Verwendungsweise  der  Farbe 
entsprechenden  Weise  verdickt  wird.  Man  führt  daher 
die  Teerfarbstoffe  in  wasserunlösliche  und  in  Firnis  leicht 
verteilbare  Verbindungen  über,  indem  man  sie  mit  rein 
weissen,  festen,  pulverigen  Substanzen,  wie  z.  B.  Kaolin,. 
Grips,  Zinkweiss,  Stärke  u.  s.  w.,  vereint.  Man  bezeichnet, 
solche  für  die  Drucktechnik  brauchbare  Verbindungen 
als  Lackfarben.  In  vielen  Fällen  ziehen  die  genannten 
Substanzen,  die  man  Farbstoff  träger  nennt,  mit  Begierde 
den  Farbstoff  aus  seinen  Lösungen  an  sich;  so  kann 
man  z.  B.  Bhodamin-  oder  Methylviolett- Lacke  hersteilen, 
indem  man  einfach  das  Kaolin  in  die  entsprechenden 
Farbstofflösungen  einträgt.  Viel  besser  ist  es  aber,  die' 
Lösung  mit  einem  Thonerdesalz  zu  mischen  und  dann 
durch  einen  geeigneten  Zusatz  Thonerdehydrat  aus- 
zuscheiden, das  sich  im  Entstehungszustande  mit  dem 
Farbstoff  vereint.  Man  mischt  z.  B.  den  Farbstoff  mit 
einer  Lösung  von  Thonerde  - Natron  und  trägt  dann 
schwefelsaure  Thonerde  ein. 

Um  Lackfarben  von  hohem  Färbevermögen  her- 
zustellen, wird  die  Farbstofflösung  mit  dem  Träger  ge- 


176 


mischt  und  dann  eine  Substanz  zugefügt,  welche  den 
Farbstoff  in  fester  Form  ausscheidet.  Bei  sauren  Farb- 
stoffen, z.  B.  den  Eosinen,  benutzt  man  Bleizuckerlösung, 
wodurch  unlösliches  Eosinblei  auf  das  vorhandene  Kaolin, 
den  Gips  u.  s.  w.  ausgeschieden  wird.  Azofarbstoffe  fällt 
man  mit  Alaun  oder  Barytsalzen,  die  Farbstoffe  der 
Triphenylmethan- Reihe  mit  Tannin  u.  s.  w. 

Hazura  und  Hruza1)  haben  über  die  Herstellung 
von  Lackfarben  für  die  Zwecke  des  Dreifarbendruckes 
eingehende  Versuche  gemacht;  sie  empfehlen  als  Träger, 
um  thunlichst  lasierende  Farben  zu  erzielen,  Kaolin  oder 
Gips,  und  fällen  die  Farbstoffe  aus  ihren  mit  Brech- 
weinstein versetzten  Lösungen  durch  Tannin. 

Allen  Farbstofflacken  fehlt,  sobald  sie  in  Firnis  ver- 
teilt und  auf  Papier  aufgetragen  werden,  jenes  Feuer, 
das  die  Farbstofflösungen  zeigen.  Einerseits  sind  sie  an 
doch  nicht  völlig  durchsichtige  Teilchen  gebunden,  wo- 
durch die  Schicht  schwärzlich  getrübt  wird,  dann  ist  der 
Firnis  niemals  ganz  farblos,  sondern  etwas  gelblich  gefärbt, 
was  die  Reinheit,  besonders  der  blauen  und  violetten 
Farben,  beeinträchtigt,  und  endlich  wird  durch  die  fette 
Beschaffenheit  der  Druckfarbe  ein  Teil  der  Papierfasern 
transparent  gemacht,  daher  die  Papieroberfläche  die  rein 
weisse  Färbung  verliert.  Überzieht  man  das  Papier  mit 
einer  gefärbten  Kollodium-  oder  Gelatineschicht,  so  erhält 
man  ungleich  reinere  und  brillantere  Färbungen  als  jene, 
die  der  Aufdruck  mit  Firnisfarbe  liefert,  und  auf  Papieren, 
die  mit  einer  Gelatine -Kreideschicht  überzogen  wurden, 
erscheinen  die  Druckfarben  viel  brillanter  als  auf  gewöhn- 
lichen, den  Firnis  ansaugenden  Papiersorten. 

Gegenwärtig  werden  für  den  Druck  brauchbare,  aus 
Teerfarbstoffen  hergestellte  Lacke  von  jedem  beliebigen 
Farbenton  in  den  Handel  gebracht,  und  sobald  man 


i)  Photographische  Korrespondenz  1893,  S.  375. 


177 


auf  ihre  Lichtechtheit  kein  Gewicht  legt,  ist  es  leicht, 
eine  für  den  Dreifarbendruck  passende  Auswahl  zu 
treffen. 

Lichtechte  Druckfarben  von  der  gewünschten  Reinheit 
existieren  vorläufig  nicht,  und  insbesondere  giebt  es  kein 
reines  lichtechtes  Blaugrün. 

Es  hat  auch  keinen  Wert,  auf  die  Lichtechtheit  eines 
oder  des  anderen  Farbstoffes  ein  besonderes  Gewicht  zu 
legen.  Es  liegt  im  Wesen  des  Dreifarbendruckes,  dass 
das  Verblassen  auch  nur  einer  Farbe  das  Aussehen  des 
ganzen  Bildes  in  hohem  Grade  schädigt,  weil  fast  alle 
Farbentöne  aus  den  drei  Grundfarben  bestehen.  Wenn 
in  einer  Chromolithographie  eine  Farbe  durch  die  Wirkung 
des  Lichtes  geschädigt  wird,  so  leidet  nur  ein  kleiner 
Teil  des  Bildes,  im  Dreifarbendruck  aber  verschieben  sich 
alle  Töne.  Diese  Veränderung  wird  sich  am  wenigsten 
bemerkbar  machen,  wenn  die  drei  Farben  gleichmässig 
an  Intensität  verlieren,  daher  man  hauptsächlich  eine 
gleiche  Lichtechtheit  derselben  anzustreben  hat. 

Bei  der  Auswahl  der  Druckfarben  hat  man  ihren 
Farben  ton,  ihre  Reinheit  und  ihr  Verhalten  bei  Mischungen 
zu  berücksichtigen. 

Für  die  Beurteilung  des  Farbentones  und  der  Rein- 
heit benutzt  man  als  Vergleichsobjekte  gefärbte  trockene 
Gelatinefolien;  man  hält  diese  über  ein  Blatt  weisses 
Papier  und  vergleicht  ihre  Färbung  mit  jener  der  neben- 
liegenden, als  Firnisdruck  aufgetragenen  Farbenprobe. 
Für  die  Auswahl  von  theoretisch  richtigen  Grundfarben 
sind  Gelatinefolien  zu  benutzen,  die  mit  Erythrosin,  Echt- 
grün und  Naphtholgelb  gefärbt  wurden. 

Wenn  auch,  wie  schon  wiederholt  erwähnt,  lichtechte 
Pigmente  von  dieser  Färbung  und  Reinheit  vorläufig  nicht 
vorhanden  sind,  so  sollte  man  doch  aus  den  uns  zur  Ver- 
fügung stehenden  Druckfarben  jene  auswählen,  welche 
diesen  Forderungen  thunlichst  entsprechen. 

von  Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl. 


12 


Viele  der  eigens  für  diesen  Zweck  hergest eilten  und 
in  der  Praxis  verwendeten  Druckfarben  zeigen  jedoch 
dass  der  richtigen  Farbenwahl  noch  immer  nicht  das  volle 
Verständnis  entgegen  gebracht  wird. 

Insbesondere  ist  das,  fast  dem  Ultramarin  ähnliche 
Blau  und  das  rotstichige  Gelb,  das  sich  seit  den  Anfängen 
des  Dreifarbendruckes  eingebürgert  hat,  noch  immer  nicht 
verschwunden.  Kein  Chromolithograph  wird  aus  solchen 
Farben  ein  brauchbares  Grün  mischen  wollen,  und  im 
Dreifarbendruck  soll  sich  das  Wunder  vollziehen. 

Man  wähle  daher  aus  den  zahlreich  bestehenden 
Farben  für  den  Dreifarbendruck  ein  Gelb  ohne  jeden 
Rotstich,  ein  thunlichst  grünstichiges  Blau,  ein  dem  Karmin 
ähnliches  Purpur,  und  lasse  sich  durch  ein  mit  anderen 
Farben  vielleicht  erzieltes,  ausnehmend  gutes  Resultat 
nicht  irre  leiten.  Es  war  dem  zufällig  günstigen  Kolorit 
des  Originals,  oder  einer  besonders  gut  gelungenen  photo- 
graphischen Farbenzerlegung  oder  der  vielleicht  sehr 
günstigen  Beschaffenheit  der  Druckform  zuzuschreiben. 
Jedenfalls  müssen  die  gewählten  Farben  auf  ihr  Verhalten 
bei  der  gegenseitigen  Mischung  geprüft  werden.  Man 
mischt  ungefähr  gleiche  Mengen  der  in  Firnis  verriebenen 
Farbstoffe,  trägt  eine  Probe  auf  Papier  auf  und  beurteilt 
die  Reinheit  der  Mischung.  Aus  Blau  und  Gelb  muss 
ein  lebhaftes  Grün,  aus  Blau  und  Purpur  ein  genügend 
reines  Violett  und  aus  Gelb  und  Purpur  ein  dem  Zinnober 
ähnliches  Rot  entstehen. 

Selbstverständlich  müssen  endlich  die  Farben  auch 
bezüglich  ihrer  Konsistenz  und  färbenden  Kraft  den  all- 
gemeinen Forderungen  und  der  speziell  benutzten  Druck- 
methode entsprechen.  So  kann  z.  B.  ein  weissliches  Blau 
oder  Rot  nicht  entsprechen,  wenn  es  auch  im  Farbenton 
richtig  wäre,  weil  beim  Druck  das  satte  Kolorit  nicht  zu 
erzielen  wäre.  Auch  dieser  Umstand  kann  leicht  zu 
falschen  Schlussfolgerungen  verleiten  und  eine  Druckfarbe 


179 


brauchbarer  erscheinen  lassen  als  eine  andere,  deren  Farben-- 
ton  zwar  richtig,  deren  färbende  Kraft  aber  ungenügend  ist 

Nachstehende  Farben  sind  für  den  Dreifarbendruck 
zu  empfehlen: 

Gelb:  Kadmiumgelb,  Zinkgelb  oder  Chinesischgelb, 
alle  vollkommen  lichtecht.  Chromgelb  kann  nicht  als  licht- 
echt bezeichnet  werden,  da  es  bei  mehrstündiger  Ein- 
wirkung des  Sonnenlichtes  eine  bräunliche  Färbung  annimmt. 

Blau:  Pariser -(Milori-) Blau,  vollkommen  lichtecht, 
jedoch  schwärzlich  und  zu  wenig  grünstichig.  Es  ist  das 
gegenwärtig  fast  ausschliesslich  verwendete  Dreifarben- 
druck-Blau. Pfaublau  Nr.  1305  von  A.  B.  Fleming 
und  Pfaublau  00  von  Käst  & Ehinger;  brillante,  im 
Tone  fast  richtige  Farben,  aber  von  sehr  geringer  Licht- 
beständigkeit. 

Rot:  Krapplack  Nr.  1231  von  A.  B.  Fleming, 
vollkommen  lichtecht,  aber  viel  zu  wenig  blaustichig. 
Das  lichtechte  Farbensystem  Beilage  I zeigt  die  Eigen- 
tümlichkeiten dieses  Farbstoffes.  Rot  Nr.  1611  von  Käst 
& Ehinger.  Dieses  für  den  Dreifarbendruck  erzeugte, 
ziemlich  blaustichige  und  reine  Rot  ist  aus  der  Probe- 
tafel— wo  es  die  falsche  Bezeichnung  „Geranium u trägt 
— ersichtlich.  Es  ist  ziemlich  lichtecht,  d.  h.  es  zeigt 
bei  der  Exposition  im  Sonnenlichte  erst  nach  einigen 
Stunden  eine  Veränderung  und  ist  das  beste  Rot,  das 
gegenwärtig  dem  Praktiker  zur  Verfügung  steht. 

Nachtrosa  von  Käst  & Ehinger  entspricht  bezüglich 
Reinheit  und  Farbenton  vollkommen,  ist  aber  wegen  sehr 
geringer  Lichtbeständigkeit  in  der  Praxis  nicht  zu  ver- 
wenden. 

Die  Ausführung  des  Zusammendruckes.  Wenn 
es  auch  gelingt,  vollkommen  farbenrichtige  Negative  her- 
zustellen, und  wenn  man  der  Theorie  entsprechende  Druck- 
farben wählt,  also  auf  ihre  Lichtechtheit  Verzicht  leistet, 
wird  doch  das  schliessliche  Resultat  durch  die  im  Prinzipe 


12 


180 


des  Farben -Übereinanderdruckes  liegende  Unvollkommen- 
heit in  so  hohem  Masse  geschädigt,  dass  es  hochgestellten 
Anforderungen  bezüglich  der  Originaltreue  kaum  zu  ge- 
nügen vermag.  Wie  auf  Seite  57  erörtert  wurde,  drängt 
sich  die  oben  liegende  Farbenschicht  stets  auf  Kosten  der 
unten  liegenden  vor,  man  ist  gezwungen,  die  ersten  zwei 
Drucke  viel  gesättigter,  farbenreicher  auszuführen,  als  es 
das  Mischungsgesetz  verlangt,  wodurch  man  zwar  einzelne 
Teile  des  Bildes  richtig  erhält,  in  anderen  aber  das  not- 
wendige Gleichgewicht  der  Grundfarben  stört.  Diese,  als 
Überdeckungsfehler  bezeichnete  Unvollkommenheit  des 
Dreifarbendruckes  macht  sich  besonders  bei  der  Wieder- 
gabe der  gebrochenen  Farbentöne  fühlbar.  Die  reinen 
Farben  stellen  uns  zufrieden,  sobald  sie  nur  annähernd 
richtig  sind.  Es  stört  den  Gesamteindruck  des  Bildes  wenige 
wenn  das  entstehende  Rot,  Blau,  Grün,  Yiolett  u.  s.  w. 
vom  Original  ziemlich  abweicht,  eine  falsche  Wiedergabe 
der  schwärzlichen  Nuancen,  besonders  der  Mangel  eines 
neutralen  Grau  wird  aber  als  schwerer  Fehler  empfunden. 

Eine  weitere,  sehr  bedeutende  Störung  im  Gleich- 
gewichte der  Farben  ist  durch  die  Unvollkommenheit  des 
Pressendruckes  bedingt,  da  kein  Verfahren  eine  Serie 
vollkommen  gleichartiger  Drucke  liefert.  Die  Intensität 
der  auf  das  Papier  übertragenen  Farbstoff  schiebt  variiert 
fortwährend,  weil  die  Farbstoffmenge,  die  auf  die  Druck- 
form aufgetragen  wird,  nur  innerhalb  gewisser  Grenzen 
regulierbar  ist.  Aus  diesem  Grunde  ist  die  Handpresse, 
bei  der  alles  von  der  Empfindung  des  Druckers  abhängt, 
für  den  Dreifarbendruck  nur  wenig  geeignet. 

Diese,  durch  das  Wesen  des  Pressendruckes  bedingte 
Ungleichmässigkeit  in  der  Intensität  der  einzelnen  Teil- 
bilder, ebenso  wie  der  Überdeckungsfehler,  machen  sich 
bei  der  Chromolithographie  fast  gar  nicht  fühlbar.  Bei 
diesem  Verfahren  kommen  die  einzelnen  Farben  un- 
gemischt zur  Geltung,  höchstens  liegen  zwei  Farbschichten 


181 


übereinander,  und  schwärzlich  nuancierte  Töne,  wie  Olive, 
Braun,  Grau  u.s.  w.,  für  welche  drei  reine  Farben  gemischt 
werden  müssten,  werden  stets  mit  eigenen  Platten  hervor- 
gebracht.  Man  benutzt  10  bis  30  Farbsteine,  daher  kommen 
Fehler  in  der  Intensität,  im  Farbenton  und  in  der  Nuance 
fast  gar  nicht  zur  Geltung. 

Ganz  anders  liegen  die  Verhältnisse  beim  Dreifarben- 
druck, hier  wird  fast  jede  Stelle  des  Bildes  durch  Mischung 
aus  den  drei  Grundfarben  gebildet,  und  wenn  eines  der 
drei  Teilbilder  nicht  von  passender  Kraft  ist,  wird  der 
Charakter  des  ganzen  Bildes  verdorben.  Alle  Farben  werden 
unwahr,  statt  Grau  entsteht  vielleicht  Braun  oder  Violett, 
der  Zusammendruck  ist  unbrauchbar.  Dazu  kommt  noch 
die,  fast  bei  jedem  Dreifarbendruck  zu  beobachtende  Er- 
scheinung, dass  graue  Flächen  von  etwas  grösserer  Aus- 
dehnung nicht  gleichmässig  erscheinen,  sondern  wegen 
Unvollkommenheiten  der  Negative,  der  Druckformen  und 
wegen  der  unvollkommenen  Übertragung  der  Farbstoff- 
schicht auf  das  Papier  stellenweise  farbig  erscheinen.  Ein 
grauer  Hintergrund,  ein  graues  Gebäude  zeigt  an  einzelnen 
Teilen  vielleicht  einen  rötlichen,  an  anderen  einen  grün- 
lichen Stich,  es  entsteht  eine  Unruhe  in  den  Farben,  die 
einen  geradezu  widerwärtigen  Eindruck  hervorbringt. 

Die  gegenwärtig  uns  zu  Gebote  stehenden  Mittel 
dürften  nicht  geeignet  sein,  breite,  neutralgrau  schattierte 
Flächen  im  Dreifarbendruck  wiederzugeben,  und  wenn  bei 
der  Reproduktion  eines  Bildes  das  Grau  unentbehrlich 
ist,  weil  es  eine  für  die  Stimmung  charakteristische  Rolle 
spielt,  dann  wird  es  sich  empfehlen,  das  Bild  durch  eine 
vierte,  neutralgraue  Platte  zu  vervollständigen.  Man  wird 
dann  in  den  drei  Farben -Negativen  alle  Stellen,  welche 
dem  reinen  Grau  entsprechen,  abdecken  und  nach  einem 
vierten,  passend  retouchierten  Negativ  eine  grau  zu 
druckende  Platte  hersteilen.  Für  die  Aufnahme  dieses 
vierten  Negatives,  welches  alle  reinen  Farben  gedeckt 


182 


enthalten  soll,  benutzt  man  am  besten  eine  isochromatische, 
also  mit  Cyanin  und  Eosin  sensibilisierte  Platte,  wobei 
man  ein  passendes  Strahlenfilter  vorschaltet.  Bei  der 
Retouclie  lässt  man  die  dem  Grau  und  Schwarz  ent- 
sprechenden Teile  unberührt,  deckt  etwa  zurückgebliebene 
Reste  der  reinen  Farben  vollständig  und  schwächt  die 
gebrochenen  Schattentöne  bedeutend  ab.  Die  Druckplatte 
ersetzt  dann  das  fehlende  Grau,  wirkt  als  Kraftplatte  für 
die  Schatten  und  übt  durch  ihren  ruhigen  verbindenden 
Ton  einen  äusserst  wohlthätigen  Einfluss  auf  das  Gesamt- 
aussehen des  Bildes. 

Der  Yorgang  erfordert  aber  viel  Verständnis  und 
Geschicklichkeit  des  Retoucheurs,  denn  geschieht  das 
Eliminieren  der  Schatten  unvollständig,  so  über  wiegt 
stellenweise  das  Schwarz,  und  das  Bild  macht  einen 
schweren,  nissigen  Eindruck. 

Dr.  E.  Albert1)  bewirkt  das  Eliminieren  der  schwarzen 
und  grauen  Bildelemente  auf  mechanischem  Wege  und 
erzielt  so  eine  vollständige,  sehr  gut  modulierte  Schwarz- 
platte als  formgebenden  Faktor  des  Bildes,  während  der 
Aufdruck  der  drei  Farben  eigentlich  nur  das  Kolorit  besorgt. 

Das  durch  ein  Patent  geschützte  Verfahren  wird  in 
folgender  Weise  ausgeführt:  Man  verfertigt  ausser  den 
drei  Aufnahmen  für  den  Rot-,  Blau-  und  Gelbdruck  noch 
eine  vierte  mit  isochromatischer  Platte,  die,  wie  schon 
oben  erwähnt,  lediglich  den  Anteil  an  Schwarz  enthält. 
Nach  diesem  Negativ  werden  drei  Diapositive  hergestellt, 
die  man  mit  den  drei  Farben -Negativen  zur  scharfen 
Deckung  bringt.  Mit  den  dergestalt  zusammengesetzten, 
aus  einem  Negativ  und  einem  Positiv  bestehenden  Matrizen 
werden  dann  die  drei  Kolorit -Druckplatten  erzeugt. 

Die  Diapositive  dienen  gleichsam  als  Filter  oder  Sieb, 
welches  die  Ausscheidung  oder  Trennung  der  schwarzen 


l)  Photographische  Korrespondenz  1899,  S.  309. 


183 


und  grauen  Bildteile  von  den  farbigen  Tönen  ermöglicht, 
indem  es  die  ersteren  beim  Durchkopieren  zurückhält. 

Das  gleiche  Kesultat  wird  erhalten,  wenn  positive, 
photographische  oder  Pressen -Abdrücke  nach  den  drei 
Farben -Negativen  mit  dem  Positiv  der  Schwarzplatte  aber 
in  lichter  Farbe  bedruckt  und  danach  neue  Aufnahmen 
gemacht  werden,  die  nunmehr  die  für  die  Koloritplatten 
erforderliche  Trennung  der  Farben  von  den  schwarzen 
und  grauen  Bildelementen  aufweisen. 

Ein  anderes  Mittel,  um  die  Bildung  eines  reinen 
Grau  zu  erleichtern,  besteht  darin,  dass  man  eine  oder 
auch  zwei  der  Farben  mit  Grau  geschmutzt  verwendet. 
Man  benutzt  z.  B.  eine  mit  etwas  Schwarz  gemischte  blaue 
Druckfarbe,  muss  aber  dann  selbstverständlich  auf  ein 
reines  Grün  verzichten;  ist  aber  dieses  nötig,  dagegen 
ein  reines  Rot  entbehrlich,  so  kann  die  rote  Druckfarbe 
durch  einen  Zusatz  von  Schwarz  gebrochen  werden. 

Je  unreiner  die  Farben,  desto  leichter  sind  graue 
Töne  zu  erzielen,  und  in  dieser  Beziehung  sind  daher  die 
lichtechten  Farbstoffe  mit  breiten  Absorptionsbändern  den 
feurigen  Lackfarben  überlegen. 

Für  die  Ausführung  des  Dreifarbendruckes  kann  der 
Hoch-,  Flach-  oder  Lichtdruck  benutzt  werden;  der  Tief- 
druck, als  Photogravüre,  kann  teils  wegen  der  Schwierig- 
keit eines  genauen  Passens  und  wegen  geringer  Transparenz 
der  Kupferdruckfarben,  teils  wegen  der  Kostspieligkeit  des 
Verfahrens  kaum  in  Frage  kommen.  Beim  Vierfarbendruck 
lassen  sich  jedoch  durch  Benutzung  einer  Photogravüre- 
Platte  für  den  Schwarzaufdruck  sehr  effektvolle  Resultate 
erzielen. 

i.  Der  Hoch-  oder  Clichedruck. 

Die  Anfertigung  von  Cliches  nach  Halbtonbildern 
hat  durch  Einführung  tadelloser  Glasraster  und  des  Kupfer- 
Email  Verfahrens  eine  hohe  Stufe  der  Vollendung  erreicht. 
Die  Autotypie,  welche  vor  mehreren  Jahren  nur  als 


184 


billiger  und  schlechter  Illustrationsbehelf  verwendbar  war, 
ist  für  Kunstreproduktionen  brauchbar  geworden,  und  der 
Hochdruck  macht  gegenwärtig  dem  Druck  von  der  Licht- 
druckpresse ernstlich  Konkurrenz.  Man  hat  daher  auch 
bei  der  Ausführung  des  Dreifarbendruckes  den  früher  fast 
ausschliesslich  benutzten  Lichtdruck  verlassen  und  sich 
dem  autotypischen  Clichedruck  zugewendet.  Es  ist  dies 
um  so  begreiflicher,  als  dieses  Verfahren,  abgesehen  von 
seiner  Eignung  für  billige  Massenauflagen,  auch  noch  aus 
anderen  Gründen  gerade  für  den  Dreifarbendruck  be- 
sonders brauchbar  ist.  Bei  dem  Zusammendruck  von  Linien- 
oder Punkttönen  wird  der  Überdeckungsfehler  bedeutend 
verringert  (Seite  56),  die  Farben  verschmelzen  ineinander, 
und  das  Prinzip  des  Buchdruckes  liefert  die  relativ  beste 
Gewähr  für  den  gleichen  Charakter  einer  ganzen  Auflage. 
Schliesslich  gewährt  der  Hochdruck  noch  den  Yorteil, 
dass  die  Druckfarben  nicht  mit  Wasser  in  Berührung 
kommen,  daher  rein  erhalten  werden  und  das  Druckpapier 
trocken  bleibt,  also  Dimensionsänderungen  desselben,  die 
das  Passen  der  Farben  erschweren,  ausgeschlossen  sind. 
Anderseits  unterliegt  es  aber  keinem  Zweifel,  dass  gerade 
das  Autotypie -Cliche  am  wenigsten  für  die  richtige 
Wiedergabe  der  Abschattierung  eines  Originals  geeignet 
ist.  Entweder  fehlt  den  Schatten  die  notwendige  Trans- 
parenz oder  es  mangeln  den  Lichtern  die  Details,  die 
Gradation  ist  unwahr  und  beschränkt,  und  überdies  liegt 
über  dem  ganzen  Bilde  ein  Punktton,  der  die  Reinheit 
des  Kolorits  aller  hellen  Töne  vernichtet. 

Bei  einer  Schwarzautotypie  stört  dieser  allgemeine 
Ton  gar  nicht,  denn  er  vermittelt  die  Verbindung  der 
Schatten  und  verleiht  dem  Bilde  ein  weiches,  geschlossenes 
Aussehen.  Die  Dreifarben -Autotypie  fordert  daher  nicht 
nur  eine  ausgiebige  Überarbeitung  der  Negative  und 
Positive,  sondern  auch  ein  mehrmaliges  Decken  und  Nach- 
ätzen der  Cliches,  und  das  schliessliche  Resultat  hängt 


185 


mehr  von  der  Geschicklichkeit  des  Retoucheurs  und  Ätzers, 
als  von  der  Richtigkeit  der  photographischen  Aufnahmen  ab. 

Gewöhnlich  werden  von  dem  Original  zunächst  Halb- 
ton-Negative hergestellt,  dann  Positive  erzeugt  und  diese 
erst  für  die  autotypische  Aufnahme  verwendet.  Man  benutzt 
zu  diesem  Zwecke  am  besten  transparente  Glaspositive, 
die  sich  nicht  nur  durch  treue  Wiedergabe  der  Gradationen 
des  Negatives  auszeichnen  und  vollkommen  richtige 
Dimensionen  auf  weisen,  sondern  auch  den  grossen  Yorteil 
gewähren,  dass  bei  ihrer  Verwendung  das  sonst  notwendige 
Umkehren  des  Rasternegatives  entfällt.  Auch  die  auto- 
typische Aufnahme  ist  nach  Glaspositiven  ungleich  leichter 
auszuführen  als  nach  Papierkopieen,  und  liefert  besser 
abschattierte  Cliches.  Solche  Glaspositive  erhält  man  sehr 
leicht  mit  gewöhnlichen  Gelatineplatten,  die  man  im 
Kontakt  bei  dem  Lichte  einer  Kerze  kopiert  und  mit 
Glycin  entwickelt. 

Die  Herstellung  der  Rasternegative  nach  diesen  Posi- 
tiven erfolgt  am  besten  in  einer  Diapositiv -Kamera,  und 
zur  Abkürzung  der  Expositionszeit  wird  man  sich,  wenn 
möglich,  des  elektrischen  Lichtes  bedienen1). 

Werden  zwei  aus  parallelen  Linien  gebildete  Raster- 
flächen derart  übereinander  gedruckt,  dass  sich  die  Strich- 
lagen unter  sehr  spitzem  Winkel  schneiden,  so  entstehen 
moireartige  Zeichnungen,  die  den  gleichmässigen  Ton  der 
Fläche  störend  beeinträchtigen.  Um  diese  Erscheinung 
bei  dem  Zusammendruck  autotypischer  Cliches  zu  ver- 
meiden, benutzt  Dr.  E.  Albert  nach  einem  Patente  vom 
Jahre  1891  bei  der  photographischen  Aufnahme  nur  ein 
einfaches  Liniennetz  in  solcher  Stellung,  dass  sich  die 
Linien  der  drei  Negative  unter  einem  Winkel  von  60  Grad 
schneiden.  Man  hat  also  der  Rasterplatte  bei  jeder  der 
drei  Aufnahmen  eine  andere  Stellung  zu  geben,  oder  aber 


i)  Zeitschrift  für  Reproduktionstechnik  1902,  S.  1. 


186 


man  lässt  die  Rasterplatte  unverändert  und  ändert  die 
Stellung  der  auf  zunehmenden  Positive. 

Sehr  bequem  in  dieser  Beziehung  sind  Rasterplatten 
von  kreisrunder  Form,  die  in  neuerer  Zeit  bei  mehreren 
Firmen,  z.  B.  J.  C.  Haas  in  Frankfurt  a.  M.,  erhältlich 
sind.  Die  Rasterplatte  wird  drehbar  in  ein  Brett  montiert, 
das  sich  in  die  Kamera  einsetzen  lässt  und  mit  Hilfe  einer 
Triebschraube  der  empfindlichen  Platte  nach  Bedarf 
genähert  werden  kann.  Eine  am  Einsatzbrett  angebrachte 
Gradeinteilung  ermöglicht  das  Einstellen  der  Rasterplatte 
auf  den  für  die  gewählte  Linienkreuzung  entsprechenden 
Winkel 1). 

An  Stelle  des  Linienrasters  kann  auch  der  allgemein 
übliche  Kreuzraster  benutzt  werden,  wenn  man  mit  Hilfe 
einer  Schlitzblende2)  die  eine  Linienlage  von  der  Mit- 
wirkung an  der  Bilderzeugung  ausschliesst.  Die  Schlitz- 
blende muss  selbstverständlich  genau  parallel  zu  den 
wirkenden  Rasterlinien  angeordnet  werden,  daher  man 
für  jede  Rasterstellung  eine  entsprechend  geschnittene 
Blende  in  das  Objektiv  einzusetzen  hat.  Man  kann 

jedoch  auch  für  alle  drei  Aufnahmen  eine  Blende  be- 
nutzen, wenn  das  Objektiv  mit  dem  von  Dr.  A.  Miethe3) 
angegebenen  Drehring  ausgestattet  ist,  welcher  die  Drehung 
des  Objektives  um  einen,  an  einer  Teilung  abzulesenden 
Winkel  gestattet.  Stellt  man  das  Objektiv  und  den  Dreh- 
raster auf  den  gleichen  Teilungsstrich,  so  besitzt  die 
Schlitzblende  stets  eine  den  Rasterlinien  entsprechende  Lage. 

Bei  den  Rasteraufnahmen  ist  man  keineswegs  an 
eine  Kreuzung  der  Rasterlinien  unter  einem  Winkel  von 
60  Grad  gebunden,  denn  die  von  Dr.  A.  Miethe  angestellten 
Versuche  haben  gezeigt,  dass  auch  dann  von  keinerlei 
Störung  der  Farbenharmonie  durch  Dessinbildung  die 

1)  Zeitschrift  für  Reproduktionstechnik  1901,  S.  92. 

2)  Dr.  J.  M.  Eder,  Handbuch  II,  2.  Auflage,  S.  335. 

3)  Zeitschrift  für  Reproduktionstechnik  1902,  S.  18. 


187 


Bede  sein  kann,  wenn  die  Winkelung  zwischen  den  drei 
Linien  eine  verschiedene  ist.  Empfehlenswert  ist  es  nur, 
die  Winkelung  zwischen  der  Liniatur  des  Kotdruck-  und 
des  Blaudrucknegatives,  also  derjenigen  Negative,  die  dem 
Bilde  vorwiegend  Zeichnung  verleihen,  möglichst  gross  zu 
wählen.  Es  unterliegt  auch  keinem  Anstande,  zwei  Auf- 
nahmen mit  der  Schlitzblende,  die  dritte  aber  mit  irgend 
einer  andern  Blendenform,  z.  B.  Doppelkreis-  oder  Runzel- 
korn  u.  s.  w.,  auszuführen.  Man  findet  dann  mit  einem 
gewöhnlichen,  nicht  drehbaren  Raster  das  Auslangen, 
benutzt  für  den  Rot-  und  Blaudruck  unter  90  Grad 
gekreuzte  Schlitzblenden  und  für  das  Gelbdrucknegativ 
eine  Blende  mit  zwei  Kreisöffnungen,  deren  Verbindungs- 
linie die  Rasterlinien  unter  45  Grad  schneidet. 

Gegenwärtig  werden  übrigens  nur  selten  Cliches  mit 
einfachen  Linienlagen  verwendet,  sondern  meist  gewöhn- 
liche Autotypie- Aufnahmen  mit  runder,  resp.  quadratischer 
Blende  hergestellt,  wobei  der  Raster  nach  jeder  Aufnahme 
um  etwa  30  Grad  gedreht  wird. 

Man  hat  auch  eigene  „Dreifarbenraster“  hergestellt, 
die  man  mit  dem  gewöhnlichen  Raster  kombiniert,  wo- 
durch die  Drehung  der  Rasterplatte  entbehrlich  wird. 
Beim  gewöhnlichen  Raster  sind  die  Linien  diagonal  ge- 
zogen, beim  Dreifarbenraster  dagegen  unter  einem  Winkel 
von  30,  resp.  60  Grad  gegen  die  Diagonalen  der  quadra- 
tischen Rasterplatte. 

Zwei  Aufnahmen  macht  man  mit  dem  Dreifarben- 
raster, wobei  man  bei  der  zweiten  den  Raster  um 
180  Grad  gewendet  hat,  und  die  dritte  mit  dem  normalen 
Diagonalraster,  wodurch  man  drei  Negative  mit  einer 
Winkelung  von  30  Grad  erzielt. 

Die  Dreifarbendrucke  mit  Kreuzraster- Auto typieen 
sind  zwar  frei  von  den  störenden  Moireen,  zeigen  aber 
doch  ein  sternförmiges  und  ringelartiges  Muster,  das  die 
Ruhe  und  Schönheit  der  Resultate  beeinträchtigt,  während 


188 


die  Zusammendrucke  von  Linien  - Cliches  von  diesem 
Fehler  durchaus  frei  sind. 

Auch  die  Autotypie  mit  Kornplatte  wurde  für  den 
Dreifarbendruck  empfohlen,  wobei  sie  entweder  aus- 
schliesslich oder  in  Kombination  mit  dem  Linienraster 
benutzt  werden  sollen1). 

Obwohl  neuester  Zeit  wesentliche  Fortschritte  auf 
dem  Gebiete  der  Kornautotypie  erzielt  wurden,  so  fehlt 
den  Drucken  doch  noch  immer  die  Ruhe  der  Strich- 
autotypie, sie  erscheinen  rauh  und  lassen  bezüglich  ihrer 
Abschattierung  manches  zu  wünschen  übrig. 

Seit  einiger  Zeit  trachtet  man,  die  Anfertigung  der 
Positive  zu  umgehen  und  die  Negative  direkt  nach  dem 
Original  autotypisch  herzustellen.  Allerdings  hat  dieser 
Vorgang  bisher  noch  wenig  Anhänger  gefunden,  weil 
autotypische  Aufnahmen  mit  Kollodiumemulsion  oder 
Gelatineplatten,  nur  ausnahmsweise  höher  gestellten  An- 
forderungen zu  entsprechen  vermögen. 

Die  Kollodiumemulsion  von  Dr.  E.  Albert  mit  Farb- 
stoff A und  die  Emulsion  von  Brend’amour  mit  Farb- 
stoff Alpha  sind  zwar  für  Aufnahmen  mit  vorgeschaltetem 
Raster  vorzüglich  geeignet,  und  es  unterliegt  daher  gar 
keinen  Schwierigkeiten,  das  Negativ  für  den  Rotdruck 
und  bei  Benutzung  eines  Violettfilters  auch  jenes  für 
die  gelbe  Druckplatte  direkt  herzustellen,  für  das  dritte 
Negativ  fehlt  aber  ein  Sensibilisator,  der  genügende  Rot- 
empfindlichkeit mit  der  Ausbildung  eines  scharfen,  kräf- 
tigen Punktbildes  vereinen  würde. 

Die  gewöhnlichen  Gelatineplatten  sind  bekanntlich  für 
solche  Aufnahmen  gar  nicht  brauchbar,  und  die  neuerer 
Zeit  eigens  für  Reproduktionszwecke  hergestellten  Trocken- 


i)  Die  Kornautotypie,  Zeitschrift  für  Reproduktionstechnik 
1902,  S.  20. 

Dr.  J.  M.  Eder,  Jahrbuch  für  Photographie  *1900,  S.  440. 


189 


platten  sind  zwar  verwendbar  und  lassen  sich  auch 
passend  sensibilisieren,  fordern  aber  einen  sehr  geschickten, 
erfahrenen  Operateur,  und  ihre  Nachbehandlung  — das 
"Verstärken  und  Klären  des  Bildes  — - ist  zeitraubend  und 
keineswegs  leicht  durchführbar. 

Dazu  kommt  noch,  dass  sich  die  immer  notwendige 
Ketouche  auf  den  Halbton-Negativen  mit  grösster  Leichtig- 
keit vornehmen  lässt,  während  bei  Kasternegativen  eine 
manuelle  Korrektur  kaum  anzubringen  ist. 

2.  Der  Flachdruck  oder  photolithographische 
Steindruck. 

Der  Steindruck  nach  photographischen  Halbton- 
Negativen  wird  gegenwärtig  selten  ausgeübt,  und  es  fehlt 
vorläufig  auch  eine  vollkommen  brauchbare  Methode  für 
die  Ausführung  dieses  Verfahrens.  Die  relativ  besten 
Besultate  erhält  man  bei  der  Benutzung  autotypischer 
Negative,  da  die  verschiedenen  auf  der  Verwendung 
gekörnter  Steine  basierenden  photomechanischen  Halbton- 
prozesse für  den  gedachten  Zweck  viel  zu  unvoll- 
kommen sind. 

Soll  das  autotypische  Negativ  für  den  gewöhnlichen 
photolithographischen  Prozess  benutzt,  also  auf  Chromat- 
Gelatinepapier  kopiert  und  das  fette  Bild  auf  den  Stein 
übertragen  werden,  so  muss  es  wesentlich  andere  Eigen- 
schaften besitzen,  als  seine  Verwendung  bei  der  Hoch- 
ätzung fordert.  Während  nämlich  bei  diesem  Prozess 
eine  allgemeine  Verfeinerung  der  Zeichnung  eintritt,  die 
sich  naturgemäss  bei  den  zartesten  Punkten  und  Linien 
am  meisten  bemerkbar  macht  und  dadurch  die  Kontraste 
im  Bilde  in  hohem  Masse  gefördert  werden,  tritt  bei  der 
Photolithographie  infolge  der  Tendenz  zur  allgemeinen 
Strichverbreiterung  die  gerade  entgegengesetzte  Erschei- 
nung auf.  Das  autotypische  Negativ  muss  daher  in  den 
Lichtern  thunlichst  geschlossen  sein,  und  relativ  grosse, 


190 


freistehende  Punkte  müssen  die  Schatten  offen  erhalten, 
wenn  nicht  ein  flaues,  durchaus  toniges  Bild  resultieren 
soll.  Doch  gelingt  es  kaum,  auf  diesem  Wege  brauch- 
bare Halbtonbilder  zu  erzielen;  die  zarten  Töne  werden 
meist  rauh,  die  Schatten  werden  derb,  und  dadurch  geht 
die  Ruhe  und  der  geschlossene,  dem  Rasterbild  eigen- 
tümliche Charakter  verloren. 

Bessere  Resultate  werden  beim  direkten  Kopieren 
des  Negatives  auf  einer  lichtempfindlich  gemachten  Stein- 
oder Aluminiumplatte  erzielt.  Man  kann  hierbei  ent- 
weder das  Asphaltverfahren  benutzen  oder  den  von 
Gr.  Fritz  angegebenen,  dem  amerikanischen  Kupferätz- 
verfahren nachgebildeten  Weg  einschlagen. 

Aber  auch  in  dieser  Weise  lassen  sich  tadellose 
Resultate  nicht  erzielen,  da  ihnen  stets  die  Unvoll- 
kommenheiten des  autotypischen  Negatives  anhaften. 

Wenn  es  jedoch  gelingen  sollte,  die  Übertragung 
direkt  nach  dem  Halbton -Negativ  auszuführen  und  wenn 
sich  dabei  richtig  abschattierte  Druckformen  erzielen 
Hessen,  würde  der  Dreifarben -Flachdruck  berufen  sein, 
eine  bedeutende  Rolle  in  der  Kunstreproduktion  zu 
spielen. 

Wenn  er  auch  vielleicht  nicht  im  stände  wäre,  die 
Chromolithographie  zu  ersetzen,  so  könnte  er  sie  doch 
in  hervorragender  Weise  unterstützen.  Wir  verfügen  über 
kein  zweites  Y er vielfältigungs verfahren,  das,  besonders  bei 
grossen  Formaten,  so  rasch  und  wohlfeil  ausführbar  wäre, 
wie  der  Flachdruck. 

3.  Der  Lichtdruck. 

Während  bei  der  Ausführung  der  eben  besprochenen 
Verfahren  die  Zerlegung  des  Bildes  in  ein  druckbares 
Linien-  oder  Punktnetz  notwendig  ist,  liefert  der  Licht- 
druck glatte,  geschlossene,  fast  kornlose  Halbtöne.  Diese 
Eigentümlichkeit  würde  das  Verfahren  für  die  Ausübung 


191 


des  Dreifarbendruckes  besonders  geeignet  machen,  leider 
wird  aber  seine  Verwendbarkeit  durch  die  relativ 
schwierige  Behandlung  der  Druckplatte,  dann  durch  die 
kaum  zu  beseitigende  Ungleichmässigkeit  der  Abdrucke 
bedeutend  eingeschränkt.  Aus  diesem  Grunde  wird  der 
Dreifarben -Lichtdruck  immer  einen  sehr  bedeutenden 
Ausschuss  ergeben,  und  überdies  wird  die  Richtigkeit  der 
gebildeten  Farbentöne  durch  den  Überdeckungsfehler  in 
höherem  Masse  alteriert,  als  bei  dem  Übereinanderdruck 
von  Rasterbildern. 

Man  wird  dieses  Verfahren  nur  für  kleine  Auflagen, 
besonders  dann  zur  Anwendung  bringen,  wenn  thunlichst 
zarte  und  glatte  Halbtöne  gefordert  werden  und  das 
Kolorit  des  Bildes  aus  hellen,  leichten  Farbentönen  ge- 
bildet wird. 

Die  für  die  Ausführung  des  Lichtdruckes  not- 
wendigen verkehrten  Negative  können  entweder  unter 
Zuhilfenahme  eines  Prismas  hergestellt  werden,  oder  man 
legt  die  photographische  Platte  verkehrt  in  die  Kassette 
und  exponiert  durch  die  Glasschicht.  Das  letztere  Ver- 
fahren ist  bei  Verwendung  von  Kollodiumemulsionen 
anstandslos  durchführbar,  fordert  aber  eigens  für  diesen 
Zweck  eingerichtete  Kassetten.  Das  sonst  im  Lichtdruck 
meist  angewendete  Umkehren  durch  Abziehen  der  Schicht 
ist  weniger  zu  empfehlen,  da  bei  diesem  Vorgänge  leicht 
eine  Verzerrung  des  Bildes  eintritt,  wodurch  das  scharfe 
Auf  einanderpressen  der  Drucke  in  Frage  gestellt  wird. 

Der  Dreifarben  - Lichtdruck  kann  auch  mit  dem 
Aufdruck  einer  heliographischen  Schwarzplatte  kombiniert 
werden.  Das  Verfahren  wurde  in  der  k.  k.  Graphischen 
Lehr-  und  Versuchsanstalt  in  Wien1)  ausgearbeitet  und 
ermöglicht,  die  weichen  Farbentöne  und  satten  Tiefen  von 
Ölgemälden  mit  ausgezeichneter  Treue  wiederzugeben. 


i)  Dr.  J.  M.  Eder,  Jahrbuch  der  Photographie  1901,  S.  722. 


192 


Wegen  der  Schwierigkeiten,  die  sich  der  Erzeugung 
einer  Photogravüreplatte  von  ganz  bestimmten  Dimensionen 
entgegenstellen,  die  dann  auf  die  feucht  gemachten  Licht- 
drucke aufgedruckt  werden  muss,  ist  das  Verfahren 
ziemlich  langwierig  und  nicht  leicht  durchführbar,  wegen 
der  Schönheit  seiner  Resultate  aber  für  Kunstreproduktionen 
äusserst  lohnend. 

Die  Farbenfolge.  Bezüglich  der  Farbenfolge  bei 
der  Ausführung  des  Druckes  kann  es  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  das  Blau  als  Schlussfarbe  zu  benutzen 
ist.  Die  oberste  Farbenlage  kommt,  besonders  in  den 
tiefen  Schatten,  wo  fast  Volltöne  übereinander  liegen, 
hervorragend  zur  Geltung,  und  es  schadet  dem  Gesamt- 
charakter des  Bildes  am  wenigsten,  wenn  an  diesen 
Stellen  etwas  Blau  vorherrscht.  Ob  Gelb  oder  Rot  als 
erste  Farbe  zu  wählen  ist,  hängt  zum  Teil  von  der  Be- 
schaffenheit der  Pigmente  ab,  da  man  im  allgemeinen 
mit  der  weniger  transparenten  Farbe  den  Druck  beginnen 
muss.  Wenn  daher  das  stark  deckende  Chromgelb 
benutzt  wird,  so  muss  Gelb  die  erste  Farbe  bilden.  Ver- 
wendet man  aber  eine  ziemlich  transparente  gelbe  Druck- 
farbe, etwa  einen  gelben  Lack,  dann  dürfte  es  zweck- 
mässiger sein,  mit  dem  Rotdruck  zu  beginnen.  Das  gelbe 
Bild  erscheint  nämlich  so  wenig  deutlich,  dass  man  seine 
Brauchbarkeit  kaum  zu  beurteilen  vermag,  die  zarten 
Halbtöne  sind  fast  nicht  sichtbar,  und  in  den  Schatten 
erkennt  man  kaum  ein  Detail.  Aus  der  schlechten 
Sichtbarkeit  dieses  Bildes  darf  man  aber  nicht  schliessen, 
dass  seine  Modulation  von  untergeordnetem  Werte  -ist, 
diese  kommt  vielmehr  erst  bei  den  folgenden  Farben  zur 
Geltung. 

Aus  diesem  Grunde  ist  es  zweckmässig,  mit  dem 
gut  sichtbaren  Rotdruck  zu  beginnen. 

Bei  Verwendung  der  lichtechten  Grundfarben  muss 
überdies  das  Rot  von  relativ  geringer  Intensität  sein,  da 


193 


man  sonst  kein  Gran  zu  erhalten  vermag,  es  erscheint 
also  auch  geboten,  die  Wirkung  dieser  Farbe  ab- 
zuschwächen, sie  also  unter  das  Gelb  zu  legen. 

Der  Aufdruck  von  Gelb  und  Blau  wird  durch  die 
neben  dem  Bilde  angebrachte  Grauskala  kontrolliert; 
Gelb  druckt  man  über  das  Rot  derart,  dass  diese  Skala 
in  allen  Teilen  den  Ton  der  Kontrollfarbe  zeigt,  und 
durch  den  Blaudruck  soll  ihre  Färbung  in  ein  thunlichst 
neutrales  Grau  übergeführt  werden. 

Arbeitet  man  daher  mit  den,  dem  theoretisch  rich- 
tigen Farbensystem  entsprechenden  Druckfarben  Gelb, 
Purpur  und  Blaugrün,  so  muss  die  Skala  nach  dem 
Gelbdruck  ein  gleichmässig  abgestuftes  Zinnoberrot  zeigen, 
benutzt  man  die  lichtechten  Druckfarben  Gelb,  Krapplack 
und  Pariserblau,  so  ist  das  Gelb  derart  zu  drucken,  dass 
die  Skala  gleichmässig  orange  abschattiert  erscheint. 


von  Hübl,  Dreifarbenphotographie. 


Aufl. 


13 


Schlusswort. 


Aus  der  eben  gegebenen  Darstellung  jener  Verfahren 
welche  die  photographische  Wiedergabe  der  Naturfarben 
auf  indirektem  Wege  anstreben,  dürfte  hervorgehen,  dass 
sich  der  Möglichkeit,  solche  Bilder  von  hoher  Voll- 
kommenheit herzustellen,  keine  Hindernisse  theoretischer 
Natur  entgegenstellen.  Dem  Photochrom oskop  und  den 
Dreifarbenbildern,  mögen  diese  aus  transparenten  Folien 
oder  durch  Pressendruck  entstanden  sein,  liegt  ein  Prinzip 
zu  Grunde,  alle  drei  Wege  sind  theoretisch  gleich  be- 
rechtigt und  gleich  vollkommen. 

Die  Schwierigkeiten,  welche  man  bei  der  praktischen 
Ausgestaltung  dieses  Prinzipes  zu  überwinden  hat,  sind 
aber  verschieden  und  unstreitig  am  bedeutendsten  bei 
jener  Form,  die  man  als  Dreifarbendruck  bezeichnet. 
Sie  sind,  wie  wiederholt  betont  wurde,  hauptsächlich 
durch  die  Unvollkommenheit  aller  Halbton  druck -Verfahren 
bedingt,  daher  jede  Vervollkommnung  derselben  auch 
einen  Fortschritt  auf  dem  Gebiete  des  Dreifarbendruckes 
bedeutet. 

Unbedingt  richtige  Farbenwiedergabe  ist  bei  diesen 
Verfahren  aber  ebensowenig  zu  erzielen,  wie  in  der 
gewöhnlichen  schwarzen  Photographie  volle  Originaltreue. 
Die  photographische  Reproduktion  eines  Stiches  oder  einer 
monochromen  Halbtonzeichnung  lässt  immer  viel  zu 
wünschen  übrig,  man  kann  auch  hier  nur  ein  dem 
Original  ähnliches  Resultat  fordern. 


195 


Man  darf  daher  auch  beim  Dreifarbendruck  keine 
volle  Farbenwahrheit  erzwingen  wollen,  und  wenn  er  uns 
ein  Bild  schafft,  dessen  charakteristischer  Gesamtausdruck 
dem  Original  nahe  kommt,  so  hat  er  die  ihm  zufallende 
Aufgabe  gelöst.  Dieses  Resultat  muss  aber  bei  ent- 
sprechender theoretischer  Basierung  des  Verfahrens  ohne 
Retouche  zu  erreichen  sein,  dann  erst  ist,  um  eine 
weitere  Annäherung  an  das  Original  zu  erzielen,  die 
manuelle  Verbesserung  der  Negative  gerechtfertigt. 


mmm 


Beilage  I. 


100  7S  50  25%  Schwarz 


II 

Entstehung  und  Zerlegung  von  Seidengrün 


I!  Hübl,  Dreifarbendruck 


Mischung  von  Ultramarin  + Zinnober 


Beilage 


- Bleiverbindung 

- Lackfarbe 

- Käufliche  Druckfarbe 


■H,  Dreifarbendruck 


Beilage  III. 


Acridin-Collodium 


Uranin-Collodium 


Uranin-Gelatine 
a nass,  b trocken 


Fosin-Collodium 


Erythrosin-Collodium 


Erythrosin-Gelatine 
a schwach,  b stark  gefärbt 


Alpenrosa-Collodium 


Khodamin-Collodium 
a schwach,  b stark  gefärbt 


Rhodamin-3  B-Collodium 


Cyanin-Collodium 


Cyanin-Gelatine 


Chlorophyll-Collodium 


Eosin-Cyanin-Collodium 


Cyanin-Cliinolinroth- 

Glycinroth-Gelatine 


Aethylrotli-Gelatine 
(nach  Dr.  Miethe) 


Hübl,  Dreifarbendruck. 


Monochrome  TeilbilcH 


Gelbes  Teilbild. 

Druckfarbe:  Cadmium-  oder  Chromgelb. 
Färbung  für  Transparentbilder:  Naphtholgelb  S. 


Blaues  Teilbild . 

Druckfarbe : Pfaublau  -Viridinlack. 
Färbung  für  Transparentbilder:  Echtgrün  bläulich. 


Hübl,  Dreifarbenphotographie.  2.  Aufl. 


Beilage  IV 


der  Probetafel  Beilage  I. 

Rotes  Teilbild. 

Druckfarbe:  Nachtrosa. 

Färbung  für  Transparentbilder:  Erythrosin. 


Rotes  Teilbild. 

Druckfarbe:  Krapplack  bläulich. 


Sprung  in  den  Tiber,  Rom. 


'■!. 


Aufnahme  mit  Goerz- Anschütz- Klapp- Apparat. 

(Objektiv:  Goerz’  Doppel- Anastigmat,  Serie  III,  F:6,8.) 


Goerz’ 

Doppel -AnnstiM 

in  verschiedenen  Serien  von  F : 4,5  bis  F : 11. 

Serie  III,  lichtstarkes  Universal  - Objectiv  von  Höchster 

Leistungsfähigkeit  für 
alle  Zwecke  der  Photo- 
graphie, als: 
Portraits,  Gruppen, 
Landschaften,  Archi- 
tekturen, Interieurs, 
Momentaufnahmen 
bei  kürzester  Belich- 
tung, Weitwinkel  und 
Blitzlichta  ufnahmen, 

Vergrösserungen  etc.  Die  Hinterlinse  allein  giebt 
Bilder  von  doppelter  Grösse. 


Goerz’  Hyper$on-Doppel-Anflsti$mnt 

Serie  X,  F : 22 , Bildwinkel  ca.  135  °. 

Weitwinkel- Anastigmat,  welcher  Platten  von  der  vierfachen  Länge  der 
Brennweite  auszeichnet. 

G oerz  - Anschütz  - Klapp  - Apparat , 

Hand- Camera  für  alle  Zw'ecke  der  Photographie,  speciell  Moment- Auf- 
nahmen jeder  Art  bis  zu  Viooo  Sekunde. 

Goerz’  Photo- Stereo -Binocle, 

Combination  von  Opernglas,  Feldstecher  und  photographischer  Stereoskop- 
Camera.  Plattenformat  41/.2  X 5 cm. 

Prismen,  Cüvetten,  Gelbscheiben. 


Hauptpreisliste  über  Objective  (Doppel- Anastigmat,  Lynkeioskop.  Hypergon) 
sowie  Apparate  (Goerz  - Anschütz  - Moment-Klapp  - Camera,  Photo-Stereo- 
Binocle,  Momentverschlüsse  etc.)  auf  Verlangen  kostenfrei. 

Zu  beziehen  durch  alle  photographischen  Handlungen  oder  direct  durch 

Optische  f Q «Berlin« 

Anstalt  Im  r»  MUblt  friedenau. 

LONDON:  4/5  Holborn -Circus,  E.  C.  PARIS:  22  Rue  de  l’Entrepöt. 
NEW- YORK:  52  East  Union  Square. 


v 


GETTY  CENTER  LIBRARY  r 

NH  820  H87  1902 

w Hubl,  Arthur,  Freihe 

Die  Dreifarbenphotographie  : mit  besonde 


3 3125  00349  8025 


-